13.32

Bundesrat Mag. Reinhard Pisec, BA MA (FPÖ, Wien): Sehr geehrte Fernsehzu­seher! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Herr Kollege Schreuder, Sie haben sich offensichtlich mit diesem Epidemiegesetz nie auseinandergesetzt – müssen Sie auch nicht, denn Sie haben es ja ausgehebelt. Dieses Gesetz hat aber über 50 Paragraphen, und es sind über 40 Krankheiten darin genannt, inklusive der Pest, und das noch 1950, denn die­ses Gesetz von 1950 stammt aus dem Jahre 1913.

Schon damals wurde dieses Gesetz in vorausschauender Weisheit und mit Weitsicht für die gesamte österreichische Wirtschaft eingeführt, und 1950 wurde von Bundes­kanzler Figl – der sich heute im Grab umdrehen würde, wenn er wüsste, was ihr da mit seinem Gesetz gemacht habt – vorausgesehen, dass dieses Gesetz gerade in einem Fall wie dem jetzt eintretenden die österreichische Unternehmenslandschaft sehr wohl stützen würde. Es hätte ihr helfen können, diese Zeit des globalen Shutdowns, der glo­balen Schließung, wie lang auch immer sie dauern wird, zu übertauchen und wieder auf die Beine zu kommen. Das hätte dieses Epidemiegesetz vorgesehen, und das ha­ben Sie mit einem Federstrich außer Kraft gesetzt.

Im März 2020 hat dieses Gesetz noch existiert. Es wurde auch daran gearbeitet, mit über 13 Novellen bis März 2020. Das war Ihnen aber nicht genug, denn jetzt wäre es schlagend geworden. Das wollten Sie für die österreichische Wirtschaft aber nicht, und das werfe ich Ihnen grundsätzlich vor. Den Virus wollen wir alle bekämpfen, da sind wir sicherlich geschlossen, aber die Komplexität und die Auswirkungen auf die österrei­chische Wirtschaft, auf die KMUs – von denen lebt ja die österreichische Wirtschaft – haben Sie nicht bedacht oder viel zu wenig zu Ende gedacht. (Beifall bei FPÖ und SPÖ.)

Ein Drittel der hundert Gesetze, die wir heute beschließen, hätten Sie sich mit diesem Epidemiegesetz sparen können. Alles war beziehungsweise ist darin noch immer wun­derbar geregelt, etwa die Ermittlung des Verdienstentganges. Stattdessen werden jetzt massenhaft Formulare über die Wirtschaftskammer produziert, die erst eingereicht werden müssen, wobei man ein Fachwissen braucht, um sie überhaupt ausfüllen zu können  die Steuerberater können das gar nicht.

Geregelt ist in diesem jetzt für obsolet erklärten Epidemiegesetz, dass für Dienstneh­mer aus der Datenbank der Österreichischen Gesundheitskasse der Verdienstentgang festgestellt werden kann, weil jeder Bezug dort jetzt schon gespeichert ist. Weiters ist darin geregelt, dass der Verdienstentgang für Unternehmer aus der Datenbank des Fi­nanzministeriums festgestellt werden kann, weil die Umsätze laut Steuererklärung ge­nau dort gespeichert sind.

Das hätte man sofort umsetzen können. Da hätte man sich diese Formulare sparen können, die man ausfüllen muss, um diese Kurzarbeit zu beantragen. Diese Formulare sind 14 Seiten lang, habe ich gehört – also da tut mir die Unternehmerschaft, da tun mir unsere österreichischen Unternehmer wirklich leid.

Was steht denn jetzt in diesem Notfallpaket eigentlich drinnen?  Ja, natürlich, ein Un­ternehmer braucht Finanzen, braucht Geld, damit er seine Wirtschaft, seine Betriebs­stätte laufen lassen kann, damit er sein Geschäftsmodell realisieren kann. Sie geste­hen ihm schon Zuschüsse zu, klar – das müssen Sie ja auch, sonst ist es ja überhaupt jetzt schon zu Ende –, aber wann bekommt man diese Zuschüsse als Unternehmer?  Erst nach Ende des Wirtschaftsjahres und nach Bestätigung eines Vermerks des Steu­erberaters werden diese Zuschüsse bezahlt – vielleicht, denn eine Rechtspflicht gibt es nicht mehr. Mit dem Epidemiegesetz wurde diese Rechtsverpflichtung außer Kraft ge­setzt, das ist eine Goodwill-Aktion des Bundeskanzlers, ich würde sagen, ein Gnaden­akt des Herrschers: Zahlt er aus? Zahlt er nicht aus?  Aber wenn überhaupt, dann 2021.

