15.20

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­schätzte Frau Justizministerin! Ich halte mich jetzt einmal an den Vorredner und tue dasselbe, ich gehe auf zwei Dinge aus vorherigen Debatten ein.

Zum Ersten richte ich mich einmal an Frau Zeidler-Beck: Ich habe letztes Mal bei meiner Rede hier mit dem ganzen Plastik Ihre Aufregung nicht verstanden. Ich habe jetzt im Protokoll nachgelesen; wahrscheinlich bin ich schon so integriert in Wien, dass ich das Z so schwach oder leise ausgesprochen habe, dass es tatsächlich, wie im Protokoll nachzulesen, wie Seidler-Beck klingt. Natürlich heißen Sie Frau Zeidler-Beck, und es tut mir leid, es war keine Verballhornung Ihres Namens.

Zweitens, weil sich vorhin zwei Tiroler hier ein paar Kämpfe geliefert haben: Ich wollte mich zur Gesundheitstelematik nicht melden, aber auf meinen Laptop habe ich jetzt in der Zwischenzeit wieder zwei E-Mails bekommen, in denen drinsteht: Zwangsimpfung ist Faschismus. Eltern, die ihre Kinder zum Impfen bringen, sind Mörder und Täter. – Wir müssen von dieser Debatte runterkommen, das ist schrecklich!

Kollege Steiner hat ja schon vieles zu diesem Social Web, in dem all diese Messages hin- und hergeschickt werden, gesagt. Aber ich kann ja umgekehrt eine Frage stellen, Kollege Steiner: Gab es deine Familie 1809 schon? – Die Frage stelle ich jetzt deswe­gen, weil ich einen anderen Zusammenhang herstellen will; Frau Neurauter weiß, was ich meine. Die zweite Bergiselschlacht in Tirol hatte folgenden Hintergrund: Die Fran­zosen fanden die Tiroler medizinisch dermaßen heruntergekommen und pockenver­seucht, dass sie eine allgemeine Pockenimpfung anordneten. Und was haben dann einige in Tirol geglaubt? – Man will ihnen den libertären Geist der Französischen Revolu­tion einimpfen, und so kam es zur zweiten Tiroler Bergiselschlacht.

Bleiben wir einmal auf dem Boden der Tatsachen! Impfen kann sinnvoll sein. Großteils ist es auch wichtig, dass es Freiwilligkeit gibt. Aber wenn ich zum Beispiel gestern in der Elefantenrunde einen Spitzenkandidaten gehört habe, der gesagt hat: Die Pandemie gibt es gar nicht, das ist eine Erfindung!, dann muss ich sagen: Wir haben eine Verantwor­tung; eine Million Coronatote in der Welt sind mehr als genug, und was immer an Maßnahmen notwendig sein wird, ist zu ergreifen. Wir werden nach dem freiheitlichen Prinzip, jetzt nicht nach eurer Partei (in Richtung FPÖ), sondern nach dem Bundes­prinzip (Bundesrat Rösch: Also doch nach unserer Partei!), natürlich schauen müssen, dass wir die größtmögliche Freiheit haben. (Beifall bei der SPÖ. – Neuerlicher Zwi­schenruf des Bundesrates Rösch.) – Nein, da waren ein bissel sehr krause Argumente dabei. Lest es nach! (Bundesrat Rösch: Aber deine Vergleiche hinken auch! Deine Pockenvergleiche von 1809 hinken auch!) Ich habe mir erlaubt, die Debatte wirklich genau zu verfolgen, aber ist okay, Kollege Rösch, passt.

Kommen wir zum eigentlichen Thema: Wir haben jetzt das Arbeitsprogramm der EU-Kommission und die österreichische Antwort darauf auf der Tagesordnung. Ganz viele dieser Materien haben wir über die letzten Jahre im EU-Ausschuss intensivst beraten, und ich möchte mit einer guten Nachricht beginnen: Unser Ausschuss war einer der wenigen EU-Ausschüsse in Europa, die von Anfang an hinter einer Europäischen Staatsanwaltschaft standen. Da gab es über 14, die dagegen waren, und wir haben im EU-Ausschuss des Bundesrates gesagt: Nein!

Wir haben aber auch immer klar Nein gesagt zum Versuch der rumänischen Regierung, die tolle Staatsanwältin Laura Codruţa Kövesi abzumontieren, weil diese Frau eine unglaublich couragierte Frau ist, die weiß, wie man Korruption bekämpft. Sie ist seit 1.11.2019 die europäische Staatsanwältin, und das ist eine großartige Sache, auch dass sich die EU hier nicht von Rumänien hat erpressen lassen.

Auch wir haben Glück gehabt, denn es gibt ja nicht nur eine einzige Staatsanwältin, es gibt ja eine ganze Staatsanwaltschaft – und siehe da: Österreich ist per Los gezogen worden, und ich hoffe, die Frau Bundesministerin wird auch eine geeignete Person für drei Jahre finden, die ähnlich couragiert ist wie deren Chefin.

Kommen wir zu etwas aus Konsumentensicht sehr Erfreulichem. Frau Präsidentin Zwazl wird mir jetzt zwar gleich etwas anderes sagen, aber es geht ja nicht nur darum, dass die Wirtschaft zusammenarbeitet, es geht auch darum, dass die Konsumenten und Konsumentinnen zusammen stark sind in einem geeinten Wirtschaftsraum. Und jetzt haben wir es geschafft: Es gibt die Verbandsklage. Es gibt eine Verbandsklage sowohl innerstaatlich als auch grenzüberschreitend. Das ist sehr, sehr erfreulich, und so hieß es in der EU auch New Deal for Consumers; darin geht es also um Verbraucherschutz, mehr Transparenz und Informationen für Verbraucher und Verbraucherinnen.

