16.17

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (ohne Fraktionszugehörigkeit, Vorarlberg): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Bei der Errichtung einer neuen Dienst­stelle des Bundes ist jedenfalls zu prüfen, ob diese außerhalb der Bundeshauptstadt angesiedelt werden kann.“ (Bundesrat Steiner: Das hat die Kollegin gerade vorgelesen! – Bundesrätin Mühlwerth: Liest er es halt noch einmal vor! Zum besseren Verständnis!) Ja, mehr steht nicht drinnen. Der Antrag war auch schon anders gefasst mit ein bisschen anderer Bedeutung. Das ist der Kernsatz, und den unterstützen wir auch, denn Österreich ist laut Verfassung ein föderaler Bundesstaat. Daher ist es legitim, über die künftige Verteilung von neuen Bundeseinrichtungen nachzudenken. Daran können wir jetzt einmal nichts aussetzen. Das ist in Ordnung, das soll und kann man tun.

Ich glaube auch tatsächlich, dass es Fälle geben kann und wird, bei denen einiges dafürspricht, dass man neu zu errichtende Bundesdienststellen außerhalb der Bun­deshauptstadt ansiedelt. Allerdings wird das große Sorgfalt und Behutsamkeit brauchen. Wichtig beim Unterstützen des Antrages war uns schon auch, nicht eine Debatte anzustoßen oder nicht neuerlich anzustoßen, so muss man es sagen, bestehende funktionierende Einrichtungen abzusiedeln. Das steht auch im Antrag nicht mehr drin.

Da gibt es ja leider ungustiöse Beispiele dafür. Das betrifft vor allem die Umsiedelung des Umweltbundesamtes nach Klosterneuburg, deren Sinn sich uns jedenfalls nicht erschließt. Wahrscheinlich ist es darum bei der Umsiedelung auch nicht gegangen. Das zeigt schon auf – so kritisch muss man jetzt auch als gelernter Österreicher schon sein –, wie wichtig die Kriterien sein werden, nach denen geprüft wird. Es darf nicht passieren, dass es irgendwie zu einem Kuhhandel über Ansiedelungsentscheidungen zwischen Landeshauptleuten und Ministern kommt. Das wollen wir alle nicht.

Was wir auch nicht wollen, das sage ich da auch sehr klar, und diese Sorge darf man haben, wenn man auf die österreichische Realpolitik in der Vergangenheit schaut, dass Auslagerungsdiskussionen zu einem Vehikel für vordergründige Debatten gegen die Bundeshauptstadt im Sinne von deren Schwächung werden. (Bundesrat Steiner: Das schaffen SPÖ und Grüne ganz allein! – Bundesrätin Mühlwerth: SPÖ und Grüne schaffen das allein!)

Die Sorge halte ich für berechtigt. Das hat sich diese Stadt auch nicht verdient, sage ich ganz offen. Da wird man in Zukunft sehr genau darauf schauen müssen, wie man damit umgeht, falls es zu einem solchen Schritt kommt. Trotzdem finde ich aber, man muss auch fair sein. Der Antrag, so wie er jetzt vorliegt, gibt das nicht mehr her. Da geht es um eine Prüfung und nicht um eine generelle Neuverteilung.

Wir haben den Antrag aus besagten Gründen miteingebracht. Was ich aber etwas anders einschätze als die Kollegen von der ÖVP, die den Antrag initiiert haben, ist die Wirkung auf den ländlichen Raum. Sie hoffen, damit eine Stärkung für den ländlichen Raum bewirken oder gar Abwanderung verhindern oder reduzieren zu können, wie man das der Antragsbegründung entnehmen kann. Lassen Sie es mich jetzt einmal so sagen: Da darf man zumindest skeptisch sein, denn ich glaube nicht, dass es so sein wird, dass man neue Bundeseinrichtungen künftig in abgelegenen Orten, abgelegenen Bezirken, Talschaften ansiedeln wird. Das ist wohl sehr unrealistisch, das wird nicht passieren. Wenn es dazu kommt, werden sie vorranging in urban strukturierten Ge­genden, in Landeshauptstädten oder vielleicht noch in größeren Bezirkshauptstädten angesiedelt werden.

Dafür gibt es Beispiele auch in Vorarlberg. Da haben wir schon längere Zeit eine Ver­teilung von Behörden. Es ist nicht alles in der Landeshauptstadt, allerdings sind sie alle in urbanen Räumen, in Räumen, die ohnehin einen Bevölkerungszuwachs verbuchen können. Die sind also auch nicht in Talschaften, über die wir Abwanderungsdebatten haben.

Die in der Antragsbegründung erwähnte Digitalisierung beziehungsweise diesbezüg­liche Versorgung des gesamten ländlichen Raumes mit Hochgeschwindigkeitsinternet wird daran auch nichts ändern, wiewohl – das möchte ich schon betonen – das eine ganz wichtige Maßnahme ist, um den ländlichen Raum zu stärken – unwidersprochen! Das sehe ich auch so, das ist absolut notwendig, weil es nur so möglich ist, dass sich viele Betriebe, softwarebasierte Betriebe auch außerhalb der Städte oder auf dem Land ansiedeln können, auch auf dem Land moderne Services eingerichtet werden können, Bestellleistungen, moderne Produktionstechniken eingeführt werden können und so weiter. Das sehe ich auch so, aber einen Zusammenhang mit Bundes­ein­richtungen sehe ich weniger.

Was tatsächlich wichtig ist, um Abwanderung zu verhindern – das ist einmal ein Ein­druck, den ich sicher auch geprägt durch unser Bundesland habe –, sind hochwertige Bildungseinrichtungen, vor allem Universitäten. Dabei geht es aber eigentlich auch mehr um den Ausbau solcher Einrichtungen und nicht um Umsiedlungen. Klar ist jedoch, und das sehe ich auch so, dass die Entwicklung Richtung Wissensgesellschaft weitergehen wird. Das spüren wir in Vorarlberg auch ein bisschen, da wir keine Uni­versität haben. Viele junge, engagierte, gescheite Leute gehen studieren, bleiben dann in den Universitätsstädten und kommen nicht mehr zurück. Dazu gibt es auch Statis­tiken. Das ist aus Landessicht natürlich bedauerlich, hat aber auch eine Logik, da ge­rade Universitätsstädte attraktiv sind, sodass sich dort Unternehmen ansiedeln.

Gut, wir werden sehen. Der Antrag hat noch einen langen Weg vor sich. Schauen wir, wie der Nationalrat damit umgehen wird! In österreichischer Klarheit könnte man jetzt ja sagen: Schauen wir mal, dann sehen wir weiter! (Beifall bei BundesrätInnen der ÖVP sowie der BundesrätInnen Hauschildt-Buschberger, Lackner und Schreuder.)

16.23