14.53

Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schram­böck: Frau Präsidentin! Werte Bundesrätinnen und Bundesräte! Sehr geehrte Damen und Herren! Am Montagabend haben wir in Österreich etwas Schreckliches erlebt, einen Terroranschlag. Dieser Anschlag war auch ein Angriff auf unsere Freiheit und auf die österreichische Demokratie. Es wurden Unschuldige verletzt, ja, es wurden Unschuldige sogar getötet.

Das macht mich unfassbar traurig. Doch wir dürfen uns nicht beirren und verängstigen lassen, und wir tun das auch nicht. Wir gedenken im Bewusstsein der Stärke unserer Werte und unserer Demokratie, und wir danken all jenen, die in diesen schwierigen Stun­den geholfen haben, die den Menschen geholfen haben, denn das ist immer etwas, das ein Mensch einem anderen gibt.

In diesem Fall hat ein Mensch etwas genommen, er hat Leben genommen, und dafür gibt es keine Entschuldigung. Dafür gibt es für viele auch sehr schwer ein Verzeihen, aber unsere Werte tragen uns gemeinsam weiter, sie tragen uns weiter in dieser Demo­kratie, die wir gemeinsam leben, Schulter an Schulter, und darauf bin ich stolz. Ich bin auch stolz darauf, dass dieses Parlament ein Teil dieser Werte der österreichischen De­mokratie ist, und in diesem Sinne möchte ich auch Ihnen danken. (Allgemeiner Beifall.)

Es ist schwierig, zur Tagesordnung überzugehen, und dennoch ist es notwendig und dennoch ist es wichtig, denn gemeinsam haben wir etwas zu tun. Wir haben die Ge­sundheit der Menschen in Österreich zu schützen und gleichzeitig ihre Arbeitsplätze und den Wirtschaftsstandort abzusichern, die Zukunft der nächsten Generationen abzusi­chern. Damit möglichst viele Menschen unbeschadet durch diese Covid-Krise kommen, haben wir beides zu tun und nicht das eine oder das andere.

Lassen Sie mich auch noch kurz, weil es wesentlich ist, auf die Infektionszahlen einge­hen: Sie steigen explosionsartig, und es ist unsere Aufgabe, diese Explosion im Schulter­schluss aller in unserer Gesellschaft zu verhindern und einzudämmen. Wir müssen die Spitäler entlasten und wir müssen gleichzeitig die Arbeitsplätze absichern, und das ist eben nicht ein Entweder-oder, sondern beides zählt.

Mir ist bewusst, dass es schon viele gibt, denen dieses Virus auf die Nerven geht, und das ist auch bei mir so, aber dieses Virus lässt leider nicht mit sich verhandeln. Deshalb ist es so wichtig, dass wir gemeinsam zu Österreichs Wirtschaft stehen und dass wir gesamtheitlich Schritte setzen, um sie zu retten, dass wir zusammenhalten und dass wir auch jene unterstützen, die es in dieser Zeit schwer haben, ArbeitnehmerInnen genauso wie Arbeitgeber.

Es braucht dafür aber die Mithilfe aller Bürgerinnen und Bürger Österreichs. Jeder und jede kann und soll mitmachen und mithelfen, denn nur wenn wir jetzt diese entsprechen­den Schritte setzen und uns auch daran halten, haben wir eine Chance auf neues Wachstum, und diese Chance gibt es, denn es ist – unter Anführungszeichen – „nur“ ein Virus. Es wird vorübergehen, und das wird für uns die Möglichkeit schaffen, wieder ge­meinsam zu wachsen. Dafür müssen wir aber die Strukturen erhalten, dafür müssen wir die Schritte setzen, die Sie hier auch mittragen, wie Kurzarbeit, wie Garantien, wie Unter­stützung, direkte finanzielle Unterstützung. Das ist wichtig.

Es muss uns auch gelingen, wie beim ersten Lockdown die Gewerbe offen zu halten, die Industrien offen zu halten, den Handel offen zu halten und die Grenzen Europas offen zu halten, damit wir weiter wirtschaften können. Das ist ja während des ersten Lock­downs nicht gut gelungen, und daraus können wir lernen, auch auf europäischer Ebene.

Ich tausche mich regelmäßig mit Wirtschaftsforschern und natürlich auch mit den Unter­nehmen aus. Wir haben hier zwei Stufen: die erste der unmittelbaren Liquiditätssiche­rung und die zweite der Impulse, und wir befinden uns schon, auch wenn wir es nicht glauben, in dieser zweiten Stufe: dem Wirtschaftsstandort Impulse zu geben, wie bei­spielsweise durch die Investitionsprämie. Wir müssen aus der Krise heraus investieren. Diese Investitionsprämie hat noch etwas für sich: Sie hilft, den Blick nach vorne zu rich­ten und gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nach vorne und nicht nach hinten zu schauen.

