13.23

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte Ministerin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 583 000 bestätigte Fäl­le – 583 000! – und 42 733 Tote in Europa: Das ist der Grund, warum wir diese Maß­nahmen ergreifen. Wir dürfen einfach nicht vergessen, dass es nur darum geht, zu ver­hindern, dass es sich weiter ausbreitet. Deswegen sitzen wir da, deswegen arbeiten Menschen in den Ministerien, in den Klubs, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 24 Stunden am Tag, Tag und Nacht, damit wir hier im Parlament diese Gesetze be­schließen können, um die Menschen in Österreich zu schützen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Herr Kollege Rösch, wenn Sie sagen, man sollte nicht so streng sein und einmal schauen, wie die etwas offeneren Länder das gemacht haben, dann kann ich Ihnen et­was sagen – (in Richtung des mit anderen BundesrätInnen sprechenden Bundesrates Rösch) wenn ich mit Ihnen spreche, wären Sie vielleicht so lieb, mir auch zuzuhören, Herr Kollege Rösch?; so viel zum Respekt in diesem Haus (Bundesrat Gfrerer: Zwin­gen kann man aber keinen!) –: In den Niederlanden – ich bin gebürtiger Niederländer, deswegen schaue ich mir die Zahlen dort immer genau an – wurde das am Anfang ein bisschen lockerer gehandhabt. Mein Herkunftsland hat doppelt so viele Einwohner wie Österreich, und dort sterben täglich so viele Menschen wie in Österreich in den letzten drei Wochen. (Bundesrat Rösch: Nur am Virus?)

Das heißt, dass etwas in diesem Land gut gemacht worden ist, weil wir schnell und zügig vorgegangen sind und auch der Bundesrat und der Nationalrat bereit waren, sich innerhalb von zwei Wochen dreimal zu treffen, dadurch den Parlamentarismus hoch­zuhalten und demokratische Grundregeln zu befolgen, die andere europäische Länder über Bord werfen – ja, das muss man auch dazusagen –, um diese Maßnahmen er­greifen und demokratisch beschließen zu können. Darauf bin ich stolz, dass wir das hier tun! (Zwischenruf bei der FPÖ.) Vielen Dank auch allen Abgeordneten aller Par­teien dafür, dass wir das hier machen. Somit bin ich auch froh, dass Sie kritisieren kön­nen, weil das eben gelebte Demokratie, gelebter Parlamentarismus ist. (Beifall bei Grü­nen und ÖVP. – Zwischenruf bei der FPÖ.)

Wir beschließen heute eine ganze Reihe an konkreten Hilfsmaßnahmen für die Men­schen. Eigentlich ist heute noch gar nicht so konkret auf das Gesetzespaket eingegan­gen worden. Viele der Maßnahmen, die wir heute beschließen, sind ganz einfach not­wendig, technisch notwendig, weil es um Fristenläufe und Befristungen geht, die jetzt einfach nicht einhaltbar sind.

Dieses dritte Paket baut aber vor allem Brücken zwischen der Zeit vor der Krise und der Zeit nach der Krise, und das ist unglaublich wichtig. Wir beschließen zum Beispiel eine Hilfe von 30 Millionen Euro für armutsgefährdete Familien. Das halte ich für einen ganz wesentlichen Beschluss, den wir da heute fassen. Wir lassen mit diesen heutigen Beschlüssen – das ist ein Versprechen, das wir geben können – niemanden in dieser Krisenzeit obdachlos werden. Das ist ein ganz wichtiger Beschluss. Wir verhindern De­logierungen, und wir verhindern, dass Menschen, die jetzt Probleme bekommen und sich die Miete nicht leisten können, aus ihrer Wohnung geworfen werden. Wir räumen die Möglichkeit ein, die Miete zu stunden. Das halte ich für einen ganz, ganz wichtigen Beschluss heute.

Der Härtefallfonds wird heute aufgestockt. Da muss ich dazusagen, denn das weiß ich ja: Die Wirtschaftskammer, Herr Kollege, ist ja nicht nur die ÖVP. Ich bin Obmann, noch immer Obmann, und ich bin ein Grüner. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Na bitte!) Auch das gibt es in der Wirtschaftskammer. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Genau!) Wir haben in unserem Bereich bereits sehr vielen Menschen helfen können, und die haben das Geld bereits jetzt auf dem Konto, damit sie sich ihre Miete leisten können. (Vizepräsident Wanner übernimmt den Vorsitz.)

