17.03

Bundesrat David Stögmüller (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe Ihnen ein Schild mitgenommen, das ist nämlich über den Wahlkampf mit mir mitgewandert: Energiewende jetzt! (Der Redner hält eine Tafel mit der Aufschrift „Energiewende jetzt! Grünalternative Jugend“ in die Höhe und stellt sie dann auf das Rednerpult. – Bundesrat Pisec: Das Fernsehen ist schon weg!) – Wurscht, ob das Fernsehen da ist oder nicht (Bundesrat Krusche: Deswegen protestiert ihr gegen ...! – Bundesrat Steiner: Jetzt ist der Peter Pilz ...! – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ), reden wir über die Energiewende! Die Energiewende ist etwas, das wir voranbringen müssen.

Wir brauchen die Energiewende, wir brauchen sie. Wir müssen raus aus der fossilen Energie, raus aus Öl und Kohle und Atomstrom, den wir importieren. Wir müssen reinkommen in die grüne Energie, in die Energiewende, und das dringend. Das muss umfassend sein. Es muss effizient werden, es muss naturverträglich sein, wobei auch die sozialen Aspekte, und das ist mir auch ein großes Anliegen, nicht außer Acht gelassen werden dürfen.

Erneuerbare Energie ist auch wirtschaftspolitisch die vernünftigste Lösung. Es entsteht ein boomender Wachstumsmarkt, der Arbeitsplätze schafft und auch sichert. Wir Grüne wollen, dass Österreich da nicht irgendwo ganz hinten herumlungert und auf Klimakonferenzen gar nicht reden darf, weil es die Standards überhaupt nicht erfüllt, sondern wir wollen, dass wir wieder vorn dabei sind, dass wir Spitzenreiter sind. Das ist die große Aufgabe, die wir haben.

Was beschließen wir heute? – Wir beschließen heute – Magnus Brunner hat es ja schon ausgeführt – ein Gesetz, das sehr umfassend ist, aber in Wirklichkeit eigentlich eine Notfalllösung darstellt, denn die letzten Regierungen, und ich nehme ganz be­wusst den Plural, haben es nicht geschafft, ein ordentliches Gesetz zu schaffen, das ein solides Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz schafft. Daran ist nicht nur Ibiza schuld, sondern das ist ein Versagen der Vorvorgängerregierung oder sogar noch der Vorvor­vorgängerregierung unter Schwarz-Rot beziehungsweise Schwarz-Blau, nämlich dass wir nichts auf die Reihe gebracht haben, um die Energiewende endlich voranzutreiben. (Bundesrat Spanring – erheitert –: Schwarz-Grün! – Bundesrat Steiner – erheitert –: Ich freue mich schon drauf!)

Das ist ein riesengroßes Problem, und daran ist nicht nur Ibiza schuld. Daran ist auch die Ökostromnovelle, also das Ganze, was wir im Bundesrat gehabt haben, schuld, dass nichts auf die Reihe gebracht worden ist und wertvolle Zeit verloren ging, dass das nach hinten verschoben werden musste. Es ist mir wichtig, denn es ist fatal für die Planungssicherheit der Betriebe da draußen, der Menschen da draußen, die ein Teil der Energiewende werden möchten. Es fehlt am nötigen Impuls für die Energiewende. Ich hoffe, das kommt.

Jetzt kommt dieser Antrag und der ist gut so. Ich habe ja gar nicht gedacht, dass er überhaupt zustande kommt. Wenn man sich nämlich die Debatten im Nationalrat, die bilateralen Gespräche angeschaut hat, zeigte sich, dass es immer wieder Punkte gab, an denen man gefeilt hat, über die man sich nicht einig war, sodass es wieder nicht zum Übereinkommen kam – der eine will das, der andere will das, der beharrt darauf und so weiter.

Zum Glück ist es gekommen, auch aufgrund des Drucks vonseiten Fridays for Future, aufgrund der Tausenden jungen Menschen, die draußen stehen und sagen: Hey, liebe alte Politik! Macht was, tut was! – Die haben den nötigen Arschtritt dafür gegeben, dass wir als Politiker jetzt heute hier sind und endlich dieses Gesetz umsetzen. Das ist es nämlich, was die Jungen da draußen machen, sie halten uns den Spiegel vor und sagen: Hey, tut was! Macht aber nicht auf Kosten unserer Zukunft etwas nicht!

