14.22

Bundesrätin Mag. Christine Schwarz-Fuchs (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschau­erin­nen und Zuschauer vor den Bildschirmen! Die Coronakrise hat wie kein anderes Ereignis seit dem Zweiten Weltkrieg unser Leben beeinflusst und nachhaltig verändert. Sie hat uns sowohl gesundheitlich als auch gesellschaftlich und wirtschaftlich vor enor­me Herausforderungen gestellt und tut es noch immer. Covid-19 hat uns vor Augen geführt, wie anfällig unsere Lebensweise gegenüber bestimmten Ereignissen sein kann.

Die Coronakrise hat uns aber auch gezeigt, dass derart drastische Situationen entschiedenes Handeln erfordern – sei es das Aussetzen ganzer Wirtschaftsbereiche, die Ausgangsbeschränkungen, die Grenzschließungen oder der inzwischen allgegen­wärtige Mund-Nasen-Schutz. In solchen Situationen ist ein schnelles Handeln der Entscheidungsträger und das Setzen der richtigen Maßnahmen wichtig. Inzwischen gibt es zum Glück immer mehr Genesene, und die Zahlen der Neuinfektionen nehmen wieder ab, was zu einer spürbaren Entlastung des Gesundheitssystems beiträgt und wohl der beste Beweis dafür ist, dass die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus Wirkung gezeigt haben.

Das Ausmaß des wirtschaftlichen Schadens aber, den unser Land durch diese Krise erleiden wird, ist noch gar nicht abschätzbar. Die bereits beschlossenen Lockerungen der Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus sind ein wichtiger und richtiger Schritt, um den Menschen wieder ein Stück Normalität zurückzugeben und der Wirt­schaft einen dringend benötigten Schub zur Revitalisierung zu geben.

Die Auswirkungen der Coronakrise auf die Wirtschaft sind enorm. Mit dem heutigen Tag sind in Österreich rund 1,2 Millionen Menschen in Kurzarbeit, dazu kommt die höchste Arbeitslosigkeit seit 1946. Die Auftragslage vieler Firmen ist schlecht, viele Unternehmer sind ratlos, wie es weitergehen soll. Als Geschäftsführerin eines mittel­ständischen Unternehmens kann ich aus eigener Erfahrung ein Lied davon singen, welche bedeutenden Einschnitte diese Krise für Arbeitnehmer und Arbeitgeber ge­bracht hat.

Ich habe in den letzten Wochen viele Anrufe und E-Mails von verzweifelten Unter­nehmern erhalten. Sie haben große Sorgen, viele berichten über schlaflose Nächte. (Bundesrat Steiner: Wegen eurer Maßnahmen!) Die Unternehmen haben nicht nur Sorgen, was die Zukunft angeht, sondern sie sind aktuell auch sehr gefordert, um diese Krisenzeit zu meistern, sei es durch das Organisieren von Kurzarbeit, das Überbrücken von Liquiditätsengpässen, das Organisieren von Homeofficearbeits­plät­zen für ihre Mitarbeiter – dort, wo es möglich ist –, oder sei es durch den büro­kra­tischen Aufwand im Zusammenhang mit den Anträgen für die Covid-19-Hilfspakete für Unternehmen. Hinzu kommen eventuell noch Mitarbeiter, die unter Quarantäne gestellt wurden, sowie Mitarbeiter, die aufgrund bestimmter Vorerkrankungen zu einer der sogenannten Risikogruppen gehören und die unter Umständen zu ihrem eigenen Schutz zu Hause bleiben sollten, das heißt, die nicht zur Arbeit erscheinen können.

Die gegenständliche Vorlage zur Abänderung des ASVG und weiterer Gesetze betref­fend die Risikogruppen stellt aus diesem Grunde eine weitere notwendige und unter­stützenswerte Maßnahme dar. Mit dieser Vorlage wird der Schutz betroffener Arbeit­nehmer aus Risikogruppen gestärkt, und zudem schafft die Vorlage Rechtssicherheit für die Arbeitgeber.

Zunächst muss festgestellt werden, welche Arbeitnehmer zu einer Risikogruppe ge­hören. Dies kann über ein Informationsschreiben durch den Dachverband der Sozial­versicherungsträger geschehen, es können aber Betroffene von sich aus aktiv werden und gleich eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen, die oder der ihnen bei Erfüllen der entsprechenden Parameter ein Covid-19-Risikoattest ausstellen kann.

