19.25

Bundesrätin Ing. Isabella Kaltenegger (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause via Livestream! Wir diskutieren heute über das Waldfondsgesetz, ein Bundesgesetz, das für die heimischen Waldbauern eine massive Verbesserung darstellt. Das Gesetz beinhaltet sowohl die Abgeltung von Borkenkäferschäden als auch die Förderung klimafitter Wälder, aber auch Maßnahmen, die zu einer vermehrten Verwendung von Holz führen sollen. Dieses Maßnahmenpaket von 350 Millionen Euro ist eine dringend notwendige Unterstützung für die heimische Forstwirtschaft. Dieses Maßnahmenpaket ist die größte Investition in den österreichi­schen Wald, die es je gegeben hat. Es ist dringend notwendig und wichtig.

Warum ist es so wichtig? – Weil unsere Wälder wesentlich für die Erhaltung der biolo­gischen Vielfalt sind, weil eine funktionierende Familienforstwirtschaft eine wichtige Schutz-, Erholungs- und Wohlfahrtsfunktion für unsere Gesellschaft erbringt und weil der Wald auch ein bedeutender Wirtschaftsfaktor sein sollte. Ich sage bewusst „sein sollte“, weil er es heute eigentlich nicht mehr ist.

Ein paar konkrete Zahlen aus meinem Heimatbundesland, der Steiermark: 62 Prozent der Landesfläche sind bewaldet. Mit rund 1 Million Hektar ist die Steiermark das wald­reichste Bundesland Österreichs, und in der Wertschöpfungskette Holz sichert unser Wald mehr als 55 000 Menschen Einkommen und Existenz. Der Produktionswert beträgt rund 5 Milliarden Euro, das entspricht einem Sechstel der steirischen Wirt­schafts­leistung. Im gesamten Bundesgebiet reden wir von rund 300 000 Arbeitsplätzen in 172 000 Betrieben. Allein diese Zahlen zeigen die Bedeutung des Waldes nicht nur für die Umwelt, sondern auch für unseren Wirtschaftsstandort.

Es gibt sehr viele Gründe, auf unsere Wälder zu achten und deren Bewirtschaftung auch weiterhin zu gewährleisten. Ich bewirtschafte selber einen Forst und weiß genau, wovon ich rede.

Was hat sich denn in den letzten Jahren verändert? – Stürme, Schneedruck und auch das vermehrte Aufkommen des Borkenkäfers sind die Folgen eines massiven Klima­wandels. Diese Folgen haben bei den österreichischen Waldbäuerinnen und Wald­bauern zu massiven Einkommenseinbußen geführt.

Auch dazu ein paar konkrete Zahlen, die das verdeutlichen: Die Waldfläche Österreichs hat die Marke von 4 Millionen Hektar überschritten, und das sind 47,9 Prozent der österreichischen Staatsfläche, das heißt, fast die Hälfte Österreichs. Von den 18,9 Mil­lionen Festmetern Holz, die im Jahr 2019 geerntet wurden, waren 62 Prozent Schad­holz. Schadholz heißt es, wenn die Bäume nicht gefällt werden, weil sie alt genug sind beziehungsweise das Alter erreicht haben, sondern wenn sie durch Stürme umgerissen oder durch den Borkenkäfer zum Absterben gebracht werden. Konkret heißt das: Von drei Bäumen, die in Österreich geerntet werden, wird nur ein Baum planmäßig geerntet.

Wie dramatisch diese Entwicklung ist, zeigt ein Vergleich: Im Jahr 2012 lag die Schad­holzmenge bei 3,3 Millionen Festmetern, im Jahr 2019 waren es bereits 11,7 Millionen Festmeter, das ist fast 3,5-mal so viel. Das führte natürlich zu einem massiven Preis­verfall, der durch die Coronapandemie noch verstärkt wurde. (Bundesrat Pisec: Durch die Monokultur!) Die Nachfrage nach dem Rohstoff Holz ist eingebrochen, und die Exporte in die Hauptexportländer wie Italien sind massiv zurückgegangen.

