10.32

Bundesrat Ing. Eduard Köck (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Geräten zu Hause! (Vizepräsident Wanner übernimmt den Vorsitz.)

An einem Tag mit einem derart überstrahlenden Thema ist es schwierig, Aufmerk­sam­keiten auf ein anderes Thema zu lenken. Es ist, meine ich, auch nicht gut, mit einer Dringlichen Anfrage eine Politshow abzuziehen, aber man kann ja niemandem etwas verbieten, auch wenn es zu seinem eigenen Vorteil wäre. (Beifall bei ÖVP und Grü­nen.)

Zu dem vorliegenden Gesetz: Das Wesen einer Demokratie sind Wahlen, aber Wahlen alleine machen noch keine Demokratie. Daher gibt es in klugen Systemen immer auch die Möglichkeit für Bürger, sich direkt am politischen Prozess zu beteiligen. Auch die EU hat einige Instrumente für die europäischen Bürgerinnen und Bürger, sich direkt am politischen Entscheidungsprozess zu beteiligen; unter anderem bestehen das Peti­tionsrecht seit 1993 und das Beschwerderecht beim Europäischen Bürgerbeauftragten seit 1995.

In diese Reihe reiht sich eben auch die Europäische Bürgerinitiative ein. Mit dem Ver­trag von Lissabon wurde auf europäischer Ebene ein neues Element der direkten Demokratie geschaffen. Seit dem 1. April 2012 haben Unionsbürgerinnen und Unions­bürger die Möglichkeit, europaweite Bürgerinitiativen in die Wege zu leiten und zu unterstützen. Die Europäische Bürgerinitiative fordert die Europäische Kommission direkt zur Vorlage eines bestimmten Gesetzesvorschlages auf.

Vor dem Start einer Europäischen Bürgerinitiative muss durch sieben Unionsbürgerin­nen und Unionsbürger, die in sieben verschiedenen Mitgliedstaaten ansässig sind und die das Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament besitzen, ein Bürger­ausschuss gebildet werden. Nach erfolgter Einreichung der Initiative hat die Euro­päische Kommission zwei Monate Zeit, die geplante Europäische Initiative zu prüfen und, wenn alle in der Verordnung festgelegten Bedingungen erfüllt sind, zu registrieren. Die Bürgerinitiative muss dabei vor allem auch in die Zuständigkeit der Europäischen Kommission fallen, darf nicht offenkundig missbräuchlich, unseriös oder schikanös sein und darf nicht gegen die Werte der Union nach Artikel 2 des EU-Vertrages verstoßen.

Für eine erfolgreiche Bürgerinitiative sind eine Million Unterschriften aus mindestens einem Viertel der Mitgliedstaaten, also derzeit sieben Mitgliedstaaten, erforderlich. In jedem dieser Mitgliedstaaten ist dafür eine bestimmte Anzahl von Unterschriften – ab­hängig von der Anzahl der jeweiligen Abgeordneten zum Europäischen Parlament – erforderlich; in Österreich sind das derzeit 14 250.

Mit dieser Änderung, die wir heute beschließen, ist nun in allen Ländern eine Betei­ligung ab 16 Jahren möglich. Diese Änderung zielt eben vor allem auf die Einführung dieser Altersgrenze, auf eine Erleichterung für die Organisationsgruppen Europäischer Bürgerinitiativen, auf eine einfache Registrierung, um teilnehmen zu können – zum Bei­spiel auch für Auslandsösterreicher –, und auf eine einfachere, individuelle Sammel­stelle, die online angeboten werden muss, ab.

Für manche sind diese Maßnahmen immer noch zu wenig, die Einstiegshürden zu hoch oder die Fristen zu kurz. Diese werden solche Initiativen immer kritisieren; denn man muss Grenzen festlegen, und daher können sie immer sagen: Das eine ist zu gering, zu hoch, zu kurz oder zu lang!

Ist denke, dass wir damit ein sehr gutes Instrument haben, mittels dessen die Bür­gerinnen und Bürger der Europäischen Union direkt am Entscheidungsprozess mit­wirken können. Es bringt die Europäische Union den Bürgern näher, daher ist es ein sehr guter Gesetzesbeschluss, den wir auch unterstützen und dem wir auch zustim­men. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

10.37

Vizepräsident Michael Wanner: Danke schön.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann. Ich erteile es ihr.