9.44

Bundesrat Mag. Reinhard Pisec, BA MA (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wirtschaftspolitik ist ein sehr umfassendes Thema, sie besteht in erster Linie aus den Instrumentarien Fis­kalpolitik, Geldpolitik, Handelspolitik und natürlich auch Klimapolitik. Was interessant ist: Die EU wird kleiner. Mit diesem Thema möchte ich beginnen.

„Get Brexit Done“: Was für ein Wahlspruch, den Boris Johnson durch den Äther schickte, in Umlauf brachte! Er hat einen epochalen Wahlsieg eingefahren, der all jene Lügen straft, die die Faktizitäten in Britannien nicht wahrhaben wollten. Das war näm­lich nichts mehr oder weniger als eine zweite Volksabstimmung: Wir britischen Bürger wollen raus aus der EU!

Das muss die EU und das muss auch die neue Kommission von von der Leyen endlich zur Kenntnis nehmen, die sich da auch ein bisschen in Selbstreflexion üben muss, was die EU eigentlich ausmachen sollte, was eigentlich die Römischen Verträge von 1957 beinhalteten – nämlich: es war eine Wirtschaftsgemeinschaft – und auf welchen Grund­lagen diese EU eigentlich auch 2019/2020 fußen sollte.

Mit Britannien, mit London wird ein neues Zentrum neben Brüssel entstehen – das Vereinigte Königreich ist die fünftgrößte Volkswirtschaft –, und das wird auch für die österreichische Wirtschaftspolitik spannend, dass man neben Brüssel auch mit London Gespräche aufnehmen sollte.

Nun zur wirtschaftspolitischen Zielsetzung: Wichtig ist es für uns von der FPÖ und von der freiheitlichen Wirtschaft und Industrie, die richtigen Zielsetzungen zu finden und präliminär zuerst das Wirtschaftswachstum, die Steigerung des Bruttoinlands­pro­duk­tes, in den Fokus zu nehmen, weil vor allem das den Wohlstand der Nationen und den Wohlstand der österreichischen Bürger und Bürgerinnen beeinflusst beziehungsweise schafft, und für uns stehen immer die Interessen und der Nutzen der österreichischen Bürger im Vordergrund – das ist auch ein wesentlicher Grund.

Die Priorität dieser wirtschaftspolitischen Instrumente ist einmal ganz eindeutig die Fiskalpolitik, und das ist die Steuerpolitik. Es gibt einen ganz klaren OECD-Bericht, eine Bewertung darüber, dass Unternehmensbesteuerung an erster Stelle und Lohn- und Einkommensteuer an zweiter Stelle die drei schädlichsten und wachstums­hem­mendsten Instrumente einer Wirtschaftspolitik für eine nationale Wirtschaft sind. Daher müssen wir alle in Österreich in erster Linie endlich von der Steuerlast, von dieser enormen Belastung, befreit werden. Wir, wir Unternehmer und unsere Mitarbeiter, haben genug von dieser Abzockerei, die seit Jahren und Jahrzehnten in Österreich zulasten der österreichischen Bürger stattfindet. (Beifall bei der FPÖ.)

Die ehemalige Bundesregierung war schon auf dem richtigen Weg. Steuer­erleich­terun­gen hatten wir eingeführt, einen Familienbonus hatten wir eingeführt, die Forschungs­prämie hatten wir eingeführt. (Zwischenruf des Bundesrates Schabhüttl.) Es hätten noch weitere Steuererleichterungen kommen sollen, aber leider, leider ist diese Regie­rung auseinandergebrochen.

Wir wollen auch keine Erbschafts-, keine Schenkungs- und keine Vermögenssteuer. Wir wollen auch – das ist nun ein EU-Thema – eine einheitliche Bemessungs­grund­lage. Aufgrund der Bemessungsgrundlage werden die Steuersätze erst berechnet. Österreich leidet nicht nur an viel zu hohen Steuersätzen, die ja unter den höchsten der Europäischen Union sind, sondern wir haben auch – das wissen die wenigsten – eine doppelt so hohe Bemessungsgrundlage als Deutschland. Unsere Steuersätze werden auch in absoluten Zahlen doppelt so hoch ausgewiesen, als eigentlich notwendig sein müsste. Es sollte ein EU-Ziel sein, die Bemessungsgrundlage festzulegen. Wir öster­reichische Bürger müssen mit jener Partei und jenen Institutionen Allianzen schließen, die uns vor dieser Abzockerei in Österreich bewahren und vor allem von ihr befreien. (Beifall bei der FPÖ. – Heiterkeit der Bundesrätin Grimling.)

