Antrittsansprache des Präsidenten

Präsident Robert Seeber: Sehr geehrter Herr Landeshauptmann Thomas Stelzer! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Ga­lerie! Mitglieder der Landesregierung! Mitglieder des Amtes der Landesregierung! Mit­glieder meiner Familie, meine liebe Frau Elfi, auch herzlich willkommen hier im Hohen Hause! Sehr verehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen beziehungsweise jene, die die Sitzung via Livestream verfolgen!

Meine sehr verehrten Damen und Herren, am 1. Jänner des heurigen Jahres habe ich für ein halbes Jahr den Vorsitz hier im Bundesrat übernommen. Ich freue mich natür­lich sehr, dass zu meiner Antrittsrede auch unser Landeshauptmann Thomas Stelzer gekommen ist. Ich darf mich gleich am Beginn meiner Rede herzlich für das in mich gesetzte Vertrauen, hier tätig sein und dich ein Stück des Weges begleiten zu dürfen, bedanken.

Da ich schon beim Bedanken bin, darf ich mich auch sehr herzlich bei meinem Vor­gänger, bei dir, lieber Karl Bader, bedanken, auch für deine hervorragende Präsident­schaft. Du hast mir das Feld, wie man so schön sagt, sehr gut aufbereitet, und mit dem Generalthema ländlicher Raum hast du eine nachhaltige Initiative gesetzt, die wir auch die nächsten Jahre weiter betreiben werden. Den Bürgerinnen und Bürgern können wir hiermit ganz klar vermitteln, wofür der Bundesrat steht. Wir sind eben die Interes­senvertreter der Länder, wir sind die effiziente Vertretung der Länder hier in Wien, und wir müssen dafür sorgen, dass es auch lebenswerte Arbeits- und gute Lebens­be­dingungen in den ländlichen Regionen gibt. Ich darf dir, lieber Karl, an dieser Stelle auch herzlichen Dank für deine sehr gute und hervorragende Präsidentschaft und für diese Initiative aussprechen. (Allgemeiner Beifall.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, gemeinsam die Zukunft zu gestalten lautet das Motto dieses Halbjahres, welches das Land Oberösterreich und ich uns vorgenom­men haben. Landeshauptmann Stelzer als Vorsitzender der Landeshauptleute­kon­fe­renz und ich als Präsident des Bundesrates werden im Gleichschritt Pflöcke für eine gute und erfolgreiche Zukunft einschlagen.

Persönlich, das darf ich hier an dieser Stelle sagen, sehe ich mich auch von meiner Persönlichkeit her als Brückenbauer. Ich habe das gestern am Abend auch ganz kurz ansprechen dürfen: Ich sehe mich als jemanden, der über die Parteigrenzen hinweg sehr gute Kontakte pflegt, ich bin – so möchte ich mich beschreiben – ein Netzwerker, der aber auch weiß, dass es bei allen unterschiedlichen Positionen, die man oft hat, nötig ist, eine klare Sprache zu sprechen, aber im gegenseitigen Respekt und mit Wert­schätzung. Wir haben in Oberösterreich die Devise: Miteinander, nicht gegen­einander!, und das soll auch die Devise meines Vorsitzes sein.

Der Schwerpunkt, meine sehr verehrten Damen und Herren, der oberösterreichischen Präsidentschaft unter meiner Ägide wird natürlich – ich komme aus der Wirtschaft – auf dem Thema Standort- und Arbeitsmarktpolitik liegen. Wir haben es ja heute mit einer Situation zu tun – jeder weiß es –, in der es einen eklatanten Fachkräftemangel gibt, wir haben es mit einem sich anbahnenden und auch schon in Bewegung kommenden Wirtschaftsabschwung zu tun, wir haben eine mangelhafte Infrastruktur – und für all das müssen wir auch praxisgerechte Lösungen für die Zukunft suchen.

Sie alle hier wissen ja: Ich bin als Gastronom in Linz tätig, und ich weiß auch wirklich von der Praxis her gesehen, wo die Leute der Schuh drückt. Ich denke mir oft, wenn ich in meinem Restaurant so zwischen den Gästen herumspaziere – meine Frau macht das öfter als ich, das gebe ich zu (Heiterkeit bei BundesrätInnen der ÖVP) –, dass ich dann schon höre, was den Menschen wirklich Sorge bereitet.