Wir beschließen heute auch einen Coronahilfsfonds im Umfang von 15 Milliarden Euro. Das sagt sich so locker: 15 Milliarden Euro. Das ist eine Riesensumme! Sie erhöht die Liquidität und garantiert Kredite. Das ist eine ungeheure Hilfe für die Unternehmerinnen und Unternehmer in diesem Land. Sie bringt auch Zuschüsse für verlorene Kosten; auch das ist wichtig. Wir sagen diesen Betrieben aber auch: Nein, wenn ihr diese Hilfe in Anspruch nehmen wollt, dann gibt es keine Bonizahlungen, nein, dann gibt es keine Dividendenausschüttungen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Mit einem Missverständnis im Zusammenhang mit dem Epidemiegesetz, das ich heute auch schon gehört habe, möchte ich aufräumen. Das Epidemiegesetz, ein gutes Ge­setz aus dem Jahre 1950, war dafür gedacht, dass man, wenn lokal etwas ausbricht – damals war das sehr oft der Milzbrand –, per Bescheid Firmen zusperrt, und diese be­kommen dann eine Entschädigung. Das war für lokale Ausbrüche zum Beispiel von Milzbrand oder einer Vogelpest auf ein paar Hühnerfarmen gedacht. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist ein Epidemiegesetz und kein Pandemiegesetz, das das gesamte Land - - (Bundesrat Rösch: Man kann sich alles schönreden!) Wenn man das ganze Land zusperrt, hätte man jedem Betrieb extra einen Bescheid ausstellen müssen, denn das steht so im Epidemiegesetz. Das würde die Bürokratie vollkommen lahmlegen, und – das sage ich auch in Richtung Sozialdemokratie – man würde auch Starbucks, H&M, Zara (Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ) und alle entschädigen müssen. Die Re­publik wäre pleite gewesen. Nein, das war schon richtig. Das ist die erste Pandemie seit der Spanischen Grippe, und wir machen das vollkommen richtig so. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Anhaltende Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.)

Wir werden hier bald wieder zusammentreten müssen, weil im Zusammenhang mit NPOs, Vereinen, Ehrenämtern, Sportvereinen und so weiter, auch im Kulturbereich, noch sehr viel gemacht werden wird müssen, und da wird ein nächstes Paket vor der Tür stehen; also ich gehe davon aus, dass wir uns demnächst wieder treffen werden.

Eine weitere ganz wichtige Geschichte, die wir heute beschließen, ist, dass wir Dinge steuerfrei stellen: Wir stellen die Herstellung von Desinfektionsmitteln und die Corona­prämien für alle Menschen, die sich diese verdient haben, steuerfrei. Ebenfalls wichtig: Auch die Zahlungen aus dem Härtefonds stellen wir steuerfrei.

Abschließend möchte ich mich, auch wenn wir das in letzter Zeit oft gemacht haben, noch bei ganz vielen Menschen bedanken. Ich möchte mich bei all den Reinigungs­kräften bedanken, die in diesem Land jetzt noch viel mehr zu reinigen haben. Ich möchte mich bei den Pflegerinnen und Pflegern und auch bei Menschen, die zu Hause ihre Angehörigen betreuen, bedanken. Ich möchte mich aber allen voran auch bei den 24-Stunden-Pflegerinnen und -Pflegern bedanken, bei den Erntehelferinnen und den Erntehelfern, bei den Ordinationshilfen und bei den Homeoffice-WorkerInnen, die gleich­zeitig auch noch Homeschooling mit ihren Kindern machen müssen.

Das sind viele Menschen, überwiegend Frauen. Viele dieser Menschen sind nach Ös­terreich zugewandert, sei es vor Kurzem oder vor Langem. Jetzt kommen wir drauf, was diese Menschen alles machen, dass wir diese Menschen brauchen, dass sie un­sere Republik mitschultern. Bei diesen Menschen sollten wir uns auch einmal ganz herzlich bedanken! (Allgemeiner Beifall.)

Warum müssen wir uns bei diesen Menschen bedanken?  Weil sie genauso wie wir alle dafür sorgen, die berühmte Kurve abzuflachen. Darum geht’s, wir müssen diese Kurve abflachen. Die Zahlen, die wir jetzt haben, schauen gut aus. Unsere Maßnah­men, die wir ergriffen haben, zeigen Wirkung; oder, wie es Minister Anschober ausge­drückt hat, es gibt ein Licht am Ende des Tunnels. – Wir sind aber immer noch im Tunnel. Wir müssen weiter zusammenhalten, wir müssen weiter durchhalten, und dann schaffen wir das, alle gemeinsam.  Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

13.32

Vizepräsident Michael Wanner: Als Nächster gelangt Bundesrat Mag. Reinhard Pisec zu Wort. Ich erteile es ihm.