12.16

Bundesrat Ing. Bernhard Rösch (FPÖ, Wien): Sehr geehrte Damen und Herren des Präsidiums! Werter Herr Minister! Hohes Haus! Ich möchte am Anfang feststellen – und das immer wieder tun –, dass der ORF heute wiederum nicht da ist und damit sein Desinteresse am öffentlich-rechtlichen Auftrag bekundet. Das ist ein Skandal, und daher darf man sich beim ORF nicht wundern, dass immer mehr Bürger darüber nachdenken, wofür sie überhaupt diese GIS-Gebühren zahlen – und in manchen Bundesländern in diesem Zusammenhang auch noch Steuern eingehoben werden –, wenn diesem Auftrag einfach hartnäckig nicht nachgekommen wird.

Nun zum Sozialbericht: Vielen Dank für die Zusammenfassung. Man sieht in Teilen auch die soziale Handschrift der freiheitlichen Regierungsbeteiligung, ich könnte jetzt viele Beispiele dafür aufzählen. Ich will aber den Ball von Korinna Schumann aufnehmen, das, was wir zuerst in der Bank diskutiert haben, aber auch das, was sie hier gesagt hat.

Es ist dies ein sehr interessanter Sozialbericht, und er ist auch alarmierend, vor allem die Zahlen und auch die Vergleiche sind alarmierend. Es wird immer wieder von Wien­bashing gesprochen. Ich rede jetzt nur von den Zahlen, die in diesem Sozialbericht ste­hen. Ja, Wien mag laut Mercer-Studie die lebenswerteste Stadt sein. (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.) Diese Studie betrifft allerdings Manager, die sich hier sehr wohl­fühlen, die hier ein kulturelles Angebot bekommen, die, wenn sie länger hier sind, ihre Kinder auf feine Schulen schicken können und die in den Bezirken, wo sie absteigen, auch relativ sicher sind, weil sie nie an die Peripherie kommen.

Ich komme jetzt aber zurück zum Sozialbericht: Wenn man diesen liest, Kolleginnen und Kollegen von den Sozialdemokraten, dann stellt man fest, dass Wien ein zweites Gesicht hat: Gewaltdelikte sind vorne. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) Dann sieht man: Wien ist eine Stadt der Gegensätze. Wien ist eine Stadt der Analphabeten, Wien ist eine Stadt der Armut, jeweils im Absoluten und im Prozentuellen. (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.) – Stimmt das nicht, was da drinnen steht? Wir können uns das anschauen. All das kann man in absoluten Zahlen und in prozentuellen Zahlen able­sen. – Wien ist eine Stadt der Mindestsicherungsbezieher. – Stimmen die Daten etwa nicht? Ich höre von Ihnen nichts! (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) Ich höre immer nur, dass Sie Wien und die Arbeit der SPÖ über alles loben, aber dabei wird immer wieder auf die einfache Bevölkerung vergessen. Sie gehen immer von Managern aus, von jenen, die es sich richten können. Sie gehen nie von denen aus, die wirklich einer Hilfe bedürfen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich schaue mir das weiter an: Wien ist eine Stadt der Langzeitarbeitslosen. – Stimmt die Studie nicht? Legen Sie mir andere Zahlen hin! – Wien hat es sich zur Aufgabe gemacht, über die Smart-City-Strategie eine Zweimillionenstadt zu werden. Ich frage die SPÖ: Warum muss Wien eine Zweimillionenstadt werden? Die Stadt hat eine alte Struktur, wo in den Straßen und so weiter wenig Platz ist, und wir wissen, dass mittlerweile durch Grün beziehungsweise Rot-Grün die Verkehrsteilnehmer praktisch gegeneinander aus­ge­spielt werden. (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.) Nicht, dass man etwas dagegen hätte, dass der eine oder andere Parkplatz wegkommt. Wenn dann aber mehrheitlich beschlossen wird, dass es stattdessen Garagen gibt, sodass man miteinander und nicht gegeneinander leben kann, dann sind sich Rot und Grün einig und schauen, dass Konflikt gesät wird. Das erleben wir ja täglich. (Bundesrätin Hahn: Auswandern!) – Auswandern: Diesen Gefallen tun wir der SPÖ sicherlich nicht. Vielmehr werden wir dagegenhalten, und Sie werden sehen, dass das immer stärker wird, auch wenn Sie jetzt vielleicht durch die Coronakrise eine Schonzeit bekommen und die Menschen innehalten, weil sie sich wirklich auch vor der Politik fürchten beziehungsweise aufgrund der Politik in einer Angst-frisst-Seele-auf-Situation sind. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.)