Da sitzt man sich gegenüber – praktisch face to face, wenn ich das so ausdrücken darf – und kann sich nicht hinter einem Computer verstecken, nicht hinter anonymen Postings verstecken, nicht hasserfüllt irgendetwas posten. Da spielt sich das wirkliche, das reale Leben ab. Das – so möchte ich sagen – hilft mir bis jetzt auch sehr oft in meinem Leben, auch in Bezug auf eine gewisse Menschenkenntnis, und das möchte ich nicht missen.

Ich sage das auch deswegen, weil ich gerade hier im Bundesrat – der Vergleich mit einem Restaurant, mit einem Betrieb mag vielleicht hinken –, in diesen drei Jahren, die ich schon hier tätig sein darf, spüren durfte, dass es eine sehr gute Gesprächs­atmosphäre gibt und die Diskussionen von gegenseitigem Respekt getragen sind. Diese parlamentarische Kultur gefällt mir einfach, und deren Fortsetzung würde ich mir auch für meine Präsidentschaft wünschen.

Da ich das so sage, darf ich auch anschließend bemerken, dass es genau das ist, was den Bundesrat ausmacht. Den Bundesrat macht einfach eine hohe Qualität der Ge­setz­gebung aus. Er hat mit diesem Masterplan ländlicher Raum – (in Richtung Bundesrat Bader) lieber Karl – jetzt tatsächlich die Themenführerschaft für die länd­lichen Regionen übernommen, und wir können hier also als Vorbild wirken. Wir zeigen ganz programmatisch klare Perspektiven und Lösungen auf, um ganz einfach die Zu­kunft mit all ihren Facetten auch in den ländlichen Regionen zu verbessern.

Wir wissen alle – im Regierungsprogramm ist es auch festgeschrieben –, es gibt eine Offensive für den öffentlichen Verkehr, es gibt die sogenannte Breitbandstrategie 2030 inklusive Breitbandausbau entlang der Pendlerstrecken – ich würde sagen, das ist ein sehr starkes Signal für die ländlichen Regionen.

Ein wesentlicher Punkt zur Stärkung der Regionen ist aber auch eine voraus­schau­ende Planung der Raumordnung. Wir sagen in Oberösterreich dazu – da schaue ich hinauf zu unserem Landesrat Markus Achleitner, er hat das ja hervorragend gemacht –: ressourcenschonend, überregional und verdichtet. Wir haben in Oberösterreich eine Novelle auf den Weg gebracht: Wir wollen nicht, dass – Sie kennen das alle auch in Ihren Regionen, in euren Regionen – die Supermärkte – Stichwort Kreisverkehr – außerhalb stehen, sondern wir wollen, dass wieder mehr in den Zentren gebaut, in den Zentren angesiedelt wird. Das ist die Belebung des öffentlichen Raumes, wie wir sie uns vorstellen. Es muss auch wieder um die Sicherstellung von leistbarem Wohnraum gehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir wollen aber auch über die Grenzen der Bundesländer hinausschauen, wie dort zukunftsweisende Standort- und Arbeitsmarkt­politik gemacht wird. Ich darf an dieser Stelle sagen: Ich werde mich auch bei einer Reise mit einer Bundesratsdelegation in Polen umschauen. Wir haben ja heute hier auch Professor Hofer, den Honorarkonsul Polens, zu Gast, der mich auch dabei unter­stützt und dessen Kontakte ich auch nützen kann. Wir wissen ja alle, dass es heute in Polen sehr viele knowledge-based Unternehmen gibt. Polen ist auch speziell in Bezug auf Fördermodelle für Start-ups Vorbild, und das möchten wir uns anschauen.

Aber nicht nur das – ich bin ja auch Touristiker und darf auch der Vorsitzende des ober­österreichischen Landestourismusrates sein –: Ich freue mich jedes Mal, wenn ich die Zahlen höre, so wie das letzte Mal – Herr Landeshauptmann! –: 14 Prozent Steige­rung in Bezug auf die polnischen Touristen, nicht nur in Oberösterreich, sondern in ganz Österreich. Speziell in Oberösterreich haben wir mit unseren familiengeführten Unternehmen und auch familienfreundlichen Preisen sehr gute Angebote, die von den Polen sehr geschätzt werden.