Meine Achtung gilt vor allem auch Finanzminister Müller, den ich mir sehr in der neuen Regierung wünsche – Ihre Amtszeit neigt sich ja dem Ende zu (in Richtung Bun­desministerin Udolf-Strobl) –, der wirklich den Mut und vor allem das Wissen aufge­bracht hat, dieser Finanztransaktionssteuer Ade zu sagen, weil er richtig erkannt hat, dass dies wirklich eine wachstumshemmende Steuer wäre. Es ist allerdings schade, dass man so viel Dynamik aufbringen muss, um eine Steuer abzuwehren, und sich nicht mit positiven wirtschaftspolitischen Erkenntnissen auseinandersetzen kann.

Welche Verwerfungen gibt es über die EU? – Verwerfungen sind feststellbar, das ist ein Teil der Geldpolitik. Gewaltige Kollateralschäden gibt es am Immobilienmarkt. Die Preiserhöhungen für Land, Grund und Boden, Wohnungen und Häuser haben sich in den letzten fünf Jahren verdoppelt. Viele, viele Österreicher können sich kein Eigentum mehr leisten – auch die Mietpreise werden in nächster Zeit ansteigen –, es sind nur irgendwelche asiatischen Milliardäre, für die wir offensichtlich Wohnungen bauen; das als eines der ganz vorderen negativen Beispiele. Wir wollen auch keine Staatsver­schuldung, wir wollen Politik nämlich nicht auf Kosten unseres Nachwuchses machen – nein zu weiteren Verschuldungen! Zur Handelspolitik: Handelspolitik ist in erster Linie Wettbewerbspolitik. Der Wettbewerb muss stattfinden, denn der Wettbewerb garantiert Gleichheit und Freiheit für alle.

Noch ein Thema betreffend die Europäische Union: Das europäische Einheitspatent wäre ganz wichtig, damit die Kosten für Erfindungen für den Erfinder, für das innovative Unternehmen reduziert werden und Erfindungen in allen Ländern einheitlich und kostenreduzierend angemeldet werden können. Es war ein wirklich guter Schritt unseres ehemaligen Infrastrukturministers Hofer, der dies erkannt hat und mit China ein bilaterales Patentabkommen geschlossen hat, mit dem Inhalt, dass österreichische Erfindungen auch in China angemeldet werden können, aber nicht mit einer fünfjäh­rigen Wartezeit, wie es bisher der Fall war, sondern mit einer kürzeren Wartezeit, die den österreichischen Patentbedingungen entspricht. Das war sicher ein sehr weiser und guter Schritt, weil die technologische Transformation und die technologische Inno­vation die Zukunft sind. Das sind auch die Chancen, die wir hier in Österreich haben und nützen sollten.

China ist die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt und ein gigantischer Markt. Beim Dualismus zwischen den USA und China geht es nicht um den Güteraustausch, da die (englisch aussprechend) Globalisation im Güterbereich nicht mehr so stattfindet; es findet ein Austausch von Datentransformation und Dienstleistungen statt. Dieser Kon­flikt zwischen den USA und China ist in erster Linie ein Konflikt über Urheberrechte, über immaterielle Güter, weil die USA es – zu Recht – nicht mehr haben wollen, dass ihre technologischen Erfindungen von China einfach in Form eines illegalen Tech­nologietransfers kopiert werden. Da sind die USA sicherlich Vorreiter gewesen, dass Österreich 2018 da nachgehakt hat, war eine gute Sache.

Preisabsprachen: Umso mehr die EU zusammenrückt – das zeigt sich ganz besonders bei den grenzüberschreitenden Staatsbahnen –, desto mehr Preisabsprachen im Güter­­transport finden statt. Das geschieht zulasten der Wirtschaft (Bundesrat Schennach: Wer macht die Preisabsprachen?), daher ist es wichtig, die private Vielfältigkeit zu bewahren und zu unterstützen und länderübergreifend dafür zu sorgen, dass diese Kartellbildungen, diese Preisabsprachen nicht stattfinden können.

