12.35

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Ministerinnen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zu­seher zu Hause! Die Krise dauert an. Sie ist in ihrem Ausmaß schlimmer als von manchen erwartet, und wir werden noch lange mit ihrer Bekämpfung und ihren Folgen zu tun haben. Eines ist jedoch sicher: Gemeinsam und mit vereinten Kräften kommen wir durch diese Zeit. Wir halten zusammen, müssen aber jetzt die richtigen Hand­lun­gen setzen, immer in dem Wissen um die Ängste und Sorgen der Menschen betreffend ihre Gesundheit, die Frage, wie es jenen geht, die man gerne hat, und die Frage, wie es mit ihrem Arbeitsplatz weitergehen wird, wie ihre Zukunft ausschauen wird.

Viele Menschen in diesem Land erbringen jetzt gerade Höchstleistungen. Sie geben uns ein Stück Normalität in unserem Leben zurück, obwohl vieles ganz anders ist als sonst. All jenen in den verschiedensten Bereichen, die jetzt arbeiten, die das System aufrechterhalten, ist unser größter Dank auszusprechen: den Beschäftigten in der Gesundheitsversorgung, den Kolleginnen und Kollegen im Handel, in der Reinigung, bei der Polizei, den ElementarpädagogInnen, den LehrerInnen, den Beschäftigten im AMS, die jetzt Unglaubliches stemmen, den Beschäftigten in der Ages; sie alle aufzu­zählen, ohne jemanden zu vergessen, ist beinahe nicht möglich.

Ich muss nur eine Gruppe noch besonders erwähnen, weil mir das die Gewerk­schaftsfrauen mitgegeben haben, nämlich jene Beschäftigten in der Lebensmittel­pro­duktion, die jetzt dafür sorgen, dass wir auch noch mit Lebensmitteln versorgt werden. (Allgemeiner Beifall.)

Ich möchte auch den Kollegen der Wien Energie einen Dank aussprechen, die sich jetzt für vier Wochen an ihrem Arbeitsplatz in Quarantäne begeben, um so die Ver­sorgung für Wien aufrechtzuerhalten – vielen, vielen Dank! (Allgemeiner Beifall.)

Heute beschließen wir eine Vielzahl von gesetzlichen Änderungen mit dem Fokus, die Krise und ihre Folgen zu überstehen und zu bekämpfen. Diese Maßnahmen sind teil­weise außergewöhnlich und gehen sehr weit, was die Befugnisse der Bundesregierung betrifft. Es muss klar sein, dass es sich dabei nur um vorübergehende Befugnisse handelt. Es ist sozusagen auf Zeit geliehene Handlungsmacht, nur bis zum Ende der Krise. Wir tun alles, was nötig ist, aber gehen keinen Millimeter weiter. (Beifall bei der SPÖ.)

Es erfolgt nun die Bereitstellung von 38 Milliarden Euro – endlich eine nachvollziehbare Summe und ein wesentlicher Schritt. Uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten war bereits vor einer Woche klar, dass 4 Milliarden Euro nicht reichen werden. Jetzt, sechs Tage später, machen wir also den wichtigen, dringend notwendigen großen Schritt. Es geht um die soziale Sicherheit für die Menschen, die Gesundheits­ver­sor­gung und auch den sozialen Frieden. Fixkosten müssen bezahlt werden, und man muss sich das Essen kaufen können.

Es geht auch um die Sicherheit für die Unternehmer, die notwendige Unterstützung ganz rasch zu erhalten, um ihren Betrieb aufrechterhalten zu können. Der Kampf gegen diese Krise ist auch der Kampf um jeden einzelnen Arbeitsplatz, und diesen Kampf haben wir mit allen Mitteln zu führen.

Waren bereits am Montag 16 000 Frauen und Männer arbeitslos gemeldet, so sind es seit Freitag bereits 97 500 – eine unfassbare Zahl, und das innerhalb von fünf Tagen, und wir haben davor gewarnt. Hinter dieser Zahl stehen 97 500 menschliche Schick­sale. Umso deutlicher möchte ich in diesem Rahmen noch einmal betonen und die Arbeitgeber auffordern: Nutzen Sie die Coronakurzarbeit, statt Ihre Beschäftigten zu kündigen, und überlegen Sie sich, ob Sie jene Kündigungen, die Sie vielleicht schon diese Woche aus dem Schock und der Unsicherheit heraus ausgesprochen haben, nicht doch noch in Kurzarbeit umwandeln! (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie bei BundesrätInnen von ÖVP und FPÖ.)

Das ist jetzt nämlich möglich. Nützen Sie die Chance! Das Modell wird nun noch attrak­tiver, da das AMS bereits ab dem ersten Monat die Arbeitgeberbeiträge übernimmt. Es gibt jetzt keinen Grund mehr, dieses attraktive Modell nicht zu wählen.

Lassen Sie mich bitte gleichzeitig betonen: Es ist ein Gebot der Stunde, dass nur jene Unternehmen mit Steuermitteln gefördert werden, die zum Erhalt der Arbeitsplätze beitragen. Wir fordern da Arbeitsplatzgarantie! (Beifall bei der SPÖ.)