Ich möchte aber im Rahmen der Parlamentsreise nicht nur Polen, sondern auch Spanien besuchen, denn dort haben wir tatsächlich ein eklatantes Problem, das natür­lich auch Österreich und dessen ländlichen Raum betrifft: Das ist eine gravierende Landflucht. Das möchte ich mir vor Ort einmal anschauen, denn in Bezug auf diese Abwanderungstendenzen sind wir politisch wirklich gefordert, entsprechende Schritte zu setzen.

Aber all das – wir wissen das alle – ist heute eingebettet in das Thema der Klimapolitik, meine Damen und Herren. Mir ist wichtig, aufzuzeigen, dass es – und das ist für mich als Wirtschaftler wichtig – eine Klimapolitik geben muss, die mit Augenmaß und Hausverstand vorgeht – weg von hysterischen Ansätzen! –, denn entscheidend für eine gute Standort- und Arbeitsmarktpolitik ist, dass wir ein lebenswertes wirtschaft­liches Umfeld haben. Ich bin der festen Überzeugung, dass es gerade auch für kleine und mittlere Betriebe ganz große Chancen, die den Klimaschutz betreffen, gibt – und diese gilt es zu ergreifen.

Ökonomie und Ökologie – das ist mein Standardsatz, den ich immer sage – müssen einfach Hand in Hand gehen. Oberösterreich hat als Exportland Nummer eins dies­bezüglich schon einige ganz wichtige Wegmarken gesetzt. Wir haben ja – Sie wissen das alle – einen industriellen Leitbetrieb, die Voest. Dort wird schon seit Langem auf umweltfreundliche und ressourcenschonende Technologien gesetzt. Wir haben da tatsächlich Vorbildcharakter, und auch das gehört zu diesem oberösterreichischen Erfolgsweg. Ich werde – das darf ich hier jetzt auch sagen, und es würde mich freuen, wenn Sie zahlreich kommen würden – am 6. Mai hier im Parlament eine Enquete zu diesem Thema Standort- und Arbeitsmarktpolitik abhalten, in der nicht nur Praktiker aus den Betrieben, sondern auch verschiedene Institutionen in Bezug darauf, wie wir mit diesem Thema in der Zukunft umgehen, vorsprechen können.

Meine Damen und Herren! Was den Klimaschutz betrifft, ist eines klar – wir sind uns hier schon der Verantwortung für die nächsten Generationen bewusst –: Es ist dies das Thema der Zukunft, aber wir müssen bei diesem Thema – und das sage ich auch als Arbeitgeber – für ein sehr ausgewogenes Verhältnis zwischen den Arbeitgebern und den Arbeitnehmern sorgen, denn ohne den Fleiß und die Motivation unserer aus­ge­zeichneten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in all unseren Betrieben – seien es Kleinbetriebe, Mittelbetriebe oder Großbetriebe – und ohne das Engagement der Sozialpartner – das darf ich hier an dieser Stelle sagen – stünde die heimische Wirt­schaft, wie sie sich in Oberösterreich und in ganz Österreich präsentiert, heute nicht so gut da.

An dieser Stelle darf ich mich auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Unternehmen herzlich bedanken. Es heißt für mich wieder: Miteinander, nicht gegen­einander! Das gilt insbesondere für dieses Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern – und wir müssen hier für einen fairen Interessenausgleich sorgen. (Allgemeiner Beifall.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch dieses Format Bundesrat im Bun­desland, welches wir eingeführt haben – du hast das ja bereits im vorigen Jahr vor­gezeigt, lieber Karl Bader –, werden wir fortsetzen. Ich würde mich freuen, wenn Sie meiner Einladung nach Oberösterreich zahlreich folgen würden. Wir werden einen Oberösterreichtag verbringen, werden uns dort einige Beispiele anschauen, die Vor­bildcharakter haben, werden auch das Linzer Landhaus besuchen und abschließend dann bei mir in der Bar einen Drink nehmen. (Allgemeine Heiterkeit und allgemeiner Beifall.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Funktionieren einer ökologischen Wirt­schaft – das möchte ich auch noch im Rahmen meiner Antrittsrede sagen – kann sich aber nicht nur auf unser Land beschränken, wir müssen schon auch die europäische Dimension mitdenken. Wir haben ja in Europa einen Binnenmarkt mit 500 Millionen Ein­wohnern, und wir haben in Oberösterreich, in Österreich, in Europa, sehr viele – Sie kennen den Begriff – Hidden Champions. Von diesen kann man sich etwas abschauen, meine Damen und Herren, wie ökonomische und ökologische Wirtschaft passieren kann. Wir haben da einen Vorbildeffekt. Ich kann mir auch sehr gut vorstellen, wenn man diese Marktchancen erkennt, können wir in Europa, was die Klimapolitik betrifft, zu einem Vorreiter werden und schauen, wie Ökonomie und Ökologie eine harmo­ni­sche Synthese eingehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, als die Europakammer des Parlaments wer­den wir uns aber auch mit europäischen Themen, die die Zukunft betreffen, intensiv befassen. Erstmals – Sie wissen das alle – ist ja die Europäische Union kleiner geworden. Ich hatte die Gelegenheit, am Montag mit Präsident Sobotka bei einer Ver­anstaltung dabei zu sein, die sich mit der Thematik 25 Jahre EU befasst hat. Mit dem Austritt von Großbritannien ist die Europäische Union kleiner geworden; und wir müssen uns die Frage stellen: Was haben wir, die verbleibenden Staaten in der EU, falsch gemacht, wenn die Briten diese EU verlassen? Das Referendum ist zugege­be­nermaßen relativ knapp ausgefallen, aber es ist ein politisches Faktum und wir können nicht einfach so, glaube ich, zur Tagesordnung übergehen.

