21.12

Bundesrätin Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Werte Kollegen und Kolleginnen! Hitzetage, Hitzetote, Städte als Hitzepole – darüber haben wir erst heute gelesen. Ich weiß nicht, ob Sie schon einmal in Skopje waren. Sie müssen auch bald gar nicht mehr hinfahren, weil wir bald in Österreich nordmaze­do­nische Verhältnisse haben werden. (Bundesrat Samt: Um Gottes willen, Frau Kolle­gin!) Im Sommer 2050 wird es in Wien um 7,6 Grad heißer sein als jetzt aktuell, und aktuell war es ja jetzt auch schon recht heiß. (Bundesrat Pisec: Weil so viele Bäume abgeholzt werden in Wien und keine gepflanzt werden!) Madrid wird zu Marrakesch, das italienische Turin Texas – und ja, ich finde, wir sind erstens überhaupt nicht darauf vorbereitet und zweitens rennt uns die Zeit davon! (Bundesrätin Mühlwerth: Das haben sie vor 40 Jahren auch gesagt!)

Die Übergangsregierung – das wurde heute hier ein bisschen mit Zuversicht dar­ge­legt – hat aus unserer Sicht die Verantwortung nicht wahrgenommen, die #mission 2030 auf Herz und Nieren zu prüfen und konkrete Maßnahmen zu setzen, nämlich jetzt gleich zu setzen, um der Klimakatastrophe entgegenzuwirken. Wir haben zwei Jahre verloren, wir haben keine Weichen gestellt, obwohl Österreich bereits – das wissen wir, das war hier schon Thema – von der EU-Kommission wegen ungenügender An­strengungen zur Eindämmung des Klimawandels gerügt worden ist.

Auch erst heute konnten wir lesen, dass die Klimaversäumnisse in Österreich noch nicht einmal evaluiert worden sind – keine Daten, keine Antworten, kein Plan. Der Treibhausgasausstoß ist in Österreich beispielsweise zum dritten Mal in Folge gestiegen. 2017 hat Österreich erstmals die nationalen Klimavorgaben des Zielpfads verfehlt. Bis 2020 sollen die Emissionen im Vergleich zu 2005 um 16 Prozent reduziert werden, und die Wissenschaft ist sich jetzt schon einig: Das wird nicht klappen!

Im Jänner kam es bereits zu einer Überschreitung. Laut Gesetzestext hätte da sofort eine Evaluierung in Gang gesetzt werden und jetzt, sechs Monate später, auch abge­schlossen sein müssen. Zuständig war oder ist das Umweltministerium. Aus dem heißt es aber: Es fehlen die Daten, damit wir das machen können. Die Wissenschaft schüttelt da auch wieder den Kopf – zu Recht, hat doch beispielsweise das Grazer Wegener Center genau so eine Analyse inklusive einer vorläufigen Energiebilanz längst fertig und auch bereits an die Bundeskanzlerin übermittelt.

Also entweder fehlt uns tatsächlich trotz aller Beteuerungen – auch das hatten wir heute schon – der politische Wille, oder der politische Dilettantismus hat noch immer die Oberhand. Anfang März wollte nämlich das Umweltministerium von den jeweiligen anderen Ministerien und von den Ländern wissen, welche Klimaschutzmaßnahmen gesetzt worden seien. Die Bundesländer gaben da eine recht unaufregende, ein­heitliche, gesammelte Rückmeldung. Im Verkehrsministerium verwies man auf eine Arbeitsgruppe. – Das muss man sich einmal vorstellen: Die Katastrophe steht nicht vor der Tür, sie steht in der Tür, und das Verkehrsministerium – wir wissen, dass knapp die Hälfte der Emissionen in Österreich durch Verkehr verursacht wird – sitzt seit zwei Jahren in einer Arbeitsgruppe. Also so viel zu Handlungsfähigkeit. Das Wirtschafts­ministerium hat im Übrigen erst gar nicht geantwortet.

Wir kommen jedenfalls nicht umhin: Politische Entscheidungsträger und -trägerinnen müssen endlich Verantwortung übernehmen! Wir wissen, für das Klima, für die Zukunft ist es bald zu spät.

Ich bin auch gegen Scheinlösungen, und deswegen möchte ich ganz kurz, weil Sie das auch angesprochen haben, auf diese Wasserstoffidee eingehen. Wasserstoff – das wissen vielleicht einige nicht und lassen sich deshalb so leicht davon beeindrucken – hat in der Mobilität eine ähnlich schlechte Ökobilanz wie Benzin. Warum wird das jetzt also forciert? – Wir wissen, es profitieren auch davon wieder nur die Großkonzerne. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wasserstoff als Element einer Klimaschutzstrategie ist nämlich deshalb schlichter Unsinn, weil es weitgehend aus Erdgas gewonnen wird. (Bundesrat Rösch: Das ist wirklich ein Unsinn!) Das freut vielleicht die OMV, aber sicher nicht das Klima.

Wer das Klima ernsthaft retten möchte (Zwischenruf der Bundesrätin Zeidler-Beck), sollte lieber auf Experten und Expertinnen hören, die Ihnen das gut belegen können, wenn Sie mir hier nicht glauben. (Weitere Zwischenrufe bei FPÖ und ÖVP. – Bun­desrat Rösch: ... eine normale Elektrolyse!)