Wir wissen aus dem Gesundheitssystem, dass viele jetzt nicht zur Krebsvorsorge gehen, und wir werden erst langfristig erfahren, was da herauskommt. Von Ärzten ist bestätigt worden, dass die Herzinfarktrate hinaufgegangen ist, weil die Leute ganz einfach nicht ins Krankenhaus gehen. Die Vorsorgemedizin wird nicht angenommen und, und, und. Es wird also durch die Maßnahmen ganz unverhältnismäßig mehr Schäden geben, das kann man jetzt schon absehen. (Zwischenruf des Bundesrates Beer.)

Ich möchte noch einmal zur SPÖ zurückkommen: Ich finde Ihre Aussagen auch insofern immer sehr interessant, als man glauben könnte, dass von zwei verschiedenen Welten gesprochen wird. Ich frage Sie, die Sie voll des Lobs und mit sich selber zufrieden sind: Wenn Sie sich schon einbilden, dass Wien wirklich Zweimillionenstadt werden muss, warum holen Sie dann die Armut nach Wien? Warum haben Sie nicht genug Wohnbau in petto? (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.)

Heute steht im „Standard“ – und der „Standard“ ist sicherlich nicht unbedingt derjenige, der für mich verdächtig wäre, weil das dort geschrieben steht –: „Schieflage beim Wohn­bau in Wien.“ Was glauben Sie: Warum schreiben die das? (Bundesrat Beer: Der „Stan­dard“ ist kein SPÖ-Zentralorgan!) – Das nicht, doch wenn man das da drinnen liest, dann braucht man gar kein SPÖ-Zentralorgan. Es wird einfach sachlich aufgeschrieben, dass es eine verfehlte Wohnbaupolitik gibt. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Bundes­rätin Schumann.)

Über diese verfehlte Wohnbaupolitik muss sich Bürgermeister Ludwig ganz einfach drüberschwindeln. Wenn ich mich richtig erinnere, haben wir nämlich 500 Millionen bis 800 Millionen Euro aufgrund der Währungsspekulation der Stadträtin Brauner verloren. Damit hätten wirklich viele Wohnungen gebaut werden können, wir haben aber durch das Währungsrisiko sehr viel verloren. Wenn ich dann noch an alle anderen Bauten denke, etwa an das Krankenhaus Nord: Allein was der Esoteriker bekommen hat, das hätte jetzt in der Krise gerne jeder zur Verfügung, damit er über die Runden kommt. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Beer.)

Aber die Milliarden des Streikfonds der Gewerkschaft, die die SPÖ vernebelt hat - - (Bun­desrat Beer: Nicht die SPÖ!) – In der Gewerkschaft waren lauter SPÖler drinnen! Jetzt keine Kindesweglegung betreiben! Es waren eure Leute, die den Streikfonds vernebelt haben, und das werdet ihr auch nicht ganz einfach weglegen können. (Bundesrätin Hahn: Sie müssen eine solche Panik haben vor dem Wahltag, ...!) – Wir haben keine Panik.

Wir bringen deswegen nämlich auch einen Entschließungsantrag ein, der euch allen vorliegt, und wenn es euch wirklich ernst ist und ihr ihn unterstützen wollt, dann geht ihr da mit. Ich glaube nämlich kaum, dass man den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, den Österreicherinnen und Österreichern - - (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.) – Du hast keinen 12-Stunden-Tag, wahrscheinlich nicht einmal eine 12-Stunden-Woche! (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Schumann: 60-Stunden-Woche: Danke, FPÖ! Danke, ÖVP!)

