15.15

Bundesrat Mag. Reinhard Pisec, BA MA (FPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Bundeskanzler Kurz ist 2017, wie wir alle wissen, mit dem Versprechen zur Wahl angetreten, die Ab­gabenquote unter 40 Prozent zu drücken, und das entspricht zu drei Viertel dem FPÖ-Wirtschaftsprogramm. 2019 das gleiche Spiel noch einmal: Bundeskanzler Kurz ist wieder zur Wahl angetreten, wieder mit dem Versprechen, die Abgabenquote unter 40 Pro­zent zu senken und hat wieder drei Viertel des FPÖ-Wirtschaftsprogramms übernom­men. (Bundesrat Steiner: Weil es gut ist!) Jetzt – drei Jahre später – muss er liefern, weil die Bundesregierung diese Wirtschaft auch ruiniert hat.

Wie schaut diese am Boden liegende Wirtschaft nun aus? Wie schaut das Hilfs­pro­gramm dieser Bundesregierung aus? – Ein Viertel – 1,4 Milliarden Euro – ist tatsächlich eine Entlastung für die Bevölkerung – nicht für die Unternehmen, für die Bevölkerung! Für 4 Milliarden Euro dieses Entlastungspakets ist die Bundesregierung selbst verant­wortlich, weil sie selbst die Wirtschaft auch versenkt hat.

Gehen wir nun ins Detail! Wie sieht das aus? – Der Verlustrücktrag ist ein gutes Modell. Das gibt es in Deutschland schon seit Jahrzehnten, es ist dort nichts Neues, in Österreich schon. 6,5 Milliarden Euro beträgt, wie wir wissen, das vom Finanzministerium gestun­dete Kapital. Das war eine gute Entscheidung von Herrn Bundesminister Blümel, das muss man ihm lassen – er hat als Einziger rechtzeitig und schnell reagiert, am Verord­nungswege. Jetzt aber sind ihm offensichtlich die Hände gebunden.

Das gilt nur für die Jahre 2019 und 2018, und wenn das Finanzministerium nicht selbst all den Konkursanträgen der österreichischen Unternehmer als Gläubiger gegenüber­stehen möchte – und muss, im Herbst, dann wird es nämlich kritisch, dann ist jedes dritte Unternehmen in Österreich ein Wackelkandidat –, bleibt der Bundesregierung nichts anderes übrig, als einen Verlustrücktrag zu machen. Aus der Not ist eine Tugend gemacht worden und es ist sicherlich kein Entgegenkommen der österreichischen Unternehmerschaft gegenüber – das traue ich dem Herrn Bundeskanzler Kurz nicht zu, so ein Unternehmensfreund ist er bei Gott nicht. (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist ein einmaliger Effekt, der auch mit einer, wie es in der Fachsprache so schön heißt, Sunsetklausel versehen wurde: Das gilt einmal für das Jahr 2020, für die vergan­genen Jahre, und nicht weiter, ist also ein Einmaleffekt.

Die Senkung der Einkommensteuer, wie bereits erwähnt, bedeutet tatsächlich eine Entlastung. Versprochen wurde das ursprünglich für fast die Hälfte oder fast drei Viertel aller Tarife, übrig geblieben ist eine einzige Tarifstufe – besser als nichts. Gut, dem stim­men wir natürlich zu.

Die Erhöhung der Luftfahrtabgabe – Entschuldigung! – ist auch wieder völlig daneben. Wir von der FPÖ sind generell gegen eine Erhöhung der Abgabenquote, und jetzt, in dieser Zeit, in der die Luftfahrtbranche ohnedies am Boden liegt, in der sie um jeden Passagier kämpft, die Flugabgaben allen Ernstes noch zu erhöhen, zeugt davon, dass man von der Wirtschaft tatsächlich nicht viel versteht. (Beifall bei der FPÖ.)

Der Budgetdienst – er ist wirklich sehr gut und man kann nur jedem empfehlen, das zu lesen – hat das Budget der Bundesregierung und die Abgabenquote analysiert. Der Wert von 3 000 Euro, den ich da übernehme, entstammt dem Budgetdienst. Das durchschnitt­liche Bruttoeinkommen – nicht das Durchschnittseinkommen in Österreich, das ist um einiges weniger, sondern das Durchschnittseinkommen des Mittelstandes, um es einmal so zu definieren – liegt bei 3 000 Euro. Der Grenzsatz, wenn man eine Gehaltserhöhung erhält, weil der Unternehmer mehr zahlen möchte, zum Beispiel um 50 Euro, dieser Grenzsatz also, ist mit einer Steuer von sage und schreibe 56 Prozent behaftet. 56 Pro­zent müssen Arbeitnehmer und Arbeitgeber an Steuern zahlen. Für jeden gewon­nenen, leistungsorientierten, erarbeiteten Euro müssen 56 Cent an den österreichischen Staat abgeliefert werden. Das ist unmoralisch, unethisch, und das lehnen wir von der FPÖ in jeder Hinsicht ab. (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt in der Krise zeigt sich, wie dieser Klumpfuß an der österreichischen Bevölkerung hängt. Wir haben wieder 500 000 Arbeitslose – unter 10 Prozent werden Sie in den nächsten Jahren nicht kommen, hat auch Herr Badelt richtigerweise gesagt beziehungs­weise erforscht.

