9.24

Landeshauptmann von Oberösterreich Mag. Thomas Stelzer: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren Mitglieder des Bundesrates! Liebe Gäste, vor allem auch alle Damen und Herren, die diese Sitzung verfolgen! Ich danke sehr, sehr herzlich, dass ich die Gelegenheit habe, im Bundesrat das Wort zu ergreifen, dass ich eingeladen wurde. Ich darf mir erlauben, dir, lieber Herr Präsident, Herr Kom­merzialrat Seeber, noch einmal herzlich zur Präsidentschaft zu gratulieren und dir alles, alles Gute für diese wichtige und verantwortungsvolle Aufgabe zu wünschen. Gleichzeitig entbiete ich den heute neu angelobten Mitgliedern des Bundesrates, Kollegin Schwarz-Fuchs und Kommerzialrätin Ringer, einen Gruß und eine Gratulation.

Sehr geehrte Damen und Herren, natürlich liegt es in diesem Haus auf der Hand, gleich mit dem Wort Föderalismus zu beginnen. Mich beschleicht aber das leise Gefühl – und ich nehme an, es geht Ihnen ähnlich –, dass sich unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger unter diesem Fachbegriff nicht allzu viel vorstellen können, dass sie sich nicht vorstellen können, was das konkret bedeutet, und erst recht nicht, welche Bedeutung das für ihr tägliches Leben hat. Wir sprechen da von verteilten Kom­petenzen – auch wieder ein technokratischer Begriff, selbst wenn sie in unserer so eleganten Bundesverfassung grundgelegt sind –, wir nehmen Worte wie Finanz­aus­gleichsverhandlungen in den Mund, sprechen von Artikel-12-Materien, in denen wir auf Grundlage der Grundsatzgesetzgebung des Bundes in den Ländern Gesetze erlassen, und von Vielem mehr. Das alles sind Dinge, die in unserem täglichen Sprachgebrauch vorkommen, die aber unsere Damen und Herren Mitbürgerinnen und Mitbürger, glaube ich, etwas ratlos zurücklassen.

Das ist aber ungerechtfertigt, weil Föderalismus viele, viele Vorteile für das tagtägliche Leben bringt. Die Frage ist daher: Was bedeutet für uns persönlich, für mich persönlich Föderalismus? – Für mich ist es ein ganz klarer Auftrag – das ist in den Worten des Herrn Präsidenten Seeber auch schon zum Ausdruck gekommen –, gemeinsam für die Menschen und mit den Menschen in unserem Land zu gestalten.

Wenn also wir oder die Österreicherinnen und Österreicher über Föderalismus reden, dann reden wir davon, dass wir gemeinsam dafür sorgen, dass sich alle in unserem Land, egal wo sie zu Hause sind, zum Beispiel darauf verlassen können, dass sie eine hochqualitative medizinische Versorgung in ihrer Region bekommen; dass sie dann die nötige Unterstützung der Gemeinschaft, der Gesellschaft bekommen, wenn sie sie nötig haben; dass überall in unserem Land das große Versprechen eingelöst wird, das wir geben, nämlich dass ein Altern in Würde, ein selbstbestimmter Lebensabend auch eine Selbstverständlichkeit ist; dass wir Rahmenbedingungen schaffen, dass alle Men­schen in unserem Land, egal, ob sie am sogenannten Land oder in der Stadt zu Hause sind, jung oder alt sind, Frauen oder Männer sind, die besten Möglichkeiten vorfinden, um ein gelingendes Leben zu führen, die besten Möglichkeiten haben, zu lernen, zu leben, zu arbeiten, unternehmerisch tätig zu sein.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir als Ländervertreterinnen und Ländervertreter, wir Länder verstehen uns als eigenständige Teile dieser Republik, aber auch als wesent­liche Mitgestalter unserer Republik.

Gerade in diesem geschichtlich so bedeutsamen Jahr 2020 sollten wir durchaus für uns alle in Anspruch nehmen und auch selbstbewusst festhalten: Wir haben es mit dieser Gestaltung unseres Staates Gott sei Dank weit gebracht. In diesen 75 Jahren, seit wir Frieden und die Zweite Republik haben, haben viele Verantwortung über­nom­men, haben viele angepackt. Österreich ist heute in Europa ein Wirtschaftsmotor, ein Land mit Gott sei Dank hohen Beschäftigungszahlen, verlässlicher Beschäftigungs­lage, aber auch mit einer Lebensqualität, die ihresgleichen sucht – selbst in Europa.

