17.39

Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser (FPÖ, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Schutz und Hilfe – das ist der Leitspruch des Bundesheers. Sie als Verteidigungsministerin sollten diesen Leitsatz eigentlich vertreten und vorleben, doch leider machen Sie das Gegenteil: Sie verun­sichern, Sie zerstören und demontieren das Bundesheer.

Wissen Sie eigentlich, was im Artikel 9a der österreichischen Bundesverfassung steht und was es bedeutet? – Falls nicht, kann ich Ihnen da ganz gerne auf die Sprünge helfen.

Punkt eins: „Österreich bekennt sich zur umfassenden Landesverteidigung.“

Zum Zweiten: „Zur umfassenden Landesverteidigung gehören die militärische, die geistige, die zivile und die wirtschaftliche Landesverteidigung.“

Auch in § 2 des Wehrgesetzes stehen die vier Aufgaben, welche für das Bundesheer niedergeschrieben sind. Die Aufgaben, welche die Ministerin zu erfüllen hat, sind also ganz klar im Gesetz geregelt, für mein Gefühl aber erfüllen Sie diese nicht. (Ruf bei der ÖVP: Es gibt viel, was ...!)

Wichtig ist Ihnen anscheinend, dass Sie recht oft in der Zeitung, in den Medien vorkom­men. Das hat schon angefangen, als Sie die Dienstgrade gelernt haben – wir haben die Tafel heute schon gesehen. Da haben Sie sich wirklich vor die laufende Kamera gestellt und sich beim Dienstgradelernen abbilden lassen. – Das war ganz ordentlich peinlich.

So geht es mit Ihren Auftritten weiter bis zum Auftritt am 30. Juni im Nationalrat, als Sie über Ihre Strukturpläne, über Ihre Reformen gesprochen haben. Dieser Auftritt war nicht einmal mehr peinlich, er war nur noch zum Fremdschämen. (Beifall bei der FPÖ.)

Frau Minister, so funktioniert Landesverteidigung nicht! Ich habe bis vor der Pause drei Soldaten in Uniform gesehen, niemand Geringerer als der Herr Generalstabschef war dabei. Bitte, wenn Sie es mir nicht glauben, uns allen nicht glauben, fragen Sie diese Herren! Die haben das Soldatensein von der Pike auf gelernt, sie verstehen ihr Hand­werk. Das wäre schön.

Von einem Verteidigungsminister erwarte ich mir, dass er weiß, was Soldaten im Frieden zu leisten haben, und auch, was sie im Ernstfall zu leisten haben. Und wenn wir schon beim Müssen sind, dann verinnerlichen Sie bitte, dass Soldaten bereit sind, ihr Leben zu lassen, dass sie einen Eid darauf geschworen haben, im Fall einer Krise, im Fall eines Notstands das Land, die Heimat und die Österreicher notfalls auch mit dem Leben zu verteidigen.

Ich mache Ihnen nicht den Vorwurf, dass Sie sich nicht auskennen, was ich Ihnen aber sehr wohl zum Vorwurf mache, ist, dass Sie ein Ministeramt angenommen haben, von dem Sie null Tau haben, und ganz offensichtlich von Ihren ÖVP-Kollegen aus dem Bundeskanzleramt ferngesteuert werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Jemanden möchte ich nicht außer Acht lassen: Völlig kompetenzlos werden Sie von Ihrem Generalsekretär im Ressort wie eine Marionette gegängelt und geführt. Ihre Serie von Pleiten, Pech und Pannen zieht sich durch wie ein schwarzer Faden, und überall dort, wo Sie im militärischen Bereich agieren, hinterlassen Sie verbrannte Erde.

Das letzte sogenannte Hoppala geschah Anfang Juli. Anfang Juli haben Sie, Frau Minister, bekannt gegeben, dass Sie keine Nachbeschaffung für die ab 2021 ausran­gierten Saab 105OE vornehmen wollen. Stattdessen wollen Sie so lange am Eurofighter festhalten, bis Sie aus dem Vertrag aussteigen können. – Na das schaue ich mir an! Ich traue mich zu wetten, Sie bekommen nicht einmal einen Termin bei Airbus, denn ich glaube, dass Airbus Sie bereits kennengelernt hat. (Beifall bei der FPÖ. – Heiterkeit des Bundesrates Steiner.)