Das heißt, die müssen vom 16. März, Beginn des Shutdowns, bis 2021 die Finanzie­rung, die gesamten Kosten, die gesamten Aufwendungen, die gesamten Löhne und Gehälter selber tragen, obwohl null Umsätze da sind. Die Geschäfte haben geschlos­sen! 75 Prozent der österreichischen Verkaufsfläche stehen still, sind ruhend, circa zwei Drittel aller Büroflächen, Arbeitsstätten stehen still, sind ruhend, da tut sich über­haupt nichts! Ich bin gespannt, wie lange wir alle das noch aushalten, also das würde mich wirklich interessieren.

Die gleichgeschalteten österreichischen Medien interessieren mich relativ wenig. Da lese ich lieber die internationalen Zeitungen oder zum Beispiel den Bericht vom Ifo Institut in München, das mit seiner Analyse zu wesentlich anderen Ergebnissen kommt als zum Beispiel das gleichgeschaltete Wirtschaftsforschungsinstitut hier in Österreich: Minus 6,6 Prozent des BIP allein pro Monat des Shutdowns – 6,6 Prozent des BIP!

Wenn Sie im Mai noch ein Monat anhängen, gibt es wieder 6,6 Prozent Verlust, noch ein Monat – wieder 6,6 Prozent. Also auf dieses Ergebnis, auf diese unheimlich große Staatsverschuldung bin ich gespannt, und – mein Kollege Rösch hat das richtig an­gesprochen – wie sich die Währung, das Desaster des Euros weiterentwickeln wird, das schau ich mir dann auch an. Dass wir, Österreich, mitmachen, das ist eigentlich das Tragische dabei.

330 000 Unternehmen hat Österreich. 10 Prozent davon werden laut Analysen – aber nicht aus Österreich, sondern aus anderen Quellen – diesen Shutdown nicht überle­ben. Das sind 30 000 Insolvenzen, Konkurse, Stilllegungen. Innerhalb von zwei Wo­chen wurden über 150 000 Arbeitslose produziert und 250 000 Menschen wurden auf Kurzarbeit umgestellt. In diesem Tempo geht es weiter, wenn dieser Shutdown nicht gelockert wird.

Die Finanzierung ist die große Frage. Der Kredit kostet ja übrigens nicht 1 Prozent, wie gesagt, sondern 3 Prozent. 1 Prozent machen die Kreditgebühren, die Zinsen aus, 2 Prozent macht die Staatshaftung aus. Zu 90 Prozent haftet die Republik Österreich. In der Schweiz sind es zum Beispiel 100 Prozent, also auch da gibt es schon eine Schieflage.

Zu den Masken: Natürlich ist man als Unternehmer mit seinen Mitarbeitern daran inter­essiert, das Geschäftsmodell irgendwie fortsetzen zu können; den Virus wollen wir, wie gesagt, alle bekämpfen. Im Zusammenhang mit diesen Masken mache ich Ihnen auch einen Vorwurf. Ich zum Beispiel habe eine andere Maske als Sie, Herr Minister, und auch Sie, Frau Ministerin. Auf Ihren Masken steht sicher made in China, denn in Öster­reich gibt es gar keine Maskenproduktion. Das wurde alles nach China ausgelagert.

Meine ist nicht made in China. Ich habe sie mir schon Ende Jänner gekauft, denn mir als Unternehmer war schon klar, was da kommen würde. Es ist nicht die erste Epi­demie aus China. Es ist nicht die zweite oder dritte Epidemie in diesen Ländern, die haben damit Erfahrung; wenn dort etwas passiert, tragen die sofort Masken.

Das mache ich Ihnen zum Vorwurf, vor allem dem Gesundheitsminister Anschober, der bis vor wenigen Tagen noch gesagt hat, Masken sind eh sinnlos, wer braucht diese Masken.  Ja wie soll es denn weitergehen ohne Masken? Indem man den Shutdown bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag verlängert? – Das ist ein Ding der Unmöglichkeit und überhaupt ein Das-Ganze-gegen-die-Wand-Fahren!

Daher mein Vorwurf an diese Bundesregierung: Sie haben sich um diese Masken überhaupt nicht gekümmert! Mich als Unternehmer ereilte am 31. März, also vor weni­gen Tagen, ein Aufruf seitens der Bundesministerin für Wirtschaft, die Industrie möge doch in ihrer Zauberkiste nachsehen, ob sie die Beschaffung oder die Produktion von Masken gewährleisten, sicherstellen und diese liefern kann – am 31. März erst! Ich als Unternehmer habe mir das schon Ende Jänner geholt.

