15.14

Bundesrat Dr. Peter Raggl (ÖVP, Tirol): Hohes Präsidium! Geschätzte Frau Bun­desminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da Kollege Schilchegger, glaube ich, den Bericht, über den wir heute diskutieren, gar nicht gelesen hat, sondern eine Abrechnung mit den Geschehnissen oder Nichtgeschehnissen im Bundesministerium gemacht hat, erlaube auch ich mir, am Anfang meiner Rede kurz ein bisschen von dem mir vorgegebenen Thema abzuweichen.

Ich möchte nur kurz auf das Lächerlichmachen der Coronamaßnahmen der Bundes­regierung zurückkommen. Da darf ich jetzt als Tiroler vor allem meinen Kollegen Christoph Steiner ansprechen: Christoph, du kommst ja aus einer Tourismusregion, dem Zillertal, mit acht Millionen Nächtigungen. Ich komme aus dem Bezirk Landeck, Ischgl, mit ähnlich vielen Nächtigungen.

Es hat nicht die ÖVP die Reisewarnung über Tirol verhängt, sondern das war das renommierte Robert Koch-Institut (Bundesrat Steiner: Aber ihr habt eine super Sperr­stunde gemacht mit 22 Uhr! Sehr hilfreich!), das war das renommierte Robert Koch-Institut.

Wenn wir nicht durch gemeinsame Anstrengungen – und das Maskentragen ist, glaube ich, eine relativ gelinde Maßnahme, durch die wir, glaube ich, vorwärtskommen werden – diese Reisewarnung wegbekommen, dann weißt du, was das für unsere Regionen heißt. Alles hängt bei uns am Tourismus, nicht nur die Gastronomie, es hängen sämtliche Handwerker, sämtliche Gewerbebetriebe daran. (Zwischenruf des Bundesrates Steiner.)

Wenn diese Sperrstunde hilft (Bundesrat Steiner: Die hilft! Ja! Die hilft sicher ...!), dass die Infektionszahlen sinken, dann sage ich: Das sind ganz erträgliche Maßnahmen, die uns vielleicht die Wintersaison retten können. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bun­desrates Schreuder.)

Ich darf jetzt doch noch kurz auf den Bericht betreffend Jahresvorschau des Bundes­ministeriums auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission eingehen. Kollegin Hauschildt-Buschberger hat dazu schon vieles gesagt. Es geht der EU-Kommission um die Stärkung der weiteren justiziellen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten. Es soll zu Verfahrensvereinfachungen und vor allem zu Verfahrensbeschleunigungen kommen.

Wenn man den Bericht genau angesehen hätte, dann wüsste man, dass der Bericht vom März des heurigen Jahres stammt, aus der Zeit noch vor Corona. Der Bericht listet als die größten Herausforderungen der EU den Brexit und die rechtsstaatlichen Defizite auf, die es in einigen EU-Mitgliedstaaten zu beseitigen gilt. Von Corona ist in diesem Bericht natürlich noch nichts zu lesen, weil es sich damals noch nicht als Problem dargestellt hat.

Zur Feststellung der rechtsstaatlichen Defizite: Das ist ein ganz wichtiger Punkt, und es gilt – eine große Herausforderung für die EU –, diese Defizite zu beseitigen. Das ist wichtig für die EU, damit sie auch weiterhin den Bürgern den Mehrwert näherbringen kann, wegen dem es diese Gemeinschaft braucht. Dieser Erwartungshaltung – da muss ich jetzt die EU doch ein bisschen kritisieren – hat sie gerade bei Erfüllung ihrer Aufgabe des Eingreifens und des Moderierens im Zuge der Bekämpfung der Pandemie leider nicht zufriedenstellend entsprochen.

Als zentrale Herausforderung nennt der Bericht das Bekenntnis zu einer weiteren Stärkung der internationalen justiziellen Zusammenarbeit sowohl im Strafrechts- als auch im Zivilrechtsbereich. Da geht es vor allem um weitere Fortschritte bei der gegen­seitigen Anerkennung, aber auch bei der Vereinfachung der Rechtshilfe, beispielsweise beim Austausch elektronischer Beweismittel, immer mit dem Ziel, eine Verfahrens­vereinfachung, eine Verfahrensbeschleunigung zu erreichen.

Ich habe es angesprochen: die Gefährdung der Rechtsstaatlichkeit in einigen EU-Mitgliedstaaten und damit eigentlich das Rütteln am Fundament des Funktionierens der EU – da gilt es die Defizite aufzuzeigen. Zu diesem Zweck hat die EU ein neues Evaluie­rungsinstrument eingeführt, nämlich den Jahresbericht über die Rechtsstaatlichkeit, der – aktuell – jetzt im September das erste Mal vorgestellt wurde. Da darf es jedoch aus Sicht der EU und aus Sicht der Mitgliedstaaten nicht nur beim Aufzeigen der Verfeh­lungen bleiben, sondern es müssen auch Taten und Aktionen gesetzt werden, um diese Verfehlungen abzustellen.

Besonders positiv ist mir beim Lesen des Berichtes das von der EU bei der Rechtsetzung zukünftig anzuwendende Prinzip „One In, One Out“ aufgefallen. Dies würde – ich sage es absichtlich im Konjunktiv: würde – in der Praxis bedeuten, dass jede neue Verwal­tungslast nur dann eingeführt wird, wenn gleichzeitig Menschen und Unternehmen auf EU-Ebene von einer gleichwertigen Verwaltungslast befreit werden. Nicht nur der Experte des Ministeriums im Ausschuss hat diese Absicht bezweifelt. Mir geht es irgendwie gleich, aber ich möchte sagen: Die Hoffnung stirbt zuletzt. Ich vertraue darauf, dass man sehr in diese Richtung arbeitet.

Zusammengefasst darf ich festhalten, dass die länderübergreifende Justizpolitik ein wesentlicher und wichtiger Grundstein für die Beschleunigung von Verfahren ist. Zudem kann die grenzübergreifende Zusammenarbeit der Justiz, vor allem die beschleunigte Zusammenarbeit, einen wichtigen Hebel zur Bekämpfung von Terrorismus und organi­sierter Kriminalität darstellen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der Grünen.)

15.20

Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Als vorerst letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist Herr Bundesrat Stefan Schennach zu Wort gemeldet. – Bitte.