Mir kommen die Tränen, wenn du dich mit voller Gage dafür einsetzt, nicht einmal wis­send, wie das draußen ist, wenn man in Kurzarbeit oder arbeitslos ist, und hier herinnen immer so großzügig und sozial getan wird. In Wirklichkeit müsstet ihr hinausschauen und hinausgehen und mit den Leuten reden. Das wäre das Wichtigste für euch! (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.)

Deswegen – da das Lämpchen hier schon unaufhörlich blinkt (Ruf bei der SPÖ: Gott sei Dank!) – kann ich euch nur ans Herz legen, unserem Entschließungsantrag zuzustim­men, denn darin finden sich viele Punkte, die den Österreicherinnen und Österreichern das Leben in der Krise wirklich erleichtern würden. (Bundesrätin Mühlwerth: Du musst ihn einbringen, du musst ihn vorlesen! – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Muss ich den ganzen Antrag vorlesen? Wir haben doch ausgemacht, da er verteilt worden ist, dass ich auf das - - (Bundesrat Beer: Wir haben ausgemacht, dass wir Ent­schließungsanträge austeilen, und dann muss er den Entschließungsantrag vorlesen, sonst ist er nicht ordnungsgemäß eingebracht! – Bundesrätin Mühlwerth: Eigentlich war es ausgemacht, dass - -!) – Ich lese ihn gerne vor. Man kann sich mit der SPÖ nichts ausmachen, die haben das Blümel-Syndrom, die haben gleich wieder alles vergessen.

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Ing. Bernhard Rösch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Frei­heitliches COVID-19-Maßnahmenpaket“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzu­leiten, die folgende gesetzliche Regelungen umfasst:

Eine rechtlich verbindliche Grundlage, dass allen beim Arbeitsmarktservice als arbeitslos registrierten Personen, der Bezug der aktuellen Leistung um die Dauer der Krise, min­destens jedoch bis zum 31. Mai 2021 verlängert wird und zusätzlich ein ‚COVID-19-Ausgleich‘ für Arbeitslose in Form eines 30-prozentigen Zuschlages zu allen Arbeits­losen­versicherungsleistungen rückwirkend mit 15. März 2020 gewährt wird. Dieser Zuschlag soll über die Finanzämter, bei denen alle Daten der Erwerbstätigen vorhanden sind, automatisch – also ohne formale Antragstellung – ausgezahlt werden (70 Prozent Netto-Ersatzrate).“ – Das wird ja kein Problem sein, oder?

„Ein Maßnahmenpaket gegen die sektorale Arbeitslosigkeit in Österreich als Konsequenz der Covid-19-Krise. Dieses Maßnahmenpaket soll sektorale Zuzugsbeschränkungen auf dem Arbeitsmarkt für Nicht-EU-Bürger und EU-Bürger nach Maßgabe von Alter, Ausbildungsniveau, besonderen Bedürfnissen und gesundheitlichen Einschränkungen, bisheriger Berufstätigkeit, angestrebter Berufstätigkeit und branchenspezifischer kurz-, mittel- und langfristiger Konjunktur- und Arbeitsmarktprognose beinhalten. Insbesondere sollen im Zuge dieser Maßnahmen auch die negativen Auswirkungen der Covid-19-Krise für den Arbeitsmarkt nachhaltig korrigiert werden.

Den Ausschluss und damit die Verhinderung einer arbeitnehmerfeindlichen Homeoffice-Regelung im neuen Covid-19-Arbeitsrecht (Arbeitszeit, Arbeitnehmerschutz, Lohn und Gehalt usw.)

