12.45

Bundesrat Markus Leinfellner (FPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuhörer zu Hause vor den Bildschirmen! Wer hätte vor zwei Wochen gedacht, dass wir uns heute in einer solchen Situation befinden?! – Ich glaube, wohl kaum jemand!

Eingangs möchte ich erwähnen, dass das vorliegende Coronapaket zwar dem Grunde nach äußerst wichtige und gerade in diesen Zeiten durchwegs notwendige Maßnah­men enthält, mit denen die derzeit bereits bestehenden Umstände nachträglich gesetz­lich legitimiert werden, mein Eindruck ist aber auch, dass man sich derzeit in juris­ti­schen Details und Spitzfindigkeiten verliert, die für die Bevölkerung wirklich wichtigen Themen aber bewusst ausgeklammert werden.

Um mit etwas Positivem zu beginnen: Für uns alle bedeutsam ist sicherlich, dass Personen, die als Ärzte oder Pfleger qualifiziert sind, derzeit aber nicht oder nicht mehr die nötigen Befugnisse haben, wieder in diesen Bereichen eingesetzt werden können. Es ist auch wesentlich und wichtig, dass Untersuchungen von Proben in den tierärztlichen Labors stattfinden können; auch das ist etwas, was in den nächsten Wochen mit Sicherheit hilfreich sein und uns zugutekommen wird.

Bei anderen Gesetzesänderungen, zum Beispiel hinsichtlich Namensänderung von Ministerien, Randbestimmungen zu Betriebsräten und Altersteilzeit, Gebühren­befreiun­gen, zustellrechtlichen Belangen, hat man es wirklich gut verstanden, wichtige Dinge unangetastet zu lassen oder sie in einem langen Konvolut geschickt zu verstecken. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich glaube, dass es für Suchtmittelkranke und für Häftlinge bereits jetzt sehr viele Schutzbestimmungen gibt. Die fleißigen Arbeitnehmer und Dienstnehmer lassen wir hingegen mit ihren Sorgen teilweise im Regen stehen. Auch das ist für mich nicht nachvollziehbar. (Beifall bei der FPÖ.)

Gerade die österreichischen Unternehmer sind zurzeit verunsichert und nervös. Von Auftragsrückgängen über Fabriksstillstände bis hin zu Betriebsschließungen – es herrschen in den Unternehmen teilweise existenzbedrohende Zustände. Die großen Konzerne krachen, und sie reißen viele, viele kleine Unternehmer und Dienstleister mit, und in diesen kleinen Unternehmen und bei diesen Dienstleistern gibt es eine Vielzahl an Arbeitnehmern, die um ihre Jobs und ihre Zukunftsaussichten bangen.

Die Bundesregierung kündigte den Unternehmern bereits in der Vorwoche ein Modell zur Kurzarbeit an. Die tatsächliche Kurzarbeitsrichtlinie gibt es aber erst seit Don­nerstagabend. Diese Kurzarbeitsrichtlinie ist es aber auch, welche für die Praxis relevante Details für die Unternehmer regelt. Die Unternehmer können somit erst seit ihrem Bekanntwerden, also seit Donnerstagabend, genaue Berechnungen und Planungen durchführen. Abgesehen davon, dass das ein relativ kompliziertes Modell ist und vor allem für die kleineren Betriebe mit einem unverhältnismäßigen Mehrauf­wand verbunden ist, scheint es von der Kostenverteilung her zwar für die Dienst­nehmer und inzwischen auch für die Lehrlinge Vorteile zu geben, für die Unternehmer sind die Vorteile aber in gewissen Bereichen für mich nicht ersichtlich.

Das Modell kann man mit ruhigem Gewissen als nicht ausgereift bezeichnen. Warum kann man es als nicht ausgereift bezeichnen? – Geht ein Arbeitnehmer während dieser Zeit in Urlaub oder Krankenstand, so hat der Arbeitgeber das Entgelt sowie die Lohn­nebenkosten auf Basis der vollen Bezüge vor der Kurzarbeit zu leisten. – Ich glaube, in diesem Bereich hätten wir noch Verbesserungsbedarf. (Beifall bei der FPÖ. – Bun­desrätin Schumann: Also Verschlechterungen für die Arbeitnehmer!)

Der Härtefallfonds ist etwas ganz Wichtiges, was auch notwendig ist. Dass die Wirt­schaftskammer wirklich die richtige Institution ist, das abzuwickeln, das wage ich aller­dings zu bezweifeln. Die Abwicklung des Härtefallfonds hat aus unserer Sicht über die Finanzämter zu erfolgen. Die Finanzämter haben die personellen Ressourcen, haben die fachliche Expertise und die entsprechenden Kenntnisse. Außerdem muss ich euch ganz ehrlich sagen: Ich habe kein gutes Gefühl dabei, wenn wir sensible Daten an die Wirtschaftskammer übermitteln, die dort in Wahrheit nichts verloren haben!

Wir hoffen, dass die Auszahlung an die Einzelunternehmer, an die freien Dienstneh­mer, an die Kleinstunternehmer zeitnah und ausreichend erfolgt und die Beantragung möglichst einfach gehalten wird.

Wenn einzelne Maßnahmen für einzelne Branchen – namentlich möchte ich die Künstler und das Baugewerbe erwähnen – Entschädigungen nach sich ziehen, andere wie­derum nicht, dann muss man da schon auch ein bisschen auf den Gleichheits­grund­satz achten, und ich sage, der Staat sollte da auch fair bleiben.