Wir wissen aber auch, dass gerade jetzt, aus dieser guten Situation heraus, für uns alle eine große Verantwortung erwächst, dazu beizutragen und alles dafür zu tun, dass die Zwanziger unseres Jahrhunderts auch wirklich Goldene Zwanziger werden, so wie jene des vergangenen Jahrhunderts gerne genannt werden – Goldene Zwanziger im Sinne dessen, dass sich alle in unserem Land gut und sicher entwickeln können.

Sehr geehrte Damen und Herren, dass starke Teile gemeinsam einen Staat, gemein­sam eine Republik tragen, dürfte überhaupt ein Erfolgsmodell sein. Schauen wir uns Europa, unsere Nachbarn, die Bundesrepublik Deutschland, die Schweiz, oder aber auch Nordamerika an! Offensichtlich ist dieses Gefüge, einen Staat zu bilden, Gesell­schaft zu organisieren robuster und auch erfolgreicher als andere, und es macht uns auch stark. Das ist aus meiner Sicht kein Zufall, denn föderale Strukturen bringen viele, viele Vorteile für die einzelnen Bürgerinnen und Bürger, aber auch für die Gesellschaft und für den Staat.

Ein ganz großer Vorteil, den Sie alle aus persönlicher Erfahrung kennen, ist, dass Zuständigkeit vor Ort, Verantwortungsübernahme vor Ort unbestritten das Gefühl von Orientierung und auch das Gefühl von Zusammengehörigkeit stärkt.

Sehr geehrte Damen und Herren! In Zeiten, in denen uns die technologischen Möglich­keiten in rasender Geschwindigkeit so viele neue Schritte aufzeigen, quasi eine Gren­zen­losigkeit der Möglichkeiten besteht, in denen auch das Zusammenrücken auf der Erde und die Globalisierung sehr schnell voranschreiten, bringt das natürlich viele fas­zinierende Chancen und Möglichkeiten, aber es löst durchaus auch Ängste und Be­sorgnisse aus. Daher ist gerade in einer so modernen Zeit das Bedürfnis nach Nähe, nach Verankerung, nach Vertrautheit ein ganz, ganz großes, und das ist eben ein besonderer Vorteil unserer Strukturen. Das bedeutet nicht, dass wir uns zurückziehen oder gar abschotten, es bedeutet, dass wir durch die Vertrautheit vor Ort Stärke und Mut tanken, um dann auch entsprechend vorangehen zu können.

Ein weiterer Vorteil von Föderalismus ist die Unmittelbarkeit der politischen Mitwirkung, der Partizipation. Das Eingebundensein vor Ort, das Kennen der Themen und der Herausforderungen bringt viele Bürgerinnen und Bürger mehr als auf anderen Ebenen dazu, sich einzubringen, ihre Interessen und Wahlmöglichkeiten wahrzunehmen, sich eben politisch im besten Sinn des Wortes zu beteiligen und ihre Interessen durchzu­setzen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Kenntnis vor Ort, diese unmittelbare Kenntnis der Herausforderungen ist doch auch das Schöne an unser aller Aufgabe, derer, die wir in den Ländern oder für die Länder tätig sind. Wir kennen die Anliegen vor Ort, wir wissen zum Beispiel, wie es in einem Pflegheim ist, wie dort gelebt wird, wie dort gearbeitet wird, welche Anforderungen und Herausforderungen es dort gibt, weil wir eben – Gott sei Dank! – sehr oft vor Ort sein können und daher auch sehr, sehr gut ermessen können, worauf es wirklich ankommt.