 Die Sozialpartner – Arbeiterkammer, Wirtschaftskammer, Gewerkschaftsbund – haben nicht nur bei den Verhandlungen einen entscheidenden Beitrag dazu geleistet, Lösun­gen für Unternehmen und für Beschäftigte zu erzielen. Sie sind es jetzt auch, die um­fassend informieren und ihre Mitglieder vertreten.

Ich erlaube mir, die wichtige Information auch hier zu geben: Unter www.jobundcorona.at, einer Website des ÖGB und der Arbeiterkammer, finden die Beschäftigten alle wich­tigen Informationen zum Thema.

Den Arbeitgebern sei noch einmal gesagt: Nutzen Sie die Möglichkeit, die Ihnen jetzt durch die Coronakurzarbeit zur Verfügung steht! Es gibt eine Zeit nach der Krise. Da werden die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit ihrem Fachwissen, mit ihrer Arbeitsleistung und mit ihrem Einsatz für das Unternehmen gebraucht. Lassen Sie bitte die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht im Regen stehen! (Beifall bei der SPÖ sowie bei BundesrätInnen der FPÖ.)

Ein weiterer Punkt, der enorm wichtig ist, ist der Schutz der ArbeitnehmerInnen am Arbeitsplatz. Da möchte ich auf den Verhandlungserfolg der zuständigen Gewerkschaft in der Verhandlung mit der Wirtschaftskammer hinweisen, nämlich jene Verbesserun­gen für die jetzt besonders belasteten Beschäftigten im Handel: einheitliche Standards zum Schutz am Arbeitsplatz, Freistellung von Risikogruppen und eine Verkürzung der Öffnungszeiten bis maximal 19 Uhr. – All das ist zum Schutz jener gelungen, die uns mit Gütern des täglichen Bedarfs versorgen, und es zeigt sich neuerlich: Die Sozial­partnerschaft funktioniert in der Krisenzeit.

Der Schutz der Beschäftigten in allen Berufsgruppen, deren Arbeit wir jetzt so dringend benötigen, muss höchste Priorität haben. Es gilt, auch im Bereich des Baugewerbes endlich Schritte zu setzen. Daher bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „sofor­tige Schutzmaßnahmen für unsere Bauarbeiter“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, aufgrund der nunmehr durchgeführten gesetzlichen Klarstellung, umge­hend auch klare Vorgaben und Maßnahmen durch Verordnung zur Verhinderung der Verbreitung von COVID‑19 auf Baustellen zu erarbeiten.“

*****

Der Schutz am Arbeitsplatz für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den soge­nannten systemrelevanten Berufen ist ganz wichtig. Da reicht es nicht, jetzt nur Danke zu sagen. Diese Beschäftigten brauchen nach der Krise strukturelle Verbesserungen betreffend Arbeitsbedingungen und Gehalt, und zwar Verbesserungen, die nachhaltig wirken. Wir werden Sie daran erinnern, dass Sie für sie geklatscht, ihnen gedankt und sie völlig zu Recht zu Heldinnen und Helden erklärt haben. Man muss sich danach aber auch noch daran erinnern. Daran gilt es dann zu arbeiten! (Beifall bei der SPÖ.)

Aus diesem Grund bringen wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten einen weiteren Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Corona Bonus – Wertschätzung für die Heldinnen und Helden der Corona-Krise“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung – insbesondere der Bundesminister für Finanzen – wird aufge­fordert, dem Nationalrat [...] umgehend ein Gesetz vorzulegen, das die gänzliche Steu­erbefreiung sowie die Befreiung von Sozialversicherungsbeiträge (in Form eines Steuerbonus) von Mehr- und Überstunden für den Zeitraum der Corona-Krise für die betroffenen Berufsgruppen vorsieht.

Auch von den Sozialpartnern gegebenenfalls vereinbarte Prämien für besondere Belastungen – insbesondere für Beschäftigte in den Gesundheitsberufen, im Lebens­mittelhandel, in der Reinigung etc. – im Zuge der Corona-Krise sind entsprechend zu befreien. Allfällige Prämien an öffentlich Bedienstete sollen aus dem 38 Mrd. Euro Hilfspaket des Bundes bestritten werden.“

*****

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Krise ist kein Spaziergang. Sie verlangt den Menschen viele Schritte auf einem langen und beschwerlichen Weg ab, dessen Länge wir noch nicht absehen können. Wir müssen dazu beitragen, dass diesen Weg alle bewältigen können. Lassen wir niemanden zurück! Dafür gilt es zu sorgen. – Glück auf! (Beifall bei der SPÖ sowie bei BundesrätInnen von ÖVP und FPÖ.)

12.44

Vizepräsident Michael Wanner: Beide Anträge der BundesrätInnen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen, der eine betreffend „sofortige Schutzmaßnahmen für unsere Bauarbeiter“, der andere betreffend „Corona Bonus – Wertschätzung für die Heldinnen und Helden der Corona-Krise“, sind eingebracht, genügend unterstützt und stehen somit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Markus Leinfellner. Ich erteile es ihm.