10.34

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren, die uns via Livestream zuschauen! Ja, Herr Kollege Schennach, Österreich wird die Welt retten, wie immer! Das ist ja ein ewiges Anliegen von Ihnen: Österreich rettet die Welt.

Natürlich hat die Pandemie weltweit ihre Auswirkungen gehabt, natürlich ist Österreich keine Insel und natürlich können wir nicht so tun, als ob uns das alles überhaupt nicht beträfe. Jetzt kommt aber schon gleich mein Aber, denn ich glaube letzten Endes, wenn man sagt, wir müssen jetzt durch Geldleistungen alle retten, wir müssen das Geld verteilen, ohne irgendwelche Bedingungen daran zu knüpfen, wird es uns in nicht absehbarer Zeit genauso schlecht wie den anderen gehen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich verstehe schon die Überlegung, vor allem Italien, das ja am stärksten von der Covid-Epidemie betroffen war, aber auch Spanien, Frankreich und Portugal zu helfen. Nur wollen wir nicht vergessen, dass erstens einmal – das habe ich schon einmal gesagt –, ohne in irgendeiner Weise die Anzahl der Toten, die Italien zu beklagen hat, relativieren zu wollen, Italien aber schon ein Meister der Selbstinszenierung ist – das war es immer schon. (Bundesrat Schennach: Darum habt ihr Salvini so applaudiert!) Italien hatte schon vor der Coronaepidemie ein Riesenproblem im Gesundheitswesen. Darum hat es ja so darunter gelitten, weil das Gesundheitssystem einfach nicht in Ordnung war, darum gibt es diesen Kapazitätsmangel und darum steht es dort, wo es eben heute steht. Es kann nicht sein, dass ein Land, ein europäisches Land – und da kann man jetzt hundertmal sagen, das ist ein Wirtschaftsland und es ist ein wichtiges Exportland für uns –, seine Hausaufgaben nicht macht. Auch die Italiener, genauso wie die Franzosen, Spanier und Portugiesen, sind gefordert, ihre Hausaufgaben zu machen. (Beifall bei der FPÖ.)

Italien will ja unter gar keinen Umständen unter den ESM, das fürchtet es ja wie der Teufel das Weihwasser! Italien will die Zuschüsse bekommen – den Rettungsschirm also, weil Sie so fragend schauen, Herr Kollege Schennach (Bundesrat Schennach: Was?) –, will die Zuschüsse haben und sagt: Ja, wir brauchen jetzt das Geld!, und alle knicken ein und sagen: Ja natürlich, wir müssen Italien helfen, weil das ja ganz ein wichtiger Faktor ist.

Der Herr Außenminister hat da schon ein Gespräch mit Deutschland gehabt, bei dem er eine Position vertreten hat und gemeint hat, zumindest ein Teil sollte Kredit sein – ein Drittel, glaube ich, Kredite, zwei Drittel Zuschuss, wenn ich das in den Medien richtig gelesen habe –, wobei Deutschland das gar nicht so sehen will. Ich glaube aber schon, dass es wesentlich ist, den Ländern zu sagen, sie müssen das auch wieder zurück­zahlen, denn sie müssen auch etwas dazu beitragen, um wieder auf die Beine zu kom­men. Es kann nicht sein, dass vier Länder immer alles zahlen und alle anderen sagen: Ihr müsst uns helfen! – Die EU hat sich selbst verordnet, keine Schuldenunion zu sein. Wir sind aber seit diesen Lissabonner Verträgen permanent eine Schuldenunion. Wir zahlen immer für die Schulden der anderen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich kann auch nicht verstehen, dass man es einfach hinnehmen will, dass der öster­reichische Steuerzahler laufend Geld verliert. Schauen wir uns die EZB an, die monatlich, wie eine österreichische Tageszeitung diese Woche geschrieben hat, 50 Mil­liarden Euro – 50 Milliarden Euro! – Staatsanleihen kauft, die kein Mensch haben will! Das zahlen wir alle mit, und jeder, der ein bisschen Geld am Sparbuch hat, kann zuschauen, wie das Monat für Monat immer weniger wird. Das kann es aber nicht sein!

Dann kommt noch der luxemburgische Außenminister und sagt: Wenn wir jetzt nicht alles mit viel Trallala und Pomp befürworten, dann sind wir uneuropäisch! – Ja, was ist denn das für ein europäischer Gedanke? Wenn man sich nicht dem unterwirft, was die anderen uns vorgeben, dann ist man auf einmal uneuropäisch?

