11.56

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Frau Ministerin! Die anstehende Anpassung im Energieeffizienzgesetz ist viel­leicht auf den ersten Blick nicht extrem prickelnd, sie macht aber doch klar, und das halte ich für nicht unwichtig – das ist vorhin schon kritisiert worden, aber genau das findet jetzt statt –, dass der Bund bei Beschaffung und Anmietung und Nutzung von Gebäuden kla­rer auf Energieeffizienz Rücksicht zu nehmen hat. Das geht zurück – wir haben es ge­hört – auf eine Rüge der Kommission, die übrigens schon länger zurückliegt. Also das hat uns ja nicht die jetzige Regierung eingebrockt oder das offenbar irgendwie nicht so genau genommen, trotzdem lenkt jetzt das Thema Energieeffizienz die Debatte auf ein wirklich wichtiges Thema, wenn es um die Energiewende geht, die anzugehen ist.

Das Regierungsprogramm setzt sich ja, Sie wissen das, ein überaus ambitioniertes Ziel, nämlich 2040 Klimaneutralität zu erreichen, das heißt, bis dahin komplett aus allen fossilen Energieträgern ausgestiegen zu sein. Ja, da muss man klar sagen, das werden wir nicht erreichen, wenn es nicht gelingt, den Energieverbrauch zu reduzieren, gar keine Frage. Natürlich muss man gleichzeitig die erneuerbaren Energieträger massiv ausbau­en, aber das wird halt auch extrem schwierig, wenn uns praktisch gleichzeitig der Ener­gieverbrauch gleichsam davonrennt. Leider ist er in den letzten Jahren immer noch ten­denziell gestiegen; jedenfalls ist es noch nicht gelungen, eine Trendwende herbeizufüh­ren, eine Energiewende herbeizuführen. Das steht nun an, und da sind wir auch intensiv dran.

Ich möchte schon anmerken, dass wir praktisch auch Dinge korrigieren müssen, auf­räumen müssen, die in der Vergangenheit versäumt wurden. Herr Kollege Bernard, noch während Ihrer Regierungszeit ist halt in dieser Hinsicht nichts passiert. Ich bin jetzt schon gespannt auf die Unterstützung für die kommenden Gesetzespakete in diese Richtung, Sie haben schon einmal vorsorglich eine ganze Reihe von Abers angedeutet.

Ja, Energieeffizienz ist keine leichte Aufgabe, denn es gibt kaum etwas anderes, das so eng mit der Art, wie wir wirtschaften, mit unserem Konsumverständnis, mit unserem Ver­ständnis, mobil zu sein, verbunden ist. Den Energieverbrauch zu senken bedeutet immer mehr oder weniger auch die Nutzung selbst zu hinterfragen, und es ist halt auch regulativ komplexer, als beispielsweise Ökostrom aufzubauen. Das wird auch eine Herausforde­rung, aber da kann man etwas dazubauen, immerhin verändert man nicht so sehr be­stehende Strukturen. Das ist bei Energieeffizienz eben ganz anders, da gibt es ein viel grundlegenderes Eingreifen und auch, ja, Berühren von bestehenden Systemen und Prozessen.

Ein Effekt, der leider immer wieder auftritt, das Leben nicht leichter macht in der Ener­gieeffizienz, das sind die sogenannten Reboundeffekte. Das heißt, die Wirtschaft entwi­ckelt effizientere Geräte, das ist gut so, aber es entsteht dadurch immer ganz automa­tisch ein Anreiz, davon wieder mehr zu nutzen. Nur ein paar Beispiele: Das Auto ist definitiv effizienter geworden, die Motoren sind besser geworden, aber die Autos größer, es werden mehr Kilometer gefahren.

Da kommt es dann darauf an, zu überlegen, wie man das jetzt macht, dass die Motoren, die Autos effizienter werden und gleichzeitig nicht genau diese Effekte eintreten, dass dann beispielsweise größere Autos in einem viel zu großen Ausmaß gekauft werden, wie wir es derzeit haben.

Oder allgemeiner gesagt: Einkommensgewinne durch weniger Energieverbrauch führen halt oft woanders wieder zum Konsum und damit zu mehr Verbrauch. (Vizepräsident Buchmann übernimmt den Vorsitz.)

Das bestehende Energieeffizienzgesetz – wir haben es gehört – war leider kein großer Erfolg. Das hat mehrere Gründe, einer davon ist, dass viel zu viele nicht wirksame Maß­nahmen anrechenbar waren; das ist ja auch zum großen Teil ein Bottom-up-System in der Anrechnung. Das hat ganz nebenbei noch zu einem Preisverfall geführt, dadurch war auch der Fonds nicht entsprechend ausgestattet; ja, Mitkopplung sozusagen. Bei­spiele dafür sind diese berühmten Durchflussbegrenzer an Wasserhähnen oder kuriose Additive bei Treibstoffen. Solche Scheinmaßnahmen wird es in Zukunft nicht mehr ge­ben.

