10.57

Bundesrat Dr. Peter Raggl (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Ge­schätzte Frau Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Wir dürfen heute über den Grünen Bericht 2019 diskutieren. Ich habe ihn in vorliegender Fassung mit (den Grünen Bericht in die Höhe haltend), damit sich jeder etwas darunter vorstellen kann. Der Grüne Bericht ist eigentlich das umfassende Nachschlagewerk über die Situation der Land- und Forstwirtschaft, wie es auch schon im Titel heißt.

Ich möchte am Beginn einen großen Dank aussprechen, und zwar an dich, liebe Frau Bundesminister, für die Erstellung dieses Grünen Berichtes, an deine Mitarbeiter, vor allem aber auch an die nachgelagerten Stellen und die Bundesländer, die da ja alle fleißig zuarbeiten, um dieses umfassende Werk zu erstellen.

Ja, was ist der Grüne Bericht? – Der Grüne Bericht ist Faktengrundlage für die Ent­scheidungsträger und sagt eigentlich alles über die Einkommenssituation, die soziale Situation und die wirtschaftliche Situation in der Landwirtschaft aus. Wie sieht der Be­richt aus, was sagt er zusammengefasst aus? – Der Berichterstatter hat schon gesagt, es geht um das Wirtschaftsjahr 2018, und da muss man wirklich sagen, der Grüne Bericht zeichnet ein schwieriges Bild der Landwirtschaft. Ich will das nicht zu düster darstellen, aber trotzdem kann man entsprechend den Auswertungen des Grünen Berichtes sagen: Der Landwirtschaft geht es nicht besonders gut.

Beinahe über alle Betriebssparten hinweg müssen wir in der Land- und Forstwirtschaft einen starken Einkommensrückgang verzeichnen. Die Landwirtschaft und vor allem die Forstwirtschaft sind das erste Opfer des Klimawandels: Hitze, Wassermangel einer­seits, Starkregen, Sturm, Schneedruck, Käferbefall andererseits führen zu starken Ertragsausfällen; Futterknappheit und damit verbunden erhöhtes Schlachtaufkommen führen natürlich zu sinkenden Preisen im Tierbereich und sinkenden Einkommen über alle Betriebsformen hinweg: vom Bergbauernbetrieb in Tirol bis hin zum Forstwirt im Waldviertel, vom Ackerbauern in Oberösterreich bis hin zum Stiermäster in Kärnten.

Der Schluss daraus ist leider: Alleine aus der Bewirtschaftung der Betriebe kann unter diesen schwierigen Bedingungen in der Landwirtschaft und in der Forstwirtschaft leider kein entsprechendes Einkommen erzielt werden. Daraus folgt: Die Landwirte sind sehr abhängig von den gewährten Leistungsabgeltungen und auch von den Ausgleichs­zah­lungen von EU, Bund und Ländern.

Diese Ausgleichszahlungen waren und sind absolut notwendig und werden das auch zukünftig sein, damit wir in Österreich flächendeckend eine funktionierende bäuerliche Landbewirtschaftung aufrechterhalten können. Ich betone das vor allem deshalb, weil – es ist bekannt – der Entwurf zum Mehrjährigen Finanzrahmen – auch wenn das jetzt unter finnischer Ratspräsidentschaft ein wenig eingeschränkt wurde – massive Kürzun­gen bei den Agrarförderungen vorsehen würde. Wollen wir in Österreich weiterhin eine flächendeckende Landwirtschaft vom Burgenland bis nach Vorarlberg, so brauchen wir weiterhin diese agrarischen Leistungsabgeltungen, und das zumindest in der bishe­rigen Höhe.

An dieser Stelle möchte ich mich bereits jetzt, obwohl der Mehrjährige Finanzrahmen noch nicht beschlossen ist, im Namen der österreichischen Bäuerinnen und Bauern bei dir, liebe Frau Bundesministerin, aber auch bei unserem Bundeskanzler Sebastian Kurz für die unverrückbare Haltung zur Ausstattung der agrarischen Ausgleichs­zah­lungen auf EU- und Bundesebene bedanken.

Danken möchte ich auch für die im neuen Regierungsprogramm vorgesehenen Ent­lastungs- und Entbürokratisierungsmaßnahmen für die heimische Landwirtschaft. Da schafft die Politik die notwendigen Rahmenbedingungen zur Absicherung des Fort­bestandes der heimischen Land- und Forstwirtschaft. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Politik kann vieles versuchen, um da die Rahmenbedingungen vorzugeben. Was aber die Politik nur sehr schwer beeinflussen kann, ist das Einkaufsverhalten der heimischen Gastro-Großhändler, der Hoteliers, aber auch der Konsumenten. Ich spreche das wirklich jetzt aus einem aktuellen Anlass bewusst an, weil letzte Woche ein Tiroler Gastro-Großhändler in seinem 4c-Hochglanz-Kundenprospekt Rindfleisch aus Botswana zum Aktionspreis angeboten hat. Ich gebe es ehrlich zu, ich habe einmal googeln müssen, wo genau in Afrika Botswana liegt. Botswana ist ein Bin­nenland im Süden von Afrika, mehr als 10 000 Kilometer von uns entfernt. Ist es nicht absolut schräg, in Zeiten der globalen Klimakrise und bei einem hundertprozentigen Selbstversorgungsgrad von Rindfleisch in Österreich Rindfleisch aus Botswana zu importieren? Die Vorstellung ist für mich absolut absurd, dass wir im hinteren Ötztal, im hinteren Paznauntal, in Ischgl oder in Sölden oder in Hochgurgl Rindfleisch aus Bots­wana essen müssen.

