18.25

Bundesrat Günter Kovacs (SPÖ, Burgenland): Frau Präsidentin! Herzlich willkommen, Herr Minister! Ich komme zu Tagesordnungspunkt 17, dem Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversiche­rungsgesetz und das der Bauern geändert werden, und ich darf gleich vorweg sagen: Wir werden dieses Gesetz heute ablehnen.

Das hat nichts damit zu tun, dass wir Bauernbashing betreiben, wie es vorhin erwähnt worden ist – von Herrn Preineder aber auch wieder zurückgenommen, das muss ich ihm zugutehalten –, sondern dass wir als Partei, als Sozialdemokraten, eines in der DNA haben, und das ist ganz klar Gerechtigkeit, Gerechtigkeit für alle Menschen in diesem Land – und diese Gerechtigkeit möchte ich Ihnen heute darlegen.

Vor wenigen Monaten, als die Coronakrise begonnen hat, hat Bundeskanzler Kurz ganz allgemein gesagt: Das ist eine Frage der sozialen Gerechtigkeit! – ich habe mir das angehört –, und er hat verschiedene Punkte angeführt, was wir machen sollten, was wir machen müssen. Wir haben daraufhin viele Anträge eingebracht und ich möchte diese Anträge oder diese Kurzformeln jetzt kurz vorlesen.

Da war einmal, Punkt eins, die Erhöhung des Arbeitslosengeldes. – Diesen Antrag hat die ÖVP mit den Grünen abgelehnt.

Wir haben einen Antrag auf das Recht auf Coronafreistellung für Schwangere einge­bracht. (Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.) – Ja, Frau Zwazl, ich weiß, das tut jetzt vielleicht ein bissl weh, aber dieser Antrag wurde abgelehnt! (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.)

Es gab weiters die Anträge: Recht auf Coronafreistellung für Angehörige von Risikogrup­pen – abgelehnt von Grünen und ÖVP; höherer Familienzuschlag beim Arbeitslosen­geld – abgelehnt von ÖVP und Grünen; ein Sozialfonds über 100 Millionen Euro für die ärmsten 20 Prozent der Republik Österreich – abgelehnt von ÖVP und Grünen; Schutz der Gemeinden vor Pleiten – abgelehnt von ÖVP und Grünen (Zwischenruf des Bundes­rates Raggl); Hilfe aus dem Familienhärtefonds für Sozialhilfeempfänger – abgelehnt von Grünen und ÖVP.

Man kann heute nicht von uns erwarten, dass wir diese Schieflage einreißen lassen, dass Gruppen gegeneinander ausgespielt werden. Irgendjemand – ich glaube, es war Kollege Bader – hat von Klassenkampf gesprochen. (Bundesrat Bader: Ja, ich war das nicht!) Wir wollen keinen Klassenkampf! Für uns als Sozialdemokratie gibt es nur ein Thema: Wir wollen einfach Gerechtigkeit für alle Menschen in diesem Land! (Beifall bei der SPÖ.)

Was ist eigentlich der Inhalt dieser Maßnahmen? – Die Pensionsmaßnahmen werden mit 1.1.2020 rückwirkend beschlossen. Es war in der ganzen Zeit der Republik Öster­reich noch nie da, dass ein Gesetz rückwirkend für eine Gruppe beschlossen worden ist. Da können wir einfach nicht mittun.

Damals gab es dann auch diese Nichteinigkeit zu diesem Pensionsgesetz. Der erste Vorschlag war, dass man 50 Millionen Euro dafür verwenden wird. Jetzt sind es 30 Mil­lionen Euro. Diese Kürzung ist binnen weniger Tage mit der Feststellung, dass wir 30 Millionen Euro für diese rund 166 000 Menschen brauchen werden, erfolgt.

