12.38

Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte! Ich freue mich sehr, heute wieder hier zu Gast sein zu dürfen und auch dieser Aussprache zum Grünen Bericht 2019 beiwohnen zu dürfen. Vielleicht auch dazu ein Wort: Das ist immerhin der 60. seit Bestehen des Landwirtschaftsgesetzes, und es gibt so gut wie keine Branche, die jedes Jahr ein derart umfangreiches und vor allem auch beständiges Nachschla­gewerk erstellt. Er ist sehr wichtig für den Agrarsektor, weil somit immer vor allem ein Überblick über die wirtschaftliche, aber auch soziale Situation unserer bäuerlichen Familienbetriebe in Österreich vorliegt.

Im Kernbereich geht es natürlich um die Einkommenssituation; diese ist am heutigen Vormittag auch schon eingehend beleuchtet worden. Ich darf ein herzliches Danke­schön an die rund 2 000 freiwillig Buch führenden Betriebe in Österreich aussprechen, die die Grundlage dafür liefern, dass wir auch im Bundesministerium die ent­sprechen­den Zahlen, Daten und Fakten einholen und verarbeiten können.

Das Jahr 2017 war laut des Grünen Berichts etwas positiver; im Jahr 2018 mussten wir doch ein anschauliches Minus von 10 Prozent in der Land- und Forstwirtschaft, was die Einkünfte betrifft, hinnehmen. Laut den ersten Vorschätzungen zur Landwirtschaft­lichen Gesamtrechnung ist für das Jahr 2019 aber immerhin wieder mit einem leichten Einkommensplus zu rechnen.

Das darf uns aber nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass unsere Landwirte seit Jahren mit steigendem wirtschaftlichen Druck zu kämpfen haben. Die Gründe dafür – ich glaube, das ist heute auch schon hinlänglich beleuchtet worden – sind sehr viel­fältig. Es gibt 2018, bedingt durch niedrige Produktpreise, einen deutlichen Ertrags­rückgang bei der Schweinehaltung. Es ist heute die Frage bezüglich Afrikanischer Schweinepest aufgetaucht. Wir haben ja bereits 2018 gemeinsam mit dem Gesund­heitsministerium umfassende Maßnahmen ergriffen, um das Näherrücken zu verhin­dern. Wir sind da mit unseren europäischen Partnerländern durchgehend in Kontakt. Sie alle haben wahrscheinlich auch die massiven Wildschweinentnahmen in Ländern wie Deutschland, Tschechien und der Slowakei verfolgen können. Da sind wir in sehr intensivem Kontakt. Vor allem Hygienemaßnahmen und Transit sind ein ganz großes Thema. Aus österreichischer Sicht haben wir auch schon massive Vorkehrungen ge­troffen und wir werden diese in Zukunft weiter intensivieren.

Es gibt höhere Ausgaben im Bereich der Tierhaltung, vor allem bei den Futtermitteln. Die zurückgehenden Erträge bei Zuckerrüben und Erdäpfeln sind genannt worden; da ist die massive Schädlingssituation zu nennen, denn aufgrund des doch sehr bemer­kenswerten Hitze- und Dürresommers haben sich die Schädlinge massiv ausgebreitet. An dieser Stelle vielleicht auch die Bemerkung: Es muss natürlich auch in Zukunft ausreichend Pflanzenschutzmittel geben, damit wir die Schädlingssituation vor allem aufgrund der Dürre und der Trockenheit besser in den Griff bekommen. Die Aufwände für Energie und Personal sind gestiegen.

Alles in allem war das Jahr 2018 für die Land- und Forstwirtschaft mit Sicherheit ein Ausnahmejahr, ein außergewöhnliches Jahr. Die Dürreereignisse und damit einher­gehend auch die Starkregenereignisse haben zu einem Einkommensrückgang geführt.

