18.35

Bundesrat Dr. Peter Raggl (ÖVP, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich darf jetzt ein bisschen Bezug auf die Reden der Vorredner nehmen. Am Anfang ist die Frage der sozialen Gerechtigkeit für alle gestanden und ir­gendwann am Ende der Rede von Kollegen Kovacs ist im Zusammenhang mit der Bau­ernsozialversicherung sogar noch die Millionärsabgabe ins Spiel gebracht worden. Das habe ich nicht ganz verstanden. (Bundesrätin Schumann: Ein Beispiel für Gerechtig­keit!)

Ich möchte jetzt noch einmal sagen, um welche Beträge es da geht. Die Streichung des Solidarbeitrages, den Pensionisten keiner anderen Berufsgruppe bezahlen müssen, macht 4 Euro pro Monat aus. Da kann man schon sehr neidisch darauf schauen, dass Pensionisten mit den niedrigsten Pensionen von diesem 4-Euro-Beitrag befreit werden. (Bundesrätin Schumann: Kennen Sie die Frauenpensionen, Herr Kollege?)

Die Absenkung des fiktiven Ausgedinges von 13 auf 10 Prozent hat Kollege Lackner schon angesprochen. Das sind 32 Euro mehr Pension pro Monat, die durchschnittliche Bauernpension liegt dann also ungefähr bei 850 Euro. Die Mindestpension, das sei an­gemerkt, liegt bei 966 Euro. Es wird also immer noch ein Betrag von 94 Euro für das fiktive Ausgedinge abgezogen.

Ein kleiner Vergleich: Ein durchschnittlicher Arbeiter, und da haben wir wirklich keine Neidkomplexe, bekommt in der Pension immerhin 1 223 Euro, ein Angestellter 1 753 Euro und ein Beamter 3 100 Euro.

Ich darf vielleicht noch eine Gruppe herausnehmen – auch da ist kein Neid vorhanden, ich darf es aber erwähnen –: Die Mindestsicherung in Wien beträgt für jeden, der die Voraussetzung erfüllt, unabhängig davon, ob jemals ein Euro in das System einbezahlt wurde, 917 Euro. Also noch einmal: 850 Euro zu 917 Euro. Wenn man da von Klientel­politik spricht, wenn man den Beziehern von niedrigsten Pensionen die Kürzung einer Kürzung kürzt, also die Kürzung von einer Mindestpension verringert, so verstehe ich das nicht.

Es wurde vorhin gesagt, es sei eine Sensation, dass das bis zum 1.1.2020 rückwirkend gelten soll. Da darf ich schon an einen Entschließungsantrag der SPÖ-Fraktion im Bun­desrat erinnern, in dem gefordert wurde, dass die Hacklerregelung rückwirkend auf fünf Jahre eingeführt werden soll (Bundesrätin Schumann: Ist es gekommen? Nein!) – 300 Euro pro Monat. Wir reden jetzt bei uns von 32 Euro pro Monat, und das rückwirkend ab 1.1.2020.

Es wurde angesprochen, dass es nicht vertretbar sei, dass die Mindestbeitragsgrund­lage abgesenkt wurde. Dazu darf ich ausführen, dass die Mindestbeitragsgrundlage le­diglich auf das ASVG-Niveau abgesenkt wurde.

Es wird auch immer wieder ausgeführt, dass die Bauernpensionisten von der Corona­pandemie eigentlich nicht betroffen seien. – Selbstverständlich sind sie in den Betrieben sehr wohl von der Coronapandemie betroffen! Man muss aber auch beachten, dass die­se vorgezogene Maßnahme der geplanten Steuerreform in jedem Fall auch der Konjunk­turbelebung dient.

Es wurde auch angesprochen, dass es nicht vertretbar sei, dass die Unfallversiche­rungsbeiträge für die betreffende Gruppe von der öffentlichen Hand übernommen wer­den. Dazu darf ich ausführen, dass das auch bei den Lehrlingen so geschehen ist.

Insgesamt glaube ich schon, dass das Verhalten und auch die Argumentation der SPÖ ein bisschen mit der Berufsgruppe der Bauern zu tun hat. (Bundesrätin Schumann: Nein!) Ich kann es nämlich nicht verstehen, wie man angesichts eines sozialpolitischen Gewissens, das man sonst immer vertritt, in dieser Weise argumentiert, wenn es um eine Berufsgruppe geht, die eine durchschnittliche Pension bezieht, die unter der Min­destpension liegt. (Bundesrätin Schumann: Das haben wir schon gehört!)

Zu den Aussagen von Kollegen Steiner – damit er nicht sagt, wir werden da wieder Krokodilstränen fallen lassen – darf ich auch argumentieren: Wir brauchen in Österreich eine funktionierende Landwirtschaft. (Bundesrat Steiner: So ist es!) Wir brauchen auch Rahmenbedingungen in der Landwirtschaft, unter denen junge Leute wirklich die Moti­vation haben, in diesem Beruf zu bleiben, in dieser Sparte zu arbeiten. (Bundesrat Stei­ner: Die schafft ihr gerade nicht!) Wenn uns das nicht gelingt, werden wir alle miteinan­der große Probleme bekommen. (Bundesrat Steiner: Ihr seid dafür zuständig!)

Wir arbeiten daran und wir wissen, dass wir in einem internationalen Markt tätig sind. Wir können leider nicht sagen, die Tomaten von Kollegen Lackner machen wir plötzlich 30 Cent teurer. (Bundesrat Steiner: Auf unsere Unterstützung könnt ihr zählen!) Er wird sie dann nämlich nicht mehr verkaufen können. Wir brauchen deshalb die Ausgleichszu­lagen. (Bundesrat Steiner: Wer hat denn da seit Jahren die Minister gestellt?) Von SPÖ-Seite höre ich dann wieder: Wir müssen den Bauern vom Budget für die ländliche Ent­wicklung noch 25 Prozent wegnehmen, weil sie die ja nicht brauchen. Wenn wir solche Argumente verwenden, werden wir zukünftig keine Bauern mehr in unserem Land ha­ben. Wir werden Probleme im Tourismus bekommen. Wir werden uns noch viel mehr von internationalen Lebensmittelkonzernen abhängig machen.

Wir haben in diesen Krisenzeiten gesehen, wie schnell wir einen Mangel an Schutzklei­dung, an Medikamenten hatten. Ich hoffe nicht, dass wir das auch einmal bei Nahrungs­mitteln erleben werden. (Beifall bei der ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf des Bundesra­tes Steiner.)

Schauen wir daher alle gemeinsam auf unsere Bauern – dazu hat es ja heute sogar schon Bekenntnisse gegeben – und legen wir diese vollkommen unbegründeten Neidre­flexe ab! Wenn es so erstrebenswert wäre, Bauer zu sein, dann wundere ich mich, dass da (in Richtung SPÖ) auf dieser Seite nicht viel mehr Bauern sitzen, denn die Möglich­keit, da einzusteigen, wäre durchaus gegeben. (Bundesrat Steiner: Wir stimmen zu! – Der Redner weist noch deutlicher in Richtung SPÖ.) – Nein, ich habe dorthin gezeigt. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Gross.)

18.42

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Bernhard Rösch. – Herr Bundesrat, ich erteile es Ihnen.