17.46

Bundesrat MMag. Dr. Michael Schilchegger (FPÖ, Oberösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren! (Der Redner stellt eine Tafel auf das Red­nerpult, auf der vor rot-weiß-rotem Hintergrund in weißer Schrift „Allianz gegen Corona­wahnsinn.at – Jetzt reicht’s!“ zu lesen ist und drei Coronaviren symbolisch abgebildet sind. – Zwischenruf bei der ÖVP.) Sie sehen schon, die Freiheitlichen haben heute den Tag der Taferl ausgerufen. Ich darf das kurz erklären, weil das sonst ja wieder zu Miss­verständnissen führt. Ich spreche da insbesondere Sie an, Herr Kollege Buchmann, denn Sie haben gesagt, dass die Menschen kein Verständnis für die Art von Politik haben, wie sie die Freiheitlichen betreiben. Und jetzt schreiben wir auf das Taferl schon wieder das, was unserer Meinung nach die derzeitige Situation ist, nämlich Coronawahnsinn. Das Wort haben wir bewusst plakativ gewählt. Man kann eine Kritik oft, wenn man den Kern zusammenfassen will, mit nur einem Wort ausdrücken, und ich komme in meiner Rede noch dazu, warum es aus unserer Sicht ein Wahnsinn ist.

Wenn Sie schon sagen, die Menschen haben kein Verständnis dafür, dass wir Frei­heitliche Kritik an der Regierungspolitik üben, dann muss ich Ihnen dazu aber schon sagen: Sie können vielleicht die Medien dazu erziehen, dass sie Hofberichterstattung betreiben, uns Freiheitlichen aber und auch den anderen Oppositionsparteien muss es schon möglich sein, im Hohen Haus Kritik am Vorgehen der Regierung zu üben (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der SPÖ), und vor allem, meine Damen und Herren – das für alle, die sich dafür interessieren und das vor dem Fernseher verfol­gen –, für eine andere Linie zu werben, darzustellen und klarzustellen, wie es die Frei­heitlichen gemacht hätten, wenn sie die Regierungsverantwortung gehabt hätten.

Sie können mit Ihrer Regierungsmehrheit ohnehin das tun, was Sie für richtig halten. Unsere Aufgabe als Opposition ist es, zu sagen, was wir anders gemacht hätten. Wir sind keine Lebensgefährder – wir sind ja nicht naiv. Wir waren für den Lockdown, das kann man ja auch alles nachlesen, das ist keine Behauptung im Nachhinein. Vom Jänner weg haben wir Freiheitlichen als eine der ersten Fraktionen, wenn nicht über­haupt als einzige Fraktion gesagt: Man muss diesen Virus, der aus dem Ausland gekommen ist, ernst nehmen, man muss sich Grenzschließungen überlegen, man muss schauen, dass die Grenzen dichtgemacht werden, womöglich den Virus damit aus dem Land draußen halten; und wenn man das nicht schafft, dann wären wir natürlich auch für den Lockdown gewesen. Ab einem gewissen Grad ist es ja sonst nicht mehr möglich, den Virus einzudämmen.

Das stellt ja auch überhaupt niemand infrage, das meinen wir nicht mit Corona­wah­nsinn. – Wenn Sie das an uns kritisieren, wenn Sie kritisieren, dass das unsere Linie wäre, dann hauen Sie damit einen Strohmann. Sie bauen einen Strohmann auf und hauen dann diesen. Das ist ja nicht das, was wir vertreten. – Das einmal zur Klar­stellung. Der Lockdown war ursprünglich schon richtig.

Sie sind aber einfach Spätzünder – man muss es auch wieder so plakativ sagen. Schon vor zwei Wochen hätte man den Menschen und der Wirtschaft die Sicherheit geben müssen, die sie brauchen. Wir haben von Planung, Sicherheit und Zukunfts­perspektiven, die es noch immer nicht gibt, schon sehr viel gehört.