Diese Pensionsmaßnahmen werden, wie gesagt, für einen Teil der Gesellschaft heute umgesetzt und für einen anderen Teil nicht. Dieser andere Teil sind zum Beispiel Frauen, von denen der Großteil in Österreich Mindestpensionen bezieht. Diese werden nicht erhöht, aber die Bauernpensionen sollen heute erhöht werden.

Die Kostenberechnung wird mit alten Zahlen aus dem Jahr 2019 und nicht mit den Werten von 2020 ausgewiesen. In den ersten Aussendungen bezifferte die Regierung das Paket mit 50 Millionen Euro, und das ist unrichtig. Nach den offiziellen Zahlen werden die SteuerzahlerInnen die Gruppe der BSVG-Versicherten mit zusätzlich min­destens 20 Millionen Euro jährlich sponsern, die anderen Gruppen nicht.

Die Mindestbeitragsgrundlage wird bei den Optionsbetrieben auf fast ein Drittel des bis­herigen Wertes gesenkt, bei den Einheitswertbetrieben auf fast die Hälfte. Die Absen­kung des Anrechnungsprozentsatzes beim fiktiven Ausgedinge von 13 auf 10 Prozent bringt im Schnitt auf Dauer 450 Euro jährlich mehr Pension.

Wir erinnern uns an heute Vormittag: Na no na – bei den Arbeitslosen zahlt man die vergangenen Monate zum Beispiel nicht, die bekommen lediglich drei Monate bezahlt. Da waren die Grünen auch dabei – sehr enttäuschend! Ein Betroffener ist dann vielleicht weiterhin arbeitslos, war davor arbeitslos und kriegt diesen Zuschuss nicht. Wie Herr Silvester Gfrerer eben gemeint hat, no na, für die anderen gilt das dann halt ein Leben lang.

Die Maßnahmen treffen in erster Linie die Pensionisten, also nicht jene Gruppen, die derzeit von den Coronamaßnahmen betroffen wären. Für mitarbeitende Kinder – und das ist auch interessant, dass man da einfach drübergeschaut hat – wird die Beitrags­grundlage zur PV erhöht, damit das Pensionskonto aufgebessert wird. Die Kosten dafür trägt der Bund. Für StudentInnen zum Beispiel, die aufgrund von Corona ihre geringfü­gige Beschäftigung verloren haben, Zeiten verloren haben, gibt es nicht einmal eine Zahlung aus dem Härtefallfonds, geschweige denn eine Zahlung ins Pensionskonto. Interessant – für eine Gruppe macht man es also, für eine andere Gruppe macht man es nicht.

Im Vergleich zu diesem Bauernpaket erhalten Arbeitslose im September eine Einmal­zahlung von 450 Euro im Nachhinein. Die Verluste dieser rund 500 000 Menschen – das halbe Einkommen, geringerer Familienbonus, geringere Pensionen und so weiter – sind dieser Regierung völlig egal.

Ich habe mich mit einigen Bauern unterhalten, und ich sage Ihnen ganz ehrlich: Die Bau­ern sind Ehrenleute, das sind wirklich Ehrenleute, und sie wollen das nicht. Sie wollen Gerechtigkeit haben, sie wollen, dass es überall gerecht ist, nicht nur bei ihnen alleine. Sie wollen, dass es überall gerecht ist, sie wollen das bei allen Schichten in Österreich haben.

Es wundert mich aber nicht, wenn man bedenkt, dass vor einigen Tagen aufgekommen ist, dass schon Millionäre eine Millionärssteuer verlangen und die ÖVP und die Grünen immer noch auf der Bremse stehen. Unpackbar, oder? Unglaublich, was da vorgeht! (Beifall bei der SPÖ.)

In diesem Sinne: Wir werden dieses Gesetz heute im Sinne der Gerechtigkeit für die Österreicherinnen und Österreich ablehnen. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

18.32

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Karl Bader zu Wort gemeldet. – Herr Bundesrat, ich verweise auf die Bestimmungen der Geschäftsordnung und erteile Ihnen das Wort.