18.02

Bundesrat Günther Novak (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wenn man jetzt nach doch immerhin 2 Stunden als neunter Redner an die Reihe kommt und genau zugehört hat, so hat man heute von den eigenen Koalitionsparteien nicht sehr viel Schmeichelhaftes über Sie gehört.

Ich habe auch in der Vergangenheit ein paar Zeitungsartikel gesammelt, und auch dort war über Sie nicht viel Schmeichelhaftes zu lesen: „Sonderbarer Zickzackkurs“ und „Tanner baut Bundesheer zum technischen Hilfswerk um“ waren ja noch harmlose Überschriften, die in den Zeitungen gestanden sind. (Bundesrat Steiner: In der „Krone bunt“!) Ein Redakteur einer bekannten Zeitung schreibt: „Warum Verteidigungsministerin Klaudia Tanner ohne Not mit einem offenbar unausgegorenen Reformkonzept fürs Bundesheer an die Öffentlichkeit ging, erschließt sich nicht einmal Insidern.“

Ich frage mich, warum. (Bundesrätin Mühlwerth: Ablenkungsmanöver!) Ich schätze Sie so ein, dass Sie erstens knallhart sind. Herr Bader hat das insofern bestätigt, dass er gesagt hat, Sie sind nicht zimperlich. Oder habe ich das falsch verstanden? – Nein, ich glaube nicht. (Bundesrat Bader: Das habe ich gerade gesagt! Da stehe ich auch dazu!) – Das ist ja auch nichts Schlechtes.

Zweitens schützen Sie den Bundeskanzler in dieser Zeit. Es sind ja doch einige Dinge passiert, die nicht so waren, wie er sich das vorgestellt hat. Oder war es in dieser Covid-Krise der Drang, in die Öffentlichkeit zu gehen, weil halt doch immer nur wenige Bun­desminister in Pressekonferenzen aufgetaucht sind und viele Ministerinnen ruhiggestellt worden sind?

Das eine und das andere schließen sich im Grunde genommen nicht aus, weil Sie selbst in Ihrem Eingangsstatement festgestellt haben: Jede Veränderung führt zu Irritationen, und es ist nicht leicht. – Das ist grundsätzlich ja auch verständlich.

Was aber ich und, ich glaube, viele Leute nicht verstehen, ist: Warum, wenn ich in die Öffentlichkeit gehe, spreche ich mich nicht mit dem Bundespräsidenten aus? Warum spreche ich mich nicht vorher mit dem Nationalen Sicherheitsrat aus, und warum spreche ich mich nicht mit dem Generalstab aus, der halt immer noch dazugehört? Das ist meine Frage. (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen der FPÖ. – Bundesrat Schennach: Dazu muss man wissen, wer Oberbefehlshaber ist!)

Da muss ja irgendwo ein Fehler passiert sein, oder Sie sind wirklich so knallhart und haben gesagt: Jetzt brauche ich diese Darstellung, damit man vom Bundesheer endlich einmal in der Öffentlichkeit hört, und ich bin der Chef – und sonst niemand anderer –, der das einfach so machen will. Okay, es ist so, man muss es akzeptieren.

Das Zitat geht weiter: „Dass die angeblich so staatstragende ÖVP mit dem Bundesheer wenig am Hut hat, zeigt ein Blick auf die letzten 30 Jahre. Im Koalitionsabkommen wurde ein weiterer Abverkauf schwerer Waffen beschlossen.“ – Da treffen sich ÖVP und Grüne wieder. Über die Grünen hat ja heute im Grunde genommen niemand geredet, aber sie sind ja der Koalitionspartner. Wenn ich Stögmüller David, der ja jahrelang bei uns hier gesessen ist, oft einmal im Fernsehen wie ein scheues Rehlein herumspringen sehe, dann frage ich mich: Was tragen die Grünen eigentlich zu dieser Situation bei? (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen der FPÖ. – Bundesrätin Mühlwerth: Nichts!) – Nichts!

Zusammenfassend muss man eigentlich feststellen: Der Zustand des österreichischen Bundesheeres – das ist heute immer wieder gesagt worden – ist zweifelsohne besorg­nis­erregend. Das war er ja auch schon davor. Seine verfassungsmäßig auferlegten Aufgaben können heute sicher nicht mehr in vollem Umfang erfüllt werden. Es fehlen dazu das notwendige Geld und die entsprechende Ausrüstung. Das sind alles Wieder­holungen, die wir jetzt 2 Stunden lang gehört haben.

Der Begriff der militärischen Landesverteidigung ist zudem neu zu definieren, und die Rahmenbedingungen sind an das 21. Jahrhundert anzupassen. Die Bedrohungsbilder haben sich in den letzten Jahren deutlich geändert – auch das haben Sie, Frau Bundes­ministerin, und auch viele Redner gesagt –, und die Prioritäten sind teilweise in Richtung Katastropheneinsatz, Cyberkriminalität, Pandemien, Blackouts, Terror und so weiter auszurichten.

Man sollte aber immer wieder – und das ist, was Ihnen halt immer wieder vorgeworfen wird – diese militärische Landesverteidigung miteinschließen und in den Vordergrund stellen, denn das ist das, womit sich die Österreicherinnen und Österreicher vor allem auch identifizieren.

Wie Sie schon gemerkt haben, schneide ich immer gerne ein bisschen Zeitungsartikel aus. Ich bin Kärntner – das haben Sie sicher schon gemerkt –, und Sie haben mit unse­rem Landeshauptmann gesprochen. Ich habe auch mit unserem Militärkommandanten gesprochen. Wir sind ja föderalistisch und eigentlich für unsere Bundesländer da, deswegen stehe ich ja am Rednerpult.

