14.23

Bundesrat Karl Bader (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der gegenständliche Antrag mit der Idee, ein Teil­ein­spruchs­recht des Bundesrates vorzusehen, ist auf den ersten Blick natürlich ein unter­stützens­werter Antrag. Gegenwärtig richtet sich der Einspruch gegen gesamte Sam­melgesetze, auch wenn der Bundesrat diese überwiegend oder eines davon befür­worten würde. Die Zulässigkeit eines Teileinspruchs würde ihm die Möglichkeit eröff­nen, die Gesetz­werdung nur jener Vorschriften vorläufig zu verhindern, die er auch tatsächlich kritisiert. – Das ist das eine.

Das Zweite ist aber, dass es doch auch Gründe gibt, die dagegen sprechen, die wir heute auch mitberücksichtigt haben wollen und die hier auch zum Tragen kommen sollen. Mir ist schon klar, dass es der Opposition vielleicht auch deshalb ein wichtiges Anliegen ist, dieses Thema hier einzubringen, weil die Möglichkeit, aus partei­politi­schen Motiven durch Teileinsprüche einen wesentlichen Bestandteil eines Gesetzes herauszulösen, eine wichtige oppositionelle Möglichkeit darstellen würde. Es ist aber doch so, dass damit auch gewisse Reformen, die mehrere Gesetzespakete und Ge­setze betreffen, in Gefahr geraten würden. Ich denke beispielsweise an die Sozialver­sicherungsreform, eine große Reform dieser Republik, die wir auf den Weg gebracht haben und bei der natürlich auch die Gefahr bestanden hätte, wenn aus partei­politi­schen Gründen einzelne Gesetzesmaterien herausgebrochen worden wären, dass das Gesamtprojekt unübersichtlich geworden wäre und vielleicht auch teilweise chaotische und ungerechte Zustände eingetreten wären.

Es könnte natürlich dabei auch passieren, dass es chaotische Verhältnisse geben kann. Ich möchte jetzt nicht per se als Argument sagen, dass das alles so sein würde, aber die Gefahr besteht doch, wenn einzelne Teile beeinsprucht werden können, dass die Änderungen bei anderen Teilen natürlich auch zu einer gewissen Unvollständigkeit führen könnten. Es muss nicht, aber es kann – und das ist das, was wir als Bedenken in diesem Zusammenhang auch einbringen wollen – natürlich auch dazu führen, dass es eine Verfassungswidrigkeit gäbe. Es kann dazu führen, dass es eventuell Gleich­heitswidrigkeiten gibt, und es kann teilweise auch zur Unverständlichkeit der verblei­benden Teile führen. Es wird auch oftmals die Unterscheidung zwischen zusam­menhängenden und nicht zusammenhängenden Regelungen sehr, sehr schwierig sein. Diese auszumachen wird da und dort eine Schwierigkeit darstellen, da man natür­lich auch in der Bewertung unterschiedliche Zugänge ausmachen könnte.

Selbst dann, wenn man Einsprüche gegen einzelne Gesetzesbestandteile einbringt oder bei Sammelgesetzen gegen einzelne Gesetze zuließe, müsste die Kundmachung des Gesamten wohl in vielen Fällen unterbleiben. Damit ist nicht unbedingt das mit Sicherheit zu erwarten, was man will, nämlich da und dort eine Beschleunigung des Gesetzgebungsverfahrens zu erreichen. Im Gegenteil, es kann natürlich auch zu ge­wissen Verzögerungen kommen.

Es ist bei diesen Sammelgesetzen auch so, dass diese oft mit einem gewissen inhaltlichen Zusammenhang aus ganz wesentlichen und triftigen Gründen geändert werden. Der Sachverhalt ist in vielen Fragen ein sehr komplexer, und daher ist es auch notwendig, dass man verschiedene Materiengesetze zusammenfasst. Die Geschichte hat gezeigt, dass es durchaus Beispiele gibt, wo es einfach Sinn macht, mehrere Gesetze zusammenzufassen. Ich denke beispielsweise an die große Thematik der Datenschutz-Grundverordnung in der letzten Gesetzgebungsperiode. Ich denke an Regelungen im öffentlichen Dienst, wo wir auf der einen Seite das Beamten-Dienst­rechtsgesetz und das Vertragsbedienstetengesetz haben, wo es Regelungen für den öffentlichen Dienst wie das Gehaltsgesetz und so weiter gibt, die davon betroffen sein könnten und wo es auch zu Ungerechtigkeiten kommen könnte. Oder ich denke an das große Projekt der Euroumstellung, wo es notwendig war, eine ganze Menge von Gesetzen entsprechend anzupassen.

Es besteht natürlich auch – das möchte ich hier politisch anmerken – der Eindruck, dass das vielleicht eine Argumentation ist, wo man schon vermuten kann, dass es der Opposition mit diesem gemeinsamen Antrag möglicherweise mehr um parteipolitische Interessen geht, mehr um die Schaffung einer Blockademöglichkeit (Bundesrat Steiner: So ein Topfen! – Bundesrätin Mühlwerth: Das ist ein schwaches Argument!) und nicht tatsächlich um die Sache. Ich sage das jetzt nicht einfach so hingeworfen, sondern auch vor dem Hintergrund, dass wir auch im Ausschuss schon gehört haben, dass es natürlich gemeinsame Gesetzesinitiativen gegeben hat. Das ist keine Frage, es wird immer wieder eine Gesetzesinitiative aus 2003 herangezogen, es wird eine aus 2009 herangezogen, die ja nicht das Teileinspruchsrecht per se allein umfasste, sondern ein größeres Reformpaket war.

All diese Beschlüsse hier im Bundesrat sind dann im Nationalrat nicht weiterverfolgt worden. Ich frage mich in diesem Zusammenhang auch, wo die Initiativen in den jeweiligen Fraktionen in dieser Zeit seit 2003, seit 2009 waren.

Wir als Volkspartei waren in dieser Zeit in einer Regierung mit der SPÖ unter sozial­demokratischer Führung, in der das kein Thema und anscheinend nicht prioritär war. Das ist der Eindruck, der ganz einfach bei mir und auch in meiner Fraktion entsteht. Wir haben eine sehr erfolgreiche Regierungszusammenarbeit mit den Freiheitlichen gehabt, in der dieses Thema auch nicht prioritär auf der Tagesordnung stand. (Ruf bei der FPÖ: Nur mit den Grünen ist jetzt ...! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Daher ist dieser Eindruck einer, den hier anzumerken auch erlaubt ist. (Bundesrat Steiner: Weil es eine ... Regierung ist!) Es ist für mich eine nicht ganz ehrliche Motivation, die dahintersteckt, und von unserer Seite wird dieser Antrag daher keine Zustimmung erhalten. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

14.30

Präsident Robert Seeber: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Korinna Schumann. Ich erteile dieses.