Ein weiterer Vorteil eines Bundesstaates, eines föderal organisierten Staates, sehr geehrte Damen und Herren, ist, dass den regionalen Unterschieden besser als anders­wo Rechnung getragen wird. Ein auch noch so effizient organisierter zentralistischer Staat kann niemals die Chancen und Möglichkeiten, die die einzelnen Regionen bieten, in so guter Art und Weise nutzen und vorantreiben, wie wir das im Rahmen unserer Organisation können. Das stärkt natürlich die Region, das stärkt die Bundesländer, aber es stärkt dann in Summe auch den gesamten Staat, unsere gesamte Heimat Österreich.

Bei diesem Thema ist natürlich anzumerken: Es stimmt, es gibt einen Wettbewerb zwischen den Regionen, es gibt einen Wettbewerb zwischen den Bundesländern, aber dieses ständige Schauen auf den anderen, das ständige Sichorientieren an dem Besseren führt auch dazu, dass wir selber vor Ort immer besser werden und damit auch die gute Entwicklung unseres gesamten Heimatlandes vorantreiben.

Unsere Landsleute, sehr geehrte Damen und Herren, sehen das offensichtlich auch so. Auch wenn der Begriff Föderalismus sperrig ist: Wenn er gelebt wird, wenn er gestaltet wird, dann wird er offensichtlich geschätzt. Die Bundesländer haben über das Institut für Föderalismus Ende vergangenen Jahres eine große Umfrage in Auftrag gegeben. Dort sagen beispielsweise 92 Prozent unserer Landsleute, dass sie sich ihrem eigenen Heimatbundesland verbunden fühlen. 71 Prozent sagen, sie sind mit der politischen Arbeit in ihrem Heimatbundesland zufrieden. 65 Prozent der Befragten schätzen auch die Fähigkeit der Bundesländer, Probleme der Zukunft vor Ort zu lösen.

Lassen Sie mich, sehr geehrte Damen und Herren, noch einen großen Vorteil des Föderalismus erwähnen: Das ist die Heimatverbundenheit, die Hand in Hand geht mit einem ganz starken kulturellen Bewusstsein und auch mit einem ganz starken Inter­esse für kulturelles Geschehen und künstlerisches Schaffen vor Ort. Das bringt ein vielfältiges Engagement, das zeigt aber auch die kulturelle Vielfalt unseres Landes. Das ist etwas, was Österreich in Summe prägt, das ist aber auch ein Grund, weshalb Österreich in der Welt sehr erfolgreich dasteht.

Sie erlauben mir daher, dass ich bei diesem Anlass vor allen Vertreterinnen und Ver­tretern der Bundesländer auch sage, dass wir uns sehr freuen, dass wir in Ober­öster­reich gemeinsam mit der Steiermark die Möglichkeit haben, im Jahr 2024 wieder ein­mal eine Europäische Kulturhauptstadt zu stellen. Das wird den internationalen, den europäischen Fokus auf unsere Länder lenken, aber auch insgesamt auf das Kulturgeschehen Österreichs. Natürlich lade ich Sie auch heute schon ein, 2024 zu uns und zu den Steirern ins Salzkammergut zu kommen!

Sehr geehrte Damen und Herren! All das zusammengenommen beweist aus meiner Sicht die Stärken und die Erfolgsfähigkeit unserer föderalen Strukturen. Diese Stärke werden wir auch brauchen. Der Herr Präsident hat es angesprochen: Wir leben jetzt in einer Phase, in der – auch wirtschaftlich gesehen – die Dinge nicht mehr so einfach, wie das noch in den letzten Jahren der Fall war, von der Hand gehen, in der über­durchschnittliches Wirtschaftswachstum eben nicht mehr vorhanden ist und in der sich mit Sicherheit die Spreu vom Weizen trennen wird – im Sinne von Regionen, die sich besser aufstellen, stärker gestalten, und jenen, die vielleicht da oder dort den nötigen Schritt nicht rechtzeitig machen.

Darum haben wir für dieses halbe Jahr, für den oberösterreichischen Vorsitz auch das Motto Gemeinsam Zukunft gestalten gewählt, weil es aus meiner Sicht jetzt darum geht, den Willen, aber auch den Mut aufzubringen, nötige Neuerungen durchzuführen, nötige Änderungen zu setzen, damit wir die gute wirtschaftliche Situation unseres Landes, die Beschäftigungssicherheit, aber auch die soziale Ausgewogenheit auf dem hohen Niveau weiterentwickeln, das wir Gott sei Dank haben und auch gewöhnt sind. Wir haben eine starke Basis dafür, und ich bin mir sicher, wir können das auch.