Sie sagen, dass Katastropheneinsätze und Ähnliches weiter im Vordergrund stehen, und wir wissen alle, was so alles in letzter Zeit passiert ist, welche Wetterprobleme wir hatten, wie viel Regen und Muren und Niederschläge wir Jahr für Jahr mit Millionenschäden bei uns in Kärnten hatten. Jetzt haben wir bei uns Richtung Hohe Tauern und dann wieder im Unterland oder in Mittelkärnten diesen Hubschrauberstützpunkt. Ich weiß nicht, wie es in anderen Bundesländern ist, aber wir in Kärnten stellen die Infrastruktur bereit. Der Stützpunkt ist leider Gottes nur temporär besetzt, deswegen würden wir uns einfach nur wünschen, dass wir nicht nur wochen- oder tageweise einen Hubschrauber samt Piloten haben, sondern dass es dort einen ständigen Einsatz gibt.

Wenn ich lese, dass Generalstabschef Robert Brieger eigentlich festgestellt hat – und das ist ja heute auch schon öfters gesagt worden –, dass Hubschrauber angekauft werden, dann sage ich, würden wir uns in Kärnten wünschen, dass wir einen fixen und ständigen Stützpunkt haben, damit wir wirklich – ich bin ja als Bürgermeister selbst auch bei der Bergrettung und bei der Feuerwehr – bei Bränden, bei Lawinen, bei Muren – und was es halt alles gibt – schnell mit dem Bundesheer gemeinsam dort tätig werden können. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

Es ist heute auch über das Budget gesprochen worden. Wir brauchen nur nach Deutsch­land zu schauen, was Trump mit Deutschland aufführt, weil diese Summen, was die Nato anbelangt, nicht bezahlt werden. Wir werden auch nicht 1 Prozent des BIPs zahlen können, aber wir haben immer davon gesprochen, dass es rund 3 Milliarden Euro sein sollten, die wir realistischerweise zur Verfügung stellen, damit wir uns diese Kampf­pan­zer oder Flugzeuge – auch das ist heute sehr ausführlich besprochen worden: sie sind in weiterer Folge als Kampfflugzeuge zu bestücken – leisten können.

In der Bestandsaufnahme „Unser Heer 2030“ steht: „Werden die Abfangjäger nicht ent­sprechend ihrer Aufgabe ausgerüstet“, wäre außerdem die „Souveränität des Luftrau­mes“ aufgegeben. Es ist klar, dass das passieren wird, wenn es so läuft, wie es derzeit ist, wenn wir dem Ganzen nicht entgegenwirken.

Vielleicht auch noch einen Satz zur Miliz: Da bin ich nicht ganz mit allem, was gesagt worden ist, einverstanden, denn die 200 Millionen Euro, die da eingesetzt werden, sind ja nicht so wenig Geld. Das ist, sage ich jetzt einmal, ein Etappenziel, das man erreicht hat. Es wird wahrscheinlich schon noch mehr dafür brauchen, aber es werden in den nächsten zwei, drei Jahren – und das sollte man einfach nicht verheimlichen – Schutzausrüstungen, Nachtsichtgeräte angeschafft.

Über die unterschiedliche Besoldung der Soldaten – das muss man auch sagen – hat es einen Mordsaufruhr geben. Die Soldaten beziehungsweise jene, die zur Miliz einge­rückt sind, sind unterschiedlich besoldet worden. Ich meine, das geht nicht, das ist ein Wahnsinn! Das ist eigentlich unvorstellbar. Ich glaube aber, dass wir schon in die richtige Richtung denken. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

Sie sagen, Sie haben in Kärnten auch mit Landeshauptmann Peter Kaiser darüber gesprochen. Seit 2004/2005 reden wir darüber, dass die Hensel-Kaserne neu gebaut wird und die anderen zwei Kasernen dann mit dieser Pionierkaserne zusammengelegt werden. Das ist auch der richtige Weg. Sie müssen sich aber vorstellen, dass wir irgend­wann einmal ungeduldig werden, wenn versprochen, versprochen, versprochen wird und schlussendlich nichts passiert. Das ist unbedingt notwendig. Ich nehme das heute so mit nach Hause, wie Sie das gesagt haben: Es wird gebaut – so haben Sie es uns in Ihren Ausführungen mitgeteilt, und ich gehe jetzt davon aus, dass das auch so ist. (Bundesrat Schennach: Aber die Leute haben nichts gesehen!)

Versuchen wir gemeinsam im Sinne unserer Verfassung und zum Wohle der Bevölke­rung, die zukünftigen Aufgaben des Bundesheeres ehrlich und zeitgemäß zu definieren und die notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen, um alle Bereiche hundertprozentig auszuüben, was immer dann auch übrigbleibt.

Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Verlassen Sie Ihren Zickzackkurs, der hat Sie nämlich in diese Bredouille gebracht, in der Sie jetzt sind, und kehren Sie wieder zur militärischen Landesverteidigung zurück, auch damit wir im Ausland wieder ernst ge­nommen werden und das Bundesheer als Partner angesehen wird. Das sind wir vor allem unseren Soldatinnen und Soldaten schuldig, damit nicht das passiert, was San Marino passiert: dort gibt es nämlich ein Heer mit Pfeil und Bogen. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

18.12

Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth. Ich erteile ihr dieses. – Bitte, Frau Kollegin.