12.40

Bundesrat Mag. Christian Buchmann (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Geschätzter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Sie hier unseren Beratungen beiwohnen oder über das Fernsehgerät oder auch über Livestream mit dabei sind! Ich habe mir jetzt gedacht, sehr geehrte Frau Kollegin Schumann, es ist spannend, wie sich Ereignisse wiederholen. Es ist mehr als ein Jahrzehnt her, dass ich damals als Mitglied der steiermärkischen Landesregierung, als Landesfinanzreferent eine Schuldenbremse in der Landesverfassung verankern wollte. Die Argumente der Sozialdemokratie sind damals wie heute ähnliche geblieben. (Bundesrätin Schumann: Sind Sie froh in einem Krisenjahr?) Ich habe das damals nicht aus Jux und Tollerei für die Landesverfassung vorgeschlagen, sondern ich habe das damals vorgeschlagen, weil ich das steirische Landesbudget krisenfest machen wollte, weil es mir ein Anliegen war, dass wir mit Sorgfalt mit dem Steuergeld umgehen, und weil ich insbesondere die Finanzierungs­fähigkeit des Landeshaushaltes sicherstellen wollte.

Zudem war damals auch eine wesentliche Frage, wie man das Rating sicherstellen kann, eine Frage, die uns auch heute auf Bundesebene immer wieder beschäftigt. Damals war die Sozialdemokratie der Meinung, dass so etwas nicht notwendig ist. Im Zuge der Wirtschafts- und Finanzkrise, die zum Zeitpunkt meines Vorschlages noch nicht vor der Tür gestanden ist, haben wir aber sehr bitter erfahren müssen, auch als Bundesland, wie schwierig es damals war, ohne eine solche Schuldenbremse, ohne ein Rating, das stabilisiert war, am Kapitalmarkt Geld aufzutreiben. Der steirische Landeshaushalt musste damals den Weg einer Anleihenbegebung gehen, die uns über Jahre im Landesbudget begleitet und auch meinen Nachfolgern nachhaltig Probleme bereitet hat. (Bundesrätin Schumann: Es wurden Arbeitsplätze gerettet!)

So gesehen, liebe Frau Schumann, verstehe ich Ihre Argumente. Ich verstehe nicht alles, was das Thema der Privatisierung betrifft, denn seinerzeit bei der Bawag wäre eine Spekulationsbremse vielleicht auch ganz nett gewesen, dann hätten wir manche Probleme auch für den Bundeshaushalt so nicht gehabt. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ich nehme zur Kenntnis, dass der Sozialdemokratie ihr Markenkern erhalten bleibt, dass Ihnen für das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuer­zahler nichts zu teuer ist und dass Sie im Rahmen einer ordentlichen Haushaltsge­barung - - (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ja, ich verstehe schon, dass Sie das ärgert (Bundesrat Schennach: Es belustigt eher!), aber den Spiegel müssen Sie sich vor­halten lassen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, was ist denn eine Schuldenbremse? – Eine Schuldenbremse ist ja nichts anderes als eine Be­grenzung staatlicher Haushaltsdefizite oder eine Begrenzung von Staatsschulden. Sie verpflichtet Regierungen beziehungsweise den Finanzminister oder auch Parlamente, wie beispielsweise unseren Nationalrat oder den Bundesrat, gewisse Grenzen einzu­halten. Sie bedeutet aber nicht, dass es eine Investitionsbegrenzung ist, sondern sie bedeutet, dass ein Haushalt permanent zu reflektieren ist und im Rahmen von diesen Spielregeln die entsprechenden Investitionen selbstverständlich durchgeführt werden müssen, dass allerdings auch immer wieder ein gewisser Check eines Budgets erfol­gen muss und manche Investitionen auf ihre Zukunftsfähigkeit geprüft werden müssen.

Ausnahmen – und das wissen Sie ganz genau – solcher Schuldenbremsen sind für ge­wisse Anlassfälle in einzelnen europäischen, aber auch außereuropäischen Ländern durchaus angebracht. Dazu haben wir uns auch immer bekannt. Kommt es beispiels­weise zu wirtschaftlichen Verwerfungen oder zu Naturkatastrophen, ist es eine Selbst­verständlichkeit, dass von solchen Schuldenbremsen abgegangen werden kann.

