12.19

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Ministerin! Zweifelsfrei haben Land- und Forstwirtschaft eine besondere Bedeutung, sie sind ein bissl anders als andere Wirtschaftszweige. Es geht in der Landwirtschaft ja nicht nur um Produktionswerte, sondern immerhin um die Sicherung einer nachhaltigen Lebensmittelversorgung – und das zu sozial verträg­lichen Preisen.

In der Forstwirtschaft geht es nicht nur um die Festmeter an Holz, sondern auch um die Erhaltung ganz wichtiger Funktionen für das Ökosystem bis hin zu wichtigen Schutzfunktionen. Das wird auch alles im Grünen Bericht angesprochen.

Allerdings werden genau diese Funktionen nun menschengemacht zunehmend gefähr­det. Der Grüne Bericht spricht ja ausführlich von hitze- und trockenheitsbedingten Min­dererträgen im Acker- und im Futterbau. Zu den großen Verlierern 2018 zählte die Zuckerrübe. Durch den Rüsselkäferbefall musste ein großer Teil der Fläche früher umgebrochen werden, und das führte zu einem Rückgang der Anbaufläche um ein Viertel.

In der Forstwirtschaft gibt es ja leider Ähnliches zu berichten. Ich zitiere kurz: „In der Forstwirtschaft prägten extreme Wetterereignisse in Form von Hitze, Stürmen und Trockenheit, gepaart mit einer massiven Ausbreitung des Borkenkäfers vor allem im Nordosten Österreichs, die Entwicklung im Jahr 2018. Stark gestiegene Schadholz­mengen führten zu einem gesteigerten Holzeinschlag von“ fast 20 Millionen Fest­metern. „Gleichzeitig gerieten die Holzpreise unter Druck.“

Warum ist das so? Werfen wir einen Blick auf die Wettersituation – immerhin sind ja das Wetter und das Klima die entscheidendsten, jedenfalls zwei der entscheidendsten, Rahmenbedingungen in der Land- und Forstwirtschaft –: Im Jahr 2018 lag die Tempe­ratur in Österreich um 1,8 Grad über dem langjährigen Durchschnitt. Es hat einen sehr milden Jänner gegeben, einen sehr, sehr warmen Frühling – es war der zweitwärmste Frühling der Messgeschichte, also seit rund 150 Jahren –, dann einen überdurch­schnittlich warmen Sommer und Herbst. Es gab Rekorde an Sommertagen, an vielen Orten in Österreich wurden doppelt so viele Sommertage registriert wie in einem Durchschnittsjahr. Die Trockenheit war im Jahr 2018 markant – der Bericht führt das aus –, vor allem in Vorarlberg, aber auch in den nördlichen Regionen Tirols und Salzburgs, in Oberösterreich und in Niederösterreich. Es gab in diesem Jahr 20 bis 40 Prozent weniger Niederschlag als in einem Durchschnittsjahr. Ich kann mich gut erinnern, jede zweite Alm in Vorarlberg hat zum Beispiel unter Wassermangel gelitten, man hat mit Tankwagen Wasser auf Almen bringen müssen – und das in einem eigentlich so wasserreichen Land. Die Trockenheit hatte auch zur Folge, dass das Gras nicht mehr hinreichend nachgewachsen ist und es so zu Futtermangel auf den Almen kam. Im Süden war es wieder ganz anders: Da lagen die Niederschlagsmengen weit über dem Durchschnitt, mit Hochwasser und so weiter.

Die Folgen blieben, wie schon angeschnitten, nicht aus. Die eine Geschichte betrifft die Zuckerrübe, die massiv durch den Rübenrüsselkäfer betroffen war. In der Forstwirt­schaft kam es zu einer massiven Vermehrung des Buchdruckers. Der bisherige Rekordwert, der nur ein Jahr vorher erreicht wurde, wurde um fast die Hälfte über­troffen. Sie alle kennen die Bilder von braunen Waldstücken, die dann abgeholzt wer­den müssen.

Dabei lag das Jahr 2018 – in Klammer – nur 1,8 Grad über dem langjährigen Mittel, und alle Prognosen der Klimaforschung sagen uns, dass das zur Gewohnheit werden wird; viel mehr noch: Wir werden uns, es wird nicht so lange dauern, in wenigen Jahr­zehnten glücklich schätzen, wenn wir so kühle Sommer haben wie jenen im Jahr 2018, der ein besonders heißer war.