Das ist nicht der Fall, denn diese strukturellen Probleme, denen die Europäische Union jetzt gegenübersteht, verleiten dazu, dass man vermehrt versucht, nationale Themen, die eben auf EU-Ebene nicht geregelt werden können, selbst zu regeln.

Wie begegnen wir dieser zunehmenden Diversität der Mitgliedstaaten? Probleme der Migration, der Sicherheit und des Klimawandels, soziale Spannungen, Finanzpolitik und Eurostabilität – meine Damen und Herren, diesen und anderen Themen soll sich nun eine EU-Konferenz widmen. Bei der angesprochenen Veranstaltung war schon sehr gut erkennbar, was jetzt wichtig ist. Unter Einbeziehung der Regionen, der Sozial­partner und lokaler Behörden wird eine auf zwei Jahre angelegte Europakonferenz abgehalten, und es ist geplant, daraus Empfehlungen für die weitere Entwicklung der EU abzuleiten. Das wurde natürlich bei der Diskussion auch sehr kritisch gesehen, es wurde gesagt, das werde nicht viel bringen. Ich sage, es ist wichtig, sich auf allen Ebenen mit den Zukunftsproblemen der EU zu beschäftigen, und kann daher diese EU-Konferenz sehr begrüßen.

Wir sind hier im Bundesrat, darum muss ich das erwähnen: Die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips ist für Österreich ein wichtiger Punkt in dieser Diskussion. Der Bundesrat, das kann ich hier mit Fug und Recht behaupten, hat in Sachen Subsidiarität bereits sehr viel geleistet.

Der Bundesrat, meine Damen und Herren, hat sich aber auch sehr viel mit wichtigen nationalen Zukunftsthemen befasst, etwa mit Pflege oder Digitalisierung, also mit Angelegenheiten, die dann später auch Eingang in Regierungsprogramme gefunden haben.

Wir alle hier gehen hinaus in die Regionen, wir haben, wie ich vorhin erwähnt habe, das Ohr nahe bei den Menschen. Es ist mir ein großes Anliegen, Ihnen allen für das Engagement und die Motivation zu danken, Sie alle investieren sehr viel Zeit, um die Probleme der Menschen in den Bundesländern, in den Regionen zu hören und diese Anliegen hierher zu tragen beziehungsweise entsprechend zu vertreten. Ich persönlich als Präsident des Bundesrates lade Sie alle ein, in den nächsten Monaten auch weiter in diese Richtung mit anzupacken, sei es in den Ausschüssen, hier im Plenum oder draußen bei den Menschen in den Ländern.

Ich sage immer: Miteinander zu reden ist auf jeden Fall besser, als übereinander zu reden.

In diesem Sinne, im Geist des gegenseitigen Respekts und der Wertschätzung wün­sche ich uns im Bundesrat alles Gute und viel Erfolg. – Danke. (Allgemeiner Beifall.)

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Ich darf an dieser Stelle den ehemaligen Bundesratspräsidenten Edgar Mayer aus Vor­arlberg sehr herzlich begrüßen. Lieber Edgar, herzlich willkommen! (Allgemeiner Bei­fall.)