10.32

Bundesrat Josef Ofner (FPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Wenn man die Debatte in der Aktuellen Stunde verfolgt hat, dann konnte man den Eindruck gewinnen, dass vor allem gewisse Personen in der ÖVP ein verzerrtes Realitätsbild haben. Sie meinen, dass eigentlich alles bestens ist, dass wir auf dem besten Weg sind und es die entsprechenden Maßnahmen gibt. – Diese werden allerdings nicht umgesetzt.

Ich möchte jetzt die Realität in ÖVP-Rhetorik darstellen: Danke, ÖVP! Danke, lieber Bas­ti, lieber Messias, fürs totale Herunterfahren unserer Wirtschaft! (Bundesrat Steiner: Danke!) Ein herzliches Dankeschön natürlich auch für die extrem negativen Auswirkun­gen auf unsere Wirtschaft und ein extrem großes Dankeschön natürlich auch für die negativen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt in Form von Rekordarbeitslosigkeit. (Bun­desrat Pisec: Danke!) Danke vielmals vor allem auch für die unzähligen Pressekonfe­renzen ohne Lösungsansätze und Inhalte! (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt eine Bitte: Kehren Sie wieder zur Realität zurück! Man hat heute von Ihnen auch gehört: Auch bei den Jugendlichen haben wir keine Probleme! – Bitte sehr: Bei den Ju­gendlichen unter 25 Jahren – und da sind natürlich auch die Lehrlinge dabei – hat sich die Zahl der Arbeitslosen verdoppelt! Wenn man sich die Zahlen vom Juni dieses Jahres anschaut, dann sieht man, dass über 45 000 junge Menschen arbeitslos sind und wir eine Steigerung von 80,5 Prozent gegenüber dem Juni des Vorjahres haben. Erschwe­rend beziehungsweise verschärfend kommt noch dazu, dass eine aktuelle Studie des Marketinstituts besagt, dass wir vor allem im Herbst einen eklatanten Lehrstellenmangel haben werden, da wir rund 10 000 Ausbildungsplätze weniger haben werden.

Wenn man diesbezüglich eine entsprechende Trendumkehr erwirken möchte, dann wird es notwendig sein, dass man sofort entsprechend effiziente Maßnahmen ergreift, um diese Problematik zu lösen! Aus diesem Grund werde ich heute einen Entschließungs­antrag einbringen, der eine entsprechende Lehrlingsförderung zur Schaffung und zum Erhalt der Lehrplätze vorsieht. Wir sehen die adaptierte Wiedereinführung des soge­nannten Blum-Bonus als probates Mittel, denn dieser Bonus hat sich bereits in den Jah­ren 2004 und 2008 bewährt. Wir sehen das als weiter gehenden Ansatz als nur Lehr­platzgarantien über die ÜAZs, also die Überbetrieblichen Ausbildungseinrichtungen, die zwar wichtig sind, aber laut Blum das Lehrstellenmanko nicht ausreichend kompensieren werden können.

Die Situation muss zudem als verschärft gesehen werden, weil laut einer Studie jeder dritte Betrieb in Österreich heuer keine Lehrlinge aufnehmen möchte und vor allem auch im nächsten Jahr mit dieser Tendenz zu rechnen sein wird; das wird sich ähnlich ver­halten. Daher wird es wichtig sein, dem Lehrberuf in der Bewusstseinsbildung wieder jene Wertschätzung und Attraktivität zukommen zu lassen und zu verleihen, die er ver­dient. Man muss nämlich auch sagen, dass man über Jahrzehnte eine verfehlte Politik in Form einer beispiellos abwertenden Haltung gegenüber dem Lehrberuf verfolgt hat, die sich nunmehr rächt. (Beifall bei der FPÖ.)

In diesem Zusammenhang wird es auch notwendig sein, wie Sie heute auch gesagt ha­ben, bei der Berufswahl besser auf die Eignungen und Neigungen einzugehen, denn es ist ein alarmierendes Signal, wenn man heute in Österreich sieht, dass jeder fünfte Lehr­ling infolge einer falschen Berufswahl seine Lehre abbricht.

Nach den von Blum ausgearbeiteten Fördermodellen – er sieht zwei Varianten von För­dermodellen im Hinblick auf die Coronapandemie vor – wäre eine Variante die Vergü­tung der vollen Lehrlingsentschädigung für die Aufnahme der ersten fünf Lehrlinge in einen Betrieb im Jahr 2020, und diesfalls würde das Fördervolumen bei 20 000 Lehrlin­gen 168 Millionen Euro betragen. Außerdem gibt es eine gestaffelte Variante mit 400 Eu­ro, 200 Euro beziehungsweise 100 Euro, aufgeteilt auf die Lehrjahre, vierzehnmal im Jahr. Bei diesem Modell hätte man bei 20 000 Lehrlingen ein Fördervolumen von 196 Millionen Euro.

Das wären effektive Maßnahmen, und daher sehen wir die Umsetzung einer dieser Varianten als dringend notwendige Maßnahme, um entsprechende Anreize für die Be­triebe zu schaffen, Lehrlinge auszubilden beziehungsweise sie vor allem erst einmal aufzunehmen.

In diesem Sinne stelle ich folgenden Entschließungsantrag:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Josef Ofner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Lehrlingspaket für Österreichs Lehrlinge – Wiedereinführung des Blum-Bonus“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzu­leiten, mit der ein an die aktuelle Situation angepasster ‚Blum-Bonus‘, der einen monatli­chen Zuschuss für die gesamte Lehrzeit für Lehrlinge garantiert, eingeführt wird.“

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Abschließend möchte ich auch noch darauf hinweisen, dass es vor allem für die kleinen und mittleren Betriebe notwendig sein wird, entsprechende Anreize zu schaffen, um dem Fachkräftemangel und vor allem der Jugendarbeitslosigkeit entgegenzutreten. Dabei muss die Attraktivierung des Lehrberufes einen festen Schwerpunkt bilden.

Es ist aber noch eine ganz wichtige Maßnahme notwendig – Frau Ministerin, wenn Sie mir bitte Ihre Aufmerksamkeit schenken –: Hinsichtlich der Bedürfnisse unserer Lehrbe­triebe muss auch die Verordnung betreffend Beschränkungssituationen und Beschäfti­gungsverbote für Jugendliche an die Realität angepasst werden, denn es wurden Be­schränkungen und Verbote geschaffen, die es den Unternehmen beinahe unmöglich machen, dass sie Lehrlinge aufnehmen und ausbilden. In gewissen Situationen schwin­det nämlich die Begeisterung wirklich. (Beifall bei der FPÖ.)

Der wichtigste Schwerpunkt, die wichtigste Größe ist aber wieder einmal der Faktor Zeit, denn wenn diese Maßnahmen nicht sofort ergriffen werden, kann man dieser Thematik im Zusammenhang mit Fachkräftemangel und Jugendarbeitslosigkeit nicht entgegen­treten. Daher wäre es wichtig, Frau Ministerin und – vor allem – werte Kollegen von der ÖVP, hier nicht nur zu reden, sondern endlich zu handeln! Setzen Sie die notwendigen Schritte! Ein erster Schritt wäre es, unseren Antrag heute zu unterstützen. (Beifall bei der FPÖ.)

10.40

Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Der von den Bundesräten Josef Ofner, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Lehrlingspa­ket für Österreichs Lehrlinge – Wiedereinführung des Blum-Bonus“ ist genügend unter­stützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als nächste Rednerin darf ich Frau Bundesrätin Heike Eder ans RednerInnenpult bit­ten. – Bitte sehr.