Als Begründung für Ihre Entscheidung behaupten Sie, dass Ihre beiden Amtsvorgänger, Minister Doskozil und Minister Kunasek, sich bei der Luftraumüberwachung für ein Einflottensystem ausgesprochen haben. – Ich weise das zurück, Frau Minister! Das stimmt nicht! Sie verdrehen da die Tatsachen und ich wehre mich vehement gegen diese Aussage. Genau das Gegenteil ist nämlich der Fall: Die vom ehemaligen Verteidigungs­minister Kunasek eingesetzte Evaluierungskommission hat ganz klar empfohlen, dass eine Nachbeschaffung für die Saab 105 vorzunehmen ist. Es wäre damit die Piloten­ausbildung ganz leicht gesichert und die Luftraumkontrolle im Unterschallbereich wäre gewährleistet. Es war ja alles vorbereitet. Es war alles vorbereitet!

Es ist allerdings an der ÖVP gescheitert. Die ÖVP hat laufend verzögert. Alle notwen­digen Maßnahmen für die Saab-105-Nachbeschaffung sind 2018 bereits getroffen wor­den, nur die ÖVP ist auf der Bremse gestanden. Seit Sie hier sind, haben wir aber sogar noch einen Rückwärtsgang eingelegt. (Beifall bei der FPÖ.)

Das österreichische Bundesheer wird leider seit vielen Jahren von der ÖVP nicht sehr gut behandelt. Ich habe einen Vergleich gefunden, zu dem ich hier nichts sagen möchte, nett wäre er aber nicht gewesen. Wie ihr das österreichische Bundesheer in den letzten Jahren und Jahrzehnten behandelt habt: unglaublich.

Oder die Alouette III: 2023 wird sie 53 Jahre alt. Es gibt nicht einmal Ersatzteile dafür, und sie sollte eigentlich schon lange im Heeresgeschichtlichen Museum sein. Auch für die Hubschrauberflotte wurde 2018 eine Sonderfinanzierung auf die Beine gestellt. Es hat gerade Bundesrat Hirczy gesprochen, und ich muss sagen: Das stimmt ja nicht, was Sie vorhin gesagt haben! Minister Kunasek hat 380 Millionen Euro auf die Beine gestellt. Das war auch mit der ÖVP vereinbart, aber umgesetzt wird es nicht! Umgesetzt wird es von der ÖVP nicht, und ich frage mich, wo dieses Geld geblieben ist, denn 380 Millionen Euro sind ja nicht gerade ein Lercherl, oder?

Angedacht ist die Umschichtung der AB 212 von Hörsching. Das nutzt ja weder der Flugstaffel noch dem Militär, und den Bürgern in diesem Land schon gar nicht. Die Verschiebung der Hubschrauber wäre eine Katastrophe für dieses Land.

Wenn ich jetzt einen Schwenk in mein Heimatbundesland, Salzburg, mache, muss ich Ihnen sagen: Auch dort finde ich einiges, was im Argen liegt. Und auch da genügt es mir nicht, wenn Sie über die Medien beschwichtigende Worte bringen, auch da genügt es nicht, wenn Sie Ende Juli bei einer Angelobung sein werden und die Front abschreiten – nein, das genügt nicht. Auch da brauchen wir klare Positionen von Ihnen, nämlich verbindliche Positionen! Es schwebt ein Damoklesschwert über Salzburg: Alle Kasernen in Salzburg sind davon betroffen, dass sie Arbeitsplätze verlieren. – Sie brauchen nicht die Augen zu verdrehen, sondern nur nachzulesen, zu schauen, was dort passiert. Ich zähle Ihnen ein paar Punkte auf – ganz ernst nehmen Sie die Geschichte nicht, glaube ich. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Na! Na!)

Auch da würde ich mir von einer Ministerin eine Standortgarantie erwarten. Sie haben vorhin selbst in Ihren Ausführungen gesagt, dass Sie Liegenschaften, die nicht militä­risch genutzt werden, verwerten werden, und genau dagegen verwahren wir Freiheit­liche uns.