Dieses Thema werden wir, Frau Ministerin, ja bald hier auf dem Tisch haben. Ein Jahr ist jetzt schon vergangen, ein Jahr haben wir noch Zeit, dann muss klar sein, wie wir das in Österreich umsetzen, dann muss dazu die gesetzliche Grundlage auf dem Tisch liegen. Nach dem Inkrafttreten der Richtlinie sind also 24 Monate Zeit. Jetzt ist schon einige Zeit vergangen, aber es ist ein Grund zur Freude, das soll man einmal sagen. Es betrifft die Finanzdienstleister, die Reisen, den Tourismus, den Energiebereich, den Gesundheitsbereich, den Telekommunikationsbereich und den Datenschutz insge­samt – eine Stärkung der Konsumentinnen und Konsumenten in Europa und, weil es auch innerstaatlich ist, auch in Österreich! (Beifall bei der SPÖ.)

So, jetzt für Frau Zwazl etwas, wo wir wieder gemeinsam unterwegs sind (Bundesrätin Zwazl: Die Wirtschaft braucht auch Konsumenten!), wir haben dazu ja auch schon Stellungnahmen im EU-Ausschuss erarbeitet: Da geht es um den Bereich des E-Com­merce. Wir haben im EU-Ausschuss schon angeregt, dass man einmal diese Provider und deren Onlineplattformen hinterfragen soll, damit es hier nicht zu ganz krassen und bösen Wettbewerbsverzerrungen und Dumping kommt, gibt es doch viel zu viel Abfluss auf irgendwelchen anonymen Onlineplattformen. Diese Richtlinie, liebe Sonja, soll überarbeitet, weiterentwickelt werden, und Österreich ist dabei genau auf dem Kurs, den wir damals gemeinsam ausgelotet haben.

Nächster Punkt – ein kompliziertes Wort; wir haben ganz viel Datenschutz in diesem Paket –: Adäquanzentscheidungen. Wir haben ja die Datenschutzvereinbarung, und wir – jene, die damals schon im EU-Ausschuss waren – haben Österreich damals wirklich den Rücken gestärkt, dass wir mit Slowenien gemeinsam diese Datenschutz-Grundverordnung verzögert und verzögert haben, weil wir ja so gute Standards haben. Viele können sich erinnern, das Safe-Harbor-Abkommen mit den USA wurde gekappt, und es gilt, jetzt solche Entscheidungen zu treffen, wer in dieses Niveau des Daten­verkehrs hineindarf. Da gehört jetzt Kanada dazu, wieder die USA, schwierige Ver­handlungen, Schweiz und jetzt auch Japan.

Aber wir haben ein Problem, und das heißt Brexit. Was machen wir mit dem Vereinigten Königreich, weil wir ja im Rahmen der justiziellen Zusammenarbeit mit dem Vereinigten Königreich zusammenarbeiten? Da geht es jetzt zum Beispiel vor allem um Strafver­folgungen.

Kommen wir noch, weil wir schon bei der Datenschutz-Grundverordnung sind, zum letzten Punkt – da hat Österreich ja sehr lange gezögert –: Es hat eine Bewertung und eine Überprüfung gegeben, ob das funktioniert, und da sind wir draufgekommen, dass es zu Kollisionen kommt. Und jetzt wird es eine Sache des Justizministeriums sein, solche Kollisionsnormen auf europäischer Ebene zu erarbeiten.

Last, but not least – Kollege Raggl hat das schon angesprochen –: der Bericht über die Rechtsstaatlichkeit, ein Meilenstein innerhalb der Europäischen Union. Frau Bundes­ministerin, es geht ja hier um Rechtsstaatlichkeit und so weiter, alles, was uns so wichtig ist, aber dass Österreich keine Kontaktstelle eröffnen kann, weil keine Ressourcen für ein schnuckeliges Büro von zwei Räumen zur Verfügung stehen, das kann ich mir echt nicht vorstellen, und ich glaube, dass das auch nicht ganz Ihre Position sein kann. Es steht drinnen: Österreich kann keine Kontaktstellen zur Verfügung stellen.

Bitte, wir haben einen schwierigen Nachbarn, der heißt Ungarn. Wir haben einen ein bisschen weiter weg liegenden schwierigen Nachbarn, der heißt Polen. Die wehren sich gegen diese Rechtsstaatlichkeitsprüfung, weil diese Rechtsstaatlichkeitsprüfung später natürlich auch für Mittelzuweisungen ausschlaggebend sein wird. Man kann nicht in einem justiziellen Raum zusammenarbeiten, in dem die Rechtsstaatlichkeit, die Demo­kratie und so vieles anderes nicht funktionieren, und da muss es eine Überprüfung geben.

Danke an das Europäische Parlament, das die Zivilgesellschaft hier mit hineinge­nom­men hat, und als Mitglied des Europarates freue ich mich natürlich auch, dass die Expertisen der Venice Commission hier mit einfließen.

In diesem Sinne: Danke schön, wir werden den Bericht zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

15.31

Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Zu einer Stellungnahme zu Wort ge­meldet hat sich nun Frau Bundesministerin Dr.in Alma Zadić. – Bitte sehr, Frau Ministerin.