Wir haben auch andere Dinge kritisiert. Das kann man alles nachlesen. Wir haben Abänderungsanträge gestellt, mit denen klargestellt wäre, dass das Epidemiegesetz weiterhin die Grundlage sein soll. Man kann ja darüber reden, dass man dann den Entschädigungsanspruch der Höhe nach begrenzt. Wenn Sie sich erinnern können, ich habe bereits an genau jenem Tag, an dem wir gemeinsam das erste Gesetz, das COVID-19-Maßnahmengesetz beschlossen haben, angesprochen, dass das der rich­tige Weg gewesen wäre. Sie haben gesagt: Nein, das machen wir alles über Förde­rungen! – Ich habe gesagt, das ist viel zu bürokratisch. Genau das ist passiert, genau das, was wir kritisiert haben, wovor wir gewarnt haben, ist eingetreten, nämlich dass durch die Überbürokratie, die die Politik der ÖVP ist, jetzt eine Situation eintritt, in der die Unternehmer im Stich gelassen wurden – und dann braucht man sich auch über die hohe Zahl an Arbeitslosen nicht mehr zu wundern. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben jetzt den 1. Mai. Es ist also schon einige Zeit her, seit diese Maßnahmen das erste Mal beschlossen wurden, seit der Lockdown veranlasst wurde. Das müssten jetzt schon mehr als acht Wochen gewesen sein – seit 15. März war es im Wesent­lichen. Jetzt sagen wir Freiheitlichen: Wir wollen die Maßnahmen nicht generell auf­he­ben, sondern sie einfach einmal auf das wirklich Notwendige beschränken, um Öster­reich wieder zu entfesseln, um den Menschen – und das klingt wie eine Plattitüde, aber das ist einfach die Wahrheit – wieder die Zukunftsperspektiven zu geben. Man soll sie nicht gängeln, sondern jetzt klarlegen, wann es wieder weitergehen kann, und das mit so behutsamen Eingriffen wie möglich.

Abstandsregelungen sind ja okay, das haben wir schon gehört. Hygienemaßnahmen kann man empfehlen, das ist überhaupt keine Frage. Das Allerallerwichtigste ist aber, dass die Unternehmen wieder investieren können, Arbeitnehmerinnen und Arbeiter­nehmer aus der Kurzarbeit zurückholen und sie wieder einstellen können und dass sie wieder die Zuversicht haben, neue Arbeitsplätze zu schaffen. Was hindert sie daran? – Ich kann das, was mein Vorredner von der SPÖ, Kollege Wanner, gesagt hat, fast zu 100 Prozent unterstreichen, denn das sind auch unsere Kritikpunkte. Das Einzige, bei dem ich nicht ganz bei der SPÖ bin – und das betrifft ja das Thema der heutigen Dringlichen Anfrage –, ist, dass ich die Hauptverantwortung oder Zuständigkeit nicht bei der Frau Bundesministerin für Arbeit sehe, die ja nichts anderes tun kann, als den Sachverhalt festzustellen und die Zahlen zu liefern, die sie angefragt haben.

Was also soll man denn tun? – Man muss als Politik doch zur Kenntnis nehmen, dass nicht der Staat die Arbeitsplätze schafft – wir sind ja nicht im Kommunismus –, sondern dass die Wirtschaft die Arbeitsplätze schafft, das ist vor allem das private Unterneh­mertum. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn Sie anfragen, welche Qualifikationsmaßnahmen und Schulungsmaßnahmen ge­plant sind, dann ist das natürlich für die Statistik und für das Wissen interessant. Ich sage ja auch gar nicht, dass jede Schulung vollkommen überflüssig ist, das sage ich nicht, aber sie geht einfach am Ziel vorbei, da es ja völlig unmöglich ist, ohne Arbeits­plätze, die in so einer hohen und gravierenden Zahl verloren gehen, einen Arbeit­neh­mer so weiter zu qualifizieren, dass er auf jeden Fall wieder einen Job bekommt. Wo soll denn der Job herkommen? Der Arbeitsplatz ist ja weg. Genau das ist die Situation. Dagegen kann auch eine Arbeitsministerin nichts tun und daran nichts ändern. Wenn man sich die Frage stellt, was denn die Ursache ist, können Sie sagen: Na ja, die Coronakrise. – Ja, das ist der Spin der Bundesregierung. Die Coronakrise ist schuld, dass wir jetzt so viele Arbeitslose haben. Das ist aber nur die mittelbare Ursache, meine Damen und Herren.

Die unmittelbare Ursache, warum das Land jetzt nicht wieder aufsperrt und die Dinge wieder normal in Gang kommen – und da schaue ich jetzt eher in Ihre Richtung, Herr Bundesminister –, ist die COVID-19-Lockerungsverordnung, die seit 1. Mai gilt.