Ich begrüße daher auch das vorgelegte Programm der Bundesregierung und sehe in der Bundesregierung einen Partner gerade auch bei dieser Herausforderung, weil beides enthalten ist und beides erkannt wird: die wirtschaftlichen Herausforderungen auf der einen Seite, die natürlich auch für die Einzelne, für den Einzelnen Auswir­kungen auf den Arbeitsplatz haben, und den Klimaschutz, die Herausforderung Klima­schutz auf der anderen Seite, und weil man hinsichtlich der beiden einen Bogen spannt und versucht, daraus die nötigen Synergien zu ziehen.

Sehr geehrte Damen und Herren, auch da sollten wir Österreicherinnen und Öster­reicher selbstbewusst sein! Wir müssen Klimaschutz nicht erst von der Pike auf lernen oder bei Stunde null beginnen. Ich kann es von unserem Bundesland sagen: Oberöster­reich, der Großraum Linz wäre heute längst kein industrieller Produktionsstandort mehr, wenn nicht in den letzten Jahren und Jahrzehnten – gerade auch unter Umwelt­schutzgesichtspunkten – massiv investiert, erneuert, geforscht und umgesetzt worden wäre. Wir kennen das, wir können das. Das sollte uns auch den Mut dazu geben, die nächsten Schritte, die erforderlich sind, zu gehen.

Gerade auch in unserem Bundesland Oberösterreich hat sich rund um die soge­nannten neuen Wirtschaftsbereiche – Stichwort: erneuerbare Energieträger – mittler­weile eine große, Tausende Arbeitsplätze schaffende Wirtschaftsszene entwickelt, von der wir uns auch noch viel für den Klima- und Umweltschutz, aber auch für die wirt­schaftliche Stärke erwarten können.

Natürlich, sehr geehrte Damen und Herren, werden wir Ländervertreterinnen und Län­dervertreter in den nächsten Wochen und Monaten vieles gemeinsam mit den Ver­treterinnen und Vertretern der Bundesebene zu lösen und auch zu regeln haben. Ein ganz aktuelles Thema ist beispielsweise die Organisation und die Finanzierung der Pflege in unserem Land. Ich habe es zu Beginn schon angesprochen: Es muss sich einfach jede und jeder in Österreich darauf verlassen können, im Bedarfsfall eine hochqualitative und auch einfühlsame Pflege zu erhalten. Diese wird bei uns im Großen und Ganzen vor Ort zuallermeist von den Gemeinden, von den Gemeinde­verbänden oder von den Regionen organisiert und in hoher Qualität angeboten.

Ich muss erwähnen, dass die Entscheidung des Hohen Hauses, den Pflegeregress abzuschaffen, natürlich zu respektieren ist, aber auch finanzielle Maßnahmen nach sich zieht. Es ist noch nicht alles hinsichtlich des Aus des Pflegeregresses und der finanziellen Abgeltungen, die damit verbunden sind, geregelt. Die Pflege wurde seither geleistet, die Kosten, die es dafür immer gibt, sind angefallen. Es ist vor allem den Gemeinden, die das organisieren, noch nicht alles abgegolten worden. Ich ersuche Sie und bitte Sie auch um Mithilfe, dass wir das in einem guten Gesprächsklima und im Rahmen einer guten Partnerschaft, auch im Interesse derer, die die Pflege organisie­ren und finanzieren, regeln können.

Ich begrüße, dass wir in der nächsten Zeit mit den Vertreterinnen und Vertretern der Bundesregierung in Gespräche über die langfristige Organisation der Pflege eintreten werden, und möchte an diesem Punkt besonders hervorheben, sehr geehrte Damen und Herren, dass bei aller Professionalität und bei allen geschätzten Berufen, die es in der Pflege gibt, ein Riesenanteil der Pflege immer noch in familiären Verbänden geleistet wird. Das sollten wir hervorheben, dafür sollten wir uns bedanken und dafür sollte es auch spürbare Anerkennung geben. Kleine Entlastungsmöglichkeiten für die Familienmitglieder, die Pflege leisten, beispielsweise der in Aussicht gestellte Pflege-daheim-Bonus, könnten eine derartige Möglichkeit sein.