Daher bin ich sehr froh – und darauf können wir stolz sein –, dass diese jungen Men­schen da draußen auf die Straße gehen und sagen: Leute! Tut was da drinnen im Par­la­ment, denn dafür wir wählen euch! – Das ist wichtig. (Bundesrat Steiner: ... ins­tru­mentalisiert die Volksschulkinder! – Bundesrätin Zeidler-Beck: ... Schuldenbremse!)

Es ist also eine Überbrückung. Es braucht klare Regelungen mit klaren Effizienz­kri­terien, die den ökologischen Aspekt nicht außer Sicht lassen – das kann ich nicht oft ge­nug beteuern und unterstreichen. Wir müssen aber auch über eine deutliche Re­duktion des Energieverbrauches reden. Wir müssen darüber reden, wie wir in Zukunft das Energieeffizienzgesetz ausgestalten und novellieren wollen. Wir brauchen Modelle, die es ermöglichen, dass sich BürgerInnen an der Energiewende beteiligen, dass sie Teil dieser Energiewende werden. Es ist ganz wichtig, die Akzeptanz da draußen zu steigern. Das müssen wir schaffen. Wir müssen die Menschen mitnehmen.

Es braucht konkrete Zielerreichungspfade. Das fehlt mir. All das hat in den Vorlagen und Punktationen des EAG, die noch unter Ihrer Vorgängerin Elli Köstinger aus dem Umweltministerium gekommen sind, noch massiv gefehlt. Es gab keine klaren Men­genziele für die einzelnen Technologien. Es gab riesengroße Punkte, bei denen wirk­lich noch sehr viel gefehlt hat. Es gab auch bei den Ausschreibungen und Förder­kriterien meiner Meinung nach massive Fehlrichtungen, die wir hoffentlich in Zukunft korrigieren können, damit die Energiewende in Österreich auch gelingen kann.

Es braucht Transparenz, klar definierte Ziele. Wir müssen aber auch sehr bald über die Zukunft unseres Stromnetzes reden, eigentlich wahrscheinlich schon bevor überhaupt die nächste Regierung im Amt sein wird, weil die EU es so vorschreiben wird. Das werden Punkte sein, die wir schnell voranbringen müssen und die noch auf Sie zukom­men werden. Wir haben einiges zu tun.

Das Gesetz heute ist zumindest der erste Schritt, weil Projekte, die schon lange in der Pipeline sind, endlich auf die Reihe gebracht und umgesetzt werden, und das ist gut. Next step aber, und das muss uns allen wirklich klar sein, ist ein ordentliches Erneu­erbaren-Ausbau-Gesetz, das – ob jetzt 2020 oder 2021; 2020 wird sich nicht mehr ausgehen, aber ich hoffe 2021 – schnellstmöglich umgesetzt wird, und zwar egal davon, wie die nächste Regierung ausschauen wird und wer Teil dieser Regierung sein wird. Wir müssen das gemeinsam, und das ist der wichtigste Punkt, umsetzen. Es wird nicht helfen, wenn nur zwei Regierungsparteien daran arbeiten. Dieses Gesetz ist ein gutes Beispiel dafür. Wir müssen uns gemeinsam an einen Tisch setzen und ge­meinsam dieses Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz bearbeiten und erarbeiten. Das ist not­wendig.

Ich möchte mich auch noch einmal bei allen Parlamentsparteien bedanken, die dieses Gesetz auf den Weg gebracht haben. Das ist sehr erfreulich.

Ich möchte noch etwas für mich persönlich sehr Erfreuliches sagen, nämlich dass ich mich vom Bundesrat in den Nationalrat verabschiede. Ich bin sehr froh darüber, dass ich vor vier Jahren, als ich in einem Sozialberuf beim Roten Kreuz gearbeitet habe, diesen Schritt ins Parlament, in den Bundesrat gemacht habe, dass ich diesen Weg gegangen bin, mir damals gesagt habe: Ich möchte Politik machen!, und das auch gewagt habe.

