16.14

Bundesrätin Andrea Kahofer (SPÖ, Niederösterreich): Werte Frau Präsidentin! Werte Frau Minister! Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher und Zuhörer, Zuseherinnen und Zuhörerinnen zu Hause! Der Bericht über die Situation der Klein- und Mittelbetriebe bil­det eine Zeit ab, die momentan irgendwie fast schon nostalgisch macht: einen Zeitraum, in dem vieles ganz anders war, als wir es heute erleben, unter den aktuellen Umständen in diesem Jahr 2020, das wohl der eine oder andere von uns ganz gerne ausgelassen hätte.

Auch wenn sich der Bericht in seinen Vergleichswerten und in seinen Zahlen auf einen Zeitraum bezieht, der sich jetzt durch Covid, durch die Gesundheitskrise ganz anders darstellt, liefert er doch viele wertvolle und wichtige Basiszahlen, aus denen wir sehr viel ableiten können.

Was sich mir nicht ganz erschließt, ist das, was Kollegin Ringer mit der „good crisis“ gemeint hat. Ich kann dieser Krise weder gesundheitlich noch wirtschaftlich irgendetwas abgewinnen, das ich auch nur annähernd in Verbindung mit dem Wort good bringen könnte. (Beifall bei der SPÖ.)

Es wurden sehr viele Zahlen genannt, Zahlen, die wirklich beachtlich sind: 337 800 KMUs – eine Zahl, die sich um 2,7 Prozent erhöht hat. Diese Unternehmen stellen 99,6 Prozent der heimischen marktorientierten Wirtschaft dar –

diese KMUs, die oft viel weniger im Fokus sind als die vielen großen Unternehmen, die KMUs, die auch medial weniger im Fokus sind, die KMUs, die die Säule unserer Wirt­schaft sind. Das kann man bei einem Anteil von 99,6 Prozent wirklich mit Fug und Recht sagen.

Die Anzahl der Beschäftigten in diesem Bereich ist ebenfalls wieder gestiegen. Es sind knapp 2 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Das sind zwei Drittel der Er­werbstätigen in diesem Land, die von Kleinst-, Klein- und Mittelunternehmen beschäftigt werden. Die 52 900 Lehrlinge sind eine beachtliche Zahl: Was unsere KMUs in der Aus­bildung leisten, ist wahrlich beachtlich. (Beifall bei der SPÖ.) Die Unternehmen stehen auch wirtschaftlich solide da. Eine wichtige Kennzahl dazu sind sicherlich die 33 Prozent der Eigenkapitaldeckung. Das ist ein sehr, sehr guter Wert.

Drei Viertel der KMUs bewegen sich darüber hinaus in der Gewinnzone; auch etwas sehr Gutes, etwas sehr Positives in diesem Bericht. Covid hat aber einfach vieles verän­dert, die KMUs sind natürlich in Mitleidenschaft gezogen worden. Wie wir vorhin gehört haben – Kollege Bernard hat hier einige Zahlen genannt –, sind auch die Unterstüt­zungsleistungen infolge des ersten Lockdowns noch gar nicht vollständig angekommen.

Wir sind jetzt im zweiten Lockdown, im Lockdown light. Nehmen wir jetzt die sehr posi­tiven Zahlen aus dem Bericht her, nehmen wir sie als Grundlage und als Basis, denn gerade auch anhand dieser positiven Zahlen können wir die Problemfelder erkennen, vor denen wir jetzt stehen! Jede Zahl in diesem Bericht ist nicht nur eine Zahl – hinter jeder Zahl stehen Familien, Menschen, Unternehmer, Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh­mer, Familien und Existenzen.

Der Bericht weist auch aus, dass im Betrachtungszeitraum die Anzahl der EPUs sehr stark gestiegen ist und 42 Prozent der EPUs von Frauen geführt werden. Der Anteil der EPUs ist insgesamt von 18 auf 37 Prozent gestiegen, 42 Prozent sind Frauen und die meisten sind zwischen 45 und 54 Jahre alt. Wir wissen alle: Man begibt sich nicht immer aus einem Unternehmergeist heraus in diese Selbstständigkeit. (Bundesrat Schennach: Nicht ... freiwillig!) Sehr, sehr viele gründen ein Einpersonenunternehmen, weil sie am freien Arbeitsmarkt nichts finden. Das sind ganz, ganz viele Frauen, die gerade in diesem Alter keinen Job finden. Diese Zahl zeigt uns daher, dass wir auch jetzt in dieser Krise wieder ganz besonders auf die Frauen und auf die Chancen der Frauen am Arbeitsmarkt achten müssen! (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist auch die Gruppe der EPUs, die die schlechteste soziale Absicherung hat. Das sind die, für die der Sozialdemokratische Wirtschaftsverband schon lange Krankengeld ab dem ersten Tag fordert. Schon ein Tag Ausfall ist da oft ganz, ganz verheerend.

