13.51

Bundesrat Günther Novak (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! (Bundesrat Schennach: Bitte korrigiere das! Diese Märchenstunde ist einfach zu viel!) In der letzten Woche ist in den Medien eine Studie der britischen Forschungsgruppe Economist – ich weiß nicht, wer Sie gelesen hat – veröffentlicht worden, bei der man 21 OECD-Staaten dahin gehend überprüft hat, wie sie mit den Herausforderungen zurechtgekommen sind, diese Coronapandemie zu überstehen. Mit Deutschland war Österreich an der zweiten Stelle hinter Neuseeland. Begründet wurde dies damit, dass es in diesen Ländern gelungen ist, diese Pandemie vorzeitig einzudämmen, weil man einfach früh reagiert hat. Da waren wir ja alle auch mit dabei.

Wie immer auch solche Studien zustande kommen: Österreich war beim Lockdown gewiss rasch und konsequent, würde man jedoch jetzt einen Vergleich über die Rasch­heit, über die Effizienz beim Einsatz von Hilfspaketen für Familien, für Arbeitslose, für Unternehmen, für die Gastwirtschaft und so weiter anstellen, bin ich mir sicher, dass wir in diesem Ranking ganz hinten gereiht wären. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Bader: Sicher nicht! Das ist eine kühne Behauptung, Herr Kollege, eine sehr kühne!)

Die Hilfspakete aufgrund der Coronakrise sind kompliziert, wenn es um die Beantragung geht – das wissen wir alle, das ist nicht abzustreiten –, es dauert, bis Hilfe ankommt. Sie sind vor allem nicht ausreichend, und kein Mensch versteht sie nach 70 oder 80 Pres­sekonferenzen. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass alle, die hier herinnen sitzen, zum heutigen Zeitpunkt nicht genau wissen, wie eine Förderung ausschaut und wie sie umgesetzt wird. Davon bin ich felsenfest überzeugt! (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen der FPÖ.)

Die Frau Landeshauptfrau von Niederösterreich hat einmal festgestellt, und auch ich habe es hier schon einmal gesagt: Es reicht nicht, nur Hilfspakete zu schnüren, sondern man muss sie auch zustellen. (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen der FPÖ.)

Genau das trifft auch auf das nun vorliegende Hilfspaket für die Gemeinden zu. Die Milliarde, die der Herr Finanzminister in der Regierung mit den Grünen in eine Inves­titionsförderung für die Gemeinden gegossen hat und die auch im Nationalrat be­schlos­sen wurde, wäre sicher eine ausgezeichnete Idee – keine Frage; sie ist auch für die Ankurbelung der Wirtschaft notwendig –, wenn nur viele Gemeinden die Möglichkeit hätten – das werden nicht alle sein – und auch in der Lage wären, diese 50 Prozent zu investieren, wie wir heute schon mehrfach gehört haben. Das wird leider Gottes bei kleineren Gemeinden nicht der Fall sein. Da können Sie noch so oft sagen, dass das zum Schluss aufgeteilt wird. Wir haben auch Projekte, die wir umsetzen müssen, die Geld kosten. (Bundesrätin Mühlwerth: Bis das aufgeteilt wird, gibt es die Gemeinde gar nicht mehr!) Dann wird es halt noch ein paar Euro geben, weil halt etwas übrig geblieben ist, und das wird dann wieder jenen Gemeinden zugeschlagen, die Geld haben, um die 50 Prozent dafür aufzubringen. Das ist daher ein Riesenproblem und wird leider Gottes so nicht stattfinden. (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen der FPÖ.)

Wir alle wissen, meine Damen und Herren, was die Gemeinden alles zu tun haben. Wir haben es heute schon gehört, das beginnt bei der Bildung, geht über die Rettungs­orga­nisationen, die Pflege, die Radwege bis hin zur Müllentsorgung und zu allem, was halt so dazugehört. Unsere Bürgerinnen und Bürger erwarten täglich zu Recht, dass die Gemeinden diese Aufgaben schlussendlich auch so erledigen, wie dies notwendig ist.

