13.59

Bundesrat Ingo Appé (SPÖ, Kärnten): Frau Präsidentin! Auch ich möchte dir herzlich zu deiner Präsidentschaft gratulieren und dir alles Gute wünschen! Dem Präsidenten außer Dienst sage ich Danke für seine umsichtige Amtsführung!

Hohes Haus! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren zu Hause! Mit der Aufforderung seitens des Parlaments wird der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten ersucht, „sich auf bilateraler und euro­päischer Ebene dafür einzusetzen, die Republik Slowenien zur offiziellen Anerkennung der deutschsprachigen Volksgruppe zu bewegen“. Dies kann vonseiten der Sozial­demo­kratie, aber auch vonseiten des Bundeslandes Kärnten nur vollinhaltlich unterstützt werden.

Bestrebungen hinsichtlich einer Dialogaufnahme der Regierung in Laibach mit Vertretern der deutschsprachigen Volksgruppe sind auf jeden Fall zu begrüßen. Es ist wün­schens­wert, dass dieser Dialog auch tatsächlich aufgenommen wird. Auf jeden Fall soll etwas unternommen werden, damit die deutschsprachige Volksgruppe in Slowenien nicht als Bedrohung, sondern als kultureller Bestandteil wahrgenommen wird. Ein Dialog mit der slowenischen Bundesregierung ist beziehungsweise wäre hier ein guter erster Schritt. Im Mittelpunkt dieser Gespräche sollte vor allem die Zukunft stehen, nicht aber alte Vorurteile oder Nationalismen. (Beifall bei der SPÖ.)

Gerade mein Bundesland Kärnten hat es in den vergangenen Jahren geschafft, diesseits der Grenze die Anliegen und die Anerkennung der slowenischen Volksgruppe im Dialog einer erfolgreichen Lösung zuzuführen. Landeshauptmann Dörfler hat betreffend die Ortstafellösung gemeinsam mit allen beteiligten Bürgermeistern und dem Bundeskanz­leramt unter der Federführung von Josef Ostermayer hervorragende Arbeit geleistet und viele Probleme, die über Jahrzehnte die Beziehung zwischen der deutschsprachigen Volksgruppe und der slowenischsprachigen Volksgruppe in Kärnten belasteten, lösen können. Diesen erfolgreichen Weg hat in der Folge auch Landeshauptmann Peter Kaiser fortgesetzt. So werden im Volksgruppendialogforum, dem ich auch persönlich ange­hören darf, mit den Volksgruppenvertretern laufend anstehende Diskussionspunkte auf­gegriffen und Lösungen gefunden.

Auch in einem anderen Bundesland wurden diese Fragen der Anerkennung von Volks­gruppen schon lange und unaufgeregt erledigt. Das Burgenland war da vorbildlich, dort sind Fragen betreffend die kroatische und die ungarische Minderheit kein Thema mehr. (Bundesrat Schennach: Und Roma!)

So müsste es heute, im Jahr 2020, oder 100 Jahre nach demokratischen Abstimmungen und nach dem Beitritt Sloweniens zur Europäischen Union eigentlich möglich sein, die Regierung in Slowenien dazu zu bewegen, alte Grenzen in den Köpfen über Bord zu werfen und den Weg des Dialogs zu suchen. Bis dato haben ja die slowenischen Regierungen beharrlich die staatliche Anerkennung seiner deutschen Minderheiten als autochthone Volksgruppe verweigert – eine Anerkennung, wie sie gemäß Artikel 64 der slowenischen Verfassung für die etwa 8 000 Ungarn des Übermurgebietes oder die 3 000 Italiener des slowenischen Küstenlandes sehr wohl besteht und in einge­schränk­ter Weise gemäß Artikel 65 auch für die 2 500 über das slowenische Staatsgebiet verstreut lebenden Roma, Sinti, Albaner, Serben und Montenegriner.

Das österreichisch-slowenische Kulturabkommen von 2001 nennt zwar eine deutsch­sprachige Volksgruppe in Slowenien, wobei Volksgruppen in Österreich seit 1976 der kodifizierte Ausdruck für die nationalen Minderheiten des Landes ist; im slowenischen Text hingegen ist von einer deutschsprachigen ethnischen Gruppe die Rede. Der Ausdruck etnična skupina hat in der slowenischen Gerichtsterminologie bislang keine Bedeutung, denn italienische und ungarische Minderheiten in Slowenien heißen in der slowenischen Verfassung narodna skupnost – Volksgruppe –, die Roma werden als romska skupnost – Romagemeinschaft – angeführt.

Zudem verabschiedete das slowenische Parlament anlässlich der Ratifizierung einer interpretativen Erklärung, dass das Recht der deutschen ethnischen Gruppe durch Artikel 61 der slowenischen Verfassung geschützt ist, welcher lautet: „Jedermann steht das Recht zu, seine Zugehörigkeit zu seinem Volk oder seiner Volksgruppe frei zu bekennen, seine Kultur zu pflegen und kundzutun sowie seine Sprache und Schrift zu gebrauchen.“ Diese Bestimmung hat allerdings mit Minderheitenrechten gar nichts zu tun, sie gewährleistet lediglich den freien Gebrauch jeder Sprache im privaten Leben; zum Beispiel dürfen die Chinesen in Slowenien zu Hause Chinesisch sprechen.

Faktum ist, dass die Altösterreicher in Slowenien um ihre sprachliche Existenz bangen und Slowenien die deutschsprachige Volksgruppe nicht als heimische Minderheit aner­kennt. Auch der Beitritt Sloweniens zur EU hat kein Einlenken gebracht. Die Verant­wortlichen in Laibach kümmern sich nicht um die europäischen Regeln im Umgang mit Minderheiten und ignorieren auch die Appelle des Europarates. Es ist an der Zeit, einen gemeinsamen Dialog zu suchen und im Sinne der deutschsprachigen Minderheit in Slowenien eine Reform einzuleiten. Wir denken, vornehme Zurückhaltung ist nicht mehr angebracht.

Zum Schluss ganz kurz eine persönliche Erfahrung von meiner Seite dazu: Bei meinen offiziellen Besuchen in meiner Funktion als Präsident des Bundesrates in Slowenien oder bei Besuchen von slowenischen Vertretungen war der Hinweis des diplomatischen Dienstes, dieses Thema nicht anzusprechen. Diese Haltung, denke ich, sollte nicht mehr zur Tagesordnung gehören.

Sie sehen – das sage ich auch zum Herrn Bundesminister –, es gibt sehr viel zu tun. Viel Erfolg dabei! – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei SPÖ und FPÖ sowie bei BundesrätInnen der ÖVP.)

14.06

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Josef Ofner. – Bitte, Herr Bundesrat, ich erteile es Ihnen.