Wo befinden wir uns denn aktuell? – Wir wissen, dass es solche Schuldenbremsen beispielsweise in Italien gibt, dass es solche Schuldenbremsen beispielsweise in Bul­garien gibt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wir wissen, dass wir innerhalb der Europä­ischen Union – Stichwort Konvergenzkriterien vulgo Maastrichtkriterien – Spielregeln haben, was die Staatsverschuldungen betrifft und auch was die Neuverschuldungen betrifft, und dass wir als verantwortungsbewusste Politikerinnen und Politiker auch eine Sorgfaltsverpflichtung haben.

Ich war immer ein Fan davon, dass wir auch mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kauf­manns oder einer ordentlichen Kauffrau vorgehen, dass wir die Grundsätze der Zweck­mäßigkeit, der Sparsamkeit, der Wirtschaftlichkeit entsprechend beachten und dass wir auch zur Stabilisierung gesamtstaatlicher Haushalte beitragen. Das gilt für das Bundesbudget gleichermaßen wie für Landdeshaushalte oder die Haushalte unserer Kommunen. So gesehen ist ja auch der innerösterreichische Stabilitätspakt so etwas wie eine Schuldenbremse, wo wir uns eben einfachgesetzlich darauf verständigt haben, nicht mehr als 0,45 Prozent des BIPs Neuverschuldung zu machen. (Bundes­rätin Schumann: Haben wir eh!) – Ja, Sie haben es richtigerweise angesprochen, Frau Schumann, das haben wir, so gesehen würde dem nichts entgegenstehen, eine solche Schuldenbremse auch in der Bundesverfassung zu verankern, wofür eine Zweidrittel­mehrheit notwendig ist.

Sie werden heute den Offenbarungseid leisten. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) Wenn ich es richtig gesehen habe, wollen Sie ja auch eine namentliche Abstimmung. Ich begrüße das außerordentlich, finde es sehr gut, denn dann können Sie nämlich beweisen, dass Ihnen das Geld der Steuerzahlerinnen und der Steuerzahler kein Anliegen ist und dass Sie gerne mehr ausgeben, als der Haushalt und der Steuer­zahler hergeben können und hergeben wollen. (Beifall bei der ÖVP.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine solche Schuldenbremse ist ein politisches Be­kenntnis. Sie haben mit Ihren Ausführungen heute den Offenbarungseid geleistet. Es ist eine Absage an die Schuldenpolitik der Vergangenheit, es ist die Eröffnung von Chancen, insbesondere für die junge Generation. Und es kommt nicht von ungefähr, dass sich Jugendorganisationen heute schon zu Wort gemeldet haben und es sehr bedauern, dass die Sozialdemokratie einer solchen Schuldenbremse nicht beitreten kann. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir künftigen Generationen Chancen eröffnen und nicht nur Hypotheken hinterlassen. Das könnte man mit so einer Schuldenbremse auch als eine politische Willensbildung dokumentieren.

Es ist sehr zu begrüßen, dass sich der Verschuldungspfad – und der Herr Finanz­minister hat es in seinen Ausführungen auch schon kurz angesprochen – über die Jahre deutlich ins Positive entwickelt hat und dass wir durch die Zielsetzung der voran­gegangenen Bundesregierung, es zu einer Gesamtverschuldung von unter 60 Prozent zu bringen, zumindest auf dem richtigen Weg sind. Ich habe immer gedacht, es sei im politischen Leben eine Selbstverständlichkeit, dass eine Senkung der Abgabenquote und ein ausgeglichener Haushalt Ziele sind. Die Ausführungen der Kollegin Schumann haben heute bewiesen, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, und das bedauere ich außerordentlich.

Für meine Gesinnungsgemeinschaft, die Österreichische Volkspartei, ist Folgendes klar: Wir stehen für keine neuen Schulden. Wir stehen für ein ausgeglichenes Budget. Wir wollen keine neuen Steuern. Wir wollen die richtigen Reformen und eine Entlastung statt Belastung. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der FPÖ.)

12.49

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächste gelangt Frau Dr.in Ewa Ernst-Dziedzic zu Wort. Ich erteile es ihr.