Es geht natürlich auch um die vielen – und hoffentlich noch mehr – Persönlichkeiten, die wir dazu gewinnen können, in diese wichtigen Berufe der Pflege zu gehen. Das ist eine große Herausforderung. Es ist eine Frage des Bildungsangebotes – für die Jugendlichen, für die Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger, aber auch für jene, die nach einer wie immer gearteten Pause wieder in den Beruf einsteigen oder auch umsteigen wollen –, es hat natürlich mit Entlohnung, es hat aber natürlich auch mit den Arbeitsbedingungen in der Pflege zu tun.

Die Pflege, sehr geehrte Damen und Herren, ist aber auch grundsätzlich ein gutes Beispiel dafür, wie sinnvoll es ist, dass vor Ort, mit viel Liebe zum Detail, aber auch mit viel Hausverstand, die Begegnung gesellschaftlicher Herausforderungen organisiert wird. Pflege vor Ort wird sehr bedarfsgerecht aufgestellt und organisiert.

Die Pflege ist aber auch ein guter Beleg dafür, dass wir in den Ländern und Regionen Kompetenzen haben, die jetzt schon sehr dynamisch wachsen und die auch in den nächsten Jahren von der Herausforderung her noch viel stärker überproportional wachsen werden, alleine aufgrund der demografischen Gegebenheiten in unserem Land – das betrifft die Pflege, das betrifft die Spitalsangebote.

Damit zu tun hat natürlich auch, dass wir dann in den Regionen, in den Ländern auch die finanziellen Möglichkeiten bekommen müssen, damit wir dieses dynamische Wachstum, das wir auch brauchen, entsprechend unterlegen und entsprechend ent­wickeln können. Ich bedanke mich daher bei den vielen Steuerzahlerinnen und Steuer­zahlern, die ja alle selber in irgendwelchen Regionen unseres Landes zu Hause sind und die dort auch gerne das bestmögliche Angebot haben wollen.

Ich erwähne auch, was uns gemeinsam natürlich in den nächsten Monaten be­schäf­tigen wird, nämlich wie wir mit dem – dieser so schön sperrige Begriff wurde von mir schon genannt – Finanzausgleich umgehen werden, der im nächsten Jahr ja neu zu fassen ist. Es muss einfach eine Möglichkeit geben, dass wir die dynamisch wach­senden gesellschaftlichen Herausforderungen auch mit ausreichenden finanziellen Mitteln aus dem Steuertopf unterlegen können.

Vor Ort gestalten, sehr geehrte Damen und Herren, bedeutet natürlich, dass wir das Leben, Arbeiten, Wohnen, Wirtschaften in den Regionen unserer Republik weiter mög­lich machen und noch stärker voranbringen wollen. Das hat mit regional ge­streuten, vielfältigen Bildungsangeboten zu tun, das hat auch viel mit Forschung und Inno­vation – auch vor Ort in den Regionen – zu tun, das hat aber vor allem auch mit einer modernen und verlässlichen Infrastruktur zu tun. Das bedeutet den zügigen Aus­bau des Breitbands, der einfach für alle Wirtschafts-, aber auch Gesell­schafts­bereiche ein Erfordernis ist. Es hat aber auch mit dem öffentlichen Verkehr zu tun. Gestatten Sie mir, zu sagen – auch wenn ich in unserer schönen Bundeshauptstadt zu Gast bin –, dass das auch damit zu tun hat, dass wir auch außerhalb unserer Bundeshauptstadt in einer breiten Form einen öffentlichen Verkehr in einer modernen Art und Weise bauen, anbieten und organisieren können. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesräte Rösch und Schererbauer.)