Es gibt viele weitere Maßnahmen in diesem Coronapaket, eine davon möchte ich zum Schluss meiner Rede noch herausheben: Im Beamten-Dienstrechtsgesetz und im Vertragsbedienstetengesetz soll es zu Änderungen kommen. In Krisenfällen soll Urlaub angeordnet werden können. Ich glaube, das haben sich unsere fleißigen Beamten und Vertragsbediensteten, die jahrelang Urlaub angespart haben, um ihn für eine wirklich wichtige Aufgabe, vielleicht für die Kinderbetreuung, zur Betreuung eines Familien­mitglieds oder auch zum Häuslbauen oder wozu auch immer, zu verwenden, nicht ver­dient.

Nicht genug damit, dass das Gesundheitssystem, die Polizei und das Bundesheer von vielen, vielen vergangenen ÖVP-Finanzministern zu Tode gespart wurden! – Genau das rächt sich jetzt. Wir sind als Staat nicht mehr in der Lage, unsere Leute aus den Krisengebieten nach Hause zu holen: mit keiner Regierungsmaschine, mit keiner Bundesheermaschine. In Wahrheit ist es so: Bis unsere C-130 in den Krisengebieten unten wäre, wären, glaube ich, unsere Leute von selber wieder gesund geworden. Auch da haben wir im Bereich des Bundesheeres in Zukunft vielleicht Verbesserungs­bedarf. (Beifall bei der FPÖ.)

Nein, meine sehr geehrten Damen und Herren, es waren nicht die Vorgaben der Politik, die das Bundesheer, die Polizei, das Gesundheitswesen am Leben erhalten haben, es waren die vielen, vielen Bediensteten, die Polizeibeamten, die Soldaten, die vielen Ärzte und Mitarbeiter im medizinischen Bereich, die durch ihren persönlichen Einsatz und ihr persönliches Engagement den Betrieb am Laufen gehalten haben und die wesentliche Beiträge für die Sicherheit Österreichs leisten.

Man braucht es sich nur anzuschauen: Vor zwei Tagen, am Donnerstag, hat das Bun­desheer – besser gesagt: die Militärpolizei – den Schutz von zehn Botschaften hier in Wien übernommen. Wie wir gestern von Frau Verteidigungsminister Tanner haben vernehmen können, wird der Schutz für weitere 30 Objekte in den nächsten Tagen vom Bundesheer übernommen werden. Ich glaube, das ist ein wesentlicher Beitrag für die Sicherheit. Man sieht, dass wir da motiviertes, engagiertes und gut ausgebildetes Personal haben, das diese Tätigkeiten im Krisenfall übernehmen kann und unsere Polizisten, unsere Exekutive für andere wichtige Aufgaben freispielen kann.

Ich glaube, genau an dieser Stelle ist es an der Zeit, Danke zu sagen – genau diesen Polizisten, den Soldaten, den vielen, vielen Mitarbeitern im Bereich des Handels, im Bereich des Gesundheitswesens und den vielen weiteren Mitarbeitern, die trotz dieser schweren Zeit, trotz dieser schweren Krise tagtäglich einen großartigen Dienst für unser Land leisten. (Allgemeiner Beifall.)

Diese Leute sind die wahren Helden dieser Zeit. Diese Leute sind es, die Österreich so am Laufen halten, wie es jetzt läuft. Ich glaube aber, mit schönen Worten ist das Ganze nicht getan. Wir müssen, wenn diese Krise überstanden ist, uns auch darüber unterhalten, diese Leute entsprechend zu entschädigen. Ich glaube, auch das haben sich diese Leute verdient. (Beifall bei der FPÖ sowie der Bundesrätin Schumann. – Bundesrat Schennach: ... Zivildiener ...!)

Zusammenfassung: Es sind wohl einzelne juristische Detailmaßnahmen dieses Pakets wichtig und notwendig, aber viel wichtiger ist es, das Vertrauen der Arbeitnehmer, der Unternehmer, der Bevölkerung in die Politik und auch in diese Bundesregierung wieder zurückzugewinnen und mit Taten und niederschwelligen Zuschüssen besonnen und rasch auf diese Krise zu reagieren.

Abschließend darf ich noch folgenden Entschließungsantrag zu TOP 1 einbringen:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einbin­dung der Personalvertretung im Krisenfall“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert durch Erlässe sicherzustellen, dass beabsich­tigte Maßnahmen betreffend den Verbrauch von Alt-Urlaub im Sinne des 2. COVID-19-Gesetzes vor ihrer Durchführung, mit dem Ziel einer Verständigung im Sinne des § 9 Bundes-Personalvertretungsgesetz, rechtzeitig und eingehend mit den Dienst­stel­len­ausschüssen verhandelt werden.“

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Ich glaube, auch bei diesem Entschließungsantrag wäre es wichtig, diesen Schul­terschluss für unsere Beamten, die tagtäglich draußen im Dienst stehen und auch in dieser Zeit Dienst versehen, zu zeigen. – Bleiben Sie gesund! (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der SPÖ.)

12.55

Vizepräsident Michael Wanner: Der Antrag der Bundesräte Markus Leinfellner, Andreas Spanring und weiterer Bundesräte betreffend „Einbindung der Personal­ver­tretung im Krisenfall“ ist eingegangen, genügend unterstützt und steht somit auch in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Adi Gross. Ich erteile es ihm.