Ich habe auch gehört, dass es Kritik an dieser Investitionsprämie gibt, und ich kann nur sagen, sowohl die Wirtschaftsforscher als auch die Unternehmen – wie auch viele von Ihnen – sehen, dass diese Investitionsprämie gerade jetzt richtig und wichtig ist. Es ist nicht zu früh und es ist Gott sei Dank nicht zu spät. Keine Wirtschaft wird besser, wenn man später investiert.

Was mich auch besonders freut, ist – und da nehmen wir jetzt diesen Schwung zur Di­gitalisierung –, dass diese 14 Prozent Investitionsprämie gut angenommen werden, dass über 50 Prozent aller Investitionen, die jetzt schon gemeldet wurden, in Nachhaltig­keit und in Digitalisierung gehen, dass die kleinen Unternehmen erkannt haben, hier und jetzt ist die Chance, jetzt ist es die Aufgabe, das zu nutzen. 63 Prozent aller Unterneh­men, die beantragt haben, sind Kleinstunternehmen, das heißt mit weniger als zehn Mit­arbeiterinnen und Mitarbeitern.

Hier im Bundesrat sei es auch erlaubt, darauf hinzuweisen, dass besonders Oberöster­reich, Niederösterreich und die Steiermark bei den Anträgen für die Investitionsprämie ganz weit vorne liegen.

Die Coronakrise markiert in gewisser Weise auch bei der Digitalisierung eine Zeitenwen­de. Vieles, was wir in den vergangenen Jahren immer wieder besprochen haben, wovon wir geredet haben, woran ich persönlich gearbeitet habe, vieles, von dem immer gesagt wurde, dass es nicht möglich sei, ist jetzt durch dieses Coronavirus möglich geworden. Dabei spreche ich nicht nur von dem Thema, von zu Hause aus zu arbeiten und von zu Hause aus zu lernen, sondern ich spreche ganz besonders von der digitalen Transfor­mation der mittelständischen Unternehmen. Diese machen 98 Prozent der österreichi­schen Unternehmen aus, und nur mehr 8 Prozent von ihnen glauben, dass die Digitali­sierung für sie keine Rolle spielt. 92 Prozent sind davon überzeugt, dass sie wichtig ist, und sie sagen es nicht nur, sondern sie tun auch etwas. Und unsere Aufgabe ist es, sie dabei gerade jetzt zu unterstützen.

Die Digitalisierung ist dreiteilig, sie ist für Gesellschaft, für Wirtschaft und für Verwaltung wichtig, das haben Sie in Ihren Reden bereits angesprochen. Was die Gesellschaft be­trifft, bin ich auch absolut davon überzeugt, dass wir alle – und ich sage: alle! – auf diese Reise mitnehmen müssen, zum Beispiel die Jugendlichen, die vielleicht nicht so privi­legiert sind, die in einem Haushalt aufwachsen, in dem das nicht vorgegeben ist. Ich darf Ihnen mein eigenes Beispiel bringen: Ich bin in einem Elternhaus aufgewachsen, in dem Vater und Mutter keine Lehre machen durften, als Hilfsarbeiter gearbeitet haben und sich so ihren Lebensunterhalt verdient haben. Es ist mir deshalb ganz besonders wichtig, alle mitzunehmen, auch die älteren Generationen – auch Sie haben es angesprochen – auf diese Reise mitzunehmen und nicht zurückzulassen.

Es muss uns gelingen, dass die digitale Kluft nicht größer, sondern kleiner wird und dass jeder und jede die Chancen in dieser Zeit nutzen kann und auch muss. Es ist ein wich­tiges Thema, das uns in den Schulen und genauso in der Lehre – auch das ist ange­sprochen worden –, im Arbeitsleben und auch, wenn man nicht mehr im Arbeitsleben ist, begleitet, denn es soll niemand von dieser Entwicklung ausgeschlossen sein.

Dafür haben wir gemeinsam viel zu tun. Es gibt Mechanismen, es gibt Möglichkeiten, damit wir das vorantreiben. Wenn wir irgendwann auf diese Covid-Zeit zurückblicken, dann ist das vielleicht ein Punkt, bei dem uns dieses Virus geholfen hat, nämlich da Geschwindigkeit aufzunehmen, Entscheidungen zu treffen und das auch gemeinsam umzusetzen.