Vor allem Bergbauernbetriebe stehen besonders in unserem Fokus. Das ist ja ein sehr sensibler Bereich, wenngleich man sagen muss, dass der Einkommensrückgang spe­ziell bei den Marktfruchtbetrieben und in den Ackerbauregionen noch stärker war. Auch bei den Biobetrieben haben wir einen Einkommensrückgang von rund 2 Prozent. Das sind alles Bereiche, auf die wir in den Verhandlungen zur Gemeinsamen Agrarpolitik, aber natürlich auch bei unseren nationalen Weichenstellungen versuchen ent­sprechend Rücksicht zu nehmen.

Für uns wird ganz zentral sein, auch weiterhin eine starke erste Säule im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik zu haben. Vor allem dann, wenn wir mit Unwettern und Dürreereignissen zu kämpfen haben, brauchen unsere Betriebe ein Maximum an Sicherheit, und das kann eben auch mit einer stabilen ersten Säule gewährleistet werden. Dazu brauchen wir natürlich auch unsere bewährten Programme im Bereich der ländlichen Entwicklung, wie das Öpul-Programm, aber auch die Ausgleichs­zahlun­gen im Berggebiet und vor allem auch die Bioprogramme, die Investitionsprogramme, um die Zukunft unserer bäuerlichen Familienbetriebe sichern zu können.

Herr Bundesrat Bernard hat ja doch einen umfassenderen Rundumschlag geleistet: Ich hoffe, das war nur dem Landwirtschaftskammerwahlkampf in Niederösterreich geschul­det, weil speziell das Jahr 2018 doch auch während einer gemeinsamen Regierungs­zeit vonstattengegangen ist. Speziell im Jahr 2018 haben wir gemeinsam mit dem Koalitionspartner in der Land- und Forstwirtschaft umfassende Maßnahmen ergriffen, um den bäuerlichen Familienbetrieben zu helfen. (Bundesrätin Steiner-Wieser: ... seit den Siebzigerjahren ...!) Ich habe vor allem in Niederösterreich vernommen, dass durchaus auch Vertrauen verloren gegangen ist. (Neuerlicher Zwischenruf der Bun­desrätin Steiner-Wieser.) Ich hoffe, dass vieles von dem, was Sie heute gesagt haben, dem Wahlkampf geschuldet war. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Alles in allem haben wir nämlich im Jahr 2018 die Weichen in eine neue Richtung gestellt. Wir haben vor allem auch dafür Sorge getragen, dass den Bauern mit der Erhöhung der Prämienbezuschussung eine massive Entlastung angediehen worden ist. Wir haben auch das erste Entlastungspaket – vor allem abzielend auf unsere Seniorinnen und Senioren und auf eine Reduktion der Sozialversicherungsbeiträge – noch gemeinsam beschlossen, und zwar als sichtbares Signal, dass wir die bäuer­lichen Familienbetriebe entlasten wollen, weil diese die Zukunft der Lebensmittelpro­duktion, aber auch des ländlichen Raums in Österreich insgesamt darstellen.

Wir haben für das Jahr 2020 mit dem Koalitionspartner, den Grünen, einiges geplant, das die Wertschöpfung der Betriebe erhöhen soll. Zum einen soll das Entlastungspaket wirklich vollständig umgesetzt werden. Da ist das Thema der Gewinnglättung ein ganz zentrales. Dieses ist auch für die Region Niederösterreich ganz entscheidend, weil die Ernteeinbußen und die Dürreereignisse vor allem dort ganz besonders auftreten. Zum anderen haben wir uns auf eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung verständigt, vor allem im Bereich der Großküchen, der Kantinen, aber auch bei den verarbeiteten Produkten. Dazu sei gesagt, dass das der ganz, ganz große Hebel ist, weil in diesen Bereichen die Konsumentinnen und Konsumenten zum Teil einfach nicht sehen, woher die Rohstoffe kommen. Das wollen wir gemeinsam mit Gesundheitsminister Rudi Anschober, der federführend dafür zuständig ist, umsetzen. (Beifall der Bundesrätin Miesenberger.)

