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Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ, Wien): Hohes Haus! Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte ZuseherInnen und KollegInnen! Ja, wir leben im Zeitalter der Digitalisierung und für unsere Generation, die wir hier sitzen, ist es tatsächlich eine Herausforderung und eine massive Veränderung. Unsere Kinder hingegen sind schon in dieses digitale Zeitalter hineingeboren, und sie können sich ein Leben ohne diese Technik, ohne Computer, Smartphones et cetera gar nicht mehr vorstellen.
Das ist ihr Startvorteil, denn sie haben diese Skepsis, dieses bisschen Angst im Umgang mit den Dingen, die wir zum Teil verspüren, nicht. Diese Natürlichkeit des Umgangs – Frau Ministerin, Sie haben das vorhin betont – und des Zugangs zu diesen Dingen, diese Selbstverständlichkeit der Nutzung dieser Geräte und diese Neugier gilt es zu nutzen und auszubauen. Dafür ist es notwendig, dass der Zugang zu diesen technischen und naturwissenschaftlichen Lernräumen von klein auf gegeben ist und vor allem eingerichtet wird, dass in der Lernbiografie eines Kindes, eines jungen Menschen keine Lücke entsteht.
Ich bin sehr froh, dass der Blick auf die Elementarbildung geschärft wird, weil ich tatsächlich finde, dass man eigentlich eine Chance vertan hat, wenn man diesen Bereich auslässt und dann erst wieder in der Schule mit dem Zurückerobern der Neugierde und des Forschens anfängt; das heißt, das Erhalten dieses natürlichen Forschertriebs und dieses natürlichen Zugangs von Kindern – nämlich unabhängig ihres Geschlechtes von Natur an –, diese Lust am Fragen und am Erforschen und am Zerlegen und so weiter, den sollten wir von vornherein zu bewahren versuchen.
Ich gebe Ihnen recht: Gerade die Elementarbildung, aber auch der Volksschulbereich ist ein sehr weiblich dominierter Bereich, und dementsprechend passiert da auch eine Sozialisierung der Kinder. Es ist nicht verwunderlich, dass sich spätestens mit zehn, elf oder zwölf Jahren bei Mädchen und Burschen dann doch Geschlechterrollenbilder bemerkbar machen und andere Vorlieben zeigen, die möglicherweise im Kindergarten so noch gar nicht zutage getreten wären.
Ich möchte ein Beispiel aus einem Kindergarten im 2. Bezirk bringen, das für mich beispielhaft ist: Dort kommt einmal in der Woche der Willi – das ist ein Pensionist, der gern handwerkt – in diesen Kindergarten und arbeitet mit den Kindern. Er bringt Holz, Sägen, Hämmer und Nägel mit und arbeitet einmal in der Woche mit den Kindern in diesem Bereich. Das ist das Highlight der Woche, die Kinder lieben das!
Im Idealfall ist es Bestandteil des pädagogischen Alltags und der Willi müsste nicht extra kommen, aber es ist de facto noch nicht so, und diese Kompetenz müssen wir in den Kindergarten holen. Das heißt: ja, mehr Menschen, die solche Lust an der Naturwissenschaft und an digitalen Phänomenen haben, in die Elementarbildung.
Was aber auch wichtig ist, ist nicht nur dieser Fokus auf Mädchen und Burschen und die Geschlechtergerechtigkeit in diesem Bereich, sondern wir müssen uns auch bewusst darüber sein, dass wir nicht sagen können, die Eltern sollen halt die Kinder unterstützen, denn die Kinder haben da einen Wissensvorsprung, den viele Eltern gar nicht mehr aufholen können. Es reicht nicht zu sagen, die Eltern sollen sich halt darum kümmern, dass die Kinder da hinterherkommen, sondern man muss auf dieses Gap wirklich Rücksicht nehmen, dass Kinder da mehr Know-how und mehr Zugang zu den Dingen haben, als es vielleicht viele Eltern haben. Mit diesem Thema muss man sehr sensibel umgehen.
Um hervorzuheben, welche Bedeutung diese Mint-Fächer und die Digitalisierung auf Kinder haben, möchte ich aus einer Broschüre zitieren, die ich unlängst gelesen habe: „Bis 2020 werden insgesamt fünf Millionen neue Jobs im technischen Bereich in Europa entstehen. Die Berufsgruppe der Ingenieurinnen und Ingenieure sowie verwandter Wissenschaftsberufe wird allein in Österreich um 30.000 neue Arbeitsplätze innerhalb von sechs Jahren zulegen.“
In dieser Broschüre wird auch beschrieben, dass, wenn wir es nicht schaffen, eine komplett neue Unterrichtskultur zu etablieren, unser Bildungssystem dem nicht gerecht werden können wird. Neue Unterrichtskultur bedeutet nämlich nicht, auswendig zu lernen und einmal im Jahr auf eine Prüfung zu lernen, damit man es danach wieder vergessen kann, sondern es geht darum, kreativ zu sein, technikmündig zu sein, teamfähig zu sein, selbständiges Arbeiten zu lernen, und da braucht es eine neue Bewertungskultur. Es reicht eben nicht, einmal im Semester einen Dreier auf eine Prüfung zu geben, sondern es bedeutet, Fehler zuzulassen, zu ermutigen, aus Fehlern zu lernen, Lösungen zu entwickeln und prozessbegleitendes Feedback zu geben. (Bundesrat Pisec: Das gibt es eh schon alles!) Das ist übrigens eine Studie der Industriellenvereinigung.
Ich möchte darauf hinweisen, dass unser Schulsystem auf diese Fragen noch nicht vorbereitet ist. Was ich mir wünsche und was es braucht – die Konzepte und Maßnahmen liegen ja bereits am Tisch, Sie haben das ausgeführt –, das sind mutige Reformen im Bildungswesen, um diesen Anforderungen gerecht zu werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
10.05
Präsident Karl Bader: Vielen Dank.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Mag. Reinhard Pisec. Ich erteile es ihm.