Sie ersetzen damit die bisherigen Verordnungen – nur dass man das juristisch auch noch einmal klärt. Sie nennen das COVID-19-Lockerungsverordnung und regeln darin alle möglichen Verbote. Sie schränken damit das wirtschaftliche Leben so ein, dass ein normales Leben weder für die Österreicher, weder für die Arbeitnehmer noch für die Unternehmer möglich ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich gebe Ihnen kurz ein Beispiel. Das ist, glaube ich, der Kern. Die Anfrage der SPÖ betrifft Symptome, betrifft die Fragen: Wie können wir mit dem Symptom der Arbeits­losigkeit umgehen? (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) Wie können wir die Arbeitslosigkeit verwalten? (Bundesrätin Schumann: Na, net verwalten!)

Die Ursache ist etwas anderes. Die Ursache ist das, was Sie Lockerungsverordnung nennen, Herr Bundesminister. Sie haben den Gastronomen nach wie vor durch diese Lockerungsverordnung verboten, ihre Gastronomiestätten wieder aufzusperren. Sie schreiben: Das gilt bis 30. Juni. – Jetzt haben Sie in der Pressekonferenz gesagt: Na gut, das kommt noch. – Ja, das kommt noch. – Bitte, es ist jetzt anderthalb Monate her, dass Sie die Regelungen hätten vorbereiten können, die jetzt in der Verordnung schon nachzulesen sind. Man kann ja schreiben, das tritt erst später in Kraft. Das kann man ja schreiben, das tritt erst zwei Wochen später in Kraft. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Anschober.) Man hätte aber jetzt den Gastronomen die Rechts- und Planungssicherheit geben können, wie genau sie denn ihre Gaststätte vorbereiten müssen, damit sie all diese Maßnahmen auch tatsächlich sicherstellen können. Es geht um Kleinigkeiten wie beispielsweise Desinfektionsmittel in den Waschräumen oder Ant­worten dahin gehend, ob man einen Salzstreuer auf den Tisch stellen darf – diese Dinge.

Das sind alles kleine Dinge, die können Sie nicht auf einer Pressekonferenz verkün­den, und Sie können nicht davon ausgehen, dass sich die Menschen daran orientieren. Die Menschen wollen sich gerne wieder – und das haben wir eigentlich in einem Rechtsstaat gelernt – an der Rechtsordnung orientieren, an Gesetzen, an Verord­nungen. Diese müssen rechtzeitig erlassen werden und nicht 1 Minute vor Mitternacht, vor Inkrafttreten, Herr Bundesminister. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich möchte bei der Lockungsverordnung bleiben, weil sie aus meiner Sicht die Ursache für die grassierende Arbeitslosigkeit ist. (Ruf: ... seit 1. Mai!) Ich werfe Ihnen wirklich vor, Herr Bundesminister, dass Sie die Österreicherinnen und Österreicher behandeln, als wären sie Volksschüler. Sie waren eindeutig zu lange in Ihrem früheren Beruf; man merkt in Ihrer ganzen Politik, dass Sie die Menschen wie Volksschüler behandeln. (Heiter­keit und Beifall bei der FPÖ. – Zwischenbemerkung von Bundesminister Anschober.)

Die Menschen fragen sich ganz einfache Dinge. Die Menschen fragen sich: Was darf ich tun und was nicht? – Sie schaffen es nicht, den Menschen das Richtige zu erzäh­len, und Sie schaffen es dabei auch nicht, die Regeln klar zu definieren und sie ihnen klar zu erläutern. Die Menschen stellen ganz einfache Fragen. Ich mache jetzt ein Beispiel, bitte nehmen Sie den Kern wörtlich und nicht die Form. Ich nehme jetzt eine typische Österreicherin, 17 Jahre alt, sie fragt ihre Tante, beispielsweise die Frau Arbeitsministerin: Ich möchte endlich gerne wieder arbeiten gehen und Geld verdienen. Die Antwort ist – und ich verstehe auch warum –: Ich kann dir das leider nicht ver­sprechen. Woher sollen denn die Arbeitsplätze kommen? Ich kann dir das nicht ver­sprechen, aber ich kann dir etwas mehr Arbeitslosengeld anbieten, ich kann dir eine verlängerte Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes anbieten. Ich kann dir einige Schu­lungen anbieten, aber ich kann dir keinen Arbeitsplatz versprechen. Das ist die Wahr­heit.