Wir haben ein klares Nein zum Mercosur-Abkommen verankert; auch das ist ganz wichtig für unsere bäuerlichen Familienbetriebe. Wir werden die Handelsketten noch viel stärker in die Pflicht nehmen. Schauen Sie sich die Situation an: In Österreich stehen 150 000 bäuerlichen Familienbetrieben circa drei große Handelsketten gegen­über, die sich 90 Prozent des Marktes aufteilen. Da ist wirklich der Kampf David gegen Goliath angesagt. Wir als Bundesregierung werden weitere Maßnahmen setzen, damit es eine Partnerschaft auf Augenhöhe geben kann, damit nicht der große Konzern aus den bäuerlichen Familienbetrieben in den Verhandlungen permanent mehr oder weniger noch das Letzte betreffend die Preise herausquetscht. Das liegt uns wirklich sehr am Herzen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder.)

Wir sehen sehr viel Potenzial im Bereich der Energiewende; auch das ist etwas, zu dem wir etwas vereinbart haben. Biomasse ist ein enorm wichtiger Rohstoff der Zukunft. Wir haben ein wirklich großes Potenzial, Biogas zu gewinnen und damit Stück für Stück die fossile Abhängigkeit zurückzudrängen. Nicht zuletzt werden uns auch Innovation und Technologie vorwärts bringen, wenn man sich beispielsweise den Holz­diesel anschaut, der mit der Fischer-Tropsch-Synthese hergestellt wird: Das kann in Zukunft wirklich ein Treibstoff der neuen Generation sein, mit dem wir wieder einen Beitrag dazu leisten, dass die Landwirtschaft im Bereich des Klimaschutzes nicht Teil des Problems ist, sondern einen massiven Teil der Lösung darstellt. All das werden wir entsprechend in Angriff nehmen.

Da von Frau Bundesrätin Kahofer Green Care genannt worden ist, das Teil des Regie­rungsprogramms ist, noch ein Wort dazu: Auch ich sehe den Schlüssel für unsere bäuerlichen Familienbetriebe im ländlichen Raum ganz stark in der Rolle der Frauen. Die Situation hat sich aber in den letzten Jahrzehnten doch um einiges verändert. Sehr oft heiraten junge Frauen in bäuerliche Familienbetriebe ein, die nicht direkt aus der Landwirtschaft kommen, die oft einem Pflegeberuf nachgegangen sind, die Pädago­gin­nen sind, die ein umfassendes Spektrum an Qualifikationen mitbringen, und diese zu nutzen soll ihnen dann auch entsprechend auf einem bäuerlichen Familienbetrieb ermöglicht werden, und zwar in einer Erwerbskombination mit Green Care. Wir ver­knüpfen dabei beispielsweise soziale Dienstleistungen mit einem aktiven landwirt­schaft­lichen Betrieb. Das kann in Zukunft noch viel stärker zur Lösung von vielen Problemen, denen wir im ländlichen Raum gegenüberstehen, dienen. Entsprechend wichtig ist es, dass die Wertschöpfung in den Betrieben bleibt, dass es aktive land­wirtschaftliche Betriebe gibt und dass sich vor allem die Frauen selbst verwirklichen können und damit einen wichtigen Beitrag zur Zukunft unserer Familienbetriebe und vor allem des gesamten ländlichen Raumes leisten.

Wir als Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus werden uns auf den verschiedensten Ebenen weiterhin intensiv dafür einsetzen, dass unsere von Familien geführte, multifunktionale, nachhaltige und vor allem auch wettbewerbsfähige flächendeckende Land- und Forstwirtschaft in Österreich in Zukunft Bestand hat. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei BundesrätInnen von FPÖ und Grünen.)

12.49

Vizepräsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Vielen Dank, Frau Bundesministerin.

Zu einem weiteren Redebeitrag ist Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth zu Wort gemeldet. – Frau Bundesrätin, ich erteile Ihnen das Wort.