9.55

Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ, Wien): Hohes Präsidium! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte ZuseherIn­nen zu Hause! Ich möchte eingangs ausdrücklich betonen, Herr Minister, dass ich es sehr begrüße, dass Sie sich mehrfach – und hier heute auch wieder – dafür ausge­sprochen haben, dass die Schulen möglichst lange offen sind, weil wir denselben Zugang haben. Es ist gut, wenn unsere Kinder in den Schulen, in den Bildungsein­richtungen sind. Das möchte ich sehr unterstützen, gerade auch im Sinne jener Kinder, bei denen die Situation zu Hause nicht optimal ist. Da gebe ich meiner Kollegin Monika Mühlwerth recht, dass die Situation, die zu Hause zu bewältigen ist, für die meisten von ihnen sehr, sehr herausfordernd ist.

Es gab sie im Frühjahr und gibt sie auch jetzt: die Kinder und Jugendlichen, die aus verschiedenen Gründen derzeit nicht in den Bildungseinrichtungen sind, weil sie selber zur Risikogruppe gehören oder Angehörige einer Risikogruppe sind, Kinder mit Behin­derungen verschiedenster Art. Um diese Kinder mache ich mir besonders große Sorgen. Ich finde, dass es in dieser speziellen Situation gerade für diese spezielle Zielgruppe auch spezielle Ressourcen braucht, damit man proaktiv an diese Zielgruppe herangehen kann (Beifall bei der SPÖ), weil niemand von uns zum jetzigen Zeitpunkt sagen kann, was diese Kinder möglicherweise ertragen müssen, möglicherweise erleiden müssen. Das kann uns nicht egal sein, und meiner Meinung nach können wir da auch nicht warten, bis vielleicht Dinge passieren, die dann an die Öffentlichkeit kommen.

Ich wünsche und erwarte mir eine viel engmaschigere Zusammenarbeit mit der Kinder- und Jugendhilfe, einen Ausbau der Schulsozialarbeit und eine aufsuchende Familien­arbeit – und ich erwarte mir einen Plan, Herr Minister, natürlich auch gemeinsam mit dem Familienressort, wahrscheinlich auch mit dem Gesundheitsressort, damit man einerseits dem Bildungsauftrag der Schule nachkommen kann, auch wenn die Kinder nicht in den Bildungseinrichtungen sind, man sich aber andererseits auch um das körperliche und das seelische Wohlergehen dieser Kinder kümmert. Das, denke ich mir, ist eine gesellschaftliche Verantwortung, der wir derzeit nicht nachkommen.

Ich muss auch, und das wird Sie jetzt wenig überraschen, noch den Finger auf eine Wunde legen, die Ihr Ressort betrifft, und zwar den Bereich der Elementarbildung – dieser wurde schon öfter erwähnt. Ich erlebe es so, dass es einen gewissen Reflex im Bildungsministerium gibt, zu sagen, dieses Thema sei Länderkompetenz und da könne man als Ministerium nichts machen. Ich finde aber, angesichts der Bedeutung dieses Themas, der elementaren und der frühen Bildung von Kindern, ist das nicht mehr länger zulässig. Ja, ich weiß, es wurde letzte Woche ein Beirat für Elementarpädagogik ein­gerichtet, und der hat das erste Mal getagt; und glauben Sie mir, aus der Szene berichtend, die Erwartungshaltungen an diesen Beirat sind enorm, und es gibt natürlich auch Freude darüber und wir begrüßen es, dass sich nun auf Bundesebene ein Gremium mit diesem Thema beschäftigt; das ist höchst an der Zeit.

Die gute Nachricht ist, dass es im Bereich der Elementarbildung unter den ExpertInnen, den TrägerInnen dieser Einrichtungen und den SozialpartnerInnen eine wirklich große Übereinkunft gibt, was es in diesem Bereich bräuchte. Es gibt da gemeinsame Positions­papiere, es gibt gemeinsame Vorschläge, und da gibt es eine wirklich hohe Übereinstim­mung, es liegt schon viel am Tisch.

Umso mehr hat es uns eigentlich verwundert, dass man sich da offensichtlich vor den Sozialpartnern zu fürchten scheint, wurden sie doch zu diesem Beirat nicht eingeladen. Es wäre dieser Sache schon sehr dienlich, wenn man alle, die da konstruktiv mitarbeiten könnten, die VertreterInnen dieser Tausenden MitarbeiterInnen in diesem Bereich – es sind ja vor allem Frauen – gleich mit ins Boot holen würde und ihnen von vornherein eine Stimme geben würde. (Beifall bei der SPÖ.)

Ganz kurz noch – weil das Licht schon leuchtet –, Herr Minister: Sie haben vorhin die mangelnde Kooperation zwischen Bildungsressort und Gesundheitsressort angesprochen. Ganz kurz aus der Praxis berichtet: Ich war am 15. September, an dem Tag, als die Ampelschaltung in vielen Regionen von Gelb auf Orange geswitcht ist, in Kindergärten unterwegs und habe gemerkt, wie die KollegInnen damit beschäftigt waren, die Dienstpläne neu zu erstellen, neue Regelungen zu finden, dass sich die Kinder nicht mischen. Sie haben die Eltern angerufen und ihnen mitgeteilt, dass am Morgen und am Nachmittag diese Mischgruppen nicht stattfinden, et cetera. Es gab also große Auf­regung in den Einrichtungen – und dann kam am späteren Nachmittag die Nachricht: Orange gilt für die Einrichtungen nicht, es bleibt bei Gelb.

Also das ist für mich so ein Beispiel dafür: Es ist viel Aufregung, viel Nervosität im System, damit man alles richtig macht, die Kommunikation ist aber oft verwirrend und führt zu ganz viel Frust. Das ist ein gutes Beispiel für das, was Sie im Zusammenhang mit mangelnder Kooperation hier angesprochen haben.

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Die Redezeit ist zu Ende, bitte um den Schlusssatz!

Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner (fortsetzend): Schlusssatz: Ich wünsche mir, dass dieser Bereich der frühen Bildung, der elementaren Bildung in der Kommuni­kation, aber auch in der politischen Aufmerksamkeit Ihres Ressorts und der gesamten Bundesregierung gestärkt wird und die Bedeutung bekommt, die diesem Bereich zusteht. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

10.01

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Markus Leinfellner. – Bitte, Herr Bundesrat, ich erteile es Ihnen.