Dazu ein konkretes Beispiel aus meinem Wald: Ein paar Hundert Meter unter der Forststraße befindet sich im steilen Gelände ein Käfernest. Das ist eine Gruppe von Bäumen, die durch den Borkenkäfer befallen ist und so rasch wie möglich geschlägert und aus dem Wald entfernt werden muss, damit die Vermehrung der Borkenkäfer vermindert werden kann. Für die Bringung ist unbedingt ein Seilkran erforderlich. Wie viel kostet ein Seilkran pro Festmeter? – Man kann mit 38 Euro rechnen. Und jetzt, liebe Kolleginnen und Kollegen, frage ich Sie: Wie viel bekomme ich für dieses Schadholz, für dieses Faserholz pro Festmeter? – Ich sage es Ihnen: Wenn ich Glück habe, 35 Euro, wenn ich überhaupt einen Abnehmer finde. Hunderttausende Festmeter müssen näm­lich gelagert werden, weil es keinen Abnehmer dafür gibt. Und da sind weder die Kosten für die Wegerhaltung noch für die Wiederaufforstung, geschweige denn für die Kultur­pflege oder Verbissschutzmaßnahmen enthalten.

Dass es nicht nur mir so geht, zeigt die jährliche Erhebung der Daten von 120 Klein­waldbetrieben in Österreich. Betriebswirte, die diese Daten ausgewertet haben, kleiden die Zahlen in eine kühle betriebswirtschaftliche Feststellung. Für das Jahr 2019 weisen laut dieser Angabe die Betriebe einen – man höre und staune – negativen Betriebserfolg von 5,68 Euro pro Festmeter aus. Auf Deutsch: Pro geerntetem Festmeter zahlen die Betriebe, statt etwas zu verdienen, mehr als 5 Euro dazu. Für viele stellt sich dadurch natürlich die Frage: Macht es überhaupt noch Sinn, einen Wald zu bewirtschaften?

Sehr geehrte Damen und Herren, stellen Sie sich einmal vor, wie Österreich ausschauen würde, wenn niemand mehr seinen Wald ordnungsgemäß bewirtschaften würde! (Bun­desrat Pisec: Urwald ist auch schön!) Trostlos würde es aussehen! Um dem entgegen­zuwirken, ist dieses Forstpaket so wichtig. Es trifft mit vielen Einzelmaßnahmen punkt­genau die Notwendigkeiten. Es ist nachhaltig und zukunftsorientiert, denn dieses Paket beinhaltet unter anderem Forschungsschwerpunkte zur Unterstützung widerstands­fähiger Wälder, eine Holzbauoffensive, die Errichtung von Lagerstätten für Schadholz, die Abgeltung eines Teils des Wertverlustes bei Schadholz und die Förderung von Wiederaufforstung und Pflegemaßnahmen nach Schadereignissen.

Wir alle sprechen immer von Nachhaltigkeit. Unsere Forstbetriebe, Waldbäuerinnen und Waldbauern leben diese Nachhaltigkeit seit vielen Generationen tagtäglich. Jeder Euro, der in unsere nachhaltig bewirtschafteten Wälder fliest, kommt in den nächsten Jahren für unsere Gesellschaft doppelt zurück. Schauen wir auf unsere Wälder im Interesse des Klimaschutzes, schauen wir, dass unsere Forstbetriebe, Waldbäuerinnen und Waldbauern ein gesichertes Einkommen haben! Dieses Paket ist gut durchdacht, dieses Paket enthält viele konkrete Einzelmaßnahmen, die ein kräftiges Signal für eine Wald­bewirtschaftung mit Herz und Hirn sind. Unterstützen Sie dieses Paket als eine Zukunfts­investition! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schererbauer.)

19.32

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Thomas Schererbauer. – Bitte, Herr Bundesrat, ich erteile es Ihnen.