18.25

Bundesrat Mag. Reinhard Pisec, BA MA (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Investitionen, und darum geht es ja bei diesem Investitionsprämiengesetz, sind für eine Volks­wirt­schaft – sofern es sich um Neuinvestitionen handelt – immer etwas Gutes und ein wichtiger Indikator, um zu vergleichen, wie Länder volkswirtschaftlich aufgestellt sind: je höher die Investitionen, desto besser. Je mehr die Investitionsquote zu Buche schlägt, desto besser ist es für den Wohlstand, für die Prosperität einer Volkswirtschaft, und umso höher ist natürlich auch das Pro-Kopf-Einkommen in einem Land.

Österreichs Industrie und Handel sind gut aufgestellt. Wir haben über 30 Sektoren – hatten, muss man heutzutage sagen – und 1,5 Millionen Arbeitsplätze. Jeder dritte Arbeitsplatz war im weiteren oder im engeren Sinne von der Industrie abhängig.

Weil heute Herr Kollege Seeber und andere von der ÖVP gesagt haben, wir seien gut durch die Krise gekommen, habe ich mir die Zahlen angeschaut. Ich habe mir ange­schaut, was durch dieses Management by Chaos seitens der Bundesregierung eigent­lich der Republik Österreich, der Wirtschaft und der Gesellschaft angetan wurde. Die Zahlen sind nämlich schon heraußen: Im zweiten Quartal 2020 ist Österreichs Wirt­schaft um 12,8 Prozent geschrumpft. Das sind keine Annäherungswerte mehr, das sind Fakten. Das heißt, bei einem Bruttoinlandsprodukt von in etwa 400 Milliarden Euro ist Österreichs Wirtschaft im zweiten Quartal um 50 Milliarden Euro geschrumpft. Allein in den Lockdowntagen, den Schließungstagen – das waren eineinhalb Monate –, ist Öster­reichs Wirtschaft um 25 Prozent geschrumpft, das heißt, pro Schließungstag in etwa um 2 Milliarden Euro. Also dort, wo die Republik Wirtschaft und Gesellschaft zugedreht hat, hat das die österreichische Wirtschaft 2 Milliarden Euro gekostet. Das ist eine unglaubliche Zahl, vor allem weil wir nicht gut aus dieser Krise gekommen sind, weil wir schlechter als vergleichbare OECD-Länder sind, und zwar um 3 bis 4 Prozentpunkte. Die USA zum Beispiel haben 9 Prozent.

Die österreichische Bundesregierung, vor allem Bundeskanzler Kurz, hat Österreichs Wirtschaft in den Retourgang befördert, und jetzt muss man schauen, dass man da irgendwie herauskommt. Dieses Investitionsprämiengesetz ist ambivalent zu sehen. Natürlich sind Investitionen gut, aber so einfach kann man es sich nicht machen, wie es sich die Regierung gemacht hat, im Sinne von Zuschüssen; und vor allem gilt nicht einmal gleiches Recht für alle, sondern es wird diversifiziert, und das verstehen wir hier – und besonders ich – überhaupt nicht. (Präsidentin Eder-Gitschthaler übernimmt den Vorsitz.)

Ein Beispiel: Zuschüsse bedienen bestimmte Personenkreise, in dem Fall Unterneh­mer­kreise. Sie sind einmalig – auf ein halbes Jahr beschränkt –; entweder man fällt zufällig rein, oder man fällt zufällig nicht rein, Investitionen werden vorgeschoben, hintange­halten, wie auch immer. Aber was ich überhaupt nicht verstehe, ist, warum einzelne Branchen bevorzugt werden. Warum wird die Digitalität bevorzugt? Warum wird die Pharmaindustrie, die Pharmabranche bevorzugt? Ein Beispiel: Wenn man bei Google Investitionsprämie eingibt, kommt sofort eine Anzeige des amerikanischen Apple-Konzerns, Apple, des Digitalkonzerns. Mit dem Kauf von Apple-Produkten erhält der Kunde 14 Prozent statt 7 Prozent Zuschüsse. Wir helfen ihnen bei der Einreichung bei der AWS.

Generell liegt die Investitionsprämie bei 7 Prozent, was ja in Ordnung ist. Warum wird sie für spezielle Branchen auf 14 Prozent hochgefahren? Man kann auch alle auf 14 Pro­zent hochfahren, auch in Ordnung, warum wird diversifiziert? Der amerikanische Apple-Konzern hat allein eine Portokasse von 300 Milliarden Euro und eine Marktkapita­lisie­rung von 2 Billionen US-Dollar. Ist es notwendig, den amerikanischen Apple-Konzern mit österreichischem Steuergeld zu unterstützen? – Meiner Meinung nach definitiv nicht.

Ein anderes Beispiel: die Pharmaindustrie. Die Pharmaindustrie erhält auch 14 Prozent Investitionsprämie und nicht 7 Prozent wie alle anderen 30 Leitsektoren der österreichi­schen Industrie. Sie erhalten schon 14 Prozent Forschungsprämie, denn die meisten Forschungsprämien gehen in die Pharmaindustrie, und jetzt noch einmal 14 Prozent Investitionsprämie; das sind mittlerweile 28 Prozent.

Was noch dazukommt, das Wichtigste: Die Pharmaindustrie ist ein Krisengewinner. Die haben ja volle Auftragsbücher. Die hatten nie Kurzarbeit, da hat ja alles funktioniert, und zwar hatten die Aufträge seitens des österreichischen Staates. Wie wir alle wissen, wie wir alle gehört haben, hat die österreichische Bundesregierung schon Hunderttausende Impfampullen vorbestellt, und auch da wird Steuergeld ausgegeben.