Wurde eine Gefährdung festgestellt, so können in Abstimmung mit dem Arbeitgeber jeweils individuelle Lösungen für die betroffene Person gesucht werden. Dies kann je nach Möglichkeit eine Anpassung des Arbeitsplatzes oder ein Umstieg auf Homeoffice sein. Sofern diese Lösungen nicht möglich sind, erfolgt eine Dienstfreistellung. Diese Möglichkeiten entlasten beide Seiten ganz wesentlich, denn die Gesundheit der Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer kann in einem zufriedenstellenden Maße geschützt werden und die Betroffenen erhalten im Falle einer Dienstfreistellung weiterhin die volle Entlohnung. Andererseits bekommen die Arbeitgeber die gesamten Kosten inklusive anteiliger Sonderzahlungen und sämtliche Lohnnebenkosten durch den zuständigen Krankenversicherungsträger ersetzt. So werden im Endeffekt Menschen und Arbeits­plätze geschützt, wovon alle profitieren.

Ein wesentlicher Aspekt ist dabei die gesamthafte Erfassung der Risikogruppen, das heißt, auch die Erfassung geringfügig Beschäftigter und solcher im Bereich der kriti­schen Infrastruktur. Diese werden – jetzt neu – auch vom gesetzlichen Schutz erfasst. Diese bisher in den gesetzlichen Grundlagen bestehende Lücke wird durch die gegen­ständliche Vorlage geschlossen.

Weiters ist begrüßenswert, dass es keine Verpflichtung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gibt, sich vom behandelnden Arzt ein Covid-19-Risikoattest ausstellen zu lassen, auch wenn diese Atteste ohne Angabe von Diagnosen möglich sind, denn im Vordergrund steht natürlich der mündige Bürger, der – außer zum Beispiel durch die in den Gesetzen betreffend Seuchenschutz geregelte Meldepflicht für ansteckende Krankheiten bei einer konkreten Gefährdung – nicht verpflichtet werden kann und auch nicht verpflichtet werden soll, seinem Arbeitgeber Auskunft über seinen Gesund­heits­zustand zu geben. So besteht für jeden die Möglichkeit, Gebrauch von dieser Rege­lung zu machen, es wird aber niemand dazu gezwungen.

Das Coronavirus und die damit verbundenen Auswirkungen werden uns wohl noch länger beschäftigen. So warnen zum Beispiel renommierte Virologen davor, zu schnell zu viele Lockerungen der Maßnahmen vorzunehmen, da sonst wieder ein Neuanstieg der Infektionen zu befürchten sei.

Entsprechend wird auch vor einer möglichen zweiten Erkrankungswelle im Herbst und im Winter gewarnt. Die Regelung zum Umgang mit Risikogruppen am Arbeitsplatz ist somit eine sehr wichtige Regelung, und gerade darum ist es von großer Wichtigkeit, über solch eine vernünftige und ausgeglichene Regelung zu verfügen, wie sie gerade beschlossen werden soll.

Aufgrund der gegenständlichen Vorlage soll außerdem die Möglichkeit der Mitver­siche­rung in der Krankenversicherung als anspruchsberechtigter Angehöriger im ASVG und in den Sondergesetzen sowie die Waisenpension befristet für die Zeit der Covid-19-Pandemie über das 27. Lebensjahr hinaus gewahrt bleiben.

Ebenso soll die Nichtentrichtung von Beiträgen zur studentischen Selbstversicherung für die Zeiten der Covid-19-Pandemie in Bezug auf die Krankenversicherung zu keinen Konsequenzen führen und der Versicherungsschutz über die Dauer der Covid-Krise verlängert werden.

Aus all diesen Gründen unterstütze ich diesen Antrag.

In diesem Bundesgesetz wird sowohl auf die Bedürfnisse der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber Rücksicht genommen. Die Arbeitnehmer, die der Risikogruppe ange­hören, bekommen den Schutz, den sie benötigen, ohne sich um ihre finanzielle Ab­sicherung oder ihren Arbeitsplatz sorgen zu müssen. Die Arbeitgeber können hingegen von der Rechtssicherheit profitieren, die dieses Gesetz betreffend die Kostenüber­nahme bietet. Sie müssen keine zusätzlichen finanziellen Belastungen auf sich neh­men und werden so in diesen herausfordernden Zeiten etwas entlastet. Daher ist diese Regelung im Sinne aller Beteiligten. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

14.30

Präsident Robert Seeber: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ingo Appé. Ich erteile ihm dieses.