Der Einnahmenverlust unserer Gemeinden – wir haben es schon besprochen – wird circa 2,2 Milliarden Euro betragen – man wird ihn jetzt nicht genau feststellen können –, und damit ist eine Grundversorgung infrage gestellt.

Ich bin selbst Bürgermeister einer Gemeinde. Wir haben mehr Gäste bei uns im Ort, als wir Einwohner sind. Es gibt viele Kolleginnen und Kollegen bei uns im Tal, die einfach nicht in der Lage sind – wir haben ja auch schon darüber diskutiert –, diese Investitionen zu tätigen, weil einfach der Einbruch der Kommunalsteuer und der Ertragsanteile rie­sengroß ist.

Es geht um die tägliche Liquidität der Kommunen, und das, glaube ich, wissen wir als Bürgermeister und Bürgermeisterinnen am besten zu beurteilen. Es geht um Entschei­dungen für laufende Projekte, darum, ob wir sie weiterführen können, verschieben oder ganz abbrechen müssen, und es geht darum, Wirtschaftstreibenden überlebens­not­wendige Stundungen zu gewähren – auch das ist notwendig. Es ist dann schwierig, dass die Gemeinde selbst überlebt – oder sie tut es nicht. Es geht auch darum, das Dorfleben der Vereine und Ortsorganisationen am Leben zu erhalten. Täglich stehen wir vor Ent­scheidungen, wie wir dem Spardruck Genüge tun können, ohne dass wir unsere Ge­meinden – übertrieben formuliert – zu Tode sparen.

Meine Damen und Herren! Wir haben bei uns in Kärnten einen Landesrat, Daniel Fellner, zuständig für Gemeindepolitik. Ich weiß nicht, wie es in den anderen Bundesländern ist, aber er hat zumindest Tatsachen geschaffen, indem er festgestellt hat: 2008 haben wir gespart, diesmal werden wir nicht sparen, wir werden investieren und ein Konjunktur­paket schnüren! Er hat uns den Rahmen beim Kassenkredit erhöht. Er hat uns die Möglichkeit gegeben, Mittel aufzutreiben, die über 20 Jahre zu finanzieren sind, und die Förderzusagen um ein Jahr verlängert.

Vielleicht, Herr Bundesminister, wäre es auch möglich, über die Österreichische Bun­desfinanzierungsagentur Geld mit 0 Prozent Zinsen zu bekommen. Das wäre für uns als Gemeinden auch eine Hilfe, um Projekte umzusetzen.

Vielleicht wäre es auch möglich – ich weiß nicht, ob das bei Ihnen schon einmal ange­kommen ist –, mit der EU darüber zu verhandeln, dass wir uns, wenn wir im Feuerwehrwesen oder im Bergrettungswesen, wie es bei uns in den Bergen halt ist, etwas brauchen, die Mehrwertsteuer ersparen und die Vorsteuer als Gemeinde wieder zurückbekommen. Das sind riesengroße Summen, die wir gerade bei uns im Tal aufgrund der vielen Unwetter, die wir hatten, aufbringen müssen. (Bundesrat Bader: Niederösterreich macht das mit der Mehrwertsteuer schon! Das Land entlastet die Feuerwehren und die Kommunen!) – Ich weiß nicht, ob das österreichweit möglich ist, im Länderbereich oder über die EU. Der Herr Finanzminister wird uns sicher dazu Auskunft geben. Aufgrund der vielen Unglücke, die wir gehabt haben, sind in diesem Bereich enorm viele Investitionen notwendig.

Das Modell, das wir als SPÖ vorschlagen – das ist schon ausgeführt worden –, sieht vor, dass es pro Kopf in der Gemeinde zumindest 250 Euro geben sollte.

