16.50

Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ, Wien): Hohes Präsidium! Sehr ge­ehrte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Schwindsackl! Den Menschen, die jetzt durch die Coronakrise arbeitslos geworden sind, zu sagen, sie sind lieber zu Hause, als arbeiten zu gehen, halte ich für eine bodenlose Frechheit und für zynisch. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

Diese Menschen sind nicht freiwillig zu Hause. Die haben einen Lebensstandard zu erhalten, den sie momentan nicht erhalten können. Ihnen zu sagen, wenn sie mehr Geld hätten, würden sie lieber in der Hängematte liegen, finde ich wirklich zynisch. (Bundesrat Buchmann: Das hat er auch nicht gesagt!) – Aber im Sinne war es so gesagt. (Ruf bei der ÖVP: Na wirklich nicht! – Bundesrat Schwindsackl: ... Ihre Fantasie!)

Aber nun zu meiner Rede: Ich bin als Elternteil in Wien in einer sehr glücklichen Situation, denn wir haben Kindergärten, die ganzjährig offen sind und beitragsfrei sind, wir haben in den Sommerferien Summer City Camps, die leistbar sind und in denen Tausende Kinder gut betreut sind. Wenn Kinder wo gut versorgt sind, kann man sie als Elternteil beruhigt dort sein lassen und kann als Elternteil in Wien mit seinem Urlaub recht gut haushalten.

Coronabedingt sind aber natürlich ganz neue Betreuungserfordernisse für uns Eltern, für alle Eltern entstanden. Wir alle wissen, die Schulen hatten wochenlang zu, Kindergärten im Wesentlichen auch, wobei man dazusagen muss, dass das Betreuungsangebot für die sogenannten SystemerhalterInnen trotzdem immer gesichert war.

Aber seien wir ehrlich, alle, die Eltern sind, haben mittlerweile – jetzt, Ende September – Alturlaube, Zeitausgleiche, neue Urlaube, Sonderbetreuungszeiten et cetera aufge­braucht. Dabei haben wir noch Herbst und Winter vor uns. Es sind noch drei Monate bis Jahresende, die es zu bewältigen gilt. Die Realität ist aktuell so, dass es jederzeit, stünd­lich sozusagen, passieren kann, dass man als Familie das Kind zu Hause lassen muss, sei es, weil es selber krank ist, weil in der Schule ein Verdachtsfall ist oder weil vielleicht sogar ein Coronafall auftaucht. Mit dieser Realität sind wir konfrontiert. Deshalb ist es absolut richtig, dass diese Sonderbetreuungszeit jetzt bis Ende Februar, nämlich bis 28. Februar 2020, ausgeweitet wird. Das ist absolut notwendig. – So viel dazu.

Der Hinkefuß ist aber, dass es für diejenigen, die das brauchen, nämlich die Arbeit­nehmerInnen, keinen Rechtsanspruch darauf gibt. Die Situation am Arbeitsmarkt, wie wir alle wissen, ist extrem angespannt. Speziell in prekären Dienstverhältnissen wird es sich eine Mutter, ein Vater ganz genau überlegen und es sich wahrscheinlich nicht leisten wollen oder können, das vom Arbeitgeber einzufordern, nämlich aus Angst, mög­licherweise infolgedessen den Arbeitsplatz zu verlieren. Deshalb wäre dieser Rechts­anspruch extrem wichtig gewesen. Dieser fehlende Rechtsanspruch ist aus unserer Sicht ein wirklich großes Problem. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber nicht nur für die ArbeitnehmerInnen gibt es mit diesem Gesetz ein Problem, auch auf der Seite der ArbeitgeberInnen ist diese nur teilweise Abgeltung der Kosten nicht befriedigend. Viele Unternehmerinnen und Unternehmer spüren mittlerweile die wirt­schaftlich angespannte Situation massiv. Der zeitweise Ausfall von DienstnehmerInnen ist sowieso immer eine Challenge, weil es eben stündlich oder tagesaktuell passieren kann. Hier einen Ausgleich zu finden ist ein Problem. Daher wäre die Übernahme der Kosten für den Ausfall dieser MitarbeiterInnen eine große Hilfe gewesen.

Nun kann man sagen, vom Drittel auf die Hälfte der Kosten aufzustocken ist schon ein Schritt in die richtige Richtung, aber es wäre für die Unternehmen doch sehr hilfreich gewesen, gerade jetzt all diese Kosten zu übernehmen. Diese Chance wurde leider verpasst.

Noch etwas Drittes gilt es zu kritisieren, nämlich betreffend die Personen, die aktuell Angehörige zu pflegen haben. Das ist gerade jetzt ein sehr großes Thema. Es ist in genau dieser Zeit noch schwieriger geworden, die Gesundheitsdienste in Anspruch zu nehmen. Es ist immer wieder ungewiss, ob die PflegerInnen überhaupt kommen können. Es ist auch nie klar, ob vielleicht Tagesbetreuungsstätten ihre Dienste vorübergehend einstellen müssen, weil auch dort natürlich Fälle auftreten können.

In aller Regel müssen dann Angehörige, die Familie einspringen, aber für sie gilt diese Sonderbetreuungszeit nicht. Es ist für uns Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen nicht verständlich, warum diese Gruppe, die hier Großartiges leistet, nicht mitbedacht und warum das nicht gleich mitgeregelt wurde. Das tut uns sehr leid.

Darum bringen wir folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Mag.a Daniela Gruber-Pruner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend wird aufgefordert, dem Nationalrat und dem Bundesrat umgehend eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die

einen Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit nach § 18b Abs. 1 Arbeitsvertrags­rechts-Anpassungsgesetz für die Dauer der jeweils notwendigen Betreuung,

die Einbeziehung von Angehörigen von im gemeinsamen Haushalt lebenden Risiko­patientInnen,

den Anspruch auf volle Entgeltfortzahlung für die ArbeitnehmerInnen gemäß § 3 Entgelt­fortzahlungsgesetz sowie

den Anspruch auf volle Vergütung für die ArbeitgeberInnen bis zur monatlichen Höchst­beitragsgrundlage nach dem ASVG beinhaltet.“

*****

Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.57

Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Der von den BundesrätInnen Mag.Da­niela Gruber-Pruner, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag be­treffend „Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächste ist Frau Bundesrätin Andrea Michaela Schartel zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Kollegin.