Jetzt verlangt die Pharmaindustrie, weil sie sich selber nicht mehr sicher ist, ob sie die Entwicklung dieses Impfstoffs wirklich schafft, und weil sie auch schwere Neben­wirkungen der verabreichten Coronaimpfung befürchtet, einen Haftungsausschluss, wobei die staatlichen Institutionen diese Haftung übernehmen sollen. Warum also wird die Pharmaindustrie dermaßen gefördert, hinten und vorne, wenn ihre Vertreter doch selbst befürchten und zugeben müssen, dass sie einen Impfstoff ohne Nebenwirkungen gar nicht herstellen können? (Beifall bei der FPÖ.)

Das hat mit Fairness, mit Gerechtigkeit überhaupt nichts zu tun und riecht extrem nach Klientelpolitik. Digitalität und Pharmaindustrie gehören den Schwarzen, Ökologisierung und Lifescience – was ist das? – den Grünen, werden ebenfalls mit 14 Prozent gefördert; alle anderen Leitsektoren, alle anderen KMU-Betriebe, Industriebetriebe in Österreich erhalten nur 7 Prozent. Das ist eine Ungerechtigkeit, die jeder gerechtigkeits­empfin­dende Mensch nicht versteht.

Die Investitionsquote, die international so große Beachtung findet, hat in Österreich aber schon lange eine Schieflage. Der Wirtschaftsstandort Österreich weist schon seit einigen Jahren eine Schwäche auf. Deswegen hat ja die ehemalige türkis-blaue Regierung diese Steuerreform so forciert, die jetzt zur Überraschung ja begraben wurde.

Es gibt keine Körperschaftsteuersenkung, es gibt keine Abschaffung der kalten Pro­gression und es gibt keine Senkung der Einkommensteuer oder Lohnsteuer, geschweige denn eine Entlastung des Faktors Arbeit. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.)

Ein Beispiel dafür, wie man ein wirtschaftlich relativ rückständiges Land in kürzester Zeit hochfahren kann, hat Westdeutschland mit Ostdeutschland geliefert. Die haben gesagt: Okay, alle Unternehmen können investieren und 40 Prozent können sofort abgeschrie­ben werden. – Ostdeutschland ist heute ein prosperierendes Land und der geniale Unternehmer Elon Musk errichtet in Berlin-Brandenburg sogar eine Gigafactory, die in kürzester Zeit eröffnen wird, mit 40 000 Arbeitsplätzen.

Was passiert in Österreich? – Wie wir heute schon gehört haben und in den Zeitungen verfolgen müssen, gehen leider Tausende Arbeitsplätze verloren, weil Industriebetriebe aus Österreich abwandern, weil die Belastung zu hoch ist. Management by Chaos, Coronawahnsinn, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat dazu geführt, dass wir zu diesem Ergebnis gekommen sind.

Es wundert mich nicht, dass sich Bundesminister Blümel dem Wiener Bürgermeister Ludwig als zukünftiger Vizebürgermeister anbietet – um nicht zu sagen anbiedert, aber das würde ich ihm jetzt nicht unterstellen –, denn es ist ja nachvollziehbar, dass er für dieses Chaosmanagement oder für dieses volkswirtschaftliches Desaster – denn das ist es ja eigentlich, was hier in Österreich passiert – nicht mehr verantwortlich sein möchte.

Ein kurzes Wort auch zur Wirtschaftskammer Österreich, die ja – meiner Meinung nach hätte sie das nicht tun sollen – für die ganze Auszahlung der Zuschüsse und Förde­rungen, die – zu spät, wie auch immer – angekommen sind, verantwortlich war: Die Wirt­schaftskammer hat am 17. April 2020 propagiert: Wir beteiligen uns daran, dass wir weniger Gelder von unseren Pflichtmitgliedern einnehmen, wir verzichten – irgendwo steht das Wort verzichtet – auf 200 Millionen Euro Grundumlage.

Was passiert? – Vor wenigen Tagen flattert allen Unternehmern in Wien ein Brief ins Haus: Wir verzichten nicht auf die Grundumlage, wir haben sie nur kurz ausgesetzt. Wir wollen sie jetzt nachbezahlt bekommen.

Geht es den Unternehmen besser? – Ich glaube nicht. Geht es der Kammer gut? – Sehr gut, wie wir heute von Kollegen Seeber gehört haben. Der Kammer geht es sehr gut, denn für die Kammer gibt es gar keine Krise. Die Kammer Wien hat genug Geld. Wir wissen, sie hat 1,7 Milliarden Euro an Reserven. Was kümmert es die Kammer, ob österreichische Unternehmen existieren oder nicht? Also das ist wirklich eine fahrlässige Interessenvertretung.

Deswegen ist es extrem wichtig, dass die freien Wirtschaftsverbände wie der Handels­ver­band, die Industriellenvereinigung, die Tourismusvereinigung oder der Österreichi­sche Gewerbeverein stärker zum Zug kommen, die Pflichtmitgliedschaft eines Tages wirklich reduziert und die Grundumlage wirklich ausgesetzt wird. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.35

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächste ist Frau Bundesrätin Ing.in Ju­dith Ringer zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Bundesrätin, ich erteile es Ihnen.