16.20

Bundesrat Wolfgang Beer (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte BundesrätInnen! Wir reden heute wieder einmal über eine Vorschau, die absolut nichts mehr mit der Realität zu tun hat, weil sie ganz einfach nicht angepasst wurde. Wir haben dabei also dasselbe Problem wie bei unserem Staatshaushalt, und es sind in dieser Vorschau nicht einmal konkrete Maßnahmen festgeschrieben, an denen erkennbar wäre, wie wir eine Krise dieses Ausmaßes wirklich bewältigen sollen. Wir finden also darin nichts, nicht einmal einen Buchstaben, über unsere Gemeindefinanzen – und den Gemeinden geht es wirklich sehr schlecht.

Vielleicht nur als kleiner Exkurs, weil von der ÖVP auch immer gesagt wird, wir haben dieses Problem überhaupt nicht, denn die Menschen können sich eh Kredite aufnehmen: Einen Kredit muss man zurückzahlen – das weiß jeder Arbeitnehmer, jede Arbeitnehme­rin –; und wenn ich kein Einkommen habe, dann habe ich auch keine Möglichkeit, einen Kredit zu bekommen – es kriegen nicht einmal die Unternehmen einen Kredit.

Was diese Wir-haben-so-viele-Milliarden-ausgegeben-Saga betrifft: In Wirklichkeit sind das Sicherstellungen, es ist noch überhaupt kein Geld geflossen; und infolge dieser Ba­sel-Vereinbarungen kriegen die Leute auch gar keine Kredite, weder Unternehmen noch Privatpersonen, da kann der Staat Sicherstellungen geben, soviel er will. Nachdem wir die Banken einmal gerettet haben, machen wir es jetzt also so, dass die Banken kein Geld hergeben und keinen Beitrag zur Bewältigung der derzeitigen Situation leisten – in Wirklichkeit verdienen sie, wenn die Leute Kredite zurückzahlen können.

Was haben wir jetzt für unsere Gemeinden getan? – Nichts haben wir getan.

Vielleicht ein weiterer kleiner Exkurs: Wer kein Einkommen hat oder keine Gewinne macht, der muss auch keine Steuern zahlen. Das bedeutet aber auch, dass die Steuer­quote bei uns wahnsinnig sinkt, dass wir also in Wirklichkeit gar kein Geld für einen Aufbau haben werden. Ich will nicht sagen, dass diese Problematik unlösbar ist, aber mit diesen Maßnahmen, die da gesetzt werden, haben wir keine Möglichkeit, unser Land wirtschaftlich wieder aufzubauen. Wir sind jetzt froh, dass wir gesundheitlich halbwegs über die Runden gekommen sind – wobei wir das noch nicht ausgestanden haben –, aber wir haben die Möglichkeit, wirtschaftlich zu agieren, anstatt zum Beispiel, wie es heute am Vormittag schon der Fall war, zu beweinen, dass wir hier einem Gesetz nicht zustimmen und was wir da eigentlich machen wollen.

Erstens einmal hat der Gesundheitsminister die Möglichkeit, mittels einer Verordnung alles zu regeln. Ich habe heute Anrufe – so viele habe ich überhaupt noch nie gekriegt – von Unternehmern gekriegt, die mir gesagt haben, sie haben Angst, und die mich gefragt haben, wieso dieses Gesetz verhindert wird. – Spielt nicht immer so falsch, sondern macht das, was notwendig ist! Sagt nicht: Der eine hat Schuld! – Danach fragt keiner mehr, wenn er kein Geld mehr hat und wenn er sich nichts leisten kann, wenn er keinen Urlaub mehr hat, den man ihm auch weggenommen hat. Es fragt keiner mehr danach: Haben die das jetzt verhindert oder haben sie es nicht verhindert?

