9.24

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren, die via Livestream zusehen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, ich muss es einmal mehr sagen: Das, was dem Lockdown mit all seinen Maßnahmen vorausgegangen ist, war leider etwas, was die Regierung ganz gezielt und bewusst gemacht hat, nämlich Angst und Panik zu verbreiten. Angst ist aber immer ein schlechter Ratgeber und führt dazu, dass die Reaktionen auch entsprechend sind. Wenn wir uns jetzt beklagen, dass die Abstände nicht eingehalten werden, dass die Leute unvorsichtig geworden sind, auch was das Weggehen anbelangt, dann ist das genau dort begründet, denn wenn ich Angst und Panik verbreite und dann kommt die Lockerung, dann glauben alle, es ist jetzt wieder alles in Ordnung, und neigen zur Unvorsichtigkeit. Es wäre von Anfang an wesentlich besser gewesen, auf mehr Eigenverantwortung zu setzen, und das haben wir auch immer gesagt. (Beifall bei der FPÖ.)

Als der Lockdown gekommen ist, haben die Eltern von hier auf jetzt ihre Kinder unter­richten müssen. Eltern geben gerne Hilfestellungen, aber Eltern haben das nicht gelernt. Es gibt natürlich auch Pädagogen, die Eltern sind und die das dann können, aber die meisten haben das nicht gelernt, und trotzdem waren sie überfallsartig gefordert, ihren Kindern den Stoff beizubringen. Und das hat nicht immer wunderbar funktioniert.

Die Lehrer haben versucht, wirklich das Beste zu machen – ich sage auch, ja, sie haben wirklich Großartiges geleistet, da das eine sehr herausfordernde Zeit für sie war –, aber trotzdem hat es natürlich immer wieder Pannen gegeben, was die Aufgabenstellungen anbelangt, was das Herankommen an die Aufgabenstellungen anbelangt, was das Feedback anbelangt. Das war alles nicht immer so wunderbar, wie es zum Beispiel von meiner Vorvorrednerin skizziert wurde. Das stimmt einfach nicht.

Wir dürfen auch nicht vergessen, dass die Eltern in einer für sie ungewohnten Rolle waren: Sie mussten gleichzeitig Homeoffice machen, und das vielleicht sogar noch in beengten Wohnverhältnissen; da wird es dann wirklich schwierig. Nehmen wir an, wir haben eine Familie, zwei Kinder, eines geht in die Volksschule, eines geht in den Kindergarten, ich muss Homeoffice machen: Das Schulkind kommt und braucht Hilfe, will etwas erklärt bekommen, das Kindergartenkind will beschäftigt werden, das alles vielleicht auf 60 Quadratmeter, da wird es wirklich schwierig. Und dass die Eltern das gestemmt haben, dafür möchte ich mich an dieser Stelle – da jetzt den Lehrern so viel gedankt worden ist – einmal bei den Eltern bedanken, und da vor allem bei den Müttern, denn die haben die Hauptlast gestemmt. (Beifall bei der FPÖ sowie bei BundesrätInnen von ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Dabei muss man sagen, dass viele Schüler gar nicht erreicht worden sind. Die Uni Wien hat eine Studie dazu gemacht, wie es den Schülern, aber auch den Studierenden gegangen ist, und wenn man es zusammenzählt, sind rund 37 Prozent gar nicht erreicht worden. Davon hatten 10 Prozent keinen PC, 21 Prozent haben keine Unterstützung von zu Hause bekommen, weil dies aufgrund von mangelnden Sprachkenntnissen oder sonstiger Überforderung nicht möglich war. Und das bildet nicht das Ganze ab, da ja viele gar nicht erreichbar waren in der Befragung, da sie ja keinen Zugang zu einem Computer gehabt haben.

Das heißt, viele der Schüler – und das sind natürlich dann in der Mehrzahl diejenigen, die zugewanderte Eltern haben – werden, da ja auch zu Hause kein Deutsch gesprochen wird, dann wieder zurückfallen. (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.) Das heißt, wir können hier fast schon von einer verlorenen Schülergeneration sprechen, da es für sie schwierig werden wird, das wieder aufzuholen.

Ich gebe Kollegin Hahn ja selten recht, aber in dem Fall muss ich es leider tun, denn sie hat nicht ganz unrecht, wenn sie sagt, dass seitens des Ministeriums viel zu wenig Klarheit geherrscht hat. Es stimmt, auch ich habe diese Rückmeldungen bekommen, viele haben sich einfach nicht ausgekannt.

Jetzt haben wir den Schulbeginn, jetzt geht es wieder los, und ich sage Ihnen, sowohl Eltern als auch Lehrer kennen sich nicht ganz aus, was jetzt wirklich verlangt wird, was gewünscht ist, was möglich ist, was nicht möglich ist. Die Schüler können wirklich schwer mit der Situation umgehen, und es ist nicht wahr, wenn man sagt, die Kleinen gewöhnen sich schon an die Maske. Das tun sie eben nicht. Aber am schwersten fällt es ihnen, wenn sie in den Pausen nicht mit den anderen zusammen sein können, nicht mit ihnen spielen können. Es fehlt der Musikunterricht, es fehlt der Turnunterricht, es fehlen die Lerngruppen. Das sind alles Dinge, die unsere Kinder ja auch nachhaltig beeinflussen. Es haben ja auch schon einige Psychologen gesagt, dass viele Leute echte Angst­störungen entwickelt haben. Und eine Angststörung bei Erwachsenen, vor allem bei Eltern, geht auch an den Kindern nicht spurlos vorbei. Das überträgt sich, da kann man sich noch so bemühen. Das überträgt sich nicht nur verbal, sondern eben auch non­verbal.

Da sage ich der Regierung schon eines: Sie haben es hier meistens, auch unter Be­dachtnahme auf die Eigenverantwortung für diese zum Teil notwendigen Maßnahmen – ich bestreite nicht alles –, an nötigem Augenmaß fehlen lassen. Sie sind einfach ratzfatz drübergefahren und haben gesagt, das muss jetzt alles sein, ohne wirklich zu kommunizieren, warum das eigentlich so notwendig ist. Manche Dinge sind es schon wert, dass hinterfragt wird, ob es wirklich so gemacht werden musste. (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt hören wir, dass der Herr Minister im November eine einheitliche Regelung erlassen will, was Covid-Verdachtsfälle anbelangt. Im November! (Bundesrat Schennach: 2020 oder 2021? – Zwischenbemerkung von Bundesminister Faßmann.) Ja, die Schule hat Anfang September begonnen, das hat man gewusst, das war nicht überraschend, das ist nicht vom Himmel gefallen, das hat jeder gewusst. (Beifall bei FPÖ und SPÖ.)

Herr Minister, bei aller Wertschätzung, da müssen Sie sich die Frage gefallen lassen: Was bitte haben Sie über den Sommer gemacht? (Bundesrat Schennach: Urlaub!) – Urlaub, geschlafen?, was auch immer. Es kann ja nicht sein, dass wir wissen, dass im September die Schule beginnt, und Sie sind nicht in der Lage, einheitliche Regeln auszuarbeiten, die dann mit Beginn September gültig werden. Herr Minister, daher sage ich Ihnen, um jetzt im Schuljargon zu sprechen: Sie kriegen kein goldenes Sternderl ins Heft, Sie kriegen einen glatten Fünfer! (Beifall bei der FPÖ.)

9.32

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächste gelangt Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger zu Wort. – Bitte, Frau Bundesrätin, ich erteile es Ihnen. (Bundesrat Schennach: Eine, die sich auskennt!)