11.48

Bundesrätin Eva Prischl (SPÖ, Niederösterreich): Hohes Präsidium! Meine werten Kolleginnen und Kollegen Bundesrätinnen und Bundesräte! Sehr geehrte Frau Staats­sekretärin! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Die Kulturschaffenden und alle in der Kultur tätigen Personen tragen mit ihrer Arbeit, ihrem Engagement und ihrer Kreativität wirklich sehr zum Wohl der Kulturnation Österreich bei, daher möchte ich von dieser Stelle aus allen, die in der Kultur tätig sind, einmal herzlich danken: Danke schön! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Die Krise hat uns viel gelehrt, unter anderem auch, wie wesentlich Kunst und Kultur sind. Unter dem Motto „ohne Kunst wird’s still“ hat gestern, wie meine Vorredner schon er­wähnt haben, ein Schweigemarsch auf der Wiener Ringstraße mit fast 800 Teilnehmern stattgefunden. Kunst und Kultur sind in vielerlei Hinsicht ein wesentliches identitäts­stif­ten­­des Merkmal für einen Ort, eine Region und für Gesamtösterreich. Auch die Wert­schöp­fung ist nicht zu verachten. Das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung gibt in diesem Zusammenhang Zahlen von immerhin 9,8 Milliarden Euro bekannt, 150 000 Leute sind im Bereich Kultur beschäftigt.

Die österreichische Kulturwirtschaft zählt zu jenen Branchen, die unter den im Kampf gegen die Pandemie erforderlichen gesundheitspolitischen Maßnahmen wie Betretungs­verboten, Reise- und Versammlungsbeschränkungen am meisten gelitten haben. Die Auswirkungen sind noch immer zu spüren, sonst würden die Leute, glaube ich, nicht unbedingt auf die Straße gehen. Die Kulturbetriebe waren die ersten, die durch diese notwendigen Maßnahmen des Shutdowns von der Ausübung ihrer Tätigkeit ausge­schlossen wurden, und sind die letzten, die auf lebensnotwendige Unterstützungen warten. Aufgrund der langen Schließdauer und der unsicheren Perspektive dieser vielen Kulturinstitutionen auch nach en Lockerungsphasen gibt es immer noch welche, die von Insolvenz bedroht sind.

Gerade die in dieser Branche tätigen Personen gehörten schon vor der Pandemie zu jenen, die unsicher beschäftigt sind und in sehr, sehr vielen Fällen kein regelmäßiges Einkommen haben. Viele Künstlerinnen und Künstler haben seit mehr als drei Monaten – drei Monate sind ein langer Zeitraum – kein Einkommen. Wir ersuchen daher um schnellstmögliche Abgeltung des Verdienstentgangs, Frau Staatssekretärin! Es ist zu befürchten, dass der gesamte Kunst- und Kulturbereich rund ein Viertel seiner im letzten Jahr erbrachten Wertschöpfung durch die pandemiebedingte Krise einbüßen wird.

Die Überbrückungsfinanzierung – die wir natürlich sehr begrüßen – für die 15 000 frei­schaffenden Künstlerinnen und Künstler, die ab 3. Juli online gehen soll, die man wird beantragen können, ist zwar schön, betrifft aber nur Personen, die bei der Sozial­ver­sicherung der Selbständigen, bei der SVS, versichert, angemeldet sind. Diese können dann für sechs Monate monatlich 1 000 Euro beanspruchen. Gut, es gibt auch noch den Härtefallfonds, der ja neu gestaltet wurde und all jenen zur Verfügung steht, die nicht von diesem Überbrückungsfonds erfasst werden – alle, die im kulturnahen Bereich tätig sind, wie Kameraleute, TontechnikerInnen, MaskenbildnerInnen und so weiter; das ist ein breites Feld.

Es gibt auch noch den Unterstützungsfonds für Non-Profit-Organisationen. Dieser wurde bereits im März in Aussicht gestellt, und erste gesetzliche Regelungen wurden auch schon beschlossen. Laut der Aussage des Experten im Ausschuss – Herr Kollege Schreuder hat es schon erwähnt – ist der Fonds zu 98 Prozent startklar, die ersten Künstler sollen in zwei Wochen endlich Geld am Konto haben.

All diese Maßnahmen sind zu begrüßen, jedoch ist ein Rettungsschirm für das österreichische Kulturleben notwendig und wichtig. Das Ziel für uns als sozial­demo­kratische Fraktion ist ein umfassendes und langfristiges Investitionsprogramm für KünstlerInnen, Kulturinstitutionen und Unternehmen in der Kreativwirtschaft in der Höhe von 1 Milliarde Euro für die nächsten drei Jahre. Es gilt, die langfristige Existenz des Kulturlandes Österreich und seiner Kreativen zu schützen. Innerhalb der nächsten Wochen und Monate wird die finanzielle Lage für viele Theaterbetriebe und Kulturor­ganisationen eine kritische Marke erreichen. Da gilt es unbedingt gegenzusteuern.

Lernen wir von anderen Ländern wie Deutschland oder der Schweiz und arbeiten wir an möglichst einfachen, praktikablen Lösungen nach dem Motto: Wer schnell hilft, hilft doppelt! Zeigen wir gemeinsam, dass uns die Künstlerinnen und Künstler nicht egal sind und die Kunst auf der Agenda der Bundesregierung ganz oben angesiedelt ist!

Die Kernaussage ist für mich: Kultur ist die Basis des Zusammenlebens, das Fundament unserer Gesellschaft. Daher habe ich noch ein paar Punkte, die mir sehr am Herzen liegen, zusammengeschrieben: Wichtig wäre eine Anhebung aller Unterstützungshilfen bis zur Armutsgefährdungsschwelle – 1 000 Euro sind zwar schön, aber eigentlich unter dieser Gefährdungsschwelle –; ein Ausgleich aller Einnahmenausfälle seit März; ein KünstlerInnen-Sozialversicherungsgesetz, das den zeitgenössischen Erwerbsrealitäten entspricht; eine sofortige und dauerhafte Verdoppelung des Budgets für Kunst und Kultur auf 1 Prozent des BIP – das ist ein seit Langem vorgebrachter Wunsch, hoffentlich geht er in Erfüllung –; und, wenn es möglich wäre, die Installierung eines eigenständigen Ministeriums für Kunst und Kultur – wünschen darf ich es mir.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und möchte schließen mit dem Satz: „Kunst- und Kulturschaffende müssen von ihrer Arbeit leben können“ und sind keine Almosen­emp­fänger! (Beifall bei der SPÖ.)

11.55

Vizepräsident Michael Wanner: Danke schön.

Als Nächster ist Bundesrat Reinhard Pisec zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.