17.51

Bundesrätin Sonja Zwazl (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich konzentriere mich bei meinen Ausfüh­rungen zu diesem Gesetz vor allem auf die Polytechnischen Schulen, die liegen mir sehr am Herzen. Außerdem wissen wir, dass österreichweit nahezu jede fünfte Schü­lerin beziehungsweise jeder fünfte Schüler die 9. Schulstufe in einer Polytechnischen Schule absolviert. Wir haben knapp 240 Polytechnische Schulen.

Für uns in der Wirtschaft sind die Polytechnischen Schulen eine wesentliche und wichtige Einrichtung, und sie bilden für uns auch die beste Brücke für die duale Aus­bildung. Die Schülerinnen und Schüler erwerben beim positiven Abschluss einer Poly­technischen Schule auch das Recht, in die 2. Klasse einer berufsbildenden mittleren Schule der gleichen Fachrichtung oder ohne Aufnahmeprüfung in die 1. Klasse einer berufsbildenden höheren Schule überzutreten.

Der Schwerpunkt liegt auf der Berufswahl. Zu Beginn des Schuljahres findet eine Orientierungsphase statt, und die Berufsorientierung wird als Unterrichtsprinzip das ganze Jahr durchgezogen. Die Jugendlichen kommen bei uns in die Betriebe, sie machen Schnupperlehren in unseren Betrieben, und so lernen sie die Berufswelt schrittweise kennen.

Die neue Regelung sieht eine vierwöchige Orientierungsphase zu Beginn des Schul­jahres vor, um den Schülerinnen und den Schülern dabei zu helfen, die für sie passenden alternativen Pflichtgegenstände auszuwählen. Daran anschließend sieht der Entwurf die Möglichkeit einer Schwerpunktphase vor, bei der die Jugendlichen in den Fachbereichen sehr gut auf das Berufsleben vorbereitet werden. Die Fach­bereiche – zusammengefasst in Cluster wie Technik oder Dienstleistungen – sollen entsprechend den Anforderungen der Wirtschaft oder der weiterführenden Schulen ebenfalls neu konzipiert werden.

Diese Schritte sind notwendig, denn es hat schon über Jahre hinweg ein schleichendes Ausweichen hinsichtlich der Polytechnischen Schule gegeben. Das muss ganz einfach ein Ende haben. Ich finde es bedauerlich, dass viele Jugendliche ihre 9. Schulstufe an einer BHS oder BMS absolvieren, obwohl schon klar ist, dass sie einen Lehrberuf ergreifen und erlernen wollen. Und diese Schulen bilden nur sehr langsam über die ganze Schulzeit hinweg für die Berufswelt aus. Noch bedauerlicher finde ich es, wenn die Jugendlichen für das eine Jahr statt in die Polytechnische Schule in die AHS gesetzt werden, weil ich denke, dass es nicht dazu beiträgt, dass sie gerne in die Schule gehen, dass sie dort Erfolge haben. Deshalb ist mir diese Aufwertung der Polytechnischen Schule extrem wichtig.

Es ist vor allem diese individuelle Berufs- und Bildungsorientierung in der 7. und 8. Schulstufe wichtig. Wir, die Wirtschaftskammern österreichweit, haben da ganz wichtige Maßnahmen gesetzt, sei es mit dem Talente Check oder dem Begabungs­kompass, wo wir nur darauf schauen, wo die Talente, die Begabungen unserer Jugend liegen, damit sie eben denen entsprechend bereits hinsichtlich dessen, was sie einmal werden sollen und welche Ausbildung sie machen, Unterstützung bekommen.

Dabei geht es wirklich nicht darum, welches Umfeld sie haben, welches familiäre Um­feld, welches gesellschaftliche Umfeld und so weiter. Das interessiert alles nicht. Es geht wirklich nur um die Frage, wo die Potenziale, die Talente, die Begabungen dieses jungen Menschen liegen, und es gibt dann mit den Eltern ein Beratungsgespräch. Da merkt man oft – und das ist schon immer sehr spannend zu sehen –, dass die Eltern gar nicht wissen, welche Potenziale, welche Talente, welche Begabungen ihre Kinder haben. Daher ist das eine sehr große Hilfe. Wir sehen auch, dass die Jugendlichen, wenn sie mit dieser Beratung in die Polytechnische Schule kommen, sich dann schon ganz gezielt ihre Gruppen aussuchen.

Für uns ist es ganz wichtig, dass die jungen Leute, dass unsere Kinder, unsere Jugendlichen die Ausbildungen bekommen, die ihnen entsprechen. Wir sollten uns abgewöhnen, da Wertungen zu machen. Wichtig ist, dass jeder junge Mensch die Ausbildung bekommt, die seinen Potenzialen und Begabungen entspricht. Wir sind diejenigen, die werten und sagen, dass jemand nur etwas wert ist, wenn er eben eine akademische Laufbahn gemacht hat. Wir unterschätzen wirklich, welche hochwertige Ausbildung unsere jungen Leute durchlaufen, wenn sie gut vorbereitet von der Poly­technischen Schule in die Berufswelt einsteigen. Man braucht sich nur anzuschauen, was unsere Jugend in der dualen Ausbildung lernt. Wir sind es, meine sehr geehrten Damen und Herren, die vielfach den jungen Leuten einen wirklich erfolgreichen Start in die Ausbildung und ins Berufsleben verbauen!

Ich freue mich ganz besonders, dass wir in Niederösterreich immer andere Wege ge­hen. Wir treffen uns immer, auch mit den Sozialpartnern (Zwischenruf des Bundesrates Schennach), und weil uns Berufsorientierung so wichtig ist, haben wir an der Päda­gogischen Hochschule in Baden einen Masterlehrgang für Berufsorientierung einge­richtet, der von den Lehrerinnen und Lehrern irrsinnig gerne in Anspruch genommen wird. Es gibt jetzt den dritten Lehrgang, weil es ganz einfach wichtig ist, dass jedes Kind seinem Potenzial entsprechend eine Ausbildung bekommt. Diese Möglichkeit und diese Chance gibt es bei uns in Österreich, egal welcher Herkunft das Kind ist. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie der Bundesrätinnen Grimling und Schumann.)

17.57

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner. – Bitte.