Ich habe es nicht bereut. Mir hat es hier im Bundesrat Spaß gemacht. Ich habe viel gelernt. Ich habe viel einbringen können. Ich habe viele nette Kolleginnen und Kollegen kennengelernt, ich habe viele Netzwerke in die Zivilgesellschaft mitbekommen, ich habe sehr viel Handwerkliches beigebracht bekommen und finde das großartig.

Es war für mich eine großartige Erfahrung, und wenn ich jetzt so ins Plenum schaue, muss ich feststellen, dass ich hier ja schon zu einem der älteren Hasen gehöre. (Ruf: Na ja!) Ich meine, ich gehöre zu den älteren Hasen im Sinne des Bundesrates und der Bundesratserfahrung. (Bundesrat Spanring: Und Häsinnen!) Es ist eine überschau­bare Zahl. Viele haben mit mir angefangen, ein paar OberösterreicherInnen noch, einige sind schon länger da – das sind einige, ich will sie jetzt gar nicht auf­zählen –, die Monika sowieso. Jedenfalls sieht man diesen Wechsel auch innerhalb der Parteien, und das ist auch gut so, weil da immer wieder frischer Wind hereinkommt.

Ich kann mich noch erinnern, wie vor zwei Jahren so manche gemeint haben: Ihr seid eh eine aussterbende Fraktion, ihr Grünen da hinten! (Zwischenruf des Bundesrates Steiner.) – Ich weiß noch, das war damals die Wortwahl: aussterben. (Bundesrat Pisec: Totgesagte leben länger!) Ich will es nicht so schlimm sagen, ich sage nur: Wer zuletzt lacht, lacht am besten! Dabei geht es mir gar nicht darum, sondern darum, dass man nie zu früh sagen soll, irgendetwas stirbt aus. Wir kommen wieder, keine Angst, so schnell kriegt ihr uns nicht weg! (Allgemeine Heiterkeit.)

Ich will gar nicht so viel politisches Hickhack machen, aber erlauben Sie mir wirklich, noch einmal Danke zu sagen, nämlich euch allen hier Danke zu sagen für die trotz aller ideologischen Gegensätze über die Fraktionsgrenzen hinweg kollegiale Zusammen­arbeit. Ich glaube, das hat funktioniert.

Danke zuerst einmal an die Parlamentsdirektion, danke an dich, Susanne Bachmann, an dein Team, an alle, die mit dir gearbeitet haben. Entschuldigung, dass Thomas ab und zu länger auf die RednerInnenliste warten musste! Das ist leider den Mitar­beite­rInnen geschuldet, die wir ja nicht haben.

Vielen Dank auch an alle Kolleginnen und Kollegen, manche sehen wir ja dann wieder, und ein Danke auch an die Fraktionsobleute! Ich möchte ganz besonders – und ich muss jetzt bei euch anfangen – den SozialdemokratInnen Danke sagen. Ich möchte das schon ganz eindringlich sagen, denn es war nicht immer leicht mit uns Grünen. Das verstehen wir. Ab und zu haben wir Differenzen gehabt, aber ich möchte schon sagen: In den letzten zwei Jahren habt ihr uns unterstützt, und das sind Sachen, die wir nicht so schnell vergessen. Dafür sage ich: vielen Dank!

Ihr habt viel mitgetragen, ihr habt unsere Anfragen mitunterschrieben. Dafür möchte ich mich wirklich aufrichtig und herzlich bedanken. (Bundesrätin Mühlwerth: Ihr könnt euch eh bedanken für die Stimmen von der SPÖ!) Ihr habt uns nicht nur formell unterstützt, sondern auch mit persönlichen Ratschlägen. Wenn wir Fragen gehabt haben, habt ihr uns wirklich unter die Arme gegriffen. Dafür möchte ich euch wirklich Danke sagen – oder wie man so, glaube ich, sagt: Freundschaft! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Nichtsdestotrotz auch Danke an die ÖVP für die kollegiale Zusammenarbeit! Ich möchte auch Karl Bader – er ist gerade nicht da – als Präsident Danke sagen. Ganz besonders auch dir, Andrea, danke ich für die Zusammenarbeit, auch in den letzten Monaten. Du bist immer top informiert. Du hast, wenn es Absprachen gegeben hat, immer Handschlagqualität bewiesen, und das ist ein Punkt, der mir persönlich sehr wichtig ist. Das hat funktioniert, auch über die Grenzen hinweg. Sonja war sowieso von Anfang an dabei und war immer die Souffleuse von vorne. (Heiterkeit der Bundesrätin Zwazl.) Danke auch euch von der ÖVP für die Zusammenarbeit!