Ja wo leben Sie denn? Haben Sie überhaupt ein Krisenmanagement hier im Haus? Oder was machen Sie überhaupt?! Sie haben die Betriebe am 16. März geschlossen und sich dann zurückgelehnt. Was passiert jetzt? Was passiert jetzt? Wie sollen diese Unternehmer überleben? – Es ist ein Ding der Unmöglichkeit, das muss man der Wirt­schaftspartei ÖVP einmal sagen. So läuft der Hase nicht! (Beifall bei der FPÖ.)

Kümmern Sie sich um eine Finanzierung! Kümmern Sie sich darum, dass Masken ver­fügbar werden! Die sind ja heute noch nicht verfügbar! Bitte gehen Sie in ein Geschäft, jetzt am Samstag, wenn Sie überhaupt ein offenes finden, versuchen Sie, eine Maske zu kaufen – in der Apotheke, wo auch immer –, Sie werden keine bekommen! Das ist ein absolutes Versäumnis der Bundesregierung.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein – er wurde verteilt, daher darf ich dies in Kürze erläutern –:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Mag. Reinhard Pisec, BA MA, Kolleginnen und Kollegen betref­fend „‚Reparaturpaket Wirtschaft‘ zur Bewältigung der COVID-19-Krise“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die erforderlichen Schritte im Sinne der Um­setzung eines Wirtschaftsreparaturpakets zu setzen, das geeignet ist, jenen Privatper­sonen sowie Wirtschaftstreibenden, die von der COVID-19-Krise massiv bzw. existen­tiell betroffen sind, unmittelbar, sofort und in ausreichendem Ausmaß zu helfen.“

Ich darf kurz zwei, drei Punkte erwähnen. Erstens: der volle „Entschädigungsanspruch für alle Betriebe, die durch das Betretungsverbot betroffen sind, in jener Höhe“, die auf Grundlage des Epidemiegesetzes erstattet worden wäre.

Zweitens: die „Sofortige [...] Akontozahlung durch die Finanzämter [...], die sämtliche Kosten [...] abdeckt.“ – Man muss dem Finanzminister zugutehalten, dass er als Einzi­ger dieser gesamten Bundesregierung wirklich gut reagiert hat und innerhalb von zwei Tagen die Stundung ermöglicht hat, damit die Liquidität in den Firmen erhalten bleiben kann. Das ist das Einzige, von dem ich Ihnen sagen kann: Das haben Sie gut gemacht!

Drittens: „Eine umgehende Erhöhung des Arbeitslosengeldes“ und „Verpflichtung für alle Banken auf spesen- und zinsenfreie Stundung von bis zu 12 Kreditraten“.

*****

Eine kurze Bemerkung zu Wien, dafür bin ich ja schon bekannt: Dass die Stadtre­gierung in Wien zu Recht die Öffnung der geschlossenen Parkanlagen des Bundes fordert, ist ein guter Ansatz und natürlich eine Notwendigkeit, damit die jetzt zu Hause gehaltenen Bürgerinnen und Bürger sich im öffentlichen Raum bewegen können, vor allem im grünen Raum.

Aber wer hat denn in Wien diese Verdichtung, diese Verbetonierung, diese gläserne Hochhausphilosophie überhaupt geschaffen? Das Thema war immer Verdichten, es hieß: Verdichten wir, verdichten wir! Der Grünraum wurde kleiner, kleiner und kleiner. Heute stehen Sie vor Ihrem eigenen Hoppala und sehen, dass es so nicht weitergeht.

Daher meine Hoffnung, dass die Stadtregierung in Wien endlich erkennen möge, dass diese konzeptionelle Stadtarchitektur einfach der falsche Weg ist. Denken Sie um, be­vor es zu spät ist! Schaffen Sie Grünraum für unsere Bewohner und Bewohnerinnen und verkaufen Sie nicht jeden Quadratmeter an irgendwelche Profithaie! (Beifall bei der FPÖ.)

Damit bin ich schon am Ende meiner Ausführungen. Geschätzte Unternehmerinnen, Unternehmer und deren Mitarbeiter – die Leidtragenden –, hoffen wir, dass sich diese Bundesregierung endlich eines Besseren besinnt! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.44

Vizepräsident Michael Wanner: Der von den Bundesräten Mag. Reinhard Pisec, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „‚Reparatur­paket Wirtschaft‘ zur Bewältigung der COVID-19-Krise“ ist ausreichend unterstützt, wird gemäß § 43 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Bundesrates verteilt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Andrea Holzner. Ich erteile es ihr.