Sehr geehrte Damen und Herren, ein ceterum censeo, aber es ist ernst gemeint und kommt von Herzen: Es bleibt natürlich von uns allen, die wir die Regionen unserer Republik vertreten, eine Forderung, ein Vorschlag, ein großes Anliegen, dass auch Bundesinstitutionen, Bundeseinrichtungen, Bundesdienststellen in die Regionen kom­men. Wir Länder kennen das, wir können das. Wir haben ja die Ämter unserer Lan­desregierungen schon lange regionalisiert, indem wir vor Ort Teile unserer Verwaltung unter dem Namen Bezirkshauptmannschaften anbieten – ein Erfolgsmodell. Das heißt, man kann sich anschauen, wie das geht. Bundesdienststellen in die Regionen zu bringen heißt natürlich, zusätzliche Arbeitsplätze in die Regionen zu bringen, es heißt aber auch, eine Ahnung zu bekommen und ein Gespür dafür zu entwickeln, was denn in den Regionen los ist, was gebraucht wird und was die Anliegen sind.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben miteinander eine wunderbare Aufgabe: Wir gestalten gemeinsam Österreich, eines der reichsten, schönsten und sichersten Länder auf diesem Erdenrund, was auch damit zu tun hat, dass wir – aus meiner Sicht Gott sei Dank – Teil der europäischen Familie und Teil der Europäischen Union sind. Gerade uns in den Regionen – ich kann das für Oberösterreich mit Fug und Recht behaupten – hat die Mitgliedschaft in der EU einen enormen Schub in unserer Ent­wicklung gebracht, insbesondere, was unsere Exporttätigkeiten anlangt. Dazu gehört aber auch, dass wir Regionen, wir Regionsvertreterinnen und -vertreter, die Mitgestal­tung der EU ernst nehmen und uns dort auch einbringen.

Wenn es so ist, dass wir uns in einigen Ländern wie beispielsweise in Oberösterreich, aber nun auch im Bund vorgenommen haben, dass wir unsere öffentlichen Haushalte ohne neue Schulden organisieren und aufstellen, dann muss es auch in unserer großen gemeinsamen Europäischen Union möglich sein, dass mit dem vorhandenen Geld ausgekommen wird und dass mit dem vorhandenen Geld die großen Aufgaben, die wirklich gemeinsame europäische Anliegen sind, unterstützt werden.

Wenn die Beiträge in der nächsten Zeit etwas mehr werden sollten, muss aber umso mehr eine Fokussierung der Europäischen Union auf die tatsächlich gemeinsamen großen Aufgaben stattfinden – auf die endlich funktionierende Sicherung der Außen­grenzen, auf einen noch viel stärkeren Fokus auf Forschung und Entwicklung –, damit Europa wieder selbstbewusst zwischen den großen Interessenblöcken dieser Erde auftreten kann, aber beispielsweise auch darauf, was Österreich eben besonders macht, nämlich die Art und Weise, wie bei uns sehr erfolgreich Landwirtschaft, bei­spielsweise im Sinne der Produktion regionaler Lebensmittel, organisiert wird.

Sehr geehrte Damen und Herren, es ist für mich eine sehr große Ehre und es ist auch eine Freude, heute hier zu Gast sein zu dürfen. Ich orte es auch als Signal des Mit­einanders, dass wir Ländervertreterinnen und -vertreter – heute eben ich hier vor Ihnen – auch unsere Sicht der Dinge äußern, unsere Vorschläge darbringen und auch Ergebnisse einfordern können.

Ein moderner, ein erfolgreicher Föderalismus, für den wir alle stehen, ist keinesfalls so gestaltet, dass jede und jeder eifersüchtig nur auf seinen eigenen Bereich schaut und darüber wacht, sondern so, dass wir alle unsere Stärken einbringen, damit wir gemein­sam unsere schöne Heimat, die Republik Österreich, weiterentwickeln können. Ich bitte gerade Sie als Mitglieder des Bundesrates um eine gute Zusammenarbeit und ein gutes Miteinander.

Ich danke noch einmal herzlich Herrn Präsidenten Robert Seeber für die Einladung, gratuliere ihm noch einmal und bitte Sie alle im Sinne unserer Heimat und der Regio­nen, die wir vertreten, um ein gutes und erfolgreiches Miteinander. (Allgemeiner Bei­fall.)

9.47

Präsident Robert Seeber: Sehr geehrter Herr Landeshauptmann, ich bedanke mich sehr herzlich für deine Ausführungen.

Wir gehen nun in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Johanna Miesenberger. Ich erteile dieses.