10.07

Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser (FPÖ, Salzburg): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Die Lage bezüglich Ar­beitslosigkeit bei Jugendlichen war ja eigentlich schon vor Corona prekär, mit Corona hat sich die Zahl verdoppelt. Das ist eine schwierige Situation für unsere jungen Men­schen in diesem Land, sie stehen eigentlich vor einer ungewissen Zukunft. Die Lehrstel­lensuchenden werden mehr, die Lehrstellen werden weniger. Wenn man einer Market-Studie glauben darf, werden im Herbst rund 10 000 Lehrstellen zusätzlich fehlen.

Was mich jetzt irritiert, ist: Gestern war Ihre Kollegin, Ministerin Schramböck, hier und hat von einem Lehrstellenüberhang gesprochen. Das hat mich ein bisschen irritiert, weil ich nicht glaube, dass wir in Österreich einen Lehrstellenüberhang in einem Ausmaß haben, dass wir jubeln könnten. Vielleicht gibt es ihn in gewissen Bereichen, aber insge­samt zweifle ich das an.

Ich verstehe schon auch die Unternehmer ein wenig, wenn sie sich momentan, in dieser Situation, nicht drübertrauen, Lehrlinge einzustellen. Es sitzt der Schrecken einfach noch in den Knochen: Die haben durch den Lockdown keine Umsätze gehabt, das bedeutet Millionenverluste für die Unternehmen, und im heurigen Jahr ist dieser Umsatzverlust sicherlich nicht mehr aufzuholen.

Weiters darf ich eine leichte Kritik – eigentlich eine starke Kritik – an die Regierung richten: Durch die permanente Panik- und Angstmache, dass wir eventuell auf einen zweiten Shutdown zusteuern, traut sich halt kein Unternehmer drüber, dass er zusätzli­ches Personal einstellt, weil schließlich und endlich, wenn etwas schiefgeht, ja der Unter­nehmer das wirtschaftliche Risiko tragen muss. Da wird der Staat nicht für ihn einsprin­gen. Im Gegenteil: Es wird sogar das Epidemiegesetz, wenn irgendeine Krise kommt, außer Kraft gesetzt. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Unternehmen brauchen Sicherheit, sie brauchen Planungssicherheit. Es ist zwar vielleicht eine gut gemeinte Geste, dass dieser Lehrlingsbonus von 2 000 Euro in zwei Tranchen ausbezahlt wird, das ist aber eine Einmalzahlung, welche den Unternehmen gar nichts bringt, weil sie ein Tropfen auf den heißen Stein ist. Was die Unternehmen brauchen, ist Planungssicherheit vom ersten Tag des Lehrverhältnisses des jungen Menschen an bis zur Überreichung des Gesellenbriefs. Denken wir an den Blum-Bonus, der den Unternehmer wirklich vom ersten bis zum letzten Lehrtag unterstützt hat. So hat der Unternehmer Planungssicherheit.

Viele Betriebe haben sich 2008, 2009 – wir haben es ja damals gesehen –, nach der Finanzkrise also, nicht drübergetraut, Lehrlinge einzustellen. Facharbeitermangel hat im Land Einzug gehalten, das haben wir gesehen. Geben wir unseren Unternehmern Mut und auch die Möglichkeiten – vielleicht mit einem Blum-Bonus –, dass sie Lehrlinge ein­stellen können, also junge Menschen ausbilden können.

Genau diese Perspektiven und diese Planungssicherheit brauchen auch unsere jungen Menschen. Ich habe es vorhin schon gesagt: Jugendarbeitslosigkeit ist ja keine neue Erfindung, allein durch Corona bedingt. Ich gehe einen Schritt zurück und sehe da in den letzten Jahren und Jahrzehnten sehr wohl große Verfehlungen in unserem Bildungs- und Ausbildungssystem.

Das Bildungssystem in Österreich ist mit dem Lehrberuf, mit unserer dualen Ausbildung ja ausgezeichnet. Bis die jungen Menschen aber einmal zu einem Lehrverhältnis kom­men, ist es ein steiniger Weg. Wenn wir Schüler haben, die nach neun Jahren Schul­pflicht nicht einmal sinnerfassend lesen oder gut schreiben können, ja wie sollen sie dann Arbeitsanweisungen ordentlich verstehen und sich in die Wirtschaft einbringen können? Ich kenne viele Betriebe, die darum ein drittes Standbein für die Lehrlinge auf­gebaut haben, nämlich zusätzlich zur dualen Ausbildung noch eine Ausbildung innerhalb des Betriebs.

Frau Minister, Kollege Rösch hat Sie vorhin gefragt, welche konkreten Lösungen Sie haben und welche Aktionen Sie setzen. Ich glaube, Sie kommen nach mir eh noch ein­mal zu Wort, bitte gehen Sie darauf noch einmal ein!

Sie haben sich auch bei allen Mitarbeitern des AMS bedankt. Sie können ihnen auch Danke sagen: Vom Betriebsrat wäre ein Bonus angedacht gewesen – der ist leider am 30. Juni abgelehnt worden. Ein Bonus für die Mitarbeiter des AMS wäre angebracht, oder zumindest dass man ihnen zwei Urlaubstage Sonderurlaub schenkt. Was meine Kollegen beim AMS in den letzten Monaten geleistet haben: Hut ab! Die haben sich verausgabt! (Beifall bei FPÖ und SPÖ.)

Sie haben sich verausgabt, sie sind teilweise physisch und psychisch über ihre Grenzen gegangen. Es war für meine Kollegen aber eine Selbstverständlichkeit, im Sinne einer guten Lösung zusammenzustehen, zusammenzuhelfen und zusammenzuarbeiten.

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Den Schlusssatz bitte!

Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser (fortsetzend): Ja, das Ausbildungssystem gehört reformiert. Geben wir der Jugend eine Chance! Fordern und fördern wir unsere Jugend! Es wird zu unser aller Wohle sein. – Vielen herzlichen Dank! (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der SPÖ.)

10.13

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Zur Abgabe einer abschließenden Stel­lungnahme hat sich nochmals die Frau Bundesministerin zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr und darf sie bitten, die Redezeit von 5 Minuten nach Möglichkeit einzuhalten.