Eine Verdoppelung der Familienbeihilfe bis zum vollendeten 14. Lebensjahr des Kindes für jene Monate, in denen die Betreuungseinrichtungen wie Schulen, elementarpäda­gogische Einrichtungen und Horte wegen Covid-19 geschlossen waren bzw. sind. Die Auszahlung hat unverzüglich zu erfolgen.“

Kommt ihr noch mit? Soll ich langsamer lesen?

„Einen Rechtsanspruch auf die Gewährung von Sonderbetreuungszeiten für Eltern und Angehörige von Kindern und betreuungspflichten Personen durch den Arbeitgeber - -“

(Zwischenruf der Bundesrätin Gruber-Pruner.) – Braucht ihr etwas? (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.) Ach so, ich habe mir gedacht, ihr habt es nicht verstanden.

„- - und eine 100-prozentige Übernahme der Kosten durch die Republik Österreich für den Zeitraum der Covid-19-Krise.

Die Ausstellung von Österreich-Gutscheinen im Wert von insgesamt 1.000 Euro an jeden österreichischen Staatsbürger, die bis 31. Dezember 2020 nur bei heimischen und in Österreich steuerpflichtigen Betrieben eingelöst werden können.

Ein Maßnahmenpaket zu einem Preismonitoring und einem Inflationsstopp in Covid-19-Zeiten.

Die sofortige Umsetzung des § 10 des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes in allen nicht durch das VfGH-Erkenntnis (G 164/2019) behobenen Teilen auf Länderebene und die verfassungskonforme Regelung der degressiven Staffelung für Kinderzuschläge, des Arbeitsqualifizierungsbonus und der Sozialhilfe-Statistik zur Verhinderung des Zuzugs von Migranten in unseren Sozialstaat.

Die Einführung eines an die aktuelle Situation angepassten ‚Blum-Bonus‘, der einen monatlichen Zuschuss für die gesamte Lehrzeit für Lehrlinge garantiert.

Die Auflösung der Rücklagen der Wirtschaftskammern, um mit diesen Mitteln die heimi­schen Unternehmen zur Bewältigung der COVID-19-Krise unmittelbar zu unterstützen.

Die Einrichtung eines COVID-19-Unterstützungsfonds insbesondere für Arbeitnehmer mit Familien, die durch Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit in Folge von COVID-19 in Not geraten sind.

Die Auflösung von 11/12 der Rücklagen 2019 der Arbeiterkammer für die Dotierung dieses COVID-19 Unterstützungsfonds.

Die Abwicklung sämtlicher Fonds über die Finanzämter.

Ein voller Entschädigungsanspruch für alle Betriebe, die durch das Betretungsverbot betroffen sind oder waren, in der Höhe des Betrags, den diese erhalten hätten, wenn ihr Betrieb auf Grundlage des EpidemieG geschlossen worden wäre.

Eine sofortige antragslose Akontozahlung durch die Finanzämter an alle Unternehmer, die sämtliche in Folge der COVID-19-Maßnahmen entstandene Kosten, die laufenden Fixkosten zu 100 Prozent sowie die Einnahmenausfälle und einen entsprechenden Unter­nehmerlohn abdeckt mit anschließender Ex-post Prüfung und Kontrolle durch die Finanzämter.“

*****

Ich bitte nun, da Sie ja sicherlich aufgepasst haben und feststellen konnten, dass darin sehr viele gute Sachen für die Österreicherinnen und Österreicher in Krisenzeiten enthalten sind, diesem Entschließungsantrag zuzustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

12.32

Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Aus aktuellem Anlass verweise ich auf die Eleganz der Geschäftsordnung des österreichischen Bundesrates im Allgemeinen und auf § 43 Abs. 4 im Speziellen, was die Einbringung von Anträgen betrifft.

Der von den Bundesräten Ing. Bernhard Rösch, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Freiheitliches COVID-19-Maßnahmenpaket“, der gemäß § 43 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Bundesrates ursprünglich in seinen Kern­punkten erläutert und jetzt detailliert verlesen wurde, ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Karlheinz Kornhäusl. – Bitte, Herr Bundesrat.