17.14

Bundesrat Horst Schachner (SPÖ, Steiermark): Werter Herr Präsident! Liebe Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren im Bundesrat! Der Vorschlag zur Änderung des Arbeitslosengesetzes sieht einen sogenannten Bildungsbonus vor. Wir haben heute schon viel davon gehört. Wer also eine Nach- oder Umschulung macht, bekommt zum Arbeitslosengeld etwas dazu. Es handelt sich um 4 Euro täglich, 120 Euro monatlich.

Jede Maßnahme ist zu begrüßen, wenn die schwierige Lage arbeitsloser Menschen verbessert werden kann. Leider bestätigt sich aber auch, dass dieser Regierung die Arbeitslosen egal sind beziehungsweise diese nicht ausreichend unterstützt werden. Was geschieht, ist zu wenig, und es geschieht zu langsam, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Stellen Sie sich einmal vor – lieber Kollege Schwindsackl, dir möchte ich das auch sagen –, stelle dir das einmal vor: 45 Prozent weniger von deinem Lohn. Hättest du das Auskom­men? – Ich wäre echt neugierig. Jetzt brauchen wir gar nicht mehr zu diskutieren, wir wissen ganz genau, wie es den arbeitslosen Menschen bei uns in Österreich geht, wenn wir mit 55 Prozent Nettoersatzrate eigentlich fast in der letzten Kategorie sind. Es ist einfach ein Wahnsinn, und ich wünsche es keinem, dass er in so eine prekäre Lage kommt, in der jetzt mehr oder weniger über 400 000 Menschen sind. 400 000 Menschen – es ist einfach zu viel, was wir an Arbeitslosigkeit haben. Da muss man etwas tun.

Man kann sich auch vorstellen, dass man als Arbeitsloser – ich habe mir das durch­ge­rechnet – im Durschnitt 34,70 Euro am Tag bekommt. Da muss man sich einmal vor­stellen, ob er davon leben kann. Ich weiß aus vielen Gesprächen, sehr geehrte Damen und Herren, wie schwer es für Menschen ist, keine guten Jobaussichten zu haben, mit dem Arbeitslosengeld kaum die Fixkosten decken zu können, und sich von einem Tag auf den anderen kaum mehr das Leben, das Wohnen und das Essen leisten zu können. Jede unerwartete Ausgabe wird zum Problem. Deswegen erneue ich auch die Forderung der sozialdemokratischen Fraktion nach einer Anhebung des Arbeitslosengeldes. (Bei­fall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren, 55 Prozent vom vorherigen Lohn sind eine Katas­trophe. Eine Nettoersatzrate von 70 Prozent würde es vielen Menschen etwas leichter machen, ihre lebensnotwendigen Kosten abdecken zu können. Ich hoffe sehr, dass die Notlage der arbeitenden Menschen von Türkis-Grün endlich verstanden wird.

Bedenken Sie aber auch, was das für die Wirtschaft bedeutet, wenn so viel Einkommen wegbricht. Wer soll dann noch ins Wirtshaus gehen, in die Geschäfte oder vielleicht bald auf die Skipiste, wenn über 400 000 Menschen arbeitslos sind und weitere 300 000 Men­schen in Kurzarbeit, und viele fürchten, dass ihr Arbeitsplatz Ende des Jahres abhan­denkommt. Tun wir also der Wirtschaft etwas Gutes, erhöhen wir den Inlandskonsum beziehungsweise die Binnennachfrage und machen wir mit 70 Prozent Nettoersatzrate ein menschenwürdiges Arbeitslosengeld! (Beifall bei der SPÖ.)

Auch der Chef des Arbeitsmarktservice hat gesagt, es werden nicht 800 000 Arbeitslose werden. Sie aber, also die Abgeordneten der Koalition, haben noch immer nicht ver­standen, dass auch 500 000 oder 600 000 arbeitslose Menschen eine echte soziale Katastrophe sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Überhaupt ist Arbeitslosigkeit für jeden Menschen eine schlimme Erfahrung. Doch wenn ich höre, dass Junge sehr schlechte Chancen zum Berufseinstieg haben und sich bei den Älteren die Langzeitarbeitslosigkeit verfestigt, wird es umso klarer, dass viel mehr getan werden muss, als bisher bekanntgemacht wurde. Gerade von der angedachten Arbeitsstiftung hat man noch viel zu wenig gehört. Wer glaubt, alle Zeit der Welt für die Planung dieser Maßnahmen zu haben, irrt gewaltig und richtet großen Schaden an. Diesen Schaden für Österreichs Wirtschaft und unsere Gesellschaft müssen wir ver­hindern. Daher müssen die Anstrengungen unbedingt verstärkt werden, und die rasche Eindämmung der Arbeitslosigkeit muss das oberste Ziel der Politik sein. Wir Sozial­demokraten wollen möglichst wenige Arbeitslose haben, aber ein wichtiges Zwischenziel muss sein, dass wir bei der Arbeitslosenrate wenigstens wieder auf das Niveau von vor der Krise zurückkommen.

Zusammenfassend halte ich fest, dass wir für die arbeitslosen Menschen viel mehr tun müssen, und dabei ist eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes das Gebot der Stunde. Ebenso müssen wir mit aller Kraft, allem Hirnschmalz und aller Diskussionsbereitschaft dafür sorgen, dass wir viele zusätzliche Arbeitsplätze schaffen, gute Schulungen anbie­ten und möglichst viele Menschen auch schnell wieder in Beschäftigung bringen können.

Daher stelle ich folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Horst Schachner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „bessere Unterstützung für Arbeitslose“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend wird aufgefordert, dem Nationalrat und dem Bundesrat umgehend eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die

- den Bildungsbonus auch für die Dauer der Teilnahme an Maßnahmen der Nach- und Umschulung im Auftrag des Arbeitsmarktservice, die bereits vor dem 1. Oktober 2020 begonnen haben, gewährt und

- die Verlängerung der Regelung, die Notstandshilfe in der Höhe des Arbeitslosengeldes auszuzahlen, bis zum 31. März 2021 mit Verlängerungsmöglichkeit durch Verordnung der Bundesministerin beinhaltet.“

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Danke schön. Glück auf! (Beifall bei der SPÖ.)

17.20

Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Der von den BundesrätInnen Horst Schachner, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „bessere Un­ter­stützung für Arbeitslose“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhand­lung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Bernhard Rösch. – Bitte.