Man ist uneuropäisch, auch in der Migrationsfrage, die Kollege Schennach auch erwähnt hat: diese armen, armen Menschen, die jetzt herkommen wollen, die alle Asyl haben wollen, von denen, wie wir aus der Vergangenheit wissen, viele einfach Asyl schreien und Wirtschaftsmigration meinen. Wir kennen auch diese armen, armen unbegleiteten Flüchtlinge, über die wir dann jeden Tag in der Zeitung lesen können, wie viele davon gar nicht so arm sind, sondern sich an unseren Mädchen und Frauen vergehen – ohne alle in einen Topf werfen zu wollen. Jedes Mal aber, wenn wir die Zeitung aufschlagen, sind es wieder diese armen unbegleiteten Flüchtlinge, denen wir ja helfen müssen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wie arm alle sind, haben wir ja gerade auch in Favoriten gesehen. Das ist nicht der erste Konflikt zwischen Österreich und der Türkei, und da bin ich insofern beim Außenminister und auch – ausnahmsweise einmal – beim Bundeskanzler, dass man Erdoğan deutlich sagen muss: So geht das einfach nicht, herzugehen und zu sagen, unsere Polizei gehe auf diese armen, armen Demonstranten los, die in Wirklichkeit eine Demonstration gestört haben; und nicht nur gestört haben, indem sie dort Gegenparolen gerufen haben, sondern massiv gewalttätig geworden sind, sodass die Polizei einschreiten musste, was verletzte Polizisten, verletzte Demonstranten et cetera zur Folge hatte.

Daraufhin richtet der türkische Ministerpräsident, also der Sultan Erdoğan, wie er ja in den Zeitungen genannt wird, Österreich aus, dass unsere Polizei ganz arg ist, wie sie da gegen diese Demonstranten vorgeht! – Das kann es nicht sein! (Beifall bei der FPÖ.) Das kann es nicht sein, noch dazu, da ja Erdoğan und die von ihm bezahlten Vereine wie Atib und Millî Görüş, über die wir uns schon oft genug unterhalten haben und die ja nach wie vor von der Türkei finanziert werden, all jenen, die die österreichische Staats­bürgerschaft haben und gebürtige Türken sind, immer wieder ans Herz legen, sich ja nicht zu assimilieren, sondern Türken zu bleiben – nicht nur im Herzen, sondern auch nach außen. Das ist ein unerträglicher Zustand, der sowohl innenpolitisch als auch außenpolitisch interessant ist.

Ich bin schon immer noch der Ansicht und erwarte mir schon, wenn jemand zu uns kommt und sagt: Ich möchte hier in diesem Land leben und möchte ein Teil eures Landes sein!, dass man sich dann mit diesem Land hier, nämlich mit Österreich, identifiziert (Beifall bei der FPÖ) – ich weiß schon, dass man seine Wurzeln nicht einfach ab­schneidet und sagt, das gibt es alles nicht mehr – und nicht in einem Interview sagt, wie wir es auch schon gehört haben: Ich bin Türke! – Nein, ist man nicht!

Das erinnert mich sehr – das ist ja nicht nur auf die Türken beschränkt – an Kollegin Dziedzic von den Grünen. Als unsere Sozialministerin Hartinger zu ihr gesagt hat, sie solle sich doch bitte eines anderen Tons befleißigen – weil sie unglaublich aggressiv war, auch in ihrer Wortwahl –, ist die gute Frau Dziedzic, die jetzt im Nationalrat sitzt, rausgegangen und hat gemeint: Frau Ministerin, das sagen Sie nur, weil ich Ausländerin bin!, und ich habe mir nur gedacht, wie interessant: Ich bin Ausländerin! – Eine öster­reichische Abgeordnete mit einer österreichischen Staatsbürgerschaft ist Ausländerin?! Also was jetzt?

Ich meine, da sieht man schon, wie wenig die Leute hier ankommen, nämlich auch jene, die aus europäischen Ländern kommen; Frau Dziedzic ist ja eine gebürtige Polin. Ich sage, wenn ich in ein anderes Land gehe, dann fühle ich mich dem Land dort auch zugehörig und sage nicht: Ich bin ein – was weiß ich! Das ist etwas, woran wir sowohl außenpolitisch als auch innenpolitisch arbeiten müssen.

Sarkozy hat übrigens einer Tunesierin auch einmal gesagt: Sie sind französische Staats­bürgerin, daher sind Sie für mich Französin! – Alle, die die österreichische Staats­bürgerschaft haben, sind für mich Österreicher und keine Polen, Türken oder sonst irgendetwas. Daher haben wir, glaube ich, sowohl innen- als auch außenpolitisch noch sehr viel zu tun, damit Integration auch wirklich einmal ankommt, denn da haben wir wirklich noch einen großen Aufholbedarf! (Beifall bei der FPÖ.)

10.44

Vizepräsident Michael Wanner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Marco Schreuder. Ich erteile es ihm.