Meine Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Die Gemeinden sind meiner Meinung nach der wichtigste Wirtschaftsmotor in unserem Land. (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen der FPÖ.) Die Gemeinden sind das Rückgrat der Republik. Unterstützen wir die Gemeinden und schauen wir, dass wir eine drohende Pleitewelle im Herbst – davor habe ich ja in unseren Tälern am meisten Angst – von den Betrieben abhalten, indem wir investieren. Deswegen fordert die SPÖ in dem Antrag, dass diese 2,2 Milliarden Euro Städten und Gemeinden für Infrastrukturvorhaben zuzuführen sind, die dieses Geld in die örtliche Wirtschaft für regionale und ökologische Projekte investieren, wie das auch schon von den Grünen heute hier angesprochen wurde. So helfen wir den Kommunen, um in weiterer Folge Arbeitsplätze zu sichern.

Ich habe vom Land Kärnten – das wird wahrscheinlich in den anderen Ländern ähnlich sein – vor Kurzem einen Brief bekommen (ein Schriftstück in die Höhe haltend), wahrscheinlich hat auch Kollege Ofner ihn erhalten. Im Mai waren es um 14,7 Prozent verminderte Ertragsanteile, im Juni sind es 33 Prozent. Es sind für die Zukunft 10 Prozent für die Kommunalsteuer angesetzt. Da können wir uns also anhalten.

Ich bin mir jetzt nicht sicher – wenn ich zu euch schaue, liebe ÖVP, sind ja Bürger­meisterinnen und Bürgermeister dabei –, warum ihr so ruhig seid. Irgendwie kommt mir vor, ihr seid von der Regierung – oder von wem auch immer – ruhiggestellt worden, oder es ist euch etwas versprochen worden. Wenn ich mir diesen Entschließungsantrag aus dem Tiroler Landtag anschaue (ein weiteres Schriftstück in die Höhe haltend), der vor Kurzem, am 13. Mai, eingebracht worden ist, geht dieser in die gleiche Richtung, in die wir von der SPÖ wollen: kurzfristige Maßnahmen, um zumindest den Entfall der Kom­munalsteuer auszugleichen, ein kommunales Klimainvestitionspaket; weiters bedarf es der dringenden Entlastungen für die Kommunen im Finanzausgleich. – Also, sehr weit entfernt ist das nicht von dem, was wir hier fordern, damit die Gemeinden in weiterer Folge überleben können.

Meine Damen und Herren, abschließend kann ich zu diesem Gesetz nur sagen: Auf der einen Seite: Danke für die 1 Milliarde Euro! – Da werden wir zustimmen, aber wir brauchen mehr Geld und bitten um ein zweites Offensivpaket, damit es dann zum Schluss nicht heißt, der Berg hat gekreißt und herausgekommen ist ein Mäuslein.

Ich bringe folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Finan­zie­rungs-Zweckzuschuss für Städte und Gemeinden in der Höhe von 250 Euro pro EinwohnerIn“

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 1 Beschluss des Nationalrates vom 18. Juni 2020 betreffend ein Bundesgesetz zur Unterstützung von kommunalen Investitionen 2020 (Kommunalinvestitionsgesetz 2020) (542/A und 226 d.B.)

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, dem Nationalrat und dem Bundesrat einen Gesetzesvorschlag vorzulegen, mit dem ein Finanzierungs-Zweckzuschuss für alle Gemeinden und Städte in der Höhe von 250 Euro pro EinwohnerIn unabhängig von Landesumlage, oder anderer Förderungen gewährt wird, der vom Bund bis spätestens 31. August 2020 an die jeweilige Gemeinde direkt ausbezahlt wird.“

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Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen der FPÖ.)

14.02

Präsident Robert Seeber: Der von den Bundesräten Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Finanzierungs-Zweckzu­schuss für die Städte und Gemeinden in der Höhe von 250 Euro pro EinwohnerIn“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Mag. Gernot Blümel. Ich erteile ihm dieses.