Frau Österreicherin resigniert, weiß, dass alles wegen Corona schwierig ist, hat auch Verständnis und fragt jetzt ihre Eltern. Papa Rudi, Papa Sebastian, darf ich wenigstens mit meinen Freunden in ein Kaffeehaus gehen? Antwort – das ist geltende Rechtslage, bitte! –: Nein, § 6 Lockerungsverordnung, vielleicht in zwei Wochen unter bestimmten Bedingungen, aber die wissen wir noch nicht, die kommen vielleicht in zwei Wochen. –Frau Österreicherin fragt: Darf ich mich wenigstens mit meinen Freunden im Skatepark treffen? Wir halten auch einen Babyelefanten Abstand. – Die Antwort: Nein, das ist eine öffentliche Sportstätte, das geht gar nicht, § 8 Lockerungsverordnung. – Die Frage: Was ist mit der freien Parkfläche und dem Spielplatz gleich daneben? Dürfen wir uns dort treffen? – Antwort: Nein, generell darfst du Einrichtungen, die der Unter­haltung, der Belustigung oder der Erholung dienen, gar nicht betreten. Darunter fallen beispielsweise Freizeitparks. – Frau Österreicherin sagt und wendet ein: Aber das ist doch gar kein Freizeitpark, das ist ein ganz gewöhnlicher Park. – Die Antwort ist – und das ist genau der Punkt –: Das werden sich dann die Behörden von Fall zu Fall über­legen. (Heiterkeit bei BundesrätInnen der FPÖ.)

Onkel Werner ergänzt noch: Wir sind ja keine Detailminister für alles und jedes, also: Betreten auf eigene Gefahr! Den Rechtsanwalt für den Einspruch zahlen wir dir sicher nicht. (Beifall bei der FPÖ.)

Frau Österreicherin sagt dann: Dann darf ich doch wenigstens meine Freunde zu uns in den Garten einladen? – Sie wollen aber gar nicht, dass sich jemand privat trifft. Das scheint Ihnen zu gefährlich zu sein. Sie wissen bereits seit dem Ostererlass, dass das ein heikles Thema ist, und sagen daher in der Verordnung: Zusammenkünfte mit mehr als zehn Personen sind untersagt. Das gilt nicht für den privaten Wohnbereich. Ob auch unser Garten darunter fällt, sage ich dir nicht. (Heiterkeit bei BundesrätInnen der FPÖ.) Ich sage dir auch nicht, ob die Abstandsregeln einzuhalten sind und ob ihr im Haus eine Maske tragen müsst. Das musst du bitte selbst beurteilen, lies einmal § 10 Abs. 4 meiner Lockerungsverordnung. (Heiterkeit bei der FPÖ.) Ich empfehle dir jeden­falls, diese Regelungen auch im privaten Wohnbereich einzuhalten. Papa Sebastian ergänzt noch: Keine Sorge, wir werden den privaten Bereich vorerst nicht kontrollieren! (Bundesrätin Mühlwerth: ... vorerst!)

Meine Damen und Herren, das ist der Grund – plakativ gesprochen –, warum wir diese derzeitige Situation jetzt im Mai 2020 als Coronawahnsinn bezeichnen – als Wahnsinn. Das ist auch etwas, was die Menschen nicht mehr verstehen und was man ihnen auch nicht mehr erklären kann.

Jetzt fragen wir uns noch einmal, wie hoch denn derzeit das Risiko ist, dass man in Österreich jemanden trifft, der aktuell an Corona erkrankt ist. Wenn man sich heute die Studienergebnisse ansieht, die auch im „Kurier“ veröffentlicht sind, kann man sagen, es dürften – unter Berücksichtigung einer Dunkelziffer, weil die Studie ja schon wieder einige Tage alt ist – etwa 3 000 Infizierte sein. Darauf wird es ungefähr hinauslaufen. Das ergibt bei knapp 9 Millionen Einwohnern nach Adam Riese dann, dass die Chance, dass man jemanden auf der Straße trifft, relativ gering ist. Aktuell sind 0,03 Prozent infiziert, das ist jeder Dreitausendste. – Und da wundern Sie sich, dass wir anfangen, uns die Frage der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen zu stellen? (Beifall bei der FPÖ.)

