11.14

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich darf zu Tagesordnungspunkt 2 sprechen, weil ein wichtiger Schritt gegen eine große Ungerechtigkeit im Pensions­system gesetzt wird.

Menschen, die 45 Jahre gearbeitet haben, oft unter schweren körperlichen oder auch psychischen Belastungen, können ab 1.1.2020 abschlagsfrei in Pension gehen. (Bun­desrat Preineder: Die können nicht ...! – Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Reines Männergesetz!) Davon profitieren Langzeitversicherte nach der sogenannten Hackler­regelung ab dem 62. Lebensjahr – da fallen Abschläge von 12,6 Prozent weg. Die Schwerarbeitspension ermöglicht einen Pensionsantritt ab dem 60. Lebensjahr, wenn 45 Versicherungsjahre erworben wurden und in den letzten 20 Jahren zehn Jahre Schwerarbeit vorliegen – da erspart man sich Abschläge von 13,8 Prozent. Auch einige Fälle der Invaliditätspension profitieren von der Abschlagsfreiheit. Auch das Sonder­ruhe­geld für NachtschichtschwerarbeiterInnen gebührt ab Veröffentlichung des Geset­zes abschlagsfrei – da profitiert man von bis zu 13,8 Prozent weniger Abschlägen. Für die Betroffenen bedeutet das deutlich höhere Pensionszahlungen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

Wichtig ist, zu betonen, dass neben den ASVG-Versicherten auch Bauern und Selbst­ständige profitieren. Selbstverständlich ist, dass die Regelung auch für Frauen Anwen­dung finden muss. Frauen erhalten die Kindererziehungszeiten angerechnet, und zwar im Ausmaß von 60 Monaten. Ab 2024, mit dem Beginn der Angleichung des Pensions­antrittsalters von Frauen und Männern, wird diese positive Regelung auch für Frauen schlagend werden, wobei grundsätzlich gesagt werden muss, dass es längst überfällig ist, Maßnahmen zur Bekämpfung von Altersarmut von Frauen zu setzen.

Die nächste Regierung, wie immer sie auch zusammengesetzt sein mag, kann sich diesem Thema nicht – wie die letzte, die türkis-blaue Regierung – durch einfaches Weg­schauen verschließen. Die von der Sozialdemokratie erreichte gesetzliche Anrech­nung der Karenzzeiten war ein wichtiger Schritt, aber es müssen weitere folgen.

Nach 45 Jahren abschlagsfrei in Pension – wie gesagt, da geht es nicht um Statistiken, es geht um Menschen, die ihr Leben lang schwer gearbeitet haben. Sie haben mit 15 Jahren zu arbeiten begonnen und können oft nach 45 Jahren schwerer Arbeit nicht mehr bis zum 65. Lebensjahr durchhalten: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am Bau, ArbeitnehmerInnen in der Produktion, Menschen, die in großer Hitze, in Kälte, unter Temperaturunterschieden arbeiten, im Bereich der Kühllogistik zum Beispiel. ArbeitnehmerInnen arbeiten unter der Belastung von Strahlung, von Chemikalien, sie tragen und heben schwere Lasten. Die Liste der Beispiele wäre noch lange fort­zu­setzen. Das alles sind Arbeitsplätze, die höchst belastend für den Körper sind. Es geht aber auch um Arbeitsplätze, die psychisch höchst anstrengend sind, und vor allen Dingen geht es um den Respekt vor der Leistung der Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer.

Die FPÖ ist den ersten Schritt im Nationalrat mitgegangen, die ÖVP hat dagegen ge­stimmt. Es ist unverantwortlich und nicht nachvollziehbar, dass ÖVP und FPÖ dann ver­hindert haben, dass auch die Jahrgänge 1954 bis 1957 ab 1.1.2020 die Möglichkeit haben, ohne Abschläge in Pension zu gehen. Weiters haben sie verhindert, dass Präsenz- und Zivildienstzeiten angerechnet werden, und sie haben blockiert, dass auf den Weg gebracht wird, dass Beamtinnen und Beamte ebenfalls nach 45 Jahren abschlagsfrei in Pension gehen können. Das Verhalten der FPÖ ist völlig unverständ­lich – wie oft hat hier im Bundesrat gerade Kollege Spanring eindrücklich und völlig zu Recht von den hohen Belastungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Justiz gesprochen?

Wir wollen, dass auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst, die so große Leistungen erbringen, abschlagsfrei nach 45 Jahren beziehungsweise 40 Jah­ren in Pension gehen können.

Wir stellen daher folgenden Entschließungsantrag:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ab­schlagsfreie Pension mit 540 Beitragsmonaten“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz sowie der Bundesminister für Finanzen werden aufgefordert, dem Nationalrat unverzüglich eine Regierungsvorlage zu übermitteln, mit der

• in § 236 Abs. 4b ASVG und den analogen Bestimmungen im GSVG und BSVG Zeiten des Präsenz- und Zivildienstes als Beitragsmonate der Erwerbstätigkeit aner­kannt werden,

• der abschlagsfreie Ruhebezug bei 540 Beitragsmonaten analog der Bestimmungen des § 236 Abs. 4b ASVG für Beamtinnen und Beamte sowie für definitiv gestellte Bedienstete der Post und Bahn geregelt wird, sowie

• die Neuberechnung aller Pensions- und Ruhegenussleistungen mit 1.1.2020, die auf § 15 APG (Kontoerstgutschrift) beruhen oder die mit dem Stichtag ab 1.1.2014 und vor 1.1.2020 gewährt wurden und somit Abschläge bis zu 12,6 Prozent trotz 540 Bei­tragsmonaten aufweisen. Diese Leistungen sollen ab dem 1.1.2020 ohne Abschläge ausbezahlt werden.“

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So weit unser Antrag. – Und nun zu den Entschließungsanträgen von ÖVP und FPÖ: Ganz ehrlich, wir wollen keine Berichte, wir wollen nicht, dass etwas geprüft wird, und wir wollen kein Sollte oder Könnte oder Wollte oder Möchte, sondern es soll umgesetzt werden. Das ist unser Ziel. (Beifall bei der SPÖ.)

Uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sind die Anliegen der arbeitenden Menschen wirklich wichtig, und wir zeigen Respekt – echten Respekt – vor ihrer Arbeitsleistung. (Beifall bei der SPÖ.)

11.20

Vizepräsident Hubert Koller, MA: Der von den Bundesräten Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „abschlags­freie Pensionen mit 540 Beitragsmonaten“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Sonja Zwazl. – Bitte sehr.