15.03

Bundesrat MMag. Dr. Michael Schilchegger (FPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Justizminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Darf ich ganz kurz noch auf meinen Vorredner eingehen: Ich habe natürlich nicht ge­meint, dass es niemals vorhersehbar ist, wie etwas verfassungsrechtlich oder unions­rechtlich entschieden wird, sondern es gibt einfach in der Juristerei immer bestimmte Graubereiche – gerade was Rechtsmaterien oder was neue Regelungen betrifft, in denen es noch keine Präjudizien gibt und in denen es Argumente dafür – die für die Sachlichkeit einer Regelung sprechen – und auch Argumente dagegen gibt. Daher ist die Kritik einfach fehl am Platz.

Ich komme nun zum Datenschutzbericht 2018, den wir sehr gerne zur Kenntnis neh­men. Die Datenschutzbehörde vollzieht den rechtlichen Rahmen ordnungsgemäß, teils vertretbar, teils überzeugend; auch da kann man natürlich immer juristisch argumen­tieren, ob eine bestimmte Entscheidung falsch, vertretbar, überzeugend, was auch im­mer ist. Das ist einfach das, was die Rechtswissenschaft ausmacht: Manchmal ist es eindeutig, manchmal aber auch nicht.

Ganz klar ist aber für uns: Wer punktuelle Änderungen oder weitflächige Änderungen im datenschutzrechtlichen Rahmen fordert oder wer mit dem datenschutzrechtlichen Rahmen, so wie er ist, nicht einverstanden ist, darf seine Kritik nicht an die Behörde, sondern muss sie an den Gesetzgeber, an den österreichischen und europäischen Rechtssetzer richten, der diese Regelungen zu verantworten hat. Die Behörde vollzieht ja nur das, was geltendes Recht ist, und die Kritik richtet sich da ja vor allem auch an die Europäische Kommission mit ihrem Initiativmonopol.

Da ist natürlich aus unserer Sicht auch zu überlegen, ob nicht bestimmte Bereiche der DSGVO noch einmal überarbeitet werden müssen, um bestimmten Bedenken Rech­nung zu tragen. Meine Vorredner haben teilweise erwähnt, welchen unverhältnismäßi­gen bürokratischen Aufwand das alles auslöst: Der Vorstand eines kleinen Vereins haftet nach geltendem Datenschutzrecht beispielsweise dafür, dass der unbekannte Gast einer Veranstaltung, der dort neben vielen anderen Teilnehmern fotografiert wird, auch mit der Verarbeitung seiner Bilddaten einverstanden ist, und es darf weder pau­schal ein überwiegendes Interesse des Vereins noch eine stillschweigende Einwilli­gung des fotografierten Gastes angenommen werden.

Damit man aber die hohen Formalanforderungen für eine wirksame Einwilligung ein­halten kann, braucht man dafür schon fast einen Rechtsbeistand – ebenso wie für die Frage, welche Verpflichtungen ich denn bezüglich der Information des Betroffenen erfüllen muss. Auch da hat die DSGVO ganz neue Wege beschritten und diesen Bera­tungsbedarf ausgelöst. Diese Informationspflichten gelten ja auch unabhängig davon, auf welche Rechtsgrundlage man nun die Datenverarbeitung stützen will. Auch Verar­beitungsverzeichnisse sind erstmals von den Verantwortlichen selbst zu erstellen.

Die datenschutzrechtlichen Vorschriften treiben auch solche seltsamen Blüten, dass sich ein Schwarzfahrer, dessen Daten von der Polizei aufgenommen werden, erfolg­reich gegen die Weitergabe dieser Daten an Organe des Verkehrsbetriebes wehren kann, wodurch natürlich auch eine zivilrechtliche Verfolgung dieser Schwarzfahrt ver­un­möglicht wird. Da verweise ich auf Seite 20 des vorliegenden Datenschutzberichts.

Jedenfalls ist die Effektivität des Datenschutzrechtsrahmens auch vorbildlich – und zwar angesichts der Androhung hoher und höchster Verwaltungsstrafen. In dieser Rechtsmaterie ist interessanterweise auch niemand der Meinung, dass Strafen wenig bringen würden und dass Menschen ihr Verhalten aufgrund des gesetzlichen Straf­rahmens in einem bestimmten Bereich nicht ändern würden – eine interessante Sache.

Ich ziehe eine kurze Zwischenbilanz: Datenschutz nimmt einen hohen Stellenwert in der europäischen und österreichischen Rechtsordnung ein. Die effektive Durchsetzung ist, auch und gerade durch die vorbildliche Vollziehungstätigkeit der Datenschutz­be­hörde, gewährleistet. – Das ist einmal das eine.

Umgekehrt muss man aber schon konstatieren, dass gerade die verwerflichsten Miss­achtungen des Grundrechts auf Datenschutz oft straflos bleiben, nämlich dann, wenn beispielsweise personenbezogene Daten ohne jedwede Rechtsgrundlage aus Unter­suchungsausschüssen, aus der Staatsanwaltschaft, aus den Strafgerichten heraus an Medien weitergespielt werden und dann von den Medien zu Zwecken einer Sensa­tionsberichterstattung veröffentlicht werden. Die genannten Rechtsträger sind durch den Rechtssetzer vom Anwendungsbereich des Datenschutzrechts einfach ausgenom­men worden, und auch der zivil- und medienrechtliche Rahmen reicht zur erfolgreichen Abwehr derartiger Verletzungen von Persönlichkeitsrechten nicht aus.

Diese Privilegien für die genannten Rechtsträger, für diese staatlichen und privaten Organisationen, mögen unter Umständen für Sie, meine Damen und Herren Kollegen hier im Bundesrat, in Ordnung sein, solange Sie nicht selbst von diesen Grundrechts­verletzungen betroffen sind, aber das Grundprinzip des derzeitigen Datenschutz­rechts­rahmens, nach dem einerseits sämtliche komplexen Anforderungen des Datenschutz­rechts bis ins bürokratische Detail unter Androhung hoher und höchster Verwaltungs­strafen von jedweder Privatperson und jedweder Organisation einzuhalten sind, ande­rer­seits Teile des Staatsapparats und große Medienunternehmen pauschal von diesen Verpflichtungen ausgenommen werden, passt nicht zusammen und wird aus meiner Sicht auf Dauer auch nicht aufrechtzuerhalten sein. (Beifall bei der FPÖ sowie des Bundesrates Seeber.)

15.08