Die Österreicher sind sehr kluge Menschen. Sie haben auch Verständnis dafür und sie schätzen es auch, dass die Bundesregierung Maßnahmen ergriffen hat und sich Sorgen um die Gesundheit macht. Das ist überhaupt nicht der Punkt, aber jetzt kom­men die 17-jährige Österreicherin und jeder andere Österreicher, der ein bisschen selber denkt, zum Schluss und sagen: Ich weiß jetzt, dass ich Abstand halten muss, ich weiß, dass ich Hygienemaßnahmen treffen muss. Ich passe auf, ich schau auf dich, ich schau auf mich, ich brauche aber keine Helikoptereltern mehr, die mir das tag­täglich sagen und mir darüber hinaus noch überzogene Betretungsverbote verordnen. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Was meine ich mit überzogenen Betretungsverboten? – Das ist auch etwas Wirtschaftsrelevantes, das ist auch etwas, womit die Wirtschaft ins Mark getroffen wird, denn nur dann, wenn sich die Menschen wieder normal bewegen können, und zwar in der alten Normalität und nicht in der neuen, die wir gar nicht haben wollen, kommt auch die Wirtschaft wieder in die Gänge. Nur dann haben die Menschen auch wieder Lust, zu konsumieren und ihre Freizeit so zu nutzen, wie man die Freizeit eben normal nutzen möchte.

Ein einfaches Beispiel: Was ist ein überzogenes Betretungsverbot? – Die Stadt Linz hat sich überlegt: Na gut, wenn schon Kinos zu gefährlich sind, als dass man diese besucht, dann organisieren wir doch am Urfahraner Marktgelände ein Autokino. Die Stadt Linz organisiert alles mit privaten Betreibern. Das war alles auf Schiene, das hätte so beschlossen werden können, wurde von der Stadtverwaltung vorbereitet. Seit 1. Mai wissen wir: Das ist verboten; siehe § 9 Abs. 2 der Lockerungsverordnung. – Projekt gestorben.

Der Tiergarten in Wels hatte schon seit Mitte April wieder geöffnet; der musste jetzt wegen § 9 Abs. 2 Ihrer Lockerungsverordnung wieder schließen.

Die nächste Frage: Darf man alleine an einen Badesee fahren und dort die Früh­lings­sonne genießen, wenn man verspricht, man hält einen Babyelefanten weit Abstand und geht auch nicht ins Wasser? – Ihre Antwort: seit 1. Mai nur, wenn dort kein Bade­betrieb stattfindet. – § 9 Abs. 2 Ihrer Lockerungsverordnung.

Was bedeutet denn das eigentlich? (Bundesrat Seeber: Was ist denn die Anfrage an die Frau Ministerin?) – Der Kärntner Landeshauptmann hat durch einen medien­wirk­samen Sprung in den Wörthersee die Kärntner Badesaison eröffnet und gerade damit unwillentlich ein Betretungsverbot für den gesamten Badebereich ausgelöst. (Zwi­schenruf bei der SPÖ.)

Ich habe jetzt noch eine Frage, Herr Bundesminister (Bundesrat Seeber: An die Frau Minister, hat es geheißen! ... Kabarettsendung!): Wie kommt man denn in so einer Situation überhaupt auf den Namen Lockerung? – Wenn das eine Lockerung ist, dann will ich nicht wissen, wie Sie sich eine Anspannung oder eine Verschärfung dieser Maßnahmen vorstellen. (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

Das ist die Ursache. Sie fragen sich, was die Ursache der Arbeitslosigkeit ist, und ich sage Ihnen: Diese Lockerungsverordnung ist die Ursache für die Arbeitslosigkeit. (Beifall bei der FPÖ.) Das ist sogar der Kern unseres Themas. Diese Lockerungs­ver­ordnung, die keine Lockerungsverordnung ist, ist genau das Thema. Und jetzt stelle ich Ihnen noch einmal die Frage: Wie kommt man angesichts des Inhalts dieser Verord­nung auf den Namen Lockerungsverordnung?

Sie sollten wohl die Überschrift treffenderweise nicht Lockerungsverordnung, sondern Lockdownverordnung oder auf gut Deutsch Einsperrverordnung nennen, wenn Sie schon an dieser Zusperrverordnung festhalten wollen und nicht bereit sind, wie wir Freiheitlichen das fordern, Österreich wieder zu entfesseln und den Menschen wieder ihre Freiheit und ihre Selbstverantwortung zurückzugeben, also mehr mit Empfeh­lungen und nicht mit Verboten zu arbeiten.

Wenn Sie schon dazu nicht in der Lage oder nicht bereit sind, weil Sie sich zu viele Sorgen machen, dass dann doch wieder die Österreicherinnen und Österreicher das tun, was Sie nicht wollen, dann treffen Sie doch bitte zumindest Ihre Regelungen so klar, dass die Menschen ihr Verhalten auch danach ausrichten können, damit die Unternehmer Planungssicherheit gewinnen und wieder bereit sind, Menschen einzu­stellen und die Arbeitslosigkeit zu reduzieren.