Das Regierungsprogramm ist sehr ambitioniert, auch betreffend Energieeffizienz. Die Frau Ministerin hat es gesagt, die Novellierung des Energieeffizienzgesetzes ist im Wer­den, und es soll dieses Mal wirklich wirksam werden. Wir hoffen, dass wir in absehbarer Zeit damit in Begutachtung gehen können. Es wird übrigens innerhalb dieses Gesetzes einen großen Schwerpunkt zur Energiearmut geben – auch das ist angedeutet worden –, um gerade Menschen in Haushalten, die es hinsichtlich Einkommen nicht so dick haben, wirklich zu helfen.

Es ist aber schon jetzt gelungen – auch das ist angeschnitten worden –, die Mittel für Energieeffizienz im Energieeffizienzgesetz massiv aufzustocken, 650 Millionen Euro in zwei Jahren für thermische Sanierung, 50 Millionen Euro Haftungsübernahme für Contracting­projekte. Das ist ein sehr genialer marktorientierter Zugang. Im Grunde wird die ganze Planungs- und Umsetzungsarbeit über Profis, über Contractoren erledigt. Um Sicherheit zu bieten, dass die da nicht über die Einsparungen um ihre Erträge umfallen, ist geplant, da Haftungen zu übernehmen.

Ganz wichtig: 100 Millionen Euro in zwei Jahren für Energieeffizienzmaßnahmen in Haushalten mit besonders geringem Einkommen. Das ist schon ein Brocken und ein großer Schritt. Was steckt dahinter? – Es geht darum, dass genau diese Haushalte in die Lage versetzt werden, Investitionen zu tätigen, Maßnahmen zu setzen, die den Ener­gieverbrauch dauerhaft senken und damit dauerhaft zur Energiekosteneinsparung und zu mehr Haushaltseinkommen und damit auch zu einer Anhebung des Wohlstandes führen.

Ja, Kollege Novak, wir gehen dieses Thema wirklich strukturiert an. Ich verstehe das gut, unterstelle jetzt auch gar nichts, es ist sicher gut gemeint, aber das, was Sie machen, das sind Schnellschnellanträge. Was wir jetzt wirklich brauchen, sind strukturelle, durch­dachte Maßnahmen, die wirklich langfristig die Kosten für diese Menschen senken. (Bun­desrat Steiner: Also ihr habt eure Anträge nicht durchdacht! Bundesrätin Schumann: Es war durchdacht!)

Etwas besonders Schönes ist, dass sich Klimaschutz mit sozialer Gerechtigkeit verbin­den lässt und verbinden wird. Zwei Beispiele: Wenn ein Gebäude heute im höchsten Standard als Passivhaus errichtet wird, kostet das vielleicht 2, 3 Prozent mehr bei der Investition, spart aber enorme Kosten über die gesamte Lebensdauer ein. In einem sol­chen Haus können Sie Ihre Wohnung um 150 Euro pro Jahr heizen. Das ist schon eine Maßnahme, die sicherstellt, dass sich Menschen mit geringem Einkommen auch bei Energiepreiserhöhungen das Heizen leisten können.

Ein anderes Beispiel sind öffentliche Verkehrsmittel, die man sich wirklich leisten kann, die Mobilität gerade für Menschen mit geringem Einkommen garantieren. Wir wissen, dass gerade Menschen, die nicht viel verdienen, kein Auto haben, sich kein Auto leisten können. So, und denen kann man mit einem entsprechend guten Angebot Mobilität si­chern. Auch das senkt den Energieverbrauch und ist ein Beitrag zum Klimaschutz. (Bun­desrätin Schumann: Auf, auf!)

Energieeffizienz ist aber noch mehr, ist Innovationsmotor, das ist wichtig, denn eines ist klar: Mittel- und langfristig werden – auch in Österreich – die Wirtschaftszweige konkur­renzfähig bleiben, denen es gelingt, mit möglichst geringem Energieaufwand, mit mög­lichst geringem Ressourcenaufwand ihre Produktion zu sichern. Da gibt es gute Beispie­le in Österreich, die Voest zum Beispiel, die produziert deswegen noch Stahl in Öster­reich, weil sie so effizient ist. Würde sie wirtschaften wie ein Konkurrent in Indien, Mittal oder so etwas, dann wäre sie sicher schon längst weg. Genau diese Innovationskraft und Energieeffizienz sichert das Überleben.

Also ich korrigiere meine Einleitung, Energieeffizienz ist doch prickelnd, man muss sie nur von der richtigen Seite betrachten: als unverzichtbaren Baustein im Klimaschutz, damit bei der Zukunftssicherung als Strategie für die Verbesserung des Einkommens von Menschen, denen es nicht so gut geht, und als Wettbewerbsvorteilsbringer für die Wirtschaft. Genau so soll es sein. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

12.05