Auch dir, Monika, möchte ich Danke sagen, nämlich dafür, dass wir trotz der ideo­logischen Unterschiede, die wir haben, ganz klar, auch lustige Stunden miteinander hatten. Ich erinnere mich noch – heute war er da, Edgar Mayer – an unsere erste Weih­nachtsfeier, die mir nie aus dem Kopf gehen wird. Das waren noch Zeiten. (Ruf: Was habt ihr da gemacht?) – Das wollen wir nie wieder erzählen. (Bundesrätin Mühlwerth: Das würdest du gerne wissen! – Allgemeine Heiterkeit.) Es bleibt im alten Parlament; aber du weißt, wovon ich rede.

Ich möchte noch daran zurückerinnern, wie wir gemeinsam in Opposition waren und hier Anträge, auch Dringliche Anfragen gemeinsam eingebracht haben, trotz der ideo­lo­gischen Unterschiede, und da muss man eben sagen: Vielen Dank von unserer Seite für die Zusammenarbeit!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte den Bundesrat positiv in Erinnerung halten. Er wird auch immer Teil meines politischen Lebenslaufs sein. Ich bin froh darüber, weil ja, wie Kollegin Ecker vorhin gesagt hat, hier eine andere Kultur herrscht. Ich werde diese Erfahrung mitnehmen und freue mich natürlich schon auf meine zukünftige Aufgabe im Nationalrat. Es wird wesentlich anders werden. Es wird wohl nicht mehr so familiär abgehen, wie es heute schon geheißen hat.

Ich glaube, das habe ich mitgenommen: Der Bundesrat ist ein gleichwertiger Teil die­ses Parlaments. Das ist wichtig. Ich möchte auch weiterhin ein Botschafter des Bun­desrates bleiben, wie es ihr alle auch seid. Das möchte ich auch weiter vorantreiben und einbringen.

Ich möchte mit einer Bitte schließen, die mir persönlich ein großes Anliegen ist, nämlich: Bitte passt mir auf den Kinderrechteausschuss auf! Den habe ich einst persönlich mit KollegInnen aus allen Fraktionen gegründet. Er ist mir persönlich ein Anliegen, weil er eine Repräsentation des Bundesrates nach außen ist. Er ist mittlerweile eine Visitenkarte des Bundesrates. Wir gehen nach außen, nehmen Input mit und machen die Arbeit des Bundesrates transparent, und das finde ich gut. Also bitte passt auf den auf! Macht da weiter und bringt Initiativen ein! Ich glaube, das ist einer der aktivsten Ausschüsse, in denen der Bundesrat selber aktiv ist. Bitte macht da weiter und zeigt, dass der Bundesrat nicht nur Sachen vom Nationalrat bearbeiten kann, sondern auch selber Initiativen starten kann!

Damit möchte ich euch Danke sagen und noch einen schönen Abend wünschen. (All­gemeiner Beifall. – Bundesrätin Mühlwerth – in Richtung des das Rednerpult ­verlas­senden Bundesrates Stögmüller –: Vergiss dein Taferl nicht! – Bundesrat Stögmüller kehrt ans Rednerpult zurück und holt seine Tafel ab.)

17.16

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Danke schön, lieber David! Wir wün­schen dir beziehungsweise euch beiden alles Gute im Nationalrat! Behaltet uns in guter Erinnerung! Ihr seid natürlich jederzeit herzlich willkommen. Wir werden euch auch begrüßen, wenn ihr auf der Galerie oben seid, wozu uns Ewa vorhin aufgefordert hat.

Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Ing. Eduard Köck zu Wort. Ich erteile es ihm.