14.43

Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Meine sehr geehrten Da­men und Herren! Lassen Sie mich mit einem großen Dank an Sie alle beginnen, dass Sie so schnell bereit waren, auch am Wochenende zusammenzukommen. Es ist zwei­fellos eine Ausnahmemaßnahme in einer außergewöhnlichen Situation. Vielen Dank für Ihre Bereitschaft! Ohne diese wäre es nicht möglich gewesen, das Paket, das wir zugunsten der Österreicherinnen und Österreicher geschnürt haben, um sie besser durch die Krise zu bringen, auch umsetzen zu können.

Ich möchte einen Schritt zurückgehen. Wir alle sehen ja die Bilder, die auf den Fern­sehschirmen in den Wohnzimmern gezeigt werden. Wir alle sehen, was in Italien pas­siert. Wir alle fühlen mit denen, die Angehörige verloren haben, und wir alle wissen, auch in Österreich kann es immer öfter dazu kommen.

Ich möchte – aus Sicht des Finanzministers – meine letzte Woche Ihnen gegenüber ganz persönlich Revue passieren lassen. Sie wissen ja, kommende Woche hätte ich meine erste Budgetrede halten, mein erstes Budget vorlegen dürfen. Wir haben das Budget die letzten Monate mit allen Ressorts verhandelt; seit Jänner faktisch auf Basis der Annahme, dass das Wirtschaftswachstum in Österreich heuer real circa 1,2 Pro­zent betragen würde. Wir haben auf Basis dieser Einnahmenschätzung das Budget mit allen Ressorts gemacht und hart verhandelt. Jeder hat versucht, das Beste herauszu­holen, egal ob das Justiz, Sicherheit, Verteidigung oder andere Bereiche waren.

Als wir das Budget soweit fertig hatten, habe ich meine Budgetrede auf Basis dieser Verhandlungen entworfen. Ich war heute vor einer Woche ziemlich fertig damit und habe mich letzten Montag nochmal hingesetzt und überlegt: Passt die eine oder an­dere Formulierung, muss man da noch einen Beistrich einfügen oder nicht, ganz kleine Wörter ändern?

Ich habe noch letzten Montag eine OTS von einem Wirtschaftsforschungsinstitut in Ös­terreich gelesen, in welcher gestanden ist, dass der Konjunkturtest ergeben hat: bisher keine Auswirkungen des Coronavirus auf das Wirtschaftswachstum! – Das war Montag vor einer Woche. Am Dienstag haben wir erste Meldungen hereinbekommen, dass es vielleicht doch anders sein könnte. Die Bundesregierung hat Maßnahmen gesetzt, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen wie Verbote von Veranstaltungen über 100 Per­sonen innerhalb von Räumen et cetera.

Da habe ich mir gedacht: Na ja, das wird wohl auch Auswirkungen auf das Budget ha­ben! Ich habe mir noch einmal die Rede hergenommen, sie durchgeschaut und ver­sucht, auf die Krise entsprechend einzugehen. Dann habe ich mit einigen Wirt­schaftsforschern telefoniert und sie um eine Einschätzung gebeten, ob sich unsere Berechnung noch ausgehen kann – wir hätten einen Überschuss von 300 Millionen Euro budgetiert gehabt. Sie haben dann schon gemeint, es könnte ein bisschen schwierig werden, das Wachstum gehe runter, 0,1 Prozent, 0,2 Prozent, 0,3 Prozent, einer hat gesagt, 0,37 Prozent. Da habe ich mir gedacht, dass es mit der Schätzung eng wird.

Am Mittwoch habe ich die Budgetrede in den Mistkübel geschmissen, als klar war, dass wir in einer gänzlich anderen Welt leben werden, als wir sie uns noch vor ein paar Wochen vorgestellt haben. Vieles von dem, was wir als normal angesehen haben, wird einfach nicht mehr so sein. Ab Mittwoch sind wir gesessen und haben versucht, das Ausmaß der möglichen Auswirkungen zu erfassen.

Wir haben uns gleich hingesetzt und ein Maßnahmenpaket nach drei Prioritäten ge­schnürt. Wir haben gesagt: Erstens muss genügend Geld für die Gesundheit der Men­schen in diesem Land sichergestellt werden, zweitens müssen wir so viele Arbeits­plätze wie möglich in Österreich erhalten, um möglichst gut durch diese Krise, die hof­fentlich irgendwann auch bald vorüber ist, zu kommen, und drittens müssen wir es schaffen, dass die Menschen auch in der Krise ihre Fixkosten – ihre Mieten, ihre Kre­ditraten; was auch immer zum täglichen Leben gehört – decken können.

Auf Basis dieser Vorgaben haben wir versucht, möglichst schnell ein möglichst umfas­sendes Paket zu schnüren. Dafür möchte ich mich bei allen Ministerien und bei den Sozialpartnern, die mitgewirkt haben, bedanken. Alle sind einen Schritt aufeinander zu­gegangen und haben in stundenlangen, nächtelangen Verhandlungen bis gestern in der Früh ein Paket geschnürt, das sich, glaube ich, sehen lassen kann. Darin geht es genau darum, dass wir genügend Geld bereitstellen, um in einem ersten Schritt die schlimmsten Auswirkungen der Krise, die abzusehen sind, abzufedern.

Ist es ein perfektes Paket? – Darauf sage ich: Natürlich nicht! Was aber ist in dieser Situation schon die perfekte politische Maßnahme? Zeigen Sie mir eine Person in ganz Österreich oder auf der ganzen Welt, die mir garantiert sagen kann, wie lange die Krise dauert, wie schwer sie wird, was es alles bedeuten wird! – Sie werden niemanden fin­den. Auf Basis dieser Unsicherheit müssen wir natürlich die Maßnahmen setzen, die wir setzen – wichtig ist: so schnell wie möglich und so unbürokratisch wie möglich.

Aus diesem Grund haben wir uns auch davon verabschiedet, dass es in diesem Jahr einen ausgeglichen Haushalt gibt. Gestern noch bin ich von jemandem darauf ange­sprochen worden, der gemeint hat: Na ja, jetzt haben Sie lange davon gesprochen, dass Sie einen ausgeglichenen Haushalt wollen! – Ganz ehrlich: Die Person hat die Si­tuation noch nicht erfasst. Natürlich kann man sagen, dass ein ausgeglichener Haus­halt wichtig ist, aber die Gesundheit der Menschen in diesem Land, die Arbeitsplätze und auch das Erhalten des Standortes sind wesentlich wichtiger als jedes Nulldefizit.

Mit den Maßnahmen, die wir vorgelegt haben, hoffen wir, einen ersten Schritt dazu bei­zutragen, dass die schlimmsten Auswirkungen unmittelbar abgefedert werden können. Wenn es notwendig ist, werden wir Sie wieder bitten, zusammenzutreten, denn dann müssen wir weitere Maßnahmen setzen. – Vielen Dank. (Allgemeiner Beifall.)

14.49

Präsident Robert Seeber: Danke, Herr Minister.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Karl Bader. Ich erteile ihm dieses.