Die Klimapolitik – und jetzt wird es interessant – ist für mich irgendwie ein Marketing­instrument. Von der Leyen möchte 1 Billion Euro haben: Wie soll sie die bekommen, außer über Steuererhöhungen? Und in Brüssel wird allen Ernstes diskutiert, ob Atom­energie nicht als grüne Energie zählen soll. Das ist ja eine Quadratur des Kreises, und dazu sagen wir von der FPÖ ganz klar: Atomenergie, nein danke! (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

Es ist auch viel besser, den Blick nicht in die Wolken und über die Wolken zu richten, nicht auf das, was sich in 10 Kilometern Höhe abspielt, sondern auf den Boden, auf unsere Erde und auf die Luft, die wir einatmen; darum geht es. Betreffend die Klima­politik wäre die richtigere Begrifflichkeit Umweltpolitik oder Umweltschutz. Ein positives Beispiel dazu ist Äthiopien: Dort wurden vor wenigen Monaten vier Milliarden Bäume gepflanzt, weil die Menschen dort genau wissen, dass sie eine gesündere Luft zum Atmen brauchen. Ein negatives Beispiel ist Ghana, wo jeden Tag 120 Lkw-Ladungen Müll ins Meer gekippt werden – das ist Müllentsorgung à la Ghana. Es wäre auch interessant, dass von der Leyen sich in ein Flugzeug begibt, dorthin fliegt und sagt, wie Müllentsorgung stattfinden soll. Das hat mit Klimapolitik nichts zu tun, das ist Umwelt­politik.

Ein weiteres negatives Beispiel ist Wien. (Bundesrat Schennach: Aber geh!) Seit die Grünen in Wien mitregieren, gibt es ein Drittel weniger Grünflächen, eine Verbauung der Parkräume hat stattgefunden, es wurden ein Drittel mehr Ziegelbauten abgerissen und ein Drittel mehr Neubauten mit Glasfassaden errichtet. (Bundesrat Schennach: Das war schon vor 30 Jahren so!) Das wird euch noch leidtun, diese Architektur in Wien wird euch allen noch auf den Kopf fallen. (Beifall bei der FPÖ und bei Bundes­rätInnen der ÖVP. – Bundesrätin Grimling: Das hängt schon mit Immobilien zusam­men! – Bundesrat Schennach: Das ist sehr selektive Wahrnehmung!) – Arbeitsbedin­gungen mit 40 Grad in Büroräumlichkeiten sind es nicht!

Wie schaffen Sie gute Arbeitsbedingungen? – Energiefressende Klimaanlagen einzu­bauen ist Ihre Alternative. (Zwischenrufe der BundesrätInnen Grimling und Schreuder.) Es wurden Spiegelungs- und Aufheizungseffekte durch Sonneneinstrahlung festge­stellt, in der Wiener Innenstadt ist es bereits um 3 bis 5 Grad wärmer als in den Rand­bezirken. Das alles sind Aufheizungseffekte dieser modernen, glasorientierten Archi­tektur. Über das Zusammenspiel zwischen der Immobilienmafia und der Wiener Stadt­verwaltung spreche ich jetzt nicht, das ist ein anderes Thema.

Zurück zum Klima: Es ist Umweltpolitik und die ist hausgemacht. Das ist ein öster­reichisches Thema, um das sich die nächste Bundesregierung aktiv kümmern sollte und müsste. (Ruf bei der SPÖ: Die letzte hat es eh nicht gemacht!) Wirtschaftspolitik muss immer zum Nutzen und zum Wohl des Bürgers sein. Die Umweltpolitik darf nicht über Steuererhöhungen und schon gar nicht über Marketingeffekte wie diese 1 Billion Euro, die im Raum steht, gelenkt werden.

Zum Brexit: Die EU wird kleiner und benötigt daher auch ein kleineres Budget: weniger Geld der österreichischen Steuerzahler nach Brüssel! – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

9.55

Präsident Karl Bader: Danke sehr herzlich.

Ich freue mich über den vorweihnachtlichen Besuch unseres ehemaligen Vizepräsi­den­ten Ewald Lindinger und heiße ihn sehr herzlich willkommen. (Allgemeiner Beifall.)

Ebenfalls herzlich willkommen heißen darf ich zwei Schülergruppen aus dem Bezirk Lilienfeld: eine der Neuen Mittelschule St. Veit an der Gölsen – sozusagen meine Schule – mit Frau Direktor Martina Klarer an der Spitze und eine der HLW Türnitz mit Bärbel Koupilek an der Spitze. – Herzlich willkommen im Bundesrat. (Allgemeiner Beifall.)

Zu einer ersten Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich die Frau Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort. – Liebe Frau Bundesministerin, ich erteile Ihnen das Wort. Auch Ihre Redezeit sollte, wenn möglich, 10 Minuten nicht über­schrei­ten.