21.12

Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Mag. Alexander Schallen­berg, LL.M.: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Mitglieder des Bundesrates! Ich bin eigentlich sehr dankbar für diese heutige Sitzung, weil wir alle wissen, dass wir uns in Wirklichkeit gerade mitten in einer globalen Krise befinden. Wir sind noch mitten in der Krisenbewältigung der Covid-19-Pandemie. Ich begrüße es aus­drücklich, dass dennoch hier im Bundesrat eine solche Diskussion zu außenpolitischen Themen stattfindet.

Es wurde ja in Wirklichkeit, was die Tagesordnungspunkte betrifft, schon alles gesagt. Da sind als Themen die Stärkung des Amtssitzes durch den Opec-Fonds, die Aktuali­sierung des Amtssitzabkommens, der Kampf gegen organisierte Kriminalität, der Einsatz für Rechtsstaatlichkeit, der Kampf gegen Terrorismus. Das sind die Übereinkommen über Geldwäsche, Zustellung und Überstellung und dann letztlich auch natürlich die Zu­sammenarbeit mit wesentlichen Partnern. Es wurden ja das Partnerschaftsabkommen mit Armenien und die Einrichtung der EU-Lateinamerika-Stiftung erwähnt.

Ich glaube aber, es ist gerade in so einer Ausnahmesituation, in der wir uns global be­finden – in dieser Pandemiekrise, müsste man ja fast sagen –, wichtig, dass man reali­siert, dass Außenpolitik nicht stehenbleibt, sodass man nicht Gefahr läuft, dann interna­tionale Entwicklungen sozusagen im Schatten des Coronavirus zu übersehen.

Zwei Themen wurden heute ausdrücklich angesprochen: die Vereinigten Staaten und Hongkong. Erlauben Sie mir, ganz kurz dazu Stellung zu nehmen, weil ich auch direkt angesprochen wurde.

Nur, um das ganz klar zu sagen: Die Bilder und vor allem das Video, die wir aus den Vereinigten Staaten gesehen haben, sind erschütternd, sind erschreckend. Rassismus und übertriebene Polizeigewalt können nie gerechtfertigt werden und sind immer und überall ganz klar abzulehnen. Wir haben das gegenüber den Vereinigten Staaten auch in geeigneter Form zum Ausdruck gebracht. Aber – und das ist mir wichtig – ich bleibe dabei: Das ist ein Staat, mit dem wir unglaublich viel teilen, das ist ein Staat mit einer starken Justiz, mit einem starken gewachsenen Rechtssystem, mit einer Zivilgesell­schaft, von deren Lebendigkeit und Unabhängigkeit sich vielleicht sogar Österreich et­was abschauen kann. Ich persönlich vertraue hier auf die Checks and Balances, ich vertraue auf die Selbstreinigungskräfte der Vereinigten Staaten.

Interessanterweise hat der amerikanische Justizminister William Barr auch öffentlich Missstände eingeräumt und gesagt, es werden viel zu viele Farbige Opfer der Polizei­gewalt. Er sagt ausdrücklich, das müsse sich ändern. Das zeigt ja genau, dass wir da eigentlich gar nicht mit einer Megafonpolitik arbeiten müssen, sondern dass wir durchaus auch Vertrauen in die Stärken unseres amerikanischen Partners haben können.

In Hongkong sieht die Situation anders aus, in Hongkong ist die Entwicklung tatsächlich besorgniserregend. Die Europäische Union hat ja auch in Person des Hohen Vertreters Stellung genommen. Das Sicherheitsgesetz, das momentan in Vorbereitung ist, ist ei­nes, das im Grunde genommen die Autonomie Hongkongs untergraben würde. Wir müssen sehr darauf achten, dass nicht aus der Politik: ein Land, zwei Systeme, durch die Hintertür die Politik: ein Land, ein System, wird. Das ist nicht das, was wir als interna­tionale Gemeinschaft wollen, und ist auch nicht das, was völkerrechtlich eigentlich mit dem Vereinigten Königreich vereinbart ist.

Vielleicht erlauben Sie mir nur abschließend noch ein kurzes Wort, das mir ein persönli­ches Anliegen ist: Vor zwei Tagen fand der Außenpolitische Ausschuss des Bundesrates statt, und durch einen zugegebenermaßen internen Abstimmungsfehler ist es zu der be­dauerlichen Situation gekommen, dass kein Experte des Außenministeriums anwesend war. Ich bitte die Mitglieder des Bundesrates ausdrücklich, das zu entschuldigen. Ich hoffe, ich kann versprechen, dass es ein einmaliges Ereignis bleiben wird, dass die Ex­perten nicht vor Ort sind. Sie müssen wissen, Diplomaten und Diplomatinnen schätzen es eigentlich jedes Mal, wenn sie die Gelegenheit zum Austausch, zum Dialog und zum Auftritt haben. Das ist etwas, was wir sehr schätzen. Das ist also keinesfalls ein Mangel an Respekt gewesen, sondern einfach ein interner Abstimmungsfehler, und ich bitte, diesen auch entsprechend zu entschuldigen. – Ich danke Ihnen sehr. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

21.16