15.07

Bundesrat Karl Bader (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte ZuschauerInnen vor den Bildschirmen! Am Beginn meiner Ausführungen möchte ich heute ein großes Danke aussprechen; ein großes Danke dem Herrn Innenminister, dem Herrn Bundeskanzler und dem Herrn Gesundheitsminister, die in Zeiten wie diesen mit einem kompetenten und konse­quen­ten Krisenmanagement eine außerordentliche Situation, wie wir sie in der Zweiten Republik noch nie hatten, gemeinsam aus Verantwortung für die Bevölkerung handeln.

Es ist eine außerordentliche Situation, die außerordentliche Maßnahmen erfordert. Es ist auch gut, dass gerade in dieser Situation die Menschen sehr offensiv informiert werden, was zu tun ist und wie in dieser Situation vorzugehen ist. Es ist erfreulich, dass sich in dieser Situation 92 Prozent der Bevölkerung sehr gut beziehungsweise gut informiert fühlen.

Was aber die Dringliche Anfrage der Freiheitlichen betrifft, muss ich sagen: „Es wäre [...] fast witzig, wenn es nicht so traurig wäre“ – Kollege Leinfellner hat das in der Begründung dieser Anfrage so formuliert –, wenn ich daran denke, was Sie und der Kollege aus Kärnten hier geboten haben. 92 Prozent der Bevölkerung sind bestens darüber informiert, was momentan Sache ist, was momentan in dieser Republik wichtig ist. (Bundesrat Ofner: Der Schutz der Staatsgrenzen! – Bundesrätin Mühlwerth: Das ist eine Information von euch! – Bundesrat Spanring: Von der ÖVP-Zentrale!) Die anderen 8 Prozent scheinen Freiheitliche zu sein, die nicht entsprechend informiert sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich merke, dass einigen hier herinnen gerade nicht ganz klar ist, dass wir in einer außerordentlichen Situation sind. (Bundesrat Spanring: Nicht einmal euer eigener Koalitionspartner, Karl!) Mit Verlaub, es stellt sich für mich daher auch die Frage: Was ist denn so dringlich an Ihrer Anfrage? Was ist so dringlich an Ihrer Anfrage, dass Sie dieses Theater – möchte ich fast sagen – hier abziehen? (Bundesrätin Mühlwerth: Die auf dem Weg sind! Die vielleicht infiziert sind!) Es ist etwas, was ja ohnehin schon am Laufen ist. Es sind Fragen – wenn ich die 59 Fragen hernehme –, die Sie in den letzten Tagen in Form einer parlamentarischen Anfrage an dieses Haus herangetragen haben. Also: Was ist so dringlich, um hier Verunsicherung zu schüren? – Ist der Grund mög­licherweise die Gemeinderatswahl in der Steiermark, die vor der Tür steht? (Bun­desrätin Mühlwerth: Die ist ja schon abgesagt! So viel zur Information!) Das, was hier geboten wurde, ist etwas, das ich nicht ganz verstehe und nicht nachvollziehen kann. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ich bedanke mich sehr herzlich beim Herrn Bundesminister, der die Fragen, die Sie gestellt haben, klar und deutlich beantwortet hat. Ich weiß nicht, was da offengeblieben ist. Sind es die Fragen, die den Grenzschutz betreffen? – Der ist in dieser Republik gewährleistet! Was ist offengeblieben, frage ich mich. Was ist offengeblieben? (Bun­desrat Ofner: Das habt ihr 2015 auch schon gesagt!) – Es geht nicht um das Jahr 2015. Ich habe mir das bei dir auch schon gedacht, Herr Kollege (in Richtung Bundesrat Ofner), als du hier heraußen gestanden bist: Das ist eine historische Vorlesung, hat aber mit einer Dringlichen Anfrage überhaupt nichts zu tun! (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Bundesrat Rösch: Wehret den Anfängen!)

Es ist sowohl vom Herrn Bundeskanzler als auch vom Herrn Innenminister klar und deutlich formuliert worden, dass es keine Aufnahmen in Österreich geben wird. Es ist klar formuliert worden, dass es um Hilfe geht, die vor Ort zu leisten ist, um die Men­schen in Syrien zu unterstützen. (Bundesrat Ofner: So wie 2015!) Es ist klar und deutlich informiert worden, dass Hilfe vor Ort zu leisten ist und dass auch Griechenland Unterstützung zu geben ist (Bundesrat Spanring: Ja, auch so wie 2015!), mit Exekutivbeamten, die wir zur Verfügung gestellt haben, aber auch mit monetärer Hilfe.

Gerade das Gespräch, dass der Herr Bundeskanzler mit seinem griechischen Amts­kollegen vor einigen Tagen geführt hat, hat das klare Ergebnis gehabt, dass wir bereit sind, entsprechende Unterstützung zu leisten. Und es ist auch klar, dass Europa und damit auch Österreich sich in dieser Frage nicht vom türkischen Präsidenten Erdoğan erpressen lassen möchte und erpressen lässt. Das ist das Thema. Da geht es nicht um eine humanitäre Krise, da ist ein politischer Angriff auf Europa gestartet worden, den Europa auch gemeinsam abzuwehren bereit ist

Es sind auch die drei Sicherheitsnetze angesprochen worden. Wir diskutieren das ja nicht, wir leben das. Die Griechen leisten fast Übermenschliches an der Grenze. Diese Bedrohung ist wirklich eine außerordentliche, und ihr wird von den Kolleginnen und Kollegen dort auch entsprechend konsequent begegnet: mit einem Sicherheitsnetz an der EU-Außengrenze.