Von der Kurzarbeit ist gar nicht zu reden: Wenn der Staat nicht die Kosten für die Kurz­arbeit übernehmen würde, würde ein Großteil eins zu eins in die Arbeitslosigkeit wandern. Das ist dieser hohen Abgabenquote geschuldet, die Bundeskanzler Kurz 2017 versprochen hat abzubauen. Bis heute ist in diese Richtung nichts geschehen. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie wissen, Sie haben ja gesagt (in Richtung Bundesministerin Schramböck), Sie sind eine CEO – meine Gratulation für 22 Jahre Tätigkeit in der Wirtschaft –: Das Eigenkapital ist das Wichtigste eines Unternehmens, denn die österreichische Wirtschaft lebt nicht vom Kapitalmarkt wie Firmen in den USA, sondern die österreichische Wirtschaft lebt von Bankkrediten. Die Banken versorgen die österreichische Unternehmerschaft mit Fremdkapital, Krediten oder Darlehen, wie auch immer. Jetzt in der Krise wird dieses Eigenkapital klarerweise angezapft, man muss es herausbrechen, um mangels Um­sätzen die Kosten zu finanzieren. Banken geben aber nur dann Kredite, wenn die Eigen­kapitalquote – das ist der wichtigste Ratingindikator – stimmt.

Man muss also hier ansetzen und das Eigenkapital der Unternehmerschaft verbessern. Dazu lese ich in diesem Konjunkturstärkungspaket – es heißt ja Konjunkturstärkungs­gesetz – überhaupt nichts. Gestärkt wird die Einkommensteuer, aber nicht die Unter­nehmerschaft. Wir wollen die KMUs gestärkt wissen, und das lese ich in diesem Kon­junkturstärkungspaket nicht heraus.

Das Investitionsprämiengesetz geht natürlich dann in die richtige Richtung, wenn die Investitionen in der Unternehmerschaft wirklich gefördert werden. Das ist nur bedingt der Fall. Ich finde die Deadline mit 28. Februar 2021 wesentlich zu früh. Eine Investition muss gerechnet werden, muss – das wissen Sie sicherlich – geplant werden, muss gerade in großen Konzernen einer Entscheidungsstruktur unterlegt werden, auch abge­stimmt werden. Das geht in den sechs Monaten sicherlich nicht. Der Zeitraum ist zu kurz.

Besser wäre es gewesen, auch die Ertragskraft der Unternehmerschaft aus der Vergan­genheit zu nutzen, auf der einen Seite einen Investitionsfreibetrag zu nehmen, das heißt, die Gewinne im Unternehmen selber dazu zu verwenden, und auf der anderen Seite dazu begleitend natürlich mit geringeren Beträgen eine Investitionsprämie zu geben. Nur mit der Investitionsprämie ohne IFB bemühen Sie aber wieder nur die Bürokratie. Ich glaube, die AWS kriegt allen Ernstes 20 Millionen Euro für diese Abwicklungsstelle. Obwohl Sie in der Bundesregierung den Anspruch haben, die Bürokratie abzubauen, wird die Bürokratie eigentlich aufgebaut. Auch das sehen wir als nicht so gut an. (Beifall bei der FPÖ.)

Eine Wirtschaftspolitik muss imstande sein, die unternehmerische schöpferische Kraft – im Umkehrschluss zu Schumpeter: nicht die schöpferische Zerstörung, sondern die schöpferische Kraft – zu befeuern, zu beschleunigen und die dynamischen Effekte zu nützen. Wenn Sie die Unternehmerschaft immer mit einer Halskrause arbeiten lassen, sodass sie sich nicht einmal umdrehen kann, dann noch mit zwei Klumpen an den Beinen fixieren, werden Sie hier in Österreich nichts erreichen, und es wird in Zukunft einen Wettkampf um die Standorte geben.

Jetzt erzähle ich Ihnen noch eine private Geschichte: Meine liebe Mutter ist 94 Jahre alt, befindet sich im 95. Lebensjahr. Sie ist vor wenigen Tagen nach Lignano gefahren, weil sie mit dem österreichischen Coronawahnsinn nichts mehr zu tun haben möchte. Sie hat sich einfach verabschiedet und hat mich heute angerufen: Reinhard, wann kommst du nach Lignano? (Heiterkeit der Bundesräte Seeber und Steiner.) Ich habe gesagt: Ich komme bald, nachdem ich den Bundesrat hier absolviert habe.

Sie rief mich auch Ende März an und hat gesagt: Reinhard, stell dir vor, die ruinieren die Wirtschaft! Tu etwas dagegen! Ich habe gesagt: Ich bin ein armer kleiner Bundesrat, ich kann nicht so viel machen. Der ÖVP sei aber ins Stammbuch geschrieben: Sie kommt vom ÖVP-Seniorenbund und hat es nicht ausgehalten, was die österreichische Bundes­regierung der österreichischen Wirtschaft angetan hat. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

15.24

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Ing. Judith Ringer. – Frau Bundesrätin, ich erteile es Ihnen.