Stattdessen haben wir es im Moment nicht nur mit den Wahlkampfreden zu tun, son­dern mit einem neuen Problem, mit dem Problem der sogenannten Klimaschwurbler – ja, ist so. Das sind nämlich Politiker und Politikerinnen, die trotz all dieser Warnungen, die am Tisch liegen, nicht in die Gänge kommen und ihre Untätigkeit mit blumigsten Versprechen und absurdesten Lösungsvorschlägen tarnen. Und ja, auch ein Notstand, auch ein Klimanotstand bleibt ohne diese konkreten Maßnahmen und ohne Umsetzung einfach zahnlos und eben ein reines blumiges Versprechen. (Bundesrätin Mühlwerth: Die Frau Dziedzic hat natürlich die Weisheit mit dem Löffel gefressen!)

Also, was bräuchten wir jetzt wirklich? – Wir müssten in die Klimafinanzierung inves­tieren. Die Schaffung eines nachhaltigen Verkehrssystems erfordert Investitionen bei­spielsweise in Eisenbahnstrecken, aber überhaupt in alternative Mobilität. Die Finan­zierung eines nachhaltigen Transports kann nur gewährleistet werden, wenn ein Teil der Subventionen für den Flugverkehr abgezwackt wird. Das ist die Wahrheit. Die Agrarpolitik muss reformiert werden, auch das wissen wir schon länger. Die Festlegung strenger Grenzwerte für die Verschmutzung schützt die Umwelt, die Luft, die wir atmen, der Übergang auf eine nachhaltige Landwirtschaft macht das Wasser sauberer und das Verbot von gefährlichen Chemikalien hilft uns, Gesundheitsprobleme zu vermeiden. (Bundesrat Preineder: Aber Hunger werden wir haben!)

Wir wissen auch, dass all diese Lösungen einen wachsenden Markt haben, der Arbeits­plätze schafft und auch Einkommen sichert. Deshalb komme ich jetzt zu unserem Entschließungsantrag, der genau diese konkreten Maßnahmen enthält, und ich sage euch: Fürchtet euch nicht, gebt euch einen Ruck, stimmt bitte auch mit (Bundesrat Rösch: Bei so viel Unsinn kann man nicht mehr zuhören, das ist das Problem!), sonst verblassen und zerplatzen diese Klimaseifenblasen, die jetzt auch von allen anderen Parteien hier propagiert werden, noch bevor der Wahlkampf zu Ende ist. (Bundesrat Rösch: Das hat nichts mit Wahlkampf zu tun, das hat ...!)

Ich darf unseren Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen David Stögmüller und Dr. Ewa Ernst-Dziedzic betreffend „Klima­katastrophe verhindern“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, insbesondere die Bundesministerin für Nach­haltigkeit und Tourismus, dass

der Nationale Energie- und Klimaplan unter Einbindung von wissenschaftlichen Exper­tinnen und Experten überarbeitet wird, sodass Österreich frühzeitig den Anforderungen des Pariser Weltklimavertrages gerecht wird,

die Energiewende sowie die Mobilitätswende mit voller Kraft forciert wird,

klimaschädigende Subventionen gestrichen und eine aufkommensneutrale ökosoziale Steuerreform umgesetzt wird,

sie auf EU-Ebene dafür eintritt, dass die klimapolitischen Maßnahmen auf europäischer Ebene intensiviert und die europaweiten Klimaziele zur Erfüllung des 1,5-Grad-Ziels des Pariser Klimaschutzabkommens angehoben werden;

sowie insbesondere der Vizekanzler und Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz,

ehest einen Begutachtungsentwurf vorzulegen, mit dem der Klimaschutz auf Basis der internationalen Vereinbarungen im Bundes-Verfassungsgesetz verankert wird.“

*****

In diesem Sinne: Jetzt haben Sie die Chance, Ihren politischen Willen zu zeigen, Ihren Beteuerungen hier mit Ihrer Stimme tatsächlich Handlungen folgen zu lassen, die hoffentlich recht bald zu konkreter Umsetzung führen. – Vielen Dank. (Beifall des Bundesrates Stögmüller. – Bundesrat Rösch: Das mit dem Wasserstoff ist der größte Unfug, den ...!)

21.22

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Der von den Bundesräten David Stögmüller und Ewa Dziedzic eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Klima­katastrophe verhindern“ trägt nur zwei Unterschriften und ist somit nicht genügend unterstützt.

Ich stelle daher die Unterstützungsfrage und bitte jene Bundesrätinnen und Bun­des­räte, die diesen Antrag zusätzlich zu den beiden unterstützen wollen, um ein Hand­zeichen. – Die Unterstützung ist nicht ausreichend. (Bundesrätin Ernst-Dziedzic: Hauptsache, den Notstand ausrufen! – Ruf bei der FPÖ: Ich glaube eher, die Frau Dziedzic hat einen Notstand! – Rufe und Gegenrufe zwischen der Bundesrätin Ernst-Dziedzic und BundesrätInnen der FPÖ.)

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Peter Samt. Ich erteile es ihm.