Das ist ja keine akademische Frage, Herr Bundesminister. Das ist ja keine akade­mi­sche Frage! Ein einsamer Läufer wird bestraft, weil er einen Klimmzug an einer Stange in einem Park macht – ein einsamer Läufer, der jeden Abstand eingehalten hat; da war niemand anderer.

Ein Wiener Gastwirt wird bestraft, weil er in seinem eigenen Gastlokal war – weil er die Zeit nutzen möchte –, um Renovierungsarbeiten durchzuführen. Da ist es nicht darum gegangen, dass irgendwelche Abstandsregelungen nicht eingehalten wurden oder dass irgendeine Lärmerregung verursacht wurde, sondern da ist es nur darum gegan­gen, dass das Betretungsverbot verletzt wurde.

Die Menschen wurden also zunächst einmal zu Recht in erster Instanz bestraft, und sie werden alleingelassen, weil sie den Weg bis zum Verfassungsgerichtshof gehen müs­sen, um einmal herauszufinden, ob das wirklich auch verfassungskonform ist oder nicht. Wir reden da also über einen ganz grundrechtssensiblen Bereich, den Sie mit überzogenen Maßnahmen einfach missachten. Das ist der Vorwurf. Wenn Sie das schon machen, dann tun Sie es zumindest so, dass Missverständnisse ausgeschlos­sen sind.

Da rede ich ja noch gar nicht einmal über die fehlende Grundlage. Sie haben wieder Versammlungen geregelt – das muss man nämlich auch einmal berücksichtigen –, obwohl Ihnen das Epidemiegesetz das gar nicht gestattet. Das Epidemiegesetz ge­stattet es den Bezirksverwaltungsbehörden, dies zu tun. Wenn Sie also ein Versamm­lungsverbot erlassen wollen (Vizepräsidentin Eder-Gitschthaler gibt das Glocken­zeichen), dann müssen Sie das über den Weg der Bezirksverwaltungsbehörden tun.

Vizepräsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Sie haben noch 30 Sekunden, um einen Antrag einzubringen.

Bundesrat MMag. Dr. Michael Schilchegger (fortsetzend): ... weggenommen, die noch nicht existiert, weil es hier noch gar nicht beschlossen wurde. Sie holen sich die gesetzliche Ermächtigung erst im Nachhinein, und mein Punkt ist - - (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich komme schon zum Schluss: Bitte regeln Sie wenigstens Ihre Verbote, die Sie haben wollen, so, dass man sich auskennt und dass es keine Missver­ständ­nisse gibt!

Ich habe daher einen Entschließungsantrag vorbereitet. Dieser liegt Ihnen in schrift­licher Form vor, und ich stelle diesen auch nun im Namen der freiheitlichen Bun­desratsfraktion:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen MMag. Dr. Michael Schilchegger, Kolleginnen und Kollegen be­treffend „legistische Klarstellungen zur COVID-19-Lockerungsverordnung“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert die geltende COVID-19-Lockerungsverord­nung, kundgemacht im BGBI 11 Nr. 197/2020 vom 30. April 2020, unverzüglich wie folgt abzuändern:

1. Klarstellung in § 11 Abs. 1, dass der private Wohnbereich einschließlich aller zugehörigen Flächen und Einrichtungen (Balkone, Terrassen, Gärten, Garagen usw.) nicht nur vom Betretungsverbot gemäß § 9 Abs. 1 Z 3 und einer Höchstgrenze für Zusammenkünfte gemäß § 10 Abs. 1, sondern vom gesamten Inhalt der Verordnung ausgenommen ist,

2. Klarstellung in § 9 Abs. 2 Z 1, dass der Begriff des ,Freizeitparks‘ nur kommerziell genutzte Einrichtungen umfasst und gewöhnliche Parkanlagen und Spielplätze von dem in § 9 Abs. 1 Z 3 iVm Abs. 2 Z 1 angeordneten Betretungsverbot für Freizeitein­richtungen ausgenommen sind.“

*****

(Anhaltender Beifall bei der FPÖ.)

18.07

Vizepräsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Der von den Bundesräten MMag. Dr. Michael Schilchegger, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungs­antrag betreffend „legistische Klarstellungen zur COVID-19-Lockerungsverordnung“ ist genügend unterstützt und steht damit mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Fraktionsobmann Karl Bader. – Herr Bun­desrat, ich erteile es Ihnen.