Bitte tut etwas! Ihr macht ganz einfach nichts. Ihr macht die falschen Sachen! Wenn einer jetzt einen Schaumwein trinkt, na was hat er denn davon? Sollen wir jetzt hier dann lauter Coronapartys feiern, sollen wir hier dann Bundesratssitzungen mit Sekt oder Schaum­wein ausstatten, damit in der Wirtschaft ein bisschen Geld hereinkommt? Was machen wir? (Zwischenruf bei der FPÖ.) – Schau, es würde ihm sogar gefallen. (Weiterer Zwi­schenruf bei der FPÖ.) – Ja, der Zweite schon, dem es gefällt. (Ruf bei der FPÖ: Man bringe den Schaumwein! – Heiterkeit.) Ich meine, vielleicht kommen dann ein bisschen gescheitere Sachen auch noch heraus. (Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.)

Schaumwein ist Schaumwein, und diese ganzen Abgaben sind ja eigentlich für unsere Gastronomie, oder habe ich das falsch verstanden? Ihr habt uns erklärt, dass das für unsere Gastronomie ist – und darum ist es wurscht, ob es ein österreichischer oder ein italienischer Schaumwein ist, denn die Abgaben sind im Inland abzuführen. Nicht einmal das - - Sonja! (Bundesrätin Zwazl: Entschuldige, von was redest du jetzt? Das ist doch der Wettbewerb! Unsere Sektkellereien müssen ja auch leben!) – Das habe ich ja vorher gerade gesagt. Pass ein bisserl auf! (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der FPÖ. – Bundesrätin Zwazl: Ich pass eh auf!) Dann musst du ein bisschen hinten nachrennen.

Ich habe gesagt, das kommt den Gastronomen nicht wirklich zugute (neuerlicher Zwi­schenruf der Bundesrätin Zwazl); aber alles, was man nicht hören will, das hört man ganz einfach nicht, da schließt man die Ohren zu. (Bundesrat Bader: Den Eindruck hab’ ich!) Ja, das ist der erste Weg zur Selbsterkenntnis. Ich bedanke mich bei euch.

Wir haben auch die Problematik, dass wir für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – und wurscht, welche Oppositionsparteien es waren, die das jetzt schon gefordert ha­ben – eine Anhebung des Arbeitslosengeldes von 55 auf 70 Prozent brauchen. Nur zum Nachrechnen, denn manchmal habt ihr es ja mit den Zahlen (Ruf bei der FPÖ: Mit den Nullen!): Das sind 15 Prozent mehr – für einen Arbeitnehmer, den das weiterbringt, dem das hilft! Tausende Anträge haben wir eingebracht – ihr habt nichts gemacht. Die einzige Hoffnung, die mir noch bleibt, ist, dass euch im Traum der Messias erscheint (Bundesrat Steiner: Den Messias haben sie ja schon!) und sagt: Wir heben von 55 auf 70 Prozent an!; dann kriegen wir es vielleicht. (Bundesrat Steiner: Der Sebastian, der Messias ist ja schon da, lebensgroß!) Ansonsten haben wir gar keine Möglichkeit mehr, dass wir irgendwie wirklich helfen.

Was mich aber wirklich sehr berührt, das sind unsere Gemeinden, und daher bringe ich, bringt meine Partei jetzt folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Wolfgang Beer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherung der Gemeindefinanzen in der Krise“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert dem Nationalrat und dem Bundesrat ehestmöglich, spätestens bis 30. Juni 2020, einen Gesetzesvorschlag vorzulegen, mit dem der Bund den Gemeinden die sinkenden Er­tragsanteile sowie die reduzierten Einnahmen aus der Kommunalsteuer abgilt, und zu­sätzlich ein Konjunkturpaket für Gemeinden zur Umsetzung von Projekten für die Ankur­belung der örtlichen Wirtschaft finanziert wird, für welches die Gemeinden die Mittel bis 30.8.2020 direkt vom Bund ausgezahlt erhalten, damit die vollständige Aufrechterhal­tung der Gemeindeleistungen für die Österreicherinnen und Österreicher in der Krise und der anschließenden Phase der wirtschaftlichen Erholung finanziert werden kann.“

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Und jetzt sagt mir, dass ihr nicht dafür seid! (Beifall bei der SPÖ.)

16.28