Dazu darf ich auch eine Umfrage des Vereins Land schafft Leben von Hannes Royer aus der Steiermark zitieren, wonach 85 Prozent unserer Gäste, die in unser schönes Land kommen, erwarten und glauben, dass das Schnitzel, das auf ihrem Teller liegt, aus der heimischen Produktion, aus regionaler Produktion stammt. 80 Prozent unserer Wirte und Hoteliers wissen das, und tatsächlich sind leider nur 10 Prozent der servierten Speisen aus der Region, aus Österreich.

Meine Damen und Herren, ich habe es schon gesagt: Der heimischen Landwirtschaft geht es nicht gut, die Einkommenssituation der landwirtschaftlichen Betriebe lässt ein großes Bauernsterben befürchten, wenn sich da nichts ändert. Ich habe gesagt, die Politik ist hinsichtlich des Schaffens von Rahmenbedingungen gefordert, aber wir alle haben es auch selber in der Hand. Wir unterstützen unsere Bäuerinnen und Bauern, indem wir auf ihre Produkte zurückgreifen. Wir brauchen kein Lammfleisch aus Neu­seeland, kein Rindfleisch aus Argentinien oder aus Botswana, keine Kartoffeln aus Ägypten. Mein Appell: Greifen wir im Regal zu hochwertigen heimischen Produkten und fragen wir beim Außerhauskonsum in Kantinen, aber auch bei unserem Wirt nach, woher die verkochten Produkte kommen! (Bundesrat Pisec: Botswana ist nicht so schlecht! ... gilt als Vorzeigeland!)

Um überleben zu können, brauchen unsere Bäuerinnen und Bauern eine ent­sprechen­de Wertschätzung und auch Wertschöpfung, und da haben wir alle eine Mitverant­wortung. Das erreichen wir nur gemeinsam, indem wir qualitativ hochwertigen, heimischen Produkten den klaren Vorzug geben. Wir hören heute, glaube ich, noch – durchaus Gott sei Dank –: Es gibt Rekordzahlen im Tourismus. Es läuft da sehr gut und ich würde appellieren, dass wir unsere heimische Landwirtschaft auch daran partizipieren lassen.

Ich darf noch abschließend auf den vorbereiteten SPÖ-Entschließungsantrag betref­fend Umverteilung der Gelder für die ländliche Entwicklung eingehen. Diese Umver­teilung, wie sie die SPÖ im Entschließungsantrag fordert, würde natürlich eine Kürzung der Gelder für die Landwirtschaft bedeuten. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.)

Interessant ist für mich ja die Begründung dieses Entschließungsantrages durch die SPÖ, die besagt: Die Landwirtschaft bekommt 90 Prozent der Gelder aus dem Pro­gramm für die ländliche Entwicklung, die Landwirtschaft stellt nur 4 Prozent der Erwerbstätigen im ländlichen Raum, 70 Prozent der österreichischen Bevölkerung wohnen im ländlichen Raum, und daher der Schluss: Die Gelder gehen in die völlig falsche Richtung.

Wenn die SPÖ ein bisschen nachdenken würde! Wenn sie sagt, nur 4,5 Prozent der Bevölkerung profitieren von diesen Geldern des Programms für die ländliche Ent­wicklung, dann müsste sie erkennen, dass eigentlich der Rest jener 70 Prozent, die im ländlichen Raum wohnen, genau von diesen Geldern profitiert. Warum leben sie im ländlichen Raum, und warum kommen 150 Millionen Gäste zu uns in den ländlichen Raum?  – Weil dieser ländliche Raum genau von dieser Landwirtschaft so sauber ge­pflegt wird, weil wir für beste Lebensmittel sorgen, weil wir für Beschäftigung im länd­lichen Raum sorgen, und daher leistet die Landwirtschaft einen wesentlichen Beitrag dazu, dass dieser ländliche Raum so ist, wie er sich darstellt. (Bundesrätin Schumann: ... stärken wir den ländlichen Raum! – Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.)

Wir leisten, wie ich gesagt habe, wesentliche Arbeit für die Lebensmittelversorgung, für den Katastrophenschutz, denn wenn die Wiesen nicht gemäht werden, die Wälder nicht gepflegt werden, dann muss halt die öffentliche Hand einspringen und diese Arbeiten erledigen, und da sage ich euch: Wenn das die öffentliche Hand machen muss, dann wird es garantiert wesentlich teurer, viel teurer, als wenn das von der Landwirtschaft bewirtschaftet wird, und das muss wieder alles der Steuerzahler bezah­len. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Pisec: Jeder macht das selber! – Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.)

11.06

Vizepräsident Michael Wanner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Horst Schachner. Ich erteile es ihm.