Im Südbereich der Schwarzenberg-Kaserne – das trifft wiederum Salzburg – droht der Verkauf von circa 2 Hektar, damit man dort irgendetwas anderes hinbaut. Sie riskieren damit den Verlust von dringend benötigten Ausbildungsplätzen. Wir hätten keinen Platz mehr für die geplante Sicherheitsinsel. Die Kollegin von den Grünen hat es vorhin schon gesagt: Wenn vielleicht wieder - - (Bundesrat Steiner: Das interessiert die Frau Minister gar nicht! Schau, Sie spielt lieber mit dem Handy!) – Na ja, Sie liest nach, ob das stimmt, was ich sage. Sie wird aber draufkommen: Es stimmt. (Zwischenruf des Bundesrates Novak. – Bundesrätin Mühlwerth: Das ist eine Krankheit der ÖVP, vom Bundeskanzler abwärts!) Genau dieser Platz ist 2015/2016 während der Flüchtlingskrise verwendet worden. Das möchten Sie jetzt eventuell leichtsinnig mit dem Liegenschaftsverkauf aufs Spiel setzen.

Gehen wir weiter zur Strucker-Kaserne in Tamsweg. Seit Jahren wird der dortige Kader durch ständige Schließungspläne seitens der Politik und der militärischen Führung verunsichert. Die dortige Personalstruktur lässt sich auch nur mit einer Standortgarantie sicherstellen. Gerade im Lungau wäre der Verlust für die Region wirklich ein Wahnsinn, nämlich wenn da Beschäftigungsmöglichkeiten verloren gingen, wenn Arbeitsplätze abwandern würden. Dieser immense Schaden für die Region, ich möchte ihn mir gar nicht ausdenken!

Ebenfalls Lungau, Strucker-Kaserne: der Verlust der Leistungsfähigkeit im Katastro­phen­fall durch den Wegfall der dortigen Großtankstellen und der Entfall, wenn die Miliz zusammengezogen werden sollte – ja wo sollte man denn das machen? – Das alles wird riskiert!

Oder, wieder Schwarzenberg-Kaserne: drohender Verlust der Anteile des Kommandos Streitkräfte, oder wenn man die beiden Luftbrigaden zusammenlegt, kommt es wieder zu einem Verlust der Streitkräfte, also der Kommandos.

Kompetenzverluste in der Wallner-Kaserne in Saalfelden – das zieht sich durch wie ein schwarzer Faden.

Ihren Zickzackkurs, was die Zerschlagung der Landbrigaden betrifft, verstehe ich auch nicht ganz. Wie schaut es denn jetzt tatsächlich aus, zerschlagen Sie die Landbrigaden oder werden im Osten Österreichs vielleicht doch noch zwei weiterbestehen können? Was bedeutet das hinsichtlich der Stärkung der Militärkommanden? – Fragen über Fragen, eine Verunsicherung nach der anderen, Chaos pur! Und Ihre ständigen Rück­zugsgefechte als Ausweg zum Ablenken von den Tatsachen ist wirklich unerträglich geworden. (Beifall bei der FPÖ.)

Frau Minister, Sie sollen ein Militär führen! Sie sollen ein Militär führen und nicht einen Strick- und Häkelkurs, und zu einem Militär gehören eben einmal schwere Waffen. Wahrscheinlich aber – jetzt sind wir wieder bei Ihrem Generalsekretär – hat Sie Ihr Generalsekretär nicht ordentlich darüber aufgeklärt oder informiert, dass bei der schwe­ren Gerätschaft schon jetzt vieles im Argen liegt. Die Panzerabwehr ist bald Geschichte. Der Ulan-Gefechtsturm ist austauschreif. Der Leopard bedarf dringend einer Überholung und hat einen Stand der Technik von gefühlt vor 500 Jahren. Er würde auch schon lange ins Heeresgeschichtliche Museum gehören.

