16.12

Bundesrätin Mag. Bettina Lancaster (SPÖ, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher via Livestream! Ich bin selbst Praktikerin, Bürgermeisterin seit zehn Jahren in einer strukturschwachen Gemeinde. Mich drückt der Schuh zurzeit enorm. Ich diskutiere fast täglich mit meinen Amtsleitern: Wie überstehen wir diese Krise? Wie bleiben wir liquid? Welche Mittel können wir anzapfen? Auf welche Mittel können wir zurückgreifen?

Es ist eine herausfordernde Zeit, und wir stellen uns diesen Fragen und diesen Heraus­forderungen als Bürgermeister und Bürgermeisterinnen, weil wir für unsere Bürger und Bürgerinnen Verantwortung zeigen, auch im strukturschwachen Raum. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Ofner.)

Leistungsfähige Gemeinden brauchen praxistaugliche, breit wirkende Unterstützung, um den regionalen Konjunkturmotor anzuwerfen. Die medial gut aufbereitete Gemeinde­milliarde wird, wie von etlichen Kollegen bereits debattiert, nur in ausgewählten Fällen direkt ankommen. Die anderen Gemeinden, die strukturschwachen Gemeinden, die ich hier repräsentiere, werden über einen zweiten oder dritten Verteilungsvorgang irgend­wann, ja, zu etwas Geld kommen, aber nicht zu dem Geld, das uns jetzt in einem Brief versprochen worden ist. Es wird sicher – dafür traue ich mich jetzt schon die Hand ins Feuer zu legen – weniger werden, als Sie uns vorgestellt haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Die schönen Beispiele, wie sie Herr Kornhäusl vorgebracht hat oder wie sie Herr Schreuder erwähnt hat, wird es nur für wenige Gemeinden geben. Da frage ich mich jetzt: Gibt es in Gemeinden, die von sozialdemokratischen Bürgermeistern geleitet werden, andere Realitäten als in Gemeinden mit ÖVP-Bürgermeistern? Ich stelle die Frage in den Raum. (Bundesrat Steiner: Nein, aber das stimmt sicher!) Das ist nicht fair gegenüber den Menschen, den Bürgerinnen und Bürgern in unseren Gemeinden. (Beifall bei der SPÖ.)

Gestern hatten wir im Bezirk Kirchdorf Bürgermeister- und Bürgermeisterin­nenkon­fe­renz. Meine sozialdemokratischen Kollegen und Kolleginnen haben mich ersucht, Ihnen, Herr Blümel, mitzuteilen: Wir brauchen ein tatsächliches Krisenbewältigungsprogramm, das über unsere Gemeinden läuft, eines, das durchgängig ist. Zudem muss das laufende Geschäft in den Gemeinden abgesichert und Zahlungsunfähigkeit verhindert werden. Eines ist sicher: Die Qualität unserer Gemeindeleistungen darf nicht rückgebaut werden, nicht heute und auch nicht morgen! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir Bürgermeister sind engagiert und unterwegs für die Bürgerinnen und Bürger. Wir gestalten gemeinsam Lebensraum für Lebensqualität. Die Empfehlung meiner Kollegin aus dem Bezirk: Schauen Sie sich die Vorschläge der SPÖ für die Gemeinde­unter­stützung an! 250 Euro pro Einwohner als Direktzahlung, das ist praxistauglich und würde auch ankommen und den Konjunkturmotor in Gang bringen. Ihre Milliarde ist unaus­gegoren, so die Bürgermeisterin aus Kirchdorf an der Krems, Vera Pramberger.

Die gezielte Mitfinanzierung von Gemeindeprojekten durch den Bund ist ohne Alter­nativen. Öffentliche Investitionen in allen Gemeinden voranzutreiben ist das Gebot der Stunde. Geben Sie, geben wir den Gemeinden bei der Bewältigung der Krise den Stel­lenwert, der ihnen zusteht! Das Potenzial ist hoch, dazu müssen wir aber von der Bevor­mundung der Gemeinden über selektive Finanzierungsinstrumente wegkommen.

Die Einnahmenrückgänge der Gemeinden und die Ausgabensteigerungen müssen zu einem hohen Anteil auch über den Bund tatsächlich kompensiert werden. Bei uns in den Gemeinden fehlt es aufgrund der Coronakrise jetzt schon an finanziellen Mitteln für die wichtigsten Aufgaben wie Kinderbetreuung und Infrastruktur – es gibt eine ganz lange Liste, die meine Vorredner zum Teil ja schon angeführt haben.

Ich ersuche Sie innigst: Unterstützen Sie auch strukturschwache Gemeinden! Auch dort gibt es Unternehmer und Unternehmerinnen, die eben von diesen Förderungen abhän­gig sind! Der strukturschwache ländliche Raum darf in dieser Krise nicht auf der Strecke bleiben! – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesräte Ofner und Schererbauer.)

16.17

Vizepräsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.