Leider sind wir auf einem ganz anderen Weg. Die UNO führt aus, dass wir, wenn man alle Klimaschutzpolitiken der Länder zusammenzählt, auf einem Pfad in Richtung 3 Grad Celsius Temperaturerhöhung im weltweiten Mittel sind. Das hieße für Öster­reich ein Plus von 4,5 Grad. Jetzt haben wir bei 1,8 Grad vor 2 Jahren diese Probleme gehabt! Auch wenn es gelingt – und das hoffen wir sehr –, die 2 Grad Celsius global einzuhalten – dazu braucht man schon einen gewissen Optimismus –, werden es bei uns über 3 Grad sein. Das wäre eine Situation, die im Bereich des Doppelten von 2018 liegt.

Das heißt aber zum Beispiel für die Waldwirtschaft, dass eine aktive Waldbewirt­schaf­tung unumgänglich ist, da kann man nicht einfach zuschauen. Durch den Tempera­turstress wird sich die Waldstruktur massiv verändern. Da muss man auch im Anbau, in der Aufzucht von Bäumen, die die Hitze besser aushalten, nachhelfen.

Die Ergebnisse einer Konferenz, die vor rund zwei Wochen in Graz stattfand, der Mitteleuropäischen Biomassekonferenz, zeigen übrigens sehr eindrücklich, was das bedeutet. Dieser Temperaturstress wird vor allem die Fichte zum Aussterben bringen, jedenfalls in tiefen Lagen. Das wird sehr massiv Niederösterreich, besonders das Waldviertel, und das Burgenland betreffen. Eine neue Erkenntnis, von der man bisher noch nicht gehört hat, ist: Wenn man jetzt nicht hergeht und diese Umstrukturierung des Waldes mit anderen Baumsorten aktiv betreibt, dann wird der Wald zu einer Kohlenstoffquelle werden. Das ist schon sehr alarmierend. Bis jetzt ist der Wald im Rahmen der Klimaschutzstrategien eine wichtige Kohlenstoffsenke, eine Hoffnung auch für die Zukunft, Emissionen kompensieren zu können – und das droht verloren zu gehen. Man sieht daran, wie wichtig es auch in der Forstwirtschaft ist, sehr, sehr aktiv und sehr schnell gegenzusteuern.

Ein Effekt dieser Transformation – Fichte raus – wird sein, dass sehr, sehr viel Holz auf den Markt kommen wird. Dadurch wird der Preisdruck höher werden, und genau durch diesen Preisdruck, durch die sinkenden Holzpreise, wird wiederum die Umstruk­turie­rung erschwert. Deswegen sind Konzepte gefragt, und zwar Konzepte, die dem Klima­schutz nützen, die aber auch die Forstwirtschaft durch eine Preisstabilisierung unter­stützen können.

Ein solcher Zugang, den ich kurz skizzieren möchte, ist eine kaskadische Nutzung von Holz, das heißt übersetzt in etwa: eine ganz kräftige Forcierung des Holzbaus. Durch Holzbau wird Kohlenstoff langfristig gespeichert, nämlich so lange, wie das Haus – die Außenmauern und Wände – steht; und es steht mitunter 100 Jahre oder mehr. Gleich­zeitig werden Emissionen durch Reduktion der Zementproduktion für Betonbau oder Ziegelbau vermieden. Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Nach der Nutzungsphase kann man das wieder energetisch nutzen, Wärme erzeugen, ohne dass mehr Emissionen entstehen, wenn man nachhaltig wirtschaftet. Das ist ein Aspekt, der für die Forstwirt­schaft nicht unerheblich ist. Im Regierungsprogramm wird das sehr klar formuliert.

Das Wichtigste ist allerdings – das sage ich immer wieder –: Damit das nicht voll­ständig entgleitet, muss einer Reduktion der Klimagifte wirklich eine sehr hohe Priorität eingeräumt werden, denn irgendwann bekommen wir das sonst nicht mehr in den Griff. Das wird auch etwas kosten. Was heute etwas kostet und uns vielleicht teuer vor­kommt – Sie alle kennen die Debatten, ich kenne sie auch sehr gut –, ist immer noch viel, viel billiger, als später Schäden zu beheben, und ab einer gewissen Schwelle geht das ohnehin nicht mehr, ist das nicht mehr finanzierbar. Ich bin mir sicher, dass künftige Generationen wenig Verständnis haben werden, wenn Klimaschutz nicht im nötigen Ausmaß betrieben wurde, weil wir vielleicht 1 Prozent des BIP hätten aufwen­den müssen. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

12.28

Vizepräsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Silvester Gfrerer. – Herr Kollege, ich erteile Ihnen das Wort.