Nun zu Ihrer ach so tollen Budgetplanung. Zuerst habe ich irgendwo gehört: Ja, das Budget ist eh aufgestockt worden. – Ja, es ist minimal aufgestockt worden, um ein bisschen etwas. Das ist ja nicht einmal ein Tropfen auf den heißen Stein. Das ist kurzfristig gedacht, denn 2023, 2024 ist das Bundesheer kaputt! Es ist am Ende, es ist ruiniert! Das Bundesheer kann es sich dann nicht einmal mehr leisten, Schießübungen durchzuführen oder Treibstoff für die Maschinen und Geräte anzuschaffen. Aber natürlich – jetzt bin ich sarkastisch – sind das alles Planungsannahmen, der Generalstab weiß ohnehin Bescheid und die Militärs sind in alle Entscheidungen eingebunden! – Ja, wer das glaubt, heißt Kurz. Ich glaube, Sie glauben nicht einmal selber dran. (Beifall bei der FPÖ.)

Bei der momentanen budgetären Situation kann man nicht mehr schönreden. Wenn es zu keiner eklatanten Aufstockung des Budgets kommt, dann ist da nichts mehr zu retten. Etwas aber finde ich schon dreist: Ich meine, es ist ja gut, wenn Sie der Miliz geben, ich finde es aber dreist, dass man für die Miliz Geld lockermacht, das medial noch wunderbar ver­kündet, man aber präsente Kader aushungern lässt. Dieses Gegeneinanderaus­spielen von Miliz und dem präsenten Kader ist unerträglich und gehört sich nicht! (Beifall bei der FPÖ.)

Zu den Kasernen: Haben Sie sich wirklich schon genau angeschaut, in welch desolatem Zustand sie sind? Dort arbeiten Soldaten und die Kasernen sind eine Zumutung par excellence für Ihre über 23 000 Mitarbeiter im militärischen Bereich. In der Privatwirt­schaft hätten Sie schon lange das Arbeitsinspektorat bei sich! Die würden die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, wenn sie sehen, unter welch unzumutbaren Bedin­gungen unsere Soldaten und die Grundwehrdiener arbeiten müssen.

Sie haben es vorhin gesagt: „Raumordnungskonzept“. Wissen Sie, wie oft ich das schon gehört habe? (Bundesministerin Tanner: Wir werden es machen!) Immer wieder aber hat die ÖVP, hat der Finanzminister kein Geld dafür lockergemacht. Immer wieder dieses Raumordnungskonzept. Solange es nicht steht, glaube ich Ihnen kein Wort dazu, dass es umgesetzt wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Leider haben Sie es verabsäumt, selbst das Zepter in die Hand zu nehmen und mit Ihrem Kanzler und Finanzminister ein ordentliches Budget für das Bundesheer auf die Beine zu stellen, damit das Bundesheer in diesem Land zumindest die Kernaufgaben erfüllen kann. Sie lassen über 23 000 Mitarbeiter im Regen stehen, und nicht nur das! Sie gefähr­den die Souveränität Österreichs und damit einhergehend die Sicherheit der Öster­reicher.

Lassen Sie es bitte nicht so weit kommen, dass unsere Soldaten nur mehr zum Regale­einräumen herangezogen und zu Lagerarbeitern degradiert werden oder dass sie sich und uns alle im Ernstfall nur mehr mit Wattebällchen verteidigen können!

Frau Minister, Sie sind (Ruf: Peinlich!) – peinlich, ja, jetzt kommt es – für mich das Paradebeispiel dafür, warum ich als Frau Quotenfrauen ablehne. (Ah-Rufe bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Steiner.) Sie wurden, so wie es sich für mich darstellt, nicht ob Ihrer Qualifikation, sondern, wie es bei mir den Eindruck erweckt, eher ob Ihrer Weiblichkeit in diese Position gehievt (Ruf bei der ÖVP: Jetzt reicht es schon! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP), und Sie sind völlig fehl am Platz in dieser Position. (Beifall bei der FPÖ.) Sie sind überfordert, Sie werden nicht ernst genommen, Sie sind völlig fehl am Platz in dieser Position und erweisen uns Frauen sicherlich keinen guten Dienst damit. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Abschließend darf ich mich ganz besonders bei allen Soldaten, welche unter widrigsten Umständen arbeiten müssen, bedanken. Unsere Soldaten nehmen ihre Arbeit ernst und leben tatsächlich den Leitspruch „Schutz und Hilfe“. – Vielen Dank! Es lebe das österreichische Bundesheer! (Beifall bei der FPÖ.)

17.55

Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Karl Bader. – Bitte.