Ein weiteres Kapitel ist den Familienunternehmen gewidmet. Eine Vorrednerin – ich glaube, es war ebenfalls Kollegin Ringer –, hat davon gesprochen, wie wertvoll Familien­unternehmen sind. Das stimmt auch, momentan und in der Krise ist es für Familienunter­nehmen aber auch so, dass wir nicht außer Acht lassen dürfen, dass die Familienmitglie­der, die alle von einem Unternehmen leben, derzeit auch alle einen Einnahmenentfall haben, dass sie alle um ihr Auskommen zittern. (Bundesrat Schennach: Nein!) In dem Fall ist da nicht einer, der mit seinem Gehalt die anderen absichern kann – sie leben alle von diesem Familienunternehmen. Auch auf diese Menschen müssen wir besonders Rücksicht nehmen, wir müssen ganz besonders darauf achten, dass Familienunterneh­men gestärkt werden.

Zudem sind 10 Prozent gerade in der Übergangsphase: Da kommt eine neue Genera­tion, die in einer wirtschaftlich äußerst schwierigen Zeit Familienunternehmen über­nimmt, da stehen junge Menschen am Anfang und haben bereits ein gewaltiges Binkerl zu tragen und mit auf den Weg zu nehmen. Familienunternehmen sind auch deshalb besonders wichtig, weil sie eine starke regionale Bedeutung haben, weil sie Ausbildner vor Ort sind, weil sie Fachleute ausbilden, weil sie die Wirtschaftskraft in der Region stärken, weil sie ja mit dem, was sie brauchen und kaufen, auch alle anderen Betriebe im Umfeld wirtschaftlich unterstützen – das ist nicht außer Acht zu lassen.

Achten wir ganz besonders auf die, die in diesem Bericht so positiv abschneiden, denn hinter positiven Zahlen kann jetzt auch die Gefahr ganz besonders starker Auswirkungen der Krise schlummern. (Beifall bei der SPÖ.)

Aus diesem Bericht ist auch herauszulesen, dass Beherbergung und Gastronomie in Österreich mit 15 Prozent des Marktanteils der KMUs natürlich eine enorme wirtschaftli­che Bedeutung haben – EU-weit sind das im Schnitt nur 8 Prozent. Sie sind natürlich auch in einer äußerst schweren und prekären Lage. Gott sei Dank wurde die Forderung, dass ihre Umsatzeinbußen abgefedert werden, durch die Regierung umgesetzt – das ist sehr wichtig und freut uns auch ganz besonders.

Es gäbe noch ganz viele Zahlen, aus denen wir Folgendes ableiten können: Es bleibt zu befürchten, dass sich viele negative Entwicklungen verstärken werden und positive un­terbrochen werden. In einem aber bin ich mir sicher: Die ganz positive Eigenschaft un­serer KMUs in Österreich wird nicht unterbrochen werden – nicht der Innovationsgeist, nicht der Erfindergeist, nicht das Durchhaltevermögen, nicht die Flexibilität. Was aus diesem Bericht ganz deutlich hervorgeht, ist die enorme Leistungskraft, die in unseren KMUs steckt, und dafür gebührt ihnen Dank. Dafür gebührt ihnen vor allem aber auch eine ganz besondere Unterstützung!

Es ist in diesem Bericht auch von Maßnahmen die Rede, und es gibt sehr viele Maßnah­men, die gut sind, die jetzige Zeit aber erfordert besondere Maßnahmen. Unterstützun­gen sind auf den Weg gebracht worden, ich bin jedoch überzeugt davon, dass eine ganz wichtige Maßnahme diejenige ist, dass die Gemeindefinanzen gestärkt werden, dass die Gemeinden unterstützt werden. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Leinfell­ner.) Die Gemeinden sind Auftraggeber, die Gemeinden sind es, die in ihrer Region ge­rade die Klein- und Mittelunternehmen stärken, die von ihnen beziehen. Auch der Bau macht einen großen Anteil der KMUs aus und da kann die Gemeinde der große Konjunk­turtreiber sein, dafür aber müssen die Gemeinden mehr Geld bekommen als 1 Milliarde Euro.

Der Bericht zeigt sehr viel Positives und macht uns in diesem Moment – gerade, weil er so viel Positives zeigt – ganz deutlich, wie viel wir zu verlieren haben. Deshalb lautet mein Appell: Bitte nehmen Sie die Zahlen aus diesem Bericht zum Anlass, achten Sie auf die Frauen, achten Sie auf die Familienunternehmen, achten Sie auf alle KMUs! Vergessen Sie nicht, dass Lehrlinge ihre Ausbildung größtenteils in ihnen bekommen, dass in ihnen Facharbeiter ausgebildet werden! Vergessen Sie dabei nicht, dass die Gemeinden eine wichtige Rolle spielen und dass diese Geld brauchen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.25

Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Mag. Reinhard Pisec. – Bitte, Herr Kollege.