Sie haben auch gehört: Es gibt die Abstimmung mit den Kolleginnen und Kollegen am Westbalkan als zweites Sicherheitsnetz und den Grenzschutz an der österreichischen Grenze. So etwas wie 2015 wollen wir nicht mehr, da sind wir uns einig. Das zeigt auch die Arbeit, die von dieser Regierung konsequent und kompetent gemacht wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Freiheitlichen! Für mich ist bei dieser Dring­lichen Anfrage ein ganz besonderer Beigeschmack und der Eindruck da, dass Sie zwei große, voneinander unabhängige Herausforderungen vermischen wollen: Corona auf der einen Seite und die Flüchtlingsproblematik auf der anderen. (Bundesrätin Mühlwerth: Keineswegs!) Da frage ich mich: Warum muss man die Bevölkerung in dieser Situation verunsichern? (Bundesrat Steiner: Die haben selbst Hausverstand!) Sie zeichnen Horrorszenarien. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe der BundesrätInnen Steiner und Mühlwerth.) – Herr Kollege, du kannst dich gerne zu Wort melden! Sie zeichnen Horrorszenarien, Sie verbreiten fast schon Verschwörungstheorien. Vielleicht ist es doch politisches Kleingeld, das Sie hier wechseln wollen. (Zwischenruf des Bundes­rates Steiner.) Ich frage mich nur: Warum wollen Sie das? (Bundesrätin Mühlwerth: Die üblichen Floskeln!)

Wenn ich mir anschaue, was heute, was in den letzten Tagen tatsächlich die Sorgen der Menschen waren, dann sehe ich, dass es ganz einfach andere sind. (Zwischenruf des Bundesrates Steiner.) Es geht um ihre Gesundheit, es geht um ihre Arbeitsplätze, es geht auch um die Sicherheit. Du hast es gehört – Herr Kollege Steiner, du brauchst da nicht provokant hereinzuschreien –, du hast es vom Herrn Innenminister gehört: Beide Probleme, beide Herausforderungen werden von den verantwortlichen Ministern, von den Verantwortlichen in den Stäben, von den Mitarbeitern in den Kabinetten wirk­lich konsequent bearbeitet. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Steiner: Wir werden euch dann an euren Taten messen!)

Den Menschen geht es um ihre Gesundheit, ihre Arbeitsplätze (Die Bundesräte Ofner und Steiner: Und Sicherheit!), um alles, was mit dieser gesundheitlichen Heraus­forderung zusammenhängt, natürlich auch um die Sicherheit. Jetzt gibt es ganz einfach eine Priorität in der Bearbeitung der Problematik, um die Kurve, wie sie gezeichnet wurde, was die Infizierungsrate betrifft, möglichst flach zu halten und weitere Infektio­nen hinauszuzögern.

Bei allen parlamentarischen Rechten – und wir haben heute auch darüber diskutiert, dass die Dringliche Anfrage natürlich ein Recht im Bundesrat ist und in der Ge­schäfts­ordnung auch klar verankert ist –: Es stellt sich die Frage, ob es notwendig war, in dieser Ausnahmesituation diese Dringliche Anfrage zu stellen.

Liebe Frau Kollegin (in Richtung Bundesrätin Mühlwerth), du weißt, ich hege persönlich eine sehr große Wertschätzung für dich als Kollegin, aber der Vergleich in deinem vor­mittäglichen Redebeitrag, dass dich das an das Jahr 1933 erinnert (Bundesrätin Mühlwerth: Ich habe gesagt, man fühlt sich daran erinnert) – „man fühlt sich daran erinnert“ –, ist etwas, das nicht zu akzeptieren ist. (Rufe bei der FPÖ.) Dieser Vergleich ist schamlos, ist unanständig, und ich weise ihn zurück, denn es ist unerträglich, was Sie hier aufführen. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei BundesrätInnen der SPÖ. – Bundesrat Steiner: Lies die Parlamentskorrespondenz! Da steht das drinnen!)

Ich möchte aber auch klar und deutlich sagen, dass es das politische Kleingeld, das Sie hier schlagen wollen, nicht geben wird. Diese außerordentliche Situation der Men­schen in diesem Land, diese außerordentliche Situation und diese Herausforderung für alle Verantwortlichen in diesem Land für politische Zwecke zu missbrauchen, das wird sich für Sie nicht auszahlen. Das ist auch kein Beitrag zu dem von Ihnen geforderten nationalen Schulterschluss.

Ich bekenne mich zu diesem Beschluss genauso wie die ÖVP-Fraktion und alle Verantwortungsträger in der gesamten Bundesregierung. Es ist genau das Gegenteil, was Sie mit dieser Dringlichen Anfrage und mit dem, was hier auch an Beiträgen geleistet wurde, erreicht haben. Die Regierung im Gesamten und Herr Bundesminister Nehammer im Besonderen, sie tragen Verantwortung und sie stehen zu dieser Ver­antwortung und nehmen diese Verantwortung im Interesse der Bevölkerung dieser Republik auch wahr. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

15.17

Vizepräsident Michael Wanner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Dominik Reisinger. Ich erteile es ihm.