Das zweite Thema ist die Wirtschaft. Ja, ich stehe dazu: Als Impfstoff für die Wirtschaft kann die Digitalisierung deshalb gelten, weil sie die Unternehmen resilienter und krisen­fester macht und auch Arbeitsplätze schafft. Das ist ein ganz, ganz wichtiger Punkt. Es ist bereits angesprochen worden, dass dadurch Arbeitsplätze in Österreich entstehen, circa 20 000 pro Jahr. Ja, das sind andere Arbeitsplätze, und unsere Aufgabe ist es, in Umschulungen, in Weiterbildungen, in den Möglichkeiten, neue Berufsbilder zu schaffen, die Menschen, die in Österreich arbeiten, mitzunehmen und niemanden zurückzulassen.

Die Wirtschaft betreffend wird es auch unsere Aufgabe sein, uns um die KMUs zu küm­mern. Es geht nicht nur um die Leitbetriebe, sondern wir müssen auch neue Geschäfts­modelle ermöglichen. Ich möchte Ihnen ein Thema mitgeben, nämlich das Thema E-Commerce. Gerade jetzt ist es wichtig, dass sich die kleineren Unternehmen nicht als Ersatz für das direkte Betreuen des Kunden, sondern als Ergänzung in diesen Bereich hineintrauen. Unsere Aufgabe, meine Aufgabe ist es, sie dabei auch massiv zu unterstüt­zen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Der dritte Punkt ist die digitale Verwaltung. Auch Sie haben in den vergangenen Jahren mit unterstützt, dass wir oesterreich.gv.at, das Digitale Amt, aufbauen. Daran werden wir weiterarbeiten. Warum? – Nicht zum Selbstzweck, sondern damit Bürgerinnen und Bür­ger gerade in so einer Krise ihre Behördenwege machen können und damit gerade die Unternehmen in so einer Krise nicht mit mehr Bürokratie belastet werden. Ja, das ist ein mühsamer Weg. Es ist ein Weg, Systeme umzubauen, Projekte zu machen, die oft – auch in der medialen Berichterstattung – nicht so große Aufmerksamkeit erhalten, die aber umso wichtiger sind, um die Unternehmen zu entlasten. Somit ist die Digitalisierung auch eine Möglichkeit, die Unternehmen in ihrem täglichen Tun zu unterstützen.

Wenn wir uns anschauen, wie viel jetzt investiert wird, so kann ich ganz klar sagen, dass jetzt mehr in die Digitalisierung investiert wird als je zuvor: mehr als 1 Milliarde Euro, und es wird noch mehr werden. Es sind mindestens 600 Millionen Euro aus der Investitions­prämie, es sind Investitionen in den Bereich Cybersicherheit, in den Bereich Bildung. Ich bin froh, dass die Schülerinnen und Schüler mit digitalen Endgeräten ausstatten werden. Dabei geht es nicht um dieses Endgerät, sondern es geht um die Chancen und Mög­lichkeiten, die diese Schüler haben, wenn sie sehr früh auf diesen Geräten, mit dieser Software arbeiten. Sie haben dann im beruflichen Leben natürlich auch einen besseren Start, als wenn sie das erst später lernen, wenn sie erwachsen sind, oder nur im privaten Bereich. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Auf europäischer Ebene hat das Thema Digitalisierung ebenfalls aufgeschlagen, auch das ist erwähnt worden. 20 Prozent des Recoveryfund sollen in die Digitalisierung ge­hen, und ich traue mich, zu sagen, es braucht neben diesem Green Deal, der sehr, sehr wichtig ist, auch einen Digital Deal für Europa. Es braucht ihn – Sie haben es selber angesprochen –, damit Europa vor allem im Wettbewerb mit den USA und mit China einen Schulterschluss macht und auch entsprechend vorankommt.

Da ist einiges aufzuholen, ich bin aber zuversichtlich, dass gerade die jetzige Situation viele Entscheidungen möglich macht. Ich sehe diese 20 Prozent im Bereich des Re­coveryfund. Unsere Aufgabe ist es, den Standort und den Wohlstand der zukünftigen Generationen zu sichern, egal was passiert. Unsere Väter, unsere Mütter, unsere Groß­väter und Großmütter haben auch schwierige Situationen erlebt. Unsere Aufgabe ist es, das jetzt gemeinsam gut durchzustehen und sogar stärker daraus hervorzugehen, als wir es jetzt sind. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei BundesrätIn­nen der SPÖ.)

15.07

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Vielen Dank für Ihre Ausführungen, Frau Bundesministerin.

Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit aller weiteren TeilnehmerInnen an der Aktuellen Stunde nach Beratung in der Präsidialkonferenz 5 Minuten nicht übersteigen darf.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag.a Marlene Zeidler-Beck